Das Ärgernis der Globuli

Wirken sie oder wirken sie nicht? Das ist hier nicht die Frage.

Erstmal vorneweg: Ich habe keine große Meinung zur Homöopathie, ich kenne mich auch mit Medizin nicht aus, und was ich mit diesem Blogpost ganz sicher nicht will, das ist einen Beitrag zur Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der kleinen weißen Kügelchen abliefern.

Als jetzt die Diskussionen über den Vorschlag von SPD-Gesundheitsmann Karl Lauterbach losging, den gesetzlichen Krankenkassen zu verbieten, homöopathische Mittel zu bezahlen, hatte ich bloß in aller Unschuld getwittert, dass ich ja auch nicht an Homöopathie glaube, aber seit ich die Kügelchen esse, praktisch nicht mehr erkältet gewesen sei. Was stimmt. Ich habe vor einigen Jahren bei einer Freundin so ein kleines Selbermach-Büchlein gefunden, das mal unverbindlich ausprobiert, und tatsächlich funktioniert bei mir und in diesem Fall Nux Vomica hervorragend.

Ich gebe zu, das beweist nichts, vielleicht ist es bloß der Placebo-Effekt, vielleicht ist es reiner Zufall (beide Vermutungen wurden mehrfach und vehement in meiner Timeline geäußert). Ist mir, ehrlich gesagt, ziemlich egal, solange es funktioniert.

Was mich ins Grübeln brachte, das waren die Begründungen, die für die heftigen Abwehr-Reaktionen angeführt wurden. Und zwar grüble ich weniger aus medizinischen oder praktisch-politischen Gründen (ich wusste bisher gar nicht, dass man sich die Kügelchen von der Krankenkasse bezahlen lassen kann, sie kosten ja eh nicht viel und ich habe sie bisher immer selber gekauft). Sondern vielmehr aus philosophischen Gründen.

Denn hinter der Kritik an der Homöopathie stehen zwei Vorannahmen, die ich so nicht teile.

Erstens: Ein Medikament wirkt nur, wenn sich wissenschaftlich nachweisen lässt, warum.

Zweitens: Die Wirksamkeit eines Medikamentes kann nur als bewiesen gelten, wenn es immer und überall wirkt.

Beides überzeugt mich nicht. Und zwar auf logischer Ebene – wie gesagt, inwiefern sich diese auf die Homöopathie anwenden lässt, weiß ich nicht und ist hier auch nicht mein Thema.

Mir erscheint es aber sehr logisch, die Möglichkeit zumindest zuzugestehen, dass irgendeine Maßnahme ein Problem lösen kann, auch wenn sich nicht wissenschaftlich nachweisen lässt, warum das so ist. Wissen wir alles? Nein. Vielleicht sind die Dinge zu komplex. Vielleicht sind wir zu dumm. Soll es ja geben.

Ebenso logisch erscheint mir, dass – gerade im Fall von Krankheiten, aber das Prinzip ist auch auf andere Themen anwendbar – eine Behandlung bei manchen Menschen anschlägt, bei anderen aber nicht, in manchen Fällen wirkt, in anderen aber nicht. Eigentlich ist das ja auch in der Schulmedizin längst bekannt. Zumindest weiß ich, dass inzwischen bewusst ist, dass Frauen auf bestimmte Medikamente anders reagieren als Männer, Kinder anders als Erwachsene und so weiter. Im Prinzip ließe sich das wohl bis auf die individuelle Ebene herunterbrechen, die Unterschiede zwischen den Leuten und erst recht zwischen den vielen Verfassungen, in denen sie sich gerade befinden, sind vielfältige.

Mir scheint diese Vorstellung, dass Wahrheit gleichbedeutend mit Allgemeingültigkeit ist, und dass Lösungen nur real sind, wenn sie immer und überall gelten, einer der grundlegenden Denkfehler unserer Kultur zu sein. Anstatt von der Wirklichkeit auszugehen, wie wir sie vorfinden, und im Umgang mit ihr Erfahrungen zu sammeln, versuchen wir, abstrakte Regeln und Gesetze auf konkrete Situationen anzuwenden – notfalls mit Gewalt. Und anstatt bei einem realen Problem eine pragmatische Lösung zu suchen, lassen wir das lieber sein, sobald uns theoretisch irgend eine andere Situation einfällt, in der das möglicherweise nicht funktionieren würde. (Dass ein solches Vorgehen zu schlechten Ergebnissen führt, hat – in einem ganz anderen Kontext – Elinor Ostrom untersucht. Ganz wissenschaftlich übrigens.)

Ich gebe zu, eine solche differenzierte Herangehensweise ist schwieriger in der Handhabung. Es ist dann alles nicht so hieb- und stichfest. Es gibt Spielräume und Unklarheiten. Aber wenn die Realität doch nun mal so ist? Komplex? Nicht so ohne weiteres auf einen Nenner zu bringen?

Das ist jetzt übrigens kein Plädoyer dafür, auf allgemeingültige Regeln generell zu verzichten (wie etwa: Was bezahlen die Krankenkassen und was nicht). Aus rein pragmatischen Gründen brauchen wir das. Nicht jeder Einzelfall kann jedesmal bei allem neu entschieden werden. Und möglicherweise spricht pragmatisch gesehen einiges dafür, die Kosten von Homöopathie nicht auf die Allgemeinheit zu übertragen – wie gesagt, das kann ich nicht beurteilen.

Worauf es mir ankommt ist, welche Begründungen dafür angegeben werden. Und Begründungen wie „Die Wirksamkeit ist wissenschaftlich nicht nachweisbar“ oder „Es gibt Fälle, in denen es nachweislich nicht nützt“ sind keine, die mich überzeugen. Überzeugen würde mich vielleicht: „Wir sind leider nicht in der Lage, die ganze Komplexität des Themas zu durchdringen. Aber aus diesen und jenen Gründen haben wir uns jetzt mal auf diese Regelung geeinigt. Sie ist sicher fragwürdig, aber das Beste, was uns momentan einfällt.“

Nachtrag:

Gerade werde ich drauf hingewiesen, dass die von mir genannten Annahmen so nicht gelten würden:
Bei Punkt 1 müsse nur die reine Wirksamkeit nachgewiesen werden, nicht das warum. Und Punkt 2 würde niemand verlangen. Juhuu, da ist die Wissenschaft zum Glück wohl schon weiter als die Alltagsdiskussionen. Dort werden beide Punkte nämlich so diskutiert, wie hier beschrieben. Denn das Argument „Die Wirkstoffe wurden so oft verdünnt, dass nix mehr drin ist“ läuft genau auf Punkt 1 hinaus – auf das Warum. Und der Einwand „Ich kenne X Fälle, in denen Homöopathie nichts genutzt hat“, ist Punkt 2.


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Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

44 Gedanken zu “Das Ärgernis der Globuli

  1. Danke für den Text! Ich finde es sehr sinnvoll, die Logik in der Argumentation abzukoppeln von der inhaltlichen Diskussion ob die Kügelchen nun wirken oder nicht. Ich denke übrigens, dass Äpfel schon immer vom Baum gefallen sind, auch wenn wir uns das vor ein paar hundert Jahren noch nicht wissenschaftlich erklären konnten.

    Ich frage mich dabei nur, was die Gegner motiviert? Warum ist das so ein Reizthema? (Bisher ging es nie um die Kosten der Homöopathie im Gesundheitssystem, wohlgemerkt. Das ist ja ganz neu).
    Eine harte Grenze verläuft interessanterweise nach meiner persönlichen Erfahrung zwischen Männern und Frauen. Und noch interessanter wird es mitunter, wenn man gemeinsam die Hausapotheke des Homöopathiegegners durchgeht und feststellt, dass ungefähr die Hälfte der Erkältungsmedikamente sehr wohl homöopathisch sind. Sehen halt nur nicht so aus…

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  2. Ich hatte heute auch zahlreiche witzige, semi-witzige und völlig idiotische Tweets über die Homöopathie in meiner Timeline. Da sitzt wohl eine Art Reflex dahinter. Warum der sich allerdings so abfällig und boshaft äußert, entzieht sich meiner Kenntnis. Umso mehr habe ich mich nun über diesem Blogpost gefreut 😉

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  3. Erstens: Ein Medikament wirkt nur, wenn sich wissenschaftlich nachweisen lässt, warum.

    Das ist blankes Vorurteil! Es geht in der wissenschaftlichen begründeten Medizin, also der sogenannten „Schulmedizin“ darum, nachzuweisen, daß die behauptete Wirkung eines Medikamentes oder einer Therapie zumindestens überhaupt feststellbar ist. Das unterscheidet diese Medizin von Aberglauben, Scharlatanerie, Pseudowissenschaft, Quacksalberei. Die Wissenschaft sucht nach Erklärungen für die festgestellte Phänomene. Zuerst aber müssen diese reproduzierbar festgestellt werden können.

    Zweitens: Die Wirksamkeit eines Medikamentes kann nur als bewiesen gelten, wenn es immer und überall wirkt.

    Wer behauptet das? Lesen Sie keine Beipackzettel? Haben Sie noch nie etwas von Kontraindikationen, Wechselwirkungen, Risiken & Nebenwirkungen gehört? Auch darum kümmert sich die Wissenschaft! Daß es diese unschönen Dinge gibt, bedeutet nicht, daß das besagte Medikament unwirksam wäre.

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  4. hallo antje

    als extremer kritiker der homöopathie versuche ich mal darzulegen was in meinen augen für homöopathie spricht:

    vielen leuten helfen homöopathische mittel. das glaube ich gerne, ohne wissenschafltiche studien zu haben die das belegen. ob es am glaube an der wirksamkeit liegt, an der besonders persönlichen und ausführlichen auseinandersetzung des arztes mit dem individuum oder aus reiner selektiver wahrnehmung ist eigentlich egal. für mich drückt die tendenz irrationale und nichtnachweisbare erfolge der homöopathie wenig über „alternative“ heilmethoden wie diese, sondern eher eine unzufriedenheit mit dem herrschenden gesundheits-/krankheitssystem aus. menschen werden auf krankheitsbilder und symptome reduziert, für die es eine vermeintliche heilung gibt. so eine pauschale einkategorisierung finde ich extrem kontraproduktiv.

    was ich mir eigentlich wünschen würde ist ein transparentes und effizientes gesundheitssystem ohne lobbyeinfluss, das menschen individuell mit wirksamen medikamenten behandelt. besonders individuelle ansprache, beratung und betreuung heilt in meinen augen am besten. wirksame medikamente sollten verschrieben werden, wenn der körper es nicht schafft sich selbst zu heilen, oder fremdgefährdung besteht.

    korbinian

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  5. Nur der Genauigkeit wegen: Die Kügelchen sind auch bisher idR nicht durch die Krankenkassen bezahlt worden, sondern die vorangehende umfangreiche Anamnese durch den Arzt.

    So und nun eine kleine Vermutung: Der Herr Lauterbach ist ja nun nicht wirklich ein Freund freier Ärzteschaft, sondern versucht ganz im Gegenteil das Gesundheitswesen in Richtung MVZ und (von Konzernen) abhängiger Ärzte umzubauen (Rein zufällig sitzt er natürlich im Aufsichtsrat eines solchen Konzerns). Da passt natürlich so eine umfangreiche Anamnese nicht so richtig gut hinein, am Ende hat eine verständige Ärztin oder ein Arzt alleine durch das vernünftige Zuhören und Nachfragen schon eine Heilung auslösende Wirkung und das geht in Gesundheitsfabriken mit wechselnden Zuständigkeiten natürlich nicht gut.

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  6. Klasse Beitrag! Wobei der Streit um Homöopathie ein eher unwichtiges Beispiel für diese „Denke“ ist.

    Ein Problem bei „alternativmedizinischen Verfahren“ ist ja, dass das Erklärungsmodell manchmal naturwissenschaftlich gesehen Unsinn ist. So z. B. die Hippokratische Säftelehre (die widerlegt wurde) oder das der Traditionellen Chinesischen Medizin zugrunde liegende Qi-Prinzip (das so eng mit der Tao-Philosophie verknüpft ist, dass es in der westlichen Kultur nur selten verstanden wird).
    Ein klassischer Denkfehler ist, vom der Gültigkeit des Erklärungsmodells auf die Wirksamkeit einer Methode zu schließen. Aber die Widerlegung der Säftelehre hat nicht dazu geführt, dass praktisch die ganze europäische Medizin vor 1800 für bloße Scharlatanierie erklärt wurde. Akupunktur wird, da sie nachweislich bei einigen Krankheiten über einen Placeboeffekt hinaus wirksam ist, und sogar ein Wirkmechanismus gefunden wurde, inzwischen weitgehend akzeptiert – darüber schrieb ich vor einer Weile auch mal bei mir im Blog was: http://martinm.twoday.net/stories/6359714/
    Hingegen gibt es nach wie vor Einwände gegen die Psychoanalyse, die darauf beruhen, dass die Lehre Dr. Freuds z. T. pseudowissenschaftlich sei. Aber immerhin wird Psychoanalyse von den Krankenkassen übernommen. (Weil wirksam – und trotz allem noch vergleichsweise preiswert. Psychopharmaka sind extrem teuer – auch die, die nicht helfen.)

    Sleeksorrow, das Problem ist, dass es noch keine sauber durchgeführte Studie gibt, die eindeutig und zweifelfrei die Wirksamkeit einiger Homöophatische Medikamente beweisen würde. (Es gibt Studien, die Hinweise darauf geben, dass sie wirken könnte, aber das reicht nicht.) Ein zweites Problem liegt daran, dass man, wie bei der Akupunktur, wie bei der Psychoanalyse, und wie bei vielen Heilverfahren auch, pauschal sagen könnte: Homöophatie wirkt immer und wirkt zuverlässig. Was ja wieder auf die von Antje angesprochene „Denke“ zurückzuführen ist.

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  7. Die Annahmen in Deinem Text sind unrichtig. Richtig ist diese Annahme, und ich hoffe mal, daß darüber Einigkeit herstellbar ist: Ein Medikament wirkt dann, wenn eine Wirkung im Experiment (= unter kontrollierten Bedingungen) nachweisbar ist. Es geht dabei nicht um unbedingte Wirkung in jedem Fall, wie von Dir behauptet, und auch nicht um die Wirkungsweise, sondern darum: Ist irgendeine Wirkung nachweisbar, die über den Placeboeffekt hinausgeht, wenn sowohl die Verabreichende als auch der Patient nicht wissen, ob sie den Wirkstoff oder Placebo erhalten? Das ist die Grundlage für einen sogenannten Doppelblindtest. Diesen Beweis ist die Homöopathie schuldig geblieben und befindet sich damit in guter Gesellschaft mit dem Gesundbeten, das die Kassen meines Wissens auch nicht bezahlen. „Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde“, bitte, gern, aber selbst wenn sie derzeit nicht erklärbar wären, müßten sie zumindest nachweisbar sein, die Dinge, mehr verlangt die Wissenschaft gar nicht.

    Wieder einmal taucht das Propagandawort „Schulmedizin“ im Zusammenhang mit der Verteidigung der Homöopathie auf. Wer Propaganda und FUD braucht, hat schlechte Argumente. Homöopathie ist wie Scientology das Hirngespinst eines einzelnen Mannes. Mich verwundert, daß die Verteidiger der Homöopathie überwiegend Frauen zu sein scheinen, während diejenigen, die auf die fehlende Beweislage hinweisen, überwiegend Männer sind. Den Ursachen dafür auf den Grund zu gehen (oder den Gegenbeweis anzutreten, mehr als mein persönliches Real- und Web-Umfeld kann ich dafür nicht anführen), fände ich viel interessanter als wieder einmal gegen die kognitive Dissonanz der Aber-mir-hilft’s-Fraktion anzuargumentieren.

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  8. @sleeksorrow wenn man ausschließlich studien die gängigen wissenschftlichen kriterien entsprechen heranzieht zeigt sich dass globuli und co keine nachweisbare wirkung über den placeboeffekt hinaus haben. nichtwissenschaftliche studien (nicht doppelblind/randomisiert) „belegen“ einen effekt der drüber hinaus geht. homöopathische ärzte fechten das kaum mehr an. ihr argument ist dass erfolg mit anderen kriterien gemessen werden muss.

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  9. ich wusste bisher gar nicht, dass man sich die Kügelchen von der Krankenkasse bezahlen lassen kann, sie kosten ja eh nicht viel und ich habe sie bisher immer selber gekauft

    Gesetzliche Krankenkassen zahlen die Kügelchen tatsächlich nicht. Es geht um die Kosten für die langen Arztgespräche, auf denen die Mittelwahl beruht. Darüber hat der Zentralverein homöopathischer Ärzte (www.dzv.de) eine Vereinbarung mit etlichen Krankenkassen geschlossen, die nun anscheinend von Lauterbach angegriffen wird.

    Langfassung demnächst in der Zeitschrift Frauenrat 🙂

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  10. @MartinM: Was man bei Akupunktur festgestellt hat, ist eine gewisse Wirkung, die aber unabhängig davon ist, wo man die Nadeln hineinsteckt. Mit anderen Worten: Es hilft dem Patienten, überhaupt eine Behandlung zu bekommen, egal welche: Hauptsache, man kümmert sich. Auch das ist, wie bei der Homöopathie, nichts anderes als der Placeboeffekt.

    Ich verstehe nicht, warum immer so getan wird, als wäre der Placeboeffekt etwas Schlechtes und man müßte deshalb eine „alternative“ Erklärung wider die Schulmedizin finden. Homöopathie kann Quacksalberei sein und trotzdem im Einzelfall helfen. Kindern helfen Mickymauspflaster auch besser als fleischfarbenes Einheits-Hansaplast.

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  11. Hallo,
    die beiden Punkte 1 und 2 beziehen sich auf die erforderlichen Bedingungen für die sog. „Wissenschaftlichkeit“: Das Experiment muss 1.- ein „messbares Ergebnis“ liefern und 2.- muss es replizierbar sein.
    Insofern stimmt Ihre Interpretation natürlich, das ist ja auch der Inhalt der Kritik an der Homöopathie: Eine mikrobiologische Messung oder Beobachtung ihrer Wirkungsweise ist momentan bestenfalls indirekt möglich. Die Replizierbarkeit des Versuchs ist NICHT in dem simplen Maße gegeben, wie es bei schulmedizinischen Substanzen der Fall ist, was in der Natur der Sache liegt: Individuelle Faktoren des Patienten und des Behandelnden stehen definitionsgemäß über konkretem Wirkspektrum des Mittels.

    Ich gebe Ihnen Recht, das eigentliche Thema bei dieser Diskussion ist die Argumentation der Homöopathiegegner: Selbst wenn Homöopathika in verschiedenen Versuchen keine signifikant höhere Wirkung hervorgerufen haben und somit als „Placebo“ bezeichnet werden, begründet das in keiner Weise die Schlußfolgerung, es sei Geldverschwendung, die Kosten für diese Mittel von den Krankenkassen übernehmen zu lassen, erst recht nicht mit dem Argument der Ökonomie.

    Vielmehr müßte die Kasse ihre Kostenstellen überprüfen und dort, wo die Ausgaben am größten sind, über präventive und alternative Maßnahmen nachdenken. Allein die Zahl der verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen ist angesichts der redundanten Verwaltungsausgaben schwer zu rechtfertigen.

    Weiterhin müßten Zahlen vorliegen, die belegen, daß Patienten, die Homöopathika nehmen, signifikant höhere Kosten verursachen als diejenigen, die H. ablehnen.
    Solange solche Zahlen nicht vorliegen oder solch ein Verhältnis einfach nicht der Realität entspricht, ist jede weitere Diskussion in diese Richtung Populismus und ein billiger Versuch, von den wirklichen Baustellen im deutschen Gesundheitssystem abzulenken.

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  12. Ich selber, wie soll ich es sagen, hm, „glaube“ nicht an Homöopathie. Und das ist eigentlich noch zu stark formuliert. Ich müsste es, schlechter Wortgag jetzt, noch homöopatischer formulieren. Es ist etwas, was in meinem „Entscheidungsbewusstsein“ gar nicht vorkommt. Allerdings gilt das eben für mich. Also „ich für mich“. Deswegen verstehe ich auch nicht, von Gesellschaftskostenaspekt mal abgesehen, warum Gegner da so vehement und spitz immer sein müssen.

    Aber das sehe ich in vielen anderen Bereichen auch. Es gibt immer nur ein „dafür“ oder „dagegen“. Ein „einfach mal lassen“ gibts selten. Leider.

    Wobei die Befürworter in meinem Bekanntenkreis da teilweise einen auch schlecht in seinem Frieden leben lassen kann. Aber das ist vielleicht nicht das Thema.

    WAS aber immer wieder sich heraus stellt, ist die Tatsache, daß die Homöopathie (noch?) eine Sache ihren Anhängern anbietet, die die „Schulmedizin“ immer mehr mit einer frappierenden Lässigkeit munter zerstört: Vertrauen.

    Und wenn man mich „Homöopathie-Nichtgläubigen“ fragen würde, warum sie doch zuweilen Leuten hilft, würde ich genau diesen Wert einwerfen: Vertrauen. (und rheinisch großzügig hinterher: wems hilft ;-))

    Hier könnte auch die Antwort nach der teilweise beobachteten Trennung zwischen Frauen und Männer zu diesem Thema liegen. Das System, das die jetzige Schulmedizin unterfüttert, ist ein männlich erstelltes. Ein von Konzernen, Lobbyisten, wissenschaftgläubigen getragenem System. Männer kümmern sich auch eh weniger um ihre Gesundheit. Und noch seltener sitzen sie in den Wartezimmer der Kinderärzte, ich bin da immer noch in der Regel der einzige. Es sind also vielleicht einfach mehr Frauen in der täglichen Praxis mit der bisherigen Gesundheitsversorgung konfrontiert als Männer. Und sind so Alternativen aufgeschlossen. Ohne Bewertung der Homöopathie meinerseits freilich, bin ja ein Mann. *duckt sich weg*

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  13. Nebenbei und ganz unabhängig von der Homöopathie: Ich halte Skeptizismus a la GWUP für ein geschlossenes Weltbild.

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  14. Malte Diedrich:

    So und nun eine kleine Vermutung: Der Herr Lauterbach ist ja nun nicht wirklich ein Freund freier Ärzteschaft, sondern versucht ganz im Gegenteil das Gesundheitswesen in Richtung MVZ und (von Konzernen) abhängiger Ärzte umzubauen (Rein zufällig sitzt er natürlich im Aufsichtsrat eines solchen Konzerns).

    So und nun eine andere kleine Vermutung: Könnte es sein, daß auch Heilpraktiker und Sektengurus ganz gut von ihrer Kunst leben und sich eine großzügige Lobby leisten können? Gewöhnliches Leitungswasser, Zuckerpillen u.ä. komisches Zeug ist schließlich billig, insbesondere dann, wenn man sich Doppelbildtests und komplizierte Zulassungsverfahren ersparen kann. Außerdem wabern alle möglichen und unmöglichen irrationalen Ideologien durch das gesellschaftliche Bewußtsein gutsituierter Bürger, die man mit Hilfe ihrer Feindbilder wie der „Pharma-Lobby“ und der „Schulmedizin“ bequem abziehen kann.

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  15. Die Geburt unserer Tochter zog sich über viele Stunden hin. Die Schmerzen meiner Frau wurden immer schlimmer. Die Hebamme schlug irgendwann Akupunktur vor, um die Absenkung zu unterstützen. Meine Frau sagt, es war „eine nette Ablenkung“. Ein homöopathisches Mittelchen gab es dann auch noch. Ein gewisser Nutzen war da: Neben der Ablenkung hatte die Hebamme noch das Gefühl, etwas zu tun.

    Zum Schluß ist es ein „schulmedizinischer“ Kaiserschnitt geworden. Das Köpfchen konnte sich nicht drehen, weil die Nabelschnur viermal um den Hals gewickelt war. Ohne dieses „von wirtschaftsgläubigen getragene System“ wäre mindestens meine Tochter, aber vermutlich auch meine Frau bei der Geburt gestorben.

    Nehmt bei Zipperlein und Katarrh, was Ihr wollt. Wenn ich tatsächlich und ernsthaft krank oder verletzt war, war es bisher immer die böse „Schulmedizin“, die mir geholfen hat. Der Skeptizismus in Bezug auf „alternative Heilmethoden“ dient vor allem dazu, Menschen davon abzuhalten, bei lebensbedrohenden Krankheiten oder wenn chronische Schäden drohen, auf Quacksalberei zu vertrauen, weil die „Schulmedizin“ doch nur unser Geld will.

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  16. Wolfgang Mederle projizierte Folgendes:

    Der Skeptizismus in Bezug auf „alternative Heilmethoden“ dient vor allem dazu, Menschen davon abzuhalten, bei lebensbedrohenden Krankheiten oder wenn chronische Schäden drohen, auf Quacksalberei zu vertrauen, weil die „Schulmedizin“ doch nur unser Geld will.

    Das werfen doch GWUP und Esoblog ständig der Homöopathie vor, dass damit angebliche die große Kohle gemacht wird.

    Oder welche medizinsoziologische Studie belegt denn tatsächlich, dass sich Klienten der Alternativmedizin in erster Linie vor Ausbeutung retten wollen?

    Es gibt übrigens gar keinen Grund, pauschal skeptisch gegenüber alternativen Heilmethoden zu sein. So mancher Klassiker der Pflanzenheilkunde ist mittlerweile recht gut erforscht:
    http://www.psychosoziale-gesundheit.net/psychiatrie/johanniskraut.html

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  17. Nachtrag:

    Gerade werde ich drauf hingewiesen, dass die von mir genannten Annahmen so nicht gelten würden:
    Bei Punkt 1 müsse nur die reine Wirksamkeit nachgewiesen werden, nicht das warum. Und Punkt 2 würde niemand verlangen. Juhuu, da ist die Wissenschaft zum Glück wohl schon weiter als die Alltagsdiskussionen. Dort werden beide Punkte nämlich so diskutiert, wie hier beschrieben. Denn das Argument „Die Wirkstoffe wurden so oft verdünnt, dass nix mehr drin ist“ läuft genau auf Punkt 1 hinaus – auf das Warum.

    Nun ja, dieser Einwand ist ja auch so viel überzeugender als sämtliche Trakate eines Samuel Hahnemanns. Wahre Wissenschaft muß sich dem Zweifel stellen. Hahnemanns Anhänger müssen mit diesem Widerspruch fertigwerden. Das geht nur, indem man empirisch reproduzierbare Ergebnisse vorlegt.

    Und der Einwand „Ich kenne X Fälle, in denen Homöopathie nichts genutzt hat“, ist Punkt 2.

    Daraus kann man nicht schließen, daß Homöopathie nicht wirkt. Da haben Sie natürlich recht. Ich muß aber trotzdem nicht akzeptieren, daß Homoöpathie tatsächlich wirkt. Dafür müßte die Homöopathie den Nachweis ihrer Wirksamkeit erbringen. „Ich kenne X Leute, die das Ungeheuer im Loch Ness nicht gesehen haben“ ist auch kein Beweis dafür, daß es nicht existiert. Trotzdem muß ich nicht an die Existenz dieses Monsters glauben, nur weil manch einer schwört, es gesehen zu haben.

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  18. @Irene: Es geht nicht ums Geld, sondern ums Vertrauen auf über den Placeboeffekt hinaus wirkungslose Mittelchen, weil man der „Schulmedizin“ mißtraut.

    Im übrigen bin ich nicht gegen pflanzliche Heilmittel. Nur haben diese mit Homöopathie und Akupunktur nicht das geringste zu tun.

    GWUB und Esoblog kenne ich nicht. Es gibt auch noch Quellen außerhalb des Webs.

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  19. @Irene Hätte genauso gut „die will doch nur ihre Apparate auslasten“/“ihr zynisches Weltbild transportieren“/“die wissen ja gar nicht, was außerhalb ihrer ‚Wissenschaft‘ noch existiert“ schreiben können. Der Punkt ist das Mißtrauen, das Geld nur ein möglicher Grund dafür.

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  20. Es geht nicht ums Geld, sondern ums Vertrauen auf über den Placeboeffekt hinaus wirkungslose Mittelchen, weil man der „Schulmedizin“ mißtraut.

    Das ist auch eine Unterstellung. Es gibt doch genug Patienten, die schon bei diversen Ärzten waren, und die ihre Beschwerden wieder mit nach Hause nehmen durften. Wenn der Arzt nichts findet, heißt es oft, die Ursache sei „psychosomatisch“, und dann geht der eine Mensch vielleicht zum Psychotherapeuten und der andere zum Heilpraktiker oder Alternativmediziner. Und die körperliche Ursache wird womöglich erst Jahre später gefunden. Bei manchen Krankheiten sind solche Umwege sogar recht typisch.

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  21. Mein Problem mit der Homöopathie ist nicht, dass ich nicht an die Wirksamkeit von bis zur Unkentlichkeit verdünnten Wirkstoffen glaube, sondern, dass Homöopathie vorgaukelt es gibt gegen jede Krankheit und jeden Zustand ein Mittel das man einnehmen kann. Allerdings sind manche Zustände nur durch Ertragen oder durch aktive Auseinandersetzung mit ihnen zu überwinden. Letzteres trifft vor allem auf psychosomatische Erkrankungen zu. Ich bin sehr dafür, dass Ruhe und Zeitlassen in die Standardbehandlung von Patienten auch in der Schulmedizin übergehen, also ein ganzheitlicher Ansatz, aber das muss nicht über pseudowissenschaftliche Globuli passieren. Mein anderes Problem mit Homoöpathie ist, dass es in manchen Fällen einfach zu behandelnde Krankheiten unnötig Leben kosten.

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  22. @ Wolfgang: Nö, jetzt sind wir beim Kern der Sache. Diskutieren wir über medizinische Methoden, um andere Leute als wissenschschaftsfeindliche arme Irre hinzustellen, deren Verhältnis zur Medizin von Paranoia gezeichnet ist, oder…?

    Was soll die große Welle?

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  23. Bei dieser Diskussion frage ich mich, ob es denn wirklich so schwierig ist, sich von der als Beispiel fungierenden Homöopathie-Thematik mal kurz auf die Meta-Ebene zu begeben. Mein Eindruck war, dass Antje Schrupp sich zur Homöopathie gar nicht geäußert hat, sondern zu den üblichen (Schein-)Argumenten und Glaubensbekenntnissen, die in der Debatte immer wieder (auch hier nun) zu finden sind. Es geht hier in diesem Blog also nach meiner Wahrnehmung eben gerade NICHT darum, Ungläubige zu Homöopathie-Anhängern zu bekehren, sondern mal einen scharfen Blick auf unsere kulturell geprägten Bewertungs- und Argumentationsmechanismen zu werfen. Insofern: Ein feines Schaustück ist das hier 😉

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  24. Jup. Und ein wenig „nein“. Das Glöckchen ist hier zu hell, da springt man zu schnell gerne wie ein Hund an und, wie Du richtig andeutest, am Thema vorbei. Es ist allerdings auch ein Problem der linearen Kommentarabbildung, daß man leicht abweichende, aber inspirierte Unterhatungen, wie sie fast oben nur „passiert“ ist, nicht als solche zur Gänze störungsfrei zulassen kann. Es ist also nicht nur einer sicherlich mangelnden Eigendisziplin der anspringenden Leser geschuldet, ich lasse mich da ab und an auch hin reissen, sondern auch an der sich durchgesetzten schlechten Technik. Denn ein „von Höcksken aufs Stöcksken“ kommendes Gespräch ist doch meist ein lebhaftes und nicht selten fruchtbares. ABER: das ist nun wieder echt ein gaaaanz anderes Thema, und ich versprech, dazu an dieser Stelle fortan still zu sein.

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  25. Ich nehme den von georgi verlinkten Artikel zum Anlass, eine Brücke von der Homöphatiekritik zum eigentlichen Thema zu finden.
    Darin heißt es:

    Forschung, die Akupunktur im weitesten Sinne des Begriffes verwendet, wird benutzt, um „Akupunktur“ im taditionellen Sinne zu bewerben.

    (Wobei ich selbst der Ansicht bin, dass ein schmerzlinderndes Verfahren, dass auf dem Einstechen von Nadeln beruht, „Akupunktur“ ist, egal, ob es der TCM entspricht oder nicht. Letzteres Ist mir ziemlich egal, solange es funktioniert. Das nur nebenbei.)

    Interessant ist an der Aussage ist der Vorwurf, es würde „Akupunktur im tradionellen Sinne“ beworben. Es werden also (aus meiner Sicht) mitten im Spiel die Regeln geändert – wobei die Regeländerung ja, laut Artikel, zuerst von Anhängern der Akupunktur vorgenommen wurde: „Nadeln können Schmerzen lindern, also (Verallgemeinerung) ist die Akupunktur in Sinne der TCM bewiesen.“ Diese Regeländerung des Gegners wird ausgenutzt, um die Aussage „Akupunktur funktioniert nicht“ zu retten, obwohl ein Verfahren, das „Akupunktur im weitesten Sinne“ ist, funktioniert.

    Antje schrieb:

    Anstatt von der Wirklichkeit auszugehen, wie wir sie vorfinden, und im Umgang mit ihr Erfahrungen zu sammeln, versuchen wir, abstrakte Regeln und Gesetze auf konkrete Situationen anzuwenden – notfalls mit Gewalt.

    Ich fasse das so auf: Wir neigen dazu, unsere „Lieblingsweltmodelle“ gegen alles zu immunisieren, was die allgemeine Gültigkeit dieser Weltmodelle in Frage stellt.
    Oder: „Wenn die Wirklichkeit nicht zur Theorie passt – umso schlimmer für die Wirklichkeit.“
    (Wobei, nebenbei bemerkt, die Anhänger der Homöopathie ganz groß im Immunisieren sind. Dazu bloggte ich vor einiger Zeit: Homöopathie und Immunisierung (gegen Kritik).)

    Hahnemanns, der Begründer der Homöopathie, gibt übrigens ein hervorragendes Beispiel für eine fahrlässige Verallgemeinerung von Einzelfällen zu einem „für alle und alles“ geltendem abstrakten „Gesetz“. Nach Hahnemann sollen Krankheiten durch Medikamente behandelt werden, welche ähnliche Symptome hervorrufen wie die Krankheit selbst: „Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt“ (similia similibus curentur). Es gibt tatsächlich Therapien, wie etwa Impfungen oder Desensibilisierungen gegen Allergene, die diesem Prinzip zu entsprechen scheinen. Hahnemann selbst beobachtete, dass hohe Dosen des fiebersenkenden Chinins Fieber hervorrufen. Diese zutreffende Einzelbeobachtung verallgemeinerte er auf alle Krankheitssymptome und auf alle Wirkstoffe.

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  26. Also, auch meine 2 Cents:
    Niemand bestreitet das Homeopathie „wirkt“. Es wird lediglich bestritten, sie wirkt besser als jeder andere Placebo in gleicher Ausgangssituation (Kosten, Aussehen, Verabreichungsform, Verabreichender Arzt).
    Genau darum geht es in Doppelblindstudien. Es gibt meines Wissens nach keine Doppelblindstudie in denen ein homeopathisches Praeperat besser als jeder andere Placebo abschneidet.

    ABER:
    Das Placebos wirken, ist nicht umstritten. Es ist einfach unheimlich faszinierend wir stark die Wirkung sein kann:

    „Placebos im heutigen Verständnis wurden wohl zum ersten mal 1830 durch einen Dr. Herrmann unter Supervision eines Dr. Gigler in einem Militärkrankenhaus der russischen Stadt Sankt Petersburg systematisch verwendet. [9]Dabei sollte untersucht werden, ob eine homöopathische Behandlung wirkt. Diese Studie verglich nicht nur die damals neue homöopathische Behandlung mit der zeitgenössisch üblichen medizinischen Behandlung, sondern führte außerdem wohl erstmals systematisch eine Nichtbehandlungsgruppe ein, die mit Placebos in Form von Pseudopillen ohne Wirkstoff etc. behandelt wurde. Es zeigte sich, dass die Placebo-Gruppe die besten Erfolge hatte.“

    Koennten wir nun auch direkt Placebos, ohne das ganze esoterische Drumherum zum behandeln nutzen? Nein: Das Drumherum gehoert dazu, es ist das was die Wirkung praegt.

    Die Frage ist nun einfach, wie wir damit umgehen. Und das ist tatsaechlich eine moralisches und philosophische: Heiligt der Zweck die Mittel? Ist es moralisch vertretbar, den Menschen zu manipulieren, ihn bewusst in einen Irrglauben zu manovrieren, ganz bewusst eine angeblich medizinische Wirkung vorzugaukeln, nur um den da durch ermoeglichten Placeboseffekt zu benutzen?
    Was ist mit dem Vertrauensverhaeltniss zwischen Patient und Arzt? Wuerden wir das alles in Kauf nehmen, koennten wir ihm nicht mehr vertrauen.
    Im Grunde sind das die gleichen Fragen, die wir uns immer im zwischenmenschlichen Umgang stellen: Was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss. Ist wirklich immer nur wichtig, was hinten heraus kommt?

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  27. @Johannes: wer zum Homöopathen geht, ist sich doch in der Regel der Tatsache bewusst, dass diese Lehre höchst umstritten ist. Es ist ja nicht so, dass es NUR Honöopathie gäbe und man massiv indoktriniert würde, an sie als einzige Wahrheit zu glauben.

    Die meisten probieren es wohl einfach mal aus, oft nach vielen frustrierenden Erlebnissen mit der Schulmedizin und machen dabei eine positive Erfahrung. Ab dann gilt „wer heilt, hat recht“…

    Ich sehe die kämpferische Ablehnung der Homöopathie nicht als angemessenen Kampf für wissenschaftliche Wahrheit, sondern als Teil des Kampfes um Geldtöpfe der Kassen. Vielleicht ist auch Neid dabei gegenüber Homöopathen, die sich nicht für zig Geräte verschulden und fortan für die Auslastung dieser Gerätschaften arbeiten müssen – anstatt sich den Patienten auch nur ANSATZWEISE so zuwenden zu können, wie es ein Homöopath tut.

    Die Gegner der Homöopathie bestätigen die Wirksamkeit von Placebos, sie geben auch zu, dass das Patientengespräch in der Schulmedizin zu kurz kommt und „Empathie“ quasi nicht vorkommt. Daraus folgt aber nichts – oder hat schon mal jemand einen Vorschlag gehört, der eine vergleichbar umfassende Zuwendung von Seiten des schulmedizinischen Arztes beschreibt und fordert? Daran würde ja BigPharma nix mehr verdienen und auch die ganzen Geräte bräuchte man viel viel weniger.

    Beim schulmedizinischen Arztbesuch fragt man sich ja langsam, warum der menschliche Arzt als Zwischenglied zwischen den Diagnosegerätschaften, ihren Messungen und der Software für den Rezeptausdruck eigentlich noch nicht weggespart worden ist. Er scheint ja oft genug gar keine beobachtbare Funktion mehr zu haben…

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  28. Wer nachts in den Wald schleicht um Kröten auf Warzen zu setzen bei Vollmond und der Jungfrau im Jupiter (or whatever), der möge sich auch an den Kügelchen delektieren. Das Problem ist aber doch ein anderes:
    1) Glauben viele Konsumenten, dass es sich um irgendwas Naturheilkundliches mit Pflanzen und so handelt. Was natürlich falsch ist, trotzdem findet sich das snake oil immer wieder im gleichen Topf wie Naturheilkunde (auch in den Medien)
    2) Ist das ganze ein extrem lukratives Business mit null Basis. Gut, das kann man über viele Dinge, die man so kaufen kann sagen. Aber die credibility die dieser Quacksalberei verliehen wird dadurch, dass man es in Apotheken kaufen kann und z.T. von der Krankenkasse erstattet bekommen kann, muss aufhören. Sonst kann Tarotkarten lesen und Geistheilung auch gleich mitkommen.
    3) Kügelchen helfen bei Befindlichkeitsstörungen. Ein Plazebo-Effekt, der durch die Zuwendung und (sicher nicht gespielte) Hilfsbereitschaft des Verabreichers entsteht. Ist ja schön. Die Heilsversprechen bei tatsächlichen (nicht rein psycho oder psychosomatischen) Krankheitsbildern sind aber m.E. gefährlich.
    Es gibt größenwahnsinnige Homöopathen, die damit hastenichtgesehn heilen wollen. Und davor muss ein Riesenriegel. Dieses: Ich glaub ja auch nicht dran aber wurde nicht von einem Tiger angegriffen seit ich diluted tiger nehme kanns ja auch nicht sein. Ich hatte übrigens keine Erkältung mehr, seit ich regelmässig kokse. Gibt’s das dann auch bei der TKK?

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  29. Ich für meinen Teil bin Homöopathiekritiker, da meine Ethik einen ehrlichen Umgang mit Mitmenschen als sehr wichtig ansieht.
    Für mich gilt eben nicht „wer heilt hat recht“. Nicht alle Mittel heiligen den Zweck.
    Oberflächlich betrachtet, mag das logisch klingen. Genau so logisch, wie einen Menschen zu Opfern um Zwei zu retten. Aber was ist unser Leben wert, wenn man so argumentiert? (Tut mir Leid, wenn das Beispiel jetzt ein wenig polemisch klang, finde es im Kern dennoch sehr passend für eine (völlig) andere Situation in der man trotzdem nicht unbedint rein rational handeln sollte)

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  30. Es gibt größenwahnsinnige Homöopathen, die damit hastenichtgesehn heilen wollen. Und davor muss ein Riesenriegel.

    Diesen Größenwahn würde ich eher den Heilpraktikern unterstellen, die zum Teil kein ausreichendes medizinisches Wissen haben, als den homöopathischen Ärzten. Und Heilpraktiker werden ja von den gesetzlichen Kassen gar nicht erstattet, und darum gibt es da keine Einflussmöglichkeit.

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  31. Wenn wir Homöopathie bezahlen, müssen wir – dem FMS sei dank – auch jede andere Therapie bezahlen. Und ich erfinde eine und werde reich. Garantiert werde ich nämlich Menschen finden, die sich von mir heilen lassen und durch die Therapie mit Elefantenschweiß besser fühlen.
    Letzten Endes kann die Allgemeinheit eben nicht alles bezahlen, sondern muss wählen, was bezahlt werden soll. Und da fällt z.B. das raus, was nicht besser wirkt als Zuckerpillen. Denn die wirken nun mal gar nicht bzw. genauso nur durch den Placebo-Effekt.

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  32. Hm, Mario H., bisher war ich tendenziell (aber noch nicht wirklich engagiert) auch eher dagegen, das Homöopathie von der Allgemeinheit bezahlt werden soll. Aber wenn ich Deine Argumentationskette so mir ansehen, würde ich sagen: wenn eine Menge Mitbürger ab kritischen Wert X sich von Elefantenschweiß tatsächlich heilen lassen würden und es ihnen nachher aus „Einbildungsgründen“ faktisch und wirklich besser geht… ich würde das als Ungläubiger mitzahlen.

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  33. Naja. Ich als fundamentalistischer Materialist gebe der Homöopathie natürlich dieselbe Chance wie der „Schulmedizin“: Wenn es funktioniert, her damit. Lustigerweise hab ich mit Homöopathie tolle Heilerfolge erlebt. Und weil Homöopathie dazu noch so viel billiger ist, kann ich die Rückzugsgefechte der Pharmalobby problemlos ignorieren.

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