Gender Pay Gap: Abstrakte Gleichheit und konkrete Freiheit

Derzeit diskutieren wir wieder mal über die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männer, wohl nicht zufällig ein Dauerbrennterthema in einer Gesellschaft, in der Geld schon länger zum entscheidendem Maßstab für alles mögliche geworden ist.

Zwei neue Studien zeigen, dass das viel beklagte Gender Pay-Gap (Männer verdienen viel mehr Geld als Frauen) nicht nur auf krasse Diskriminierungen seitens der Unternehmen zurückzuführen ist, nicht nur darauf, dass Frauen und Männer unterschiedliche Berufe und Karrierewege wählen, nicht nur darauf, dass Frauen weniger Geld für sich fordern und weniger selbstbewusst (wahlweise: großkotzig) auftreten, nicht nur darauf, dass Frauen im Schnitt, wenn sie denn forsch und fordernd auftreten, unsympathischer wirken als genauso forsch und fordernd auftretende Männer, sondern auch…

… darauf, dass Frauen offenbar selbst der Ansicht sind, dass Frauen richtigerweise weniger verdienen als Männer. Über die Studien berichtet die SZ, und bei der Mädchenmannschaft hat sich schon eine angeregte Debatte zum Thema entwickelt.

Nun, die Feministin in mir ist nicht sonderlich überrascht, denn die Mehrheit der Frauen war noch nie besonders radikal und feministisch eingestellt, und die Vorkämpferinnen für weibliche Freiheit waren nie im Mainstream – und erst Recht nicht im weiblichen Mainstream. Dass unsere Gesellschaft insgesamt irgendwie der Meinung ist, Frauen bräuchten weniger Geld als Männer, ist ja evident: Wäre es anders, dann hätten Frauen nämlich nicht weniger Geld als Männer.

Und es hat ja wohl niemand ernsthaft geglaubt, nur die Männer wären dieser Meinung. Oder noch anders: Wären alle Frauen einheitlich der Meinung, dass sie und ihresgleichen zu wenig Geld haben, dann hätten sie wohl auch schon längst etwas Effektives dagegen unternommen.

Das aus meiner Sicht Interessante an der Studie stand im letzten Satz des SZ-Artikels:

Die überwiegende Mehrheit der Befragten war der Meinung, dass das Geschlecht eines Menschen die Höhe seines Einkommens nicht beeinflussen sollte. Den wenigsten Befragten war dabei wohl bewusst, dass ihre abstrakten Prinzipien den eigenen konkreten Urteilen über niedrige Frauengehälter widersprachen.

Genau hier liegt nämlich die Krux: Nicht in der Frage, ob es nun die Frauen, die Männer, die Unternehmer, die Gewerkschaften oder meinetwegen die kleinen grünen Marsmännchen sind, die glauben, Männer bräuchten mehr Geld als Frauen, sondern darin, dass hier abstrakte Meinung und konkretes Urteil und Verhalten im Einzelfall bei ihnen allen ganz offenbar auseinanderklaffen.

Die gute Nachricht dabei ist, dass sich da in den letzten Jahrzehnten was verändert hat: Früher, in vorfeministischen Zeiten, war die Mehrheit der Leute nämlich durchaus auch ganz abstrakt und theoretisch der Ansicht, dass es schon in Ordnung geht, Männern mehr Geld zu geben als Frauen. Das ist inzwischen anders.

Aber damit ist es eben nicht getan. Nicht ohne Grund hat die Frauenbewegung der 1970er Jahre (und früher auch schon) sich nicht damit begnügt , Forderungen und Traktate aufzuschreiben, sondern vor allem eine Praxis entwickelt, die unter anderem darin bestand, gemeinsam mit anderen Frauen neue Handlungsmöglichkeiten zu erforschen, auszuprobieren, einzuüben. Feminismus ist eine Haltung, die im Alltag lebendig werden muss, wenn sich etwas verändern soll, und das geht nicht von heute auf morgen, das geht nicht am Schreibtisch, und das geht vor allem nicht ohne dass sich die Frauen selbst verändern.

Die italienische Philosophin Luisa Muraro hat einmal gesagt, die Probleme unserer Zeit werden nicht die lösen, die die besten Gleichheitskonzepte erarbeiten, sondern diejenigen, die einen guten Weg finden, um mit der vorhandenen Ungleichheit umzugehen. Und genau so ist es. Abstrakt zu postulieren, dass Frauen mehr Geld bekommen sollen, hilft nichts. Gefragt sind Ideen, Übungen, Beispiele, Erfahrungsaustausch dazu, wie das gelingen kann.

Und bitte: Ohne Pauschalrezepte. „Die Frauen“ gibt es nicht, und es gibt auch nicht „die Frauen“, die weniger verdienen. Außerdem ist nicht bei jedem Chef, in jedem Unternehmen die gleiche Strategie erfolgsversprechend. Andererseits lassen sich in manchen Situationen große Erfolge erzielen, die aber nicht auf anderswo übertragbar sind (so ähnlich wahrscheinlich, wie Elinor Ostrom das über die Klimaprojekte erforscht hat).

Deshalb ärgert mich an solchen Studien immer, wenn von „den Frauen“ die Rede ist – und dann zum Beispiel ernsthaft darüber diskutiert wird, ob „die Frauen“ nun selber schuld sind oder nicht. (Die Antwort auf entsprechende Fragen ist IMMER: sowohl als auch).

Mich hingegen interessiert, inwiefern sich Frauen im Bezug auf das Thema unterscheiden: Sind jüngere im gleichen Maße wie ältere der Ansicht, Frauen bekommen zurecht weniger Geld? Gibt es eine Korrelation zur Höhe des Einkommens? Gibt es einen  Unterschied im Hinblick auf Bildung? Zwischen Feministinnen und Nicht-Feministinnen (ich wage nicht zu hoffen, das könnte abgefragt worden sein). Zwischen Lesben und Heteras? Das zu wissen, wäre doch mal spannend.

Update: Die Autorinnen und Autoren der Studie haben den Bericht der SZ als verfälschend kritisiert. Hier ihre Richtigstellung.


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Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

28 Gedanken zu “Gender Pay Gap: Abstrakte Gleichheit und konkrete Freiheit

  1. Liebe Antje!

    Ich denke, das überraschende Ergebnis erklärt sich zum großen Teil im traditionellen Rollenbild der Geschlechter. Das wird in unserer aufgeklärten Zeit vielleicht nicht mehr so wahrgenommen, wo doch Frauen alle Möglichkeiten offenstehen. Es ist aber immer noch so (besonders in Westdeutschland), daß Frauen in der Familie überwiegend die Verantwortung für Haus und Kinder übernehmen, und Männer für das Geldverdienen zuständig sind. Die Folge davon ist, daß man nicht davon ausgeht, daß Frauen zielstrebig eine Karriere verfolgen, sondern immer nur „dazuverdienen“. Mit Teilzeit- und Nebenbeiarbeit bleibt natürlich beruflicher Aufstieg aus, und so gelangt man natürlich auch nicht an die Futtertröge. Um validere Aussagen zu bekommen, müßte man einen Weg finden, um insbesondere den Hausfrauenstand von der Betrachtung auszuschließen. Ist es denn z.B. so, daß Lehrerinnen, Jounalistinnen, Ingenieusen es in Ordnung finden, daß Lehrer, Journalisten und Ingenieure besser verdienen? Das genau kann man der Studie wahrscheinlich nicht entnehmen, und das glaube ich auch nicht.

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  2. Wahrscheinlich bin ich mal wieder am Thema vorbei, aber das geht wohl über die Hutschnur: Mein Leben ist viel aufwendiger, ich brauche mehr Kleidung, Schuhe, Accessoires, Kosmetik, Hygieneartikel, mein Friseur ist teurer, meine gesamte Erscheinung erfordert mehr Aufwand – zeitlich wie finanziell. Ich stelle höhere Anforderungen an eine Wohnung und die Ausstattung derselben, auf Reisen ist mir keineswegs egal, wo ich esse und schlafe, ich will ein Auto und keine fahrbare Müllhalde. Wegen der höheren Lebenserwartung zahle ich höhere Krankenkassenbeiträge, ganz abgesehen von den ganzen Extras, die mir berechnet werden, weil ich eine Frau bin. (Kann fortgesetzt werden.)

    UND DANN SOLL ICH WENIGER VERDIENEN?!

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  3. Nie im leben käme ich auf die Idee, dass ich weniger verdiene (sowie im materiellen Sinne als auch bezüglich positiven Feedbacks) als mein Arbeitskollege, der vielleicht einen aufregenderen Titel trägt (auch so eine Strategie übrigens…), aber die gleichen Arbeiten erledigt. Ich bin geschockt über die Resultate dieser Studie und hoffe, dass Sie nicht von Anti-Faminist_innen zu ihren Zwecken instrumentalisiert wird…

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  4. Ich denke wie Georgi (s.o.), doch möchte ich noch anfügen:

    Warum fragt eigentlich niemand mal, ob nicht vielleicht „die Männer“ unsinnigerweise ZUVIEL GELD verdienen? Das Ergebnis solcher Erhebungen zeigt doch immer wieder: es geht auch mit weniger, die Frauen kriegen das hin und leiden nicht mal drunter!

    Ist es, von den Unternehmen her gesehen, also nicht ein Verschleudern finanzieller Ressourcen, allein wegen eines „forschen fordernden“ Auftretens offensichtlich unnötige Zuschläge auszuwerfen? Quasi ein mutwilliges Beschädigen des Shareholder-Value? Oder man denke an König/in Kunde: Produkte und Dienstleistungen könnten weniger kosten, wenn alle wie „die Frauen“ mit weniger Geld auskämen.

    Nein, das mein ich nicht so ganz ernst,….. . 🙂 Doch immerhin leben wir in einer Zeit, in der WACHSTUM nicht mehr unproblematisch ist und viele Menschen sich Gedanken über ein Downsizing machen. Eine Studie wie diese könnte man in diesem Sinne auch ganz anders diskutieren – und wenn nicht, lohnt vielleicht das Nachdenken darüber, warum das nicht passiert.

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  5. Was mich hier stützig gemacht hat, ist „Dass unsere Gesellschaft insgesamt irgendwie der Meinung ist, Frauen bräuchten weniger Geld als Männer, ist ja evident“ und die verwandten Gedankengängen: In meinem Eindruck ist es nämlich Frauen, die mehr Geld verbrauchen, auf überteure Schuhe, Friseursalons, Kleidung, usw. (Wenn Sie auch mehr Geld brauchen, im Sinne von wirklich notwendig haben, nicht nur verbrauchen, ist eine andere Frage). Mein Eindruck von dem was Andere hierzu denken geht in der selben Richtung, obwohl ich natürlich nicht mit Sicherheit wissen kann, welche Ansichten sie haben.

    Ich kann mich nebenbei aus meiner Kindheit daran erinnern, wie meine Schwester, in einer ironischen Umkehrung von Deiner Gedanke, ihr Taschengeld erhöht haben wollte. Ihr Argument gegenüber der Mutter warum sie mehr Geld bekommen sollte als ich? Eben dass sie auch mehr Geld verbrauchen würde. (Was nebenbei daran lag, dass ich vorsichtiger mit meinem Geld umging, nicht dass mir die Wünschen fehlen würden. Bei den Spielregeln hätte ich meine Ausgaben leicht verdoppeln können…)

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  6. @Claudia
    Daß vielleicht auch die Männer „zuviel“ verdienen, find ich gar nicht so falsch. Natürlich möchte ich hier nicht niedrigere Löhne fordern, sondern ich meine ein „Zuviel“ im Vergleich. Ich empfinde es nämlich durchaus als daneben, daß ein unbescheidenes, egoistisches Auftreten (und das ist es imho, eine Gehaltserhöhung für sich alleine zu fordern) belohnt wird, anstatt sich ggf für Arbeitnehmerrechte generell einzusetzen.
    Ich nehme das in meinem Umfeld so wahr, daß dieses forderndere Verhalten der entsprechenden Männer zT auch daher kommt, daß, obwohl in den Paaren beide arbeiten, der männliche Partner oft noch unter dem falschen (Ein-)Druck lebt, er müsse „die ganze Familie allein ernähren“. Was ihn zusätzlich antreibt, immer mehr zu brauchen, häufig unnötigerweise, weil die Partnerin, gerde in kinderlosen Paaren, hervorragend für sich selber sorgen kann und das auch tut.

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  7. @madove:

    „…daß, obwohl in den Paaren beide arbeiten, der männliche Partner oft noch unter dem falschen (Ein-)Druck lebt, er müsse „die ganze Familie allein ernähren“. “

    Der Eindruck ist natürlich mitnichten falsch – nach einer Scheidung ist es nämlich in der Regel der Mann, der die Familie tatsächlich allein ernähren muss; selbst wenn die Frau vor der Scheidung für sich selbst sorgte und die Kinder mitfinanzierte, sieht es nach einer Scheidung so gut wie immer so aus, dass der Mann die Kinder allein finanziert und die Frau oft genug noch auf Arbeit zumindest eine zeitlang verzichten kann.

    Insofern pflege ich jungen Männern – z.B. meine Neffen und Söhnen – auch zu sagen, dass das Gerede vom „neuen Mann“ Gelabber ist, auf dass sie sich nicht einlassen sollten, wenn ihnen ihre Zukunft lieb ist, solange ihnen für ihre „neuen“ ( natürlich sind die gar nicht neu ) Rollen keinerlei Rechtssicherheit zugestanden wird.

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  8. @Michael Erikson:

    „In meinem Eindruck ist es nämlich Frauen, die mehr Geld verbrauchen, …“

    Dein Eindruck täuscht Dich nicht – Männer verdienen ( im Sinne des Wortes „verdienen“, meiner Meinung nach ) zwar mehr Geld, aber sie haben nichts davon; 80 % der Ausgaben der Haushalte hier in Deutschland werden von Frauen getätigt.

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  9. @Michael – die Geschichte von deiner Schwester gefällt mir, danke! Die Frage, inwiefern Frauen und Männer mehr oder weniger Geld brauchen, lässt sich natürlich pauschal überhaupt nicht beantworten. Und das, was du @Andreas schreibst, ist reine Polemik, es wird so etwas im Einzelfall vorkommen, aber genauso oft sind es die Männer, die ihre Frauen nach der Scheidung abzocken, wie in diesem Buch gut beschrieben: http://www.antjeschrupp.de/rez_martin_geld.htm

    Die Frage, um die es bei dem Thema geht, ist auch in der Tat nicht die, wie viel Geld Frauen und Männer jeweils brauchen, sondern auf welche Weise sie es bekommen und wen sie fragen müssen. Also: Haben Frauen ihr eigenes Geld? Oder bekommen sie das Geld, das sie zum Leben brauchen, von ihrem Mann? (So war der frühere „Ernährerlohn“ konzipiert. Und was das psychologisch bedeutet, sieht man ja daran, wie Andreas hier argumentiert. Ich kenne auch Paare, bei denen der Verdienstunterschied groß ist und die deshalb in Steuerklassen 5 und 3 sind, das heißt, der Mann bezahlt kaum Steuern, die Frau hingegen viele. Und viele Männer sind der Meinung, dass dieser Steuerersparnis-Vorteil dann tatsächlich IHR Geld ist. Solche Sachen eben.

    Lange Rede, kurzer Sinn: Es sind zwei unterschiedliche Dinge, wieviel Geld jemand bekommt (aufs eigene Konto, zur eigenen Verfügung) und wieviel Geld jemand ausgibt.

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  10. @Antje Schrupp:

    Das hat nichts mit „psychologischer Bedeutung“ zu tun, sondern hat eine ganz handfeste: Ich bin sehr dafür, dass Frauen konsequent ihr eigenes Geld verdienen, aber nur dann, wenn gleichzeitig damit die horrenden Transferzahlungen, die hier in Deutschland von Männern an Frauen geleistet werden ( das ist in der Regel kein Taschengeld, sondern dafür gibt es fast immer rechtliche Grundlagen ) auf NULL zurückgefahren werden und Frauen bei der Finanzierung des gemeinsamen Nachwuchses ( bzw. Männer bei der täglichen Sorge, meinetwegen, obwohl ja Vollzeit und Kinder sich nicht ausschliessen, zumindest, wenn eine „Feministin“ keine Rabenmutter sein will ) einen gleichen Anteil wie Männer leisten.

    Davon sind wir aber rechtlich und gesellschaftlich weit entfernt – und ich höre selten, dass gerade diese Tranferzahlungen es sind, die dafür sorgen, dass Frauen im Erwerbsleben oft genug freiwillig, aber auch zu Recht, finanziell zurückstecken müssen – und auch können. Männer haben diese „Wahlfreiheit“ nämlich meistens nicht.

    Gleichen Lohn fordern, ohne diese Transferzahlungen anzugehen, finde ich mehr als billig!

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  11. @Antje Schrupp:

    Was übrigens „Ernährerlohn“ und die sonstigen Transferzahlungen psychologisch bedeuten, sieht man vor allem daran, dass gerade Frauen, die dank Transferzahlungen und „Ernährerlohn“ einen Lebensstandard geniessen, der dem von Männern in keinster Weise nachsteht, eher noch übertrifft ( 80 % der Haushaltsausgaben werden von Frauen getätigt ), am lautesten sind, wenn es darum geht, Männer, die mehr als sie „verdienen“, als „großkotzig“ zu bezeichnen und ihnen „unbescheidenes, egoistisches Auftreten“ vorzuwerfen.

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  12. @Andreas – Ich finde die Art und Weise, wie du hier den Spieß umdrehst, schon reichlich polemisch. Schließlich waren es nicht die Frauen, die sich das „System“ mit den Transferleistungen ausgedacht haben („Frauen müssen im Haus bleiben, dürfen nicht wählen, dürfen nur arbeiten, wenn ihr Ehemann es ihnen erlaubt, haben ihre Pflichten im Haushalt in der Versorgung von Kindern UND Ehemann zu erledigen, dafür finanzieren die Männer ihnen gnädigerweise Kost und Logis). Und es waren ja nicht die Männer, die diese Rollenverteilung kritisiert und hinterfragt haben, sondern es war die Frauenbewegung. Also müsstest du eher mal ein kleines Dankeschön in Richtung Feminismus winken :)) Jedenfalls ist es unser gemeinsames patriarchales Erbe, das vielerlei Ungerechtigkeiten hervorgebracht hat, und die Art und Weise wie du daraus hier einen latenten „Frauen-nutzen-die-Männer-aus“-Vorwurf bastelst, finde ich schon sehr verwegen und dem Thema auch nicht angemessen.

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  13. @Antje Schrupp:

    Das findest Du polemisch?

    Verstehe ich nicht – ich versuche, das „Gender Pay Gap“ gesellschaftlich zu diskutieren, eingebettet in ein das Erwerbsleben übersteigendes Beziehungsgeflecht aus Recht und Gesellschaft, dass man nur insgesamt verändern kann, wenn man nicht ziemlich übel das Leben von Menschen aus dem Lot bringen will.
    Recht, Ungerechtigkeit spielt da überhaupt keine Rolle.

    Du machst das, was ich von den meisten Feministinnen kenne – eine einzelne Sache, die für Frauen nachteilig ist, wird herausgepickt und als Benachteiligung gebrandmarkt, und die Veränderung derselben gefordert, dabei werden aber alle Vorteile, die Frauen aus der alten Situation haben, gerne weitergefordert.

    Ich sehe nicht, dass ich dieser Sorte Feminismus gegenüber dankbar sein müßte – diese Sorte Feminismus ist für mich zum Lobbyismus verkommen.

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  14. @Andreas – also das Argument mit den Haushaltsausgaben ist ja wohl Quatsch in Tüten. Wenn Frauen Lebensmittel kaufen oder Staubsaugerbeutel, dann ist das ja nicht ihr Privatvergnügen. Aber ich denke, wir drehen uns jetzt hier im Kreis, die Standpunkte dürften klar sein.

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  15. @Antje Schrupp:

    Wer hat den behauptet, dass Frauen Staubsaugerbeutel und Lebensmittel kaufen? Ich jedenfalls nicht – genausowenig, wie ich behauptet habe, dass Männer das Geld, welches sie ausgeben, nur für sich verbraten. Was Du anzunehmen scheinst? Klar, was sollten die „Großkotze“ auch sonst tun!

    Quatsch in Tüten ist, das zeigt der Fokus auf die Haushaltsausgaben, dass es völlig verfehlt ist, das Einkommen von Frauen und Männern losgelöst von Transferzahlungen zu diskutieren, die Frauen von Männern erhalten – das ist halt einfach intellektuell unredlich.

    Ich denke, das wird auch jeder einsehen …

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  16. „Frauen müssen im Haus bleiben, dürfen nicht wählen, dürfen nur arbeiten, wenn ihr Ehemann es ihnen erlaubt, haben ihre Pflichten im Haushalt in der Versorgung von Kindern UND Ehemann zu erledigen, dafür finanzieren die Männer ihnen gnädigerweise Kost und Logis“

    Übrigens haben Frauen in Deutschland das Wahlrecht seit 1918, das Gesetz, das Frauen nur arbeiten dürfen, wenn es ihr Gatte erlaubt, ist nie von einem Gericht angewandt worden und wäre auch, wenn es angewandt worden wäre, vom Verfassungsgericht kassiert worden, den Ehemann müssen sie mitnichten versorgen und seit ungefähr vierzig Jahren haben – glücklicherweise mittlerweile „hatten“ – Frauen ein Anrecht auf Unterhalt, genauso wie sie von einem Arbeitgeber Anrecht auf Lohn haben.

    Deine Darstellung ist nicht nur polemisch, sondern auch historisch unsinnig.

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  17. Ich habe neuerdings einen Artikel geschrieben, der hier teilweise relevant ist. Zu betonen ist jedoch, dass ich keine Gleichstellung zwischen Antje und die dort diskutierte Frau mache—es geht eher um gewöhnliche Ansichten in dem aktuellen Themengebiet. (In der Tat muss ich teilweise und umgekehrt zustimmen, dass Andreas ein Stück zu polemisch ist—selbst wenn er in der Sache durchaus einige wichtige Punkte einbringt.)

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  18. Andreas, was meinst Du denn wofür Frauen die „horrenden Transferzahlungen“ ausgeben? Was meinst Du überhaupt damit? Renten? Sozialhilfe? Versicherungen? Unterhalt? Da wird ja gerne mal was durcheinandergeschmissen. Hast Du eigentlich schonmal was von dem hohen Risiko der Altersarmut für Frauen gehört? Du machst außderdem mal wieder den Fehler, Pflege- und Familienarbeit keinen Wert zuzuschreiben. Ohne ihre „horrenden Tranferzahlungen“ (wobei ich diese Horrendität doch im Durchschnitt bezweifle) müssten Männer ihre Kinder halt selbst versorgen, ihre Hausarbeit selbst erledigen und ihre demenzkranken Eltern selbst pflegen. Vor die Wahl gestellt, fährt man dann doch lieber im Anzug ins Büro, gelle?

    Ich bin ja ohnehin dafür, Männern mit Kindern, die jünger als drei Jahre sind, die Erwerbsarbeit komplett zu verbieten. Männer mit Kindern unter zehn Jahren sollten nur Teilzeit arbeiten dürfen. Das würde die Verhältnisse mal graderücken.

    Im Übrigen danke ich Dir, Antje, für den Artikel. Ich mag Deine scharfsinnige und spitze Schreibart.

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  19. Tja, leider weiß ich nicht wieviel meine Kollegen am Ende des Monats auf ihr Konto überwiesen bekommen. Deswegen kann ich nicht einschätzen ob ich gut oder schlecht verhandelt habe.
    Aber ich bekomme mit momentan 75% Arbeit nur unswesentlich weniger als mein Mann bei gleichem Fachgebiet raus.
    Bin ich jetzt dadurch Feministin? Hab ich den besseren Arbeitgeber?

    Wir hatten neulich das Thema in unserer Mittagsrunde auf der Arbeit und einen Punkt finde ich gar nicht so abwegig und er spricht meiner Meinung nach schon für die Männer. Für eine Firma bedeutet eine Frau zwischen 18 und 40 Jahren (geburtsfähiges Alter) doch ein höheres Risiko. Die Ausfallwahrscheinlichkeit ist höher, es muss Mutterschutzgeld gezahlt werden obwohl keine Leistung dafür erbracht wird. Je nach Arbeit wird das Ausfallrisiko noch höher wenn die Frau schon bei Schwangerschaft von der Arbeit ausgeschlossen werden muss (Bsp. Pflegeberufe). Je nach Attest muss der Arbeitgeber nämlich trotzdem bis 8 Wochen nach Geburt Gehalt zahlen.

    Dennoch finde auch ich das Frauen und Männer bei gleicher erbrachter Leistung am Ende das selbe in der Lohntüte haben sollten.

    Achso und mich würde mal die Prozentuale Verteilung der Transferrate interessieren. Ich denke es gibt nämlich auch genug Fälle bei denen die Frau nach Scheidung den Mann unterhalten darf.

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  20. @Anja – Das Problem, das du ansprichst, ist genau der entscheidende Punkt: Eine Frau im gebärfähigen Alter einzustellen, ist – so wie wir unser Wirtschaftssystem derzeit organsiert haben – „objektiv“ ein Risiko für das Unternehmen. Deshalb müsste das auch tiefergehend verändert werden, als einfach nur den Unternehmen eine Diskriminierung von Frauen zu verbieten. Zum Beispiel könnte die Gesellschaft als Ganze das Risiko übernehmen (die Lohnfortzahlungen zum Beispiel). Derzeit tragen die Frauen individuell und die Unternehmen individuell die Risiken, jedenfalls größtenteils, und schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu. Aber Kinder haben und versorgen ist – und das wäre jetzt das „feministische“ an meinem Standpunkt – nicht einfach nur ein Privatvergnügen, sondern von gesellschaftlicher und politischer Bedeutung, und deshalb müssen auch alle dafür Verantwortung übernehmen. Also wir brauchen ein anderes Wirtschaftssystem, das von dem falschen Irrglauben abweicht, ein „normaler“ Mensch sei grundsätzlich erstmal fähig, erwerbstätig zu sein. Es ist vielmehr „normal“, dass es Lebensphasen gibt, in denen man das nicht kann, weil man sich um Kinder oder um andere Hilfsbedürftige kümmern muss (oder weil man selbst hilfsbedürftig ist). Und wir müssen dafür Regeln und Verfahren entwickeln, dass das den Einzelnen nicht zu einem Nachteil wird.

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  21. Hier taucht ein interessantes Nebenthema auf, nämlich wie schlecht durchdachte politische Interventionen nicht die erwünschten Wirkungen haben—oder gar Verschlechterungen verursachen. Allzu häufig wird die Politik betrieben wie ein Schachspiel, wo jeweils nur ein Zug im Voraus gedacht wird, während die Konsequenzen zwei (geschweige denn drei oder vier) Züge in der Zukunft nicht beachtet werden. Gerade „Gleichberechtigungsfragen“ haben eine Anzahl von solchen Falschgriffen gesehen, inklusive Lohnfortzahlung bei Kindern (in der derzeitigen Implementierung). Ein unverwandtes Paradebeispiel ist die US-Amerikanische „Prohibition“.

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  22. Auszeit vom Beruf ist dann normal, wenn sie für Männer und Frauen gleichermassen normal ist – der Vorschlag, Frauen und nur denen Gelder zu geben, damit die ihre Auszeit finanzieren können, zementiert nur die Tatsache, dass Männer mehr verdienen und arbeiten müssen, damit Frauen eine Auszeit nehmen können.

    Womit Männer, als diejenigen, die erpressbarer sind, eben für Unternehmen wertvoller bleiben.

    Natürlich kann man solche Forderungen bis ultimo ausdehnen: Bitte den Unternehmen noch die Einarbeitungszeit einer Frau nach ihrer Auszeit finanzieren, bitte noch den Ersatz etc.

    Das ist alles Quark.

    Der richtige Weg, besteht darin, Männer vollständig von jeder Verpflichtung, Frauen zu finanzieren, solange dies nicht auf Gegenseitigkeit geschieht, zu befreien – auch nicht über Steuern – und Frauen in die Pflicht zu nehmen, genauso wie Männer einen Anteil an den finanziellen Kosten für Kinder zu übernehmen.

    Am besten wäre es, wenn Männer, genauso wie Frauen, z.B. drei Jahre Finanzierung einer Auszeit von ihrem Partner verlangen könnten. Die Elternzeit Abstand nimmt von diesem Geschwurbel a la „beide zusammen 14 Monate, jeder mindestens zwei ..“. Warum nicht zehn Monate für jeden, unabhängig davon, ob geschieden, verheiratet, oder sonstwas …

    Ich wette, mit solchen Regeln wäre ein Gender Pay Gap relativ schnell kein Thema mehr …

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  23. @Anja:

    „Achso und mich würde mal die Prozentuale Verteilung der Transferrate interessieren. Ich denke es gibt nämlich auch genug Fälle bei denen die Frau nach Scheidung den Mann unterhalten darf.“

    Da Du auch nochmal fragst, hoffe ich, dass Antje Schrupp meine Antwort hierauf diesmal nicht schrubt.

    Ich habe nachvollziehbare, eher konservative Schätzungen gelesen, die den Transfer von Männern zu Frauen allein durch Steuern, Kranken-, Pflege und Rentenversicherung, sowie Hartz IV, Wehrdienst-/Wehrpflicht etc. auf hundert Milliarden Euro pro Jahr schätzen.

    Hinzu kommt ja, dass etwa 80 % der verheirateten Frauen nicht Vollzeit arbeiten, egal, ob Kinder da sind, oder nicht – natürlich partizipieren die am Einkommen ihrer zu 95 % Vollzeit arbeitenden Gatten. Sind Kinder vorhanden, arbeiten sogar noch weniger Frauen Teilzeit, bis ins hohe Alter der Kinder und leben in der Zeit vom Gehalt ihres Gatten, tragen ausserdem nichts zur finanziellen Versorgung der Kinder bei.
    Dürfte auch noch einmal in die hunderte Milliarden Euro pro Jahr gehen.

    Mich würde mal interessieren, wie das Gender Pay Gap aussieht, wenn diese Transferzahlungen auf Männerseite abgezogen und auf Frauenseite draufgeschlagen werden.

    Ich glaube, da hätten wir dann eine Erklärung dafür, dass 80 % der Haushaltsausgaben in Deutschland von Frauen getätigt werden.

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  24. Grundsätzlich denke ich, dass das „Pay-Gap“-Problem sowieso nicht die Verteilung Frauen-Männer betrifft, sondern vor allem und leider zunehmend die Verteilung Arm-Reich. Dieses Gap wird mit der Einfürhung des Individuallohns anstelle von Ernährerlohn tendenziell verschärft. In den unteren Einkommensgruppen reicht ein Erwerbseinkommen schon lange nicht mehr zur finanziellen Versorgung einer Familie mit Kindern aus, d.h. die Erwerbstätigkeit beider Eltern ist eine Notwendigkeit. In den oberen Einkommensgruppen hingegen kumlieren meistens zwei gute Gehälter. Weil Reich und Reich und Arm und Arm sich in der Regel gegenseitig heiraten.

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  25. Zitat von Claudia:
    „Ist es, von den Unternehmen her gesehen, also nicht ein Verschleudern finanzieller Ressourcen, allein wegen eines „forschen fordernden“ Auftretens offensichtlich unnötige Zuschläge auszuwerfen? Quasi ein mutwilliges Beschädigen des Shareholder-Value? Oder man denke an König/in Kunde: Produkte und Dienstleistungen könnten weniger kosten, wenn alle wie „die Frauen“ mit weniger Geld auskämen.“

    Gerade in dieser Wirtschaftskrise nutzen Unternehmen alle Möglichkeiten, Kosten zu sparen.
    Das sie in der „Überbezahlung“ ihrer männlichen Arbeitnehmer offenbar keine Verschleuderung finanzieller Ressourcen erkennen, sollte doch zu denken geben.

    Entweder sind den Unternehmen die Männer das wert, was sie verdienen, oder es gibt nicht genügend „günstigen“ weiblichen Ersatz in diesen Bereichen, um die „teuren“ Männer zu ersetzen.

    Das Geld, das Unternehmen in der freien Wirtschaft ihren Mitarbeitern bezahlen, muß immer noch jeden Tag am Markt verdient werden (ok, die Banken sind hier momentan wohl eine Ausnahme), also durch Leistung erwirtschaftet werden.

    Wer also auf Dauer zu viel verdient und zu wenig leistet, ist schnell weg vom Fenster.

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