Das Mamma-Dilemma

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Ich sitze im Zug und lese die Frankfurter Rundschau, die hier irgendjemand hat liegen lassen. Darin ist mal wieder eine Geschichte über die doppelt- und dreifach gestressten Frauen und ihre schwierigen Versuche, alle Ansprüche und Beruf und Kinder und so weiter unter einen Hut zu bringen.

Eigentlich wollte ich den Artikel gar nicht lesen, weil zu dem Thema irgendwie schon alles gesagt und alles bekannt ist, und mir nicht einleuchtet, warum man noch eine dreiundzwölfste Studie dazu machen muss (wahrscheinlich, damit die Zeitungen einen Anlass haben, das alles noch einmal aufzuschreiben). Die jetzige Studie hat Ines Imdahl vom Rheingold-Institut erstellt, und sie ging der originellen Frage nach: „Warum kriegen die Deutschen keine Kinder mehr?“

Wie auch immer, an einem Satz in dem Artikel blieb ich hängen, und zwar diesem: „Bei der Arbeit treten die Mütter Imdahl zufolge oft nicht offensiv auf, geben etwa einen ‚Termin’ vor, wenn sie um vier zum Kindergartenfest müssen.“

Tags zuvor hatte mir eine Bekannte erzählt, dass sie als Kind mit einer Pfarrerstochter befreundet war und oft in das große Pfarrhaus zum Spielen ging. Doch immer nach dem Mittagessen musste für zwei Stunden strikte Ruhe sein: Der Pfarrer zog sich nämlich zum Mittagsschläfchen zurück. Verantwortlich für die Einhaltung der Ruhezeit war seine Frau, die die Kinder entsprechend im Zaum hielt.

Das fiel mir wieder ein, als ich mir diese berufstätigen Mütter aus der Studie vorstellte, die sich auf der Arbeit nicht zu sagen trauen, dass sie in den Kindergarten müssen und deshalb so tun, als hätten sie einen wichtigen Businesstermin. Machen sie nicht im Prinzip dasselbe wie früher die Ehefrauen? Sie „verstecken“ die Kinder, damit der „Vater“ (heute die „Businesspeople“) in Ruhe ihre überaus wichtigen Sachen machen können, ohne mit den nebensächlichen Niederungen des Alltagslebens konfrontiert zu werden.

Eigentlich ist die Verdrängung heute sogar noch größer: Der Patriarch alter Schule wusste ja zumindest noch, dass es Kinder gibt und dass sie Lärm und Arbeit machen. Deswegen war er ja so vehement gegen die Gleichberechtigung der Frauen, denn er befürchtete, dass ihm dann niemand mehr den Kinderlärm vom Leibe halten würde (von der Kinderscheiße ganz zu schweigen).

Die Angst war unbegründet, wie sich gezeigt hat. Heute sind die Frauen zwar emanzipiert, aber die Aufgabe, die Kinder zu verstecken, haben sie offensichtlich immer noch. Und nicht nur verstecken, sie dürfen noch nicht einmal davon erzählen. Wir leben quasi in Zeiten der heimlichen, konspirativen Kinderaufzucht. Mutter sein darfst du schon. Aber du darfst dir das nicht anmerken lassen.

Das Kuddelmuddel ist außerdem komplexer geworden. Die Geschlechterrollen sind nicht mehr klar verteilt, sondern nur noch statistisch: Im Einzelfall kann der Patriarch, der bei seiner Arbeit nicht durch Kinderkram gestört werden will, auch eine Frau sein. Und die Mutter, die mit Argusaugen darüber wacht, dass die Kinder bloß ja niemandem lästig fallen, schon gar nicht dem Betriebsablauf, die kann heute auch ein „neuer“ Vater sein. Väter, die sich um ihre Kinder kümmern anstatt sie sich vom Leib halten zu lassen, haben ja mit genau denselben Hürden zu kämpfen wie Mütter.

Und dann gibt es natürlich auch noch die platten Gegenmodelle, die versuchen, diesen Trend zu bekämpfen, indem sie ins andere Extrem fallen und Heim-und-Herd-Idyllen heraufbeschwören. Frauen, die ihr Muttersein so exzessiv nach außen kehren, dass sie damit bloß der Gegenseite noch mehr Futter geben.

Kurz und gut: Es gibt keine „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“. Und das liegt nicht an zu wenig Kinderkrippen oder Teilzeitstellen oder Umverteilung der Familienarbeit – auch wenn gar nichts dagegen spricht, dass wir all das haben.

Aber die Ursache des Problems ist nicht, dass es Kinder gibt, die Arbeit machen und Aufmerksamkeit brauchen. Sondern dass es für diesen Lebensbereich keinen Platz im „normalen“ Berufsalltag gibt. Der durchschnittliche Arbeitsplatz ist immer noch so konzipiert, als wären wir alle kleine Patriarchen, die zuhause eine Ehefrau haben, die dafür sorgt, dass die Kinder nicht stören und keine Arbeit machen. Und für diesen Job haben ja auch viele jemanden, nur dass es heute nicht mehr die Ehefrau ist, sondern immer öfter ein Au Pair aus der Ukraine.

Ich stelle mir grade vor, wie es wäre, wenn Andrea Nahles demnächst Fraktionssitzungen leitet und dabei ihr Baby auf dem Schoß sitzen hat. Oder wenn in meinem Büro am Ende des Flurs eine Krabbelecke wäre, damit Eltern immer die Möglichkeit haben, ihre Kinder mitzubringen. Zur Jobqualifikation eines Sachbearbeiters würde es ganz selbstverständlich gehören, dass er auch mal ein Stündchen mit den Kindern seiner Chefin spielt, wenn die in ein wichtiges Kundengespräch muss. Andersrum wäre das natürlich auch so. Und der Journalist würde sich zu Interviews auf dem Spielplatz verabreden, weil er dabei seine Kinder im Auge behalten kann.

Gestern twitterte @kilaulena: „I love my job. Solving interesting problems, from my bed, with my sick kid sleeping next to me.“

Feine Sache, in der Tat.


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Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

78 Gedanken zu “Das Mamma-Dilemma

  1. Mir ging es am Anfang meiner selbständigen Tätigkeit ebenso, ich schob Business-Termine vor, wenn was im Kindergarten oder Schule war. Das ist knapp 20 Jahre her.
    Bis ich merkte, dass es Männer anderes machen, sie sagen: Nein, heute ist um 16 Uhr Feierabend, wir haben Schulfest.
    Nur mit dem feinen Unterschied, bei Männern wurde es akzeptiert und bei Frauen „ist immer was mit Kindern!“
    Ich arbeitete im letzen Jahr für eine international tätige IT-Firma im Marketing, der Chef „Director Marketing DACH“, hörte Freitags immer um 15 Uhr auf, weil er etwas mit seinen Kindern unternehmen wollte und er riet seinen Mitarbeitern das gleiche zu tun. Er hat trotzdem Karriere gemacht und ist in diesem Jahr „die Treppe hochgefallen“

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  2. Es ist ja alles noch viel schlimmer. Schon allein die Erwähnung der Tatsache, dass man Kinder hat, besorgt die unterschiedlichsten Reaktionen. Vorallem außerhalb des Berufs. Ein kleiner Abriß:

    1) Kinderlose fühlen sich diskriminiert. (Warum sagt die das? Will die mich fertig machen?)
    2) Männer verfallen in patriarchales Denken. (Oh, arme Hausfrau. Sucht Ernährer. Muß mal raus. Scheißleben ist das.)
    3) Homosexuelle fühlen sich ängstlich bedrückt. (Ah, eine Hure des Patrirarchats.)
    4) Hausfrauen und Idealmütter fühlen sich beleidigt. (Soll ich das jetzt etwa auch? Arbeiten und Muttersein?)
    usw. usf.

    (Die einzige, die dazu nie befragt wird, ist die Mutter selbst. )

    Nun kann man hoffen, dass eine Präsenz von Kindern im täglichen (Arbeits-)leben das Kinderhabenkönnen (und arbeiten) bewußt macht und die Massen sensibilisiert, aber ich glaube das nicht. Die finden es furchtbar, überhaupt gestört und durch irgendetwas vom Arbeiten abgehalten zu werden. Diese Frauen, die da Mütterlichkeit verleugnen (beim anstehenden Elternabend in der Kita) sind nicht Opfer irgendeines anonymen Systemfehlers, sondern einfach feige. Sie schämen sich dafür, (auch nur manchmal) etwas anderes zu tun als zu arbeiten. Und weil die willigen Arbeitnehmer nun nicht zum arbeiten kommen, wenn sie gerade Eltern sind, entschuldigen sie sich mit anderen dienstlichen Verpflichtungen. Diese Frauen haben patriarchales Denken verinnerlicht und „wissen“, dass sie im Job „falsch“ sind. Darum verleugnen sie ihre Kinder und alles was damit zusammenhängt. Die Abwehr gegen alles (Kinder sind da noch das Üblichste), was willige Arbeitnehmer von der Arbeit abhält, bezieht ihr Futter aus einem Arbeitsethos, gegen den auch Frauen nicht immun sind und der alles abwertet, was nicht bezahlt wird – auch Kinder! Sich aus diesem Denken zu lösen und als Mutter zu sagen: „Also bitte, wenn ich Kinder habe, muß ich die auch ernähren, darum arbeite ich! Nur darum!“, erreicht man nicht allein dadurch, Krabbelecken in Büros einzurichten, das erfordert einen grundsätzlichen Bewußtseinswandel vorallem im Westen, der darauf abstellt, a) der Entmenschlichung der Arbeitsprozesse entgegen zu wirken (Wider dem Arbeitsethos!) und b) der Frauen nicht der materiellen Verantwortung für ihre Kinder entledigt (Gegen patriarchales Denken!) und der c) Selbstbestimmung zum Ideal macht (Ich gehe jetzt nach Hause, weil ich einfach keine Lust mehr habe, für fremde Profite zu arbeiten. Vielleicht komme ich morgen wieder. Mal gucken.)

    Darum wünsche ich mir Sätze, von Männern wie Frauen, die ausdrücken:“Ich habe heute auch keine Lust auf Streß. Da bleibt die Krabbelecke im Büro mal leer.“

    😉

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  3. @Isi – Feigheit ist ein großes Wort. Ich würde aber auch sagen, dass oft mehr möglich ist, als viele sich trauen. Man darf halt auch nicht allen Konflikten immer aus dem Weg gehen. Und es gibt ja auch positive Beispiele, wie im Kommentar von @basadai. Andererseits kann es ja auch nicht angehen, dass man ein besonders „mutiger“ Mensch sein muss, um das Kinderhaben nicht zu verstecken. Ich stimme dir auch zu, dass das in Frage Stellen von derzeitigen „Arbeitseinsatzstandards“ nicht nur was mit dem Kinderthema zu tun hat. Aber das Kinderthema kann ein guter Anfang sein, um es in die Debatte zu bringen.

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  4. Hihi, ich bin die die das gewittert hat.

    Ich hab gerade erst fertigstudiert, deswegen kann ich noch nicht aus jahre- oder jahrzehntelanger Erfahrung sprechen — aber bisher lässt klappt das als alleinerziehende selbstständige Softwareentwicklerin mit 4jährigem Kind ziemlich gut. Dank einer Kombination aus
    – Ganztagsbetreuung im 1a Eltern-Initiativ-Kinderladen (Berlin halt),
    – Freunden (interessanterweise ohne -innen) die sich regelmässig mit kümmern, d.h. nachmittags abholen, und Grosseltern für das eine oder andere Wochenende,
    – Arbeit in einem Umfeld wo zwar bisher nicht viele Kinder haben, aber Flexibilität (im positiven Sinn) sehr hochgehalten wird, also mal abends oder von zuhause aus arbeiten völlig die Norm ist,
    – einer Marktsituation in der das was ich mache so dringend gesucht wird, dass die Arbeitgeber bei all meinen Bewerbungen bisher mit einer explizit festen 30 Stunden Woche ohne Überstunden einverstanden waren.

    Vor allem das letztere lässt sich leider nicht so ohne weiteres auf andere Berufsgruppen übertragen. Deswegen motiviert bitte eure Töchter/Nichten/Enkelinnen etc Informatik zu studieren, wenn sie das auch nur annähernd interessiert, okay??

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  5. Neulich bin ich bepackt mit 2 Sixpacks Wasser die Treppen zu meiner Wohung hochgekrakselt und dachte „Gleich habe ich Zeit an die Arbeit zu gehen“. Ich brauchte ein paar Sekunden, um mich zu fragen, was zum Teufel ich denn jetzt gerade tue.

    Diese Alltagssequenz fiel mir wieder ein, als ich den Satzteil „geben etwa einen ‚Termin’ vor“ las. Diese Zuschreiben von Begriffen zu einer bestimmten Tätigkeit, macht eine_n ganz schön gaga im Kopf. So wie ich Dinge schleppen nicht in erster Linie als Arbeit wahrnehme, ist’s halt auch mit dem Begriff Termin.

    Aber was ich „Kinder abholen“, „Meeting“ etc. anderes als ein Termin? … und was ist „Kinder betreuen“, „Einkäufe erledigen“, „Webseiten erstellen“ etc. anderes als Arbeit?

    Ich schätze ich/wir mache/n einen Kategorienfehler, wo gar keiner ist…

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  6. Ach, liebe Antje, das Leben ist kein Ponyhof und das, was Frauen im Westen erlebt haben, die völlige Entlastung um jede ökonomische Verantwortung und die totale Alimentierung, ist alles andere als üblich und ist für andere Frauen – speziell Mütter aus dem Osten – überhaupt nicht nachvollziehbar oder irgendwie Basis, sich mit minimalen Fortschritten dazu anzufreunden. Hausfrauen hatten ja bereits das bedingungslose Grundeinkommen. Die einvernehmliche Selbstaufgabe der Frauen, ein vollalimentiertes Leben als Hausfrau und Mutter, ist eben nur für jene Ausgangsbasis, die dieses auch gelebt haben. Die Ideologie dazu haben auch nicht alle verinnerlicht (oder sich viele schon befreit) und selbst wenn sich die Frage stellt, sich trotzdem für die Selbstständigkeit entschieden. Die Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, also selbstständig oder nicht, ist ja kein Naturgesetz oder stellt sich jeder Frau, sondern ist bereits Ausdruck patriarchalen Denkens, weil man dazu eine Trennung denkt, die so ja nur für Frauen (und im Westen) gegeben hat. Allen anderen kommt eine solche Frage (ansich) schon vor wie die Frage zur Vereinbarkeit von Essen oder Trinken. Ob man Kindern auch aus Erwerbsarbeit etwas zu essen besorgen muß, wenn man schon welche hat oder haben will, stellt sich nur jenen Frauen, die eben da nach patriarchalen Maßgaben trennen, dass eben nur eines von beidem einer Frau abverlangt werden dürfe. Männer müssen (und können) sich dazu nicht entscheiden, weil sie nur selten jemanden finden, der sie alimentiert, obwohl auch für Männer, die unggünstigen Rahmenbedingungen gelten und sie praktisch vor der gleichen Frage stehen (würden), aber sie eben anders lösen, eben Rollenverteilung via Geschlecht. Und Frauen machen da mit, die fühlen sich zuständig, verinnerlichen das. Dass man aber beides nicht gleichzeitig kann, zBsp. Essen und Trinken, weil man nur einen Mund hat, wird ja mit der Unvereinbarkeit beider Akzionen auch nicht verneint (wenn man die Vereinbarkeit verneint) sondern eine grundsätzliche Trennung reproduziert. Die Trennung von Berufswelt und Familienalltag überwindet man aber nicht wirklich, in dem man die Familienalltag in den sozialen Raum des Beruf holt, sondern in dem man vermittelt, dass jedes Elternteil auch eine ökonomische Verantwortung trägt, die heute Erwerbsarbeit bedeutet – sich also ganz konsequent von der Rollenverteilung trennt.

    Die (Un-)vereinbarkeit von Beruf und Familie, ist für mich und viele andere Mütter aus dem Osten so überhaupt nicht nachvollziehbar ist, ein Pseudokonflikt, und Ossis denken darum auch nicht über eine Vereinbarkeit nach, sondern fügen sich dem Sachzwang eben auch arbeiten zu müssen, und begnügen sich damit, die Folgen des Denkens, dass es da etwas zu vereinbaren geben muß, zu beklagen. Eine andere Möglichkeit (für Frauen), als durch Arbeit Kinder zu ernähren, gibt es ja nur im Patriarchat und eine Vereinbarkeit zu erfragen, ist patriarchales Denken. Mit der Selbstbestimmung von Frauen in ungünstigen kinderfeindlichen Rahmenbedingungen hat das so noch nicht viel zu tun, denn da würde gefragt werden: Wer versorgt die Kinder, wenn deren Eltern Geld verdienen (müssen)? Das vermisse ich.

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  7. „Aber was ich „Kinder abholen“, „Meeting“ etc. anderes als ein Termin? … “

    Das finde ich auch. Es ist meine Entscheidung, wem ich erzähle dass ich ein Kind habe und wem nicht. Genauso wie ich andere mich sehr bestimmende Lebensumstände GeschäftspartnerInnen auch nicht immer auf die Nase binde. Es ist natürlich schön wenn Eltern mit ihren Pflichten offensiv umgehen, aber es gibt auch gute individuelle Gründe das nicht zu tun. Das hat mit Verleugnen nichts zu tun, oder vielleicht nur ein bisschen. Man kann das auch Strategie nennen.

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  8. @Isi – jetzt klingst du ja in deiner Aburteilung der „alimentierten Hausfrau“ schon fast wie ein Maskulinist 🙂 – Nein, da stimme ich dir nicht zu. Du hast zwar Recht, dass die Art und Weise, wie wir das im Westen diskutieren, von der mehr oder weniger komfortablen Lage der Ernäherlohn-mitfinanzierten Mutter ausging. Aber warum soll es auch nicht davon ausgehen? Es hatte eben auch etwas Gutes, dieses Arrangement, und nicht alle Frauen singen Lobeshymnen auf die ARt und Weise, wie „Vereinbarkeit“ in der DDR organisiert war. Klar, kann man sagen, so ist die Welt, sie ist kein Ponyhof, und jetzt macht euch mal nicht in die Hose, anderswo arbeiten die Frauen auch 60 Stunden die Woche und erziehen die Kinder nebenbei. Aber das wäre – verglichen mit der patriarchalen Versorgerehe – die Wahl zwischen Pest und Cholera. Und dass die Trennung von „Arbeiten“ und „Kindererziehen“ eine historische ist, also kein Naturgesetz, dürfte ja wohl klar sein. Wieso muss ich da vor der Macht des Faktischen kapitulieren?

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  9. PS
    Darum hört sich auch für mich die Forderung nach gleichberechtigter (oder „gerechterer“) Rollenverteilung wie Zynismus an, weil die Um-Verteilung der Arbeit bei Beibehaltung der Rollenzuschreibungen immer nur eine Teillösung eines inszenierten Problems sein kann und die Arbeit der jeweiligen Rollen eben anders („gerechter“) verteilt, aber nicht wirklich aufbricht, und darum reproduziert. So lange es noch Uneinigkeit darüber gibt, dass auch eine erwachsene Frau für ihr Auskommen selbst zu sorgen hat und als Mutter ihre Kinder selbst ernährt (und von diesem Anspruch auch nicht abrückt, wenn ein Mann sie darum bittet; Patriarchat wird nämlich auch nicht schöner, wenn es Frauen Spaß macht) und neben der ökonomischen Verantwortung auch selbstverständlich Kinder liebevoll versorgt, befinden wir uns in der Endlosschleife patriarchalen Denkens und finden die Tür nicht. Es gibt keine nichtpatriarchale Erklärung dafür, warum eine Frau auf Selbstbestimmung (und dazu gehört die ökonomische Autonomie) verzichtet! So etwas zu erwarten, einer Frau anzutragen, sich alimentieren zu lassen, ist eine patriarchale und entwürdigende Forderung, die man als solche bewerten muß: Die Durchsetzung eines Machtgefälles. (Und jeder Versuch ist ein Drama.)

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  10. „Es hatte eben auch etwas Gutes, dieses Arrangement…“

    Antje, damit kann man auch Sklaverei und Apartheid begründen, dass es sicher den einen oder anderen gibt, der sich damit nicht so unwohl fühlt und – wie du so treffend formuliert hast: arrangiert. Das Prinzip Herrschaft ist aber selbst dann abzulehnen, wenn einige glücklich damit sind. Das es anstrengend ist, ist unbestritten. Darum mein Vorschlag, das arbeiten etwas entspannter anzugehen und sich vom Arbeitsethos zu verabschieden: Für das Recht auf Faulheit!

    Eine Frau, die auf ökonomische Selbstständigkeit verzichtet, fügt sich in das Prinzip Herrschaft und begibt sich in die Abhängigkeit zu dem, der sie ernährt. Nicht selten sogar ohne Zwang, sondern weil es auch etwas „Gutes“ birgt. Dieses „Gute“ ist dann aber sehr subjektiv und bedeutet trotzdem Abhängigkeit. Im Westen war das so üblich und funktionierte weitgehend kritiklos. Sich aber aus der familiären Abhängigkeit (und sei es nur die ökonomische) zu emanzipieren, müssen die Frauen aber selbst wollen. Und das sehe ich im westen noch lange nicht. Wenn selbst du schon meinst, dass dieses Arrangement etwas Gutes hatte, wer führt dann die Parole Selbstbestimmung ins Feld? Sich zu mit Abhängigkeit zu arrangieren, sollte Frauen heute zu wneig sein- finde ich.

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  11. Und ja – Sorry, mir fällt soviel ein – die Diskussion müßte mE. ganz anders geführt werden: Warum verzichten vorallem Frauen – sogar ohne Not – auf Selbstbestimmung und Autonomie? Welche Mechanismen wirken da und warum gehen so wenig in den Widerstand und leben statt Abhängigkeit nicht lieber die Selbstbestimmung? Dass Arbeit Scheiße ist, wird von mir nicht bestritten (und dass es sich jeder gern einfach macht, auch nicht) aber was zum Kuckuck reitet eine Frau, auf eigenes Einkommen (und sei es nur aus Arbeit) zu verzichten, um sich von einem Mann okönomisch abhängig zu machen?

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  12. Nicht mal Zeit einfordern, um Kinder abzuholen…. Schön wäre es ja, wenn man/frau außerdem offensiv die zwei Stunden Mittagsruhe einfordern würde. Aber das traut sich ja auch kaum jemand…..

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  13. @Isi – Das „Gute“ im alten Ernährerlohn-Arrangement sehe ich nicht darin, dass einige Frauen dabei „glücklich“ waren. Sondern zum Beispiel darin, dass von den Menschen allgemein im Schnitt weniger Erwerbsarbeitszeit gefordert wurde (nämlich 20 Stunden statt 40 Stunden, grob). Das Problem war natürlich die fixe Verteilung: Ehemann 100, Ehefrau 0 Prozent. Aber die Alternative beide 100 Prozent ist halt auch nicht prickelnd. Nancy Fraser hat auch darauf hingewiesen, dass die beide Vollerwerbs-Logik unter kapitalistischen Bedingungen soziale Ungleichheit vergrößert: Weil Gutverdienerinnen tendenziell Gutverdiener heiraten und Schlechtverdienerinnen Schlechtverdiener. D.h. pro Familie verdoppelt sich die finanzielle Ungleichheit im Vergleich mit der „Versorgerehe“.

    Ich teile auch nicht deine Vorstellung vom Glück der finanziellen Autonomie. Finanzielle Autonomie gibt es nicht, sie ist eine (patriarchale) Illusion. Wir alle leben von Alimentierungen, und sich das einzugestehen (und auch auf die „Leistungsträger“ anzuwenden) finde ich besser als die Illusion, man könne wirtschaftlich autonom sein, von den Männern zu übernehmen…

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  14. Für mich ist der Glaube an 2x „100%“ (wenn beide arbeiten) schon Verhaftung im Leistungsdenken. Dass Frauen nun aber „100%“ nicht zuzumuten wäre, ist patriarchales Denken. Auch dieses „Ehemann 100, Ehefrau 0 Prozent“ entspricht ja nicht dem Arbeitsaufwand, sondern nur dem erzielbaren Einkommen daraus. Diese Darstellung ist darum ein Übersetzungsfehler.

    Auch der Tag einer erwerbstätigen Mutter hat nicht mehr als 24 Stunden und davon arbeiten diese – beispielhaft: 8 h (gegen Entgelt), als Mutter im Paar +4 h unentgeltlich, als Alleinziehende +1 Stunde unentgeltich, das sind max. 13/24. Ein vollberufstätiger Mann kommt schätzungsweise auf 12/24, wobei auch nur 8 Stunden bezahlt werden, der unbezahlte Arbeitsaufwand aber geringer ist (wegen der „klassischen“ Rollenverteilung, wonach unbezahlte Arbeit Frauenarbeit ist und der Mann nur bestenfalls mithilft). Arbeitet eine Mutter nicht, arbeitet sie 7 Stunden pro Tag ohne Entgelt und der Mann trotzdem nur 8 h gegen Geld (aber meist länger) und beide bedienen sich aus seinem Einkommen. Das nennt man Abhängigkeit und das zu rechtfertigen oder zu entschuldigen, ist nicht postpatriarchal, sondern nur patriarchal. Eine kinderlose Hausfrau arbeitet weniger als eine erwerbslose Mutter und beide arbeiten insgesamt weniger als Alleinerziehende und erwerbstätige Alleinerziehende – Was sind da bitte „100 Prozent“, die 8 h, die ein Arbeitnehmer bezahlt bekommt und für welche Frau gibts du die „0“ vor?

    Wenn weniger Erwerbsarbeitszeit mit innerfamiliärer Abhängigkeit der Frau zusammenhängt, ist es trotzdem Abhängigkeit. Ich sehe in Erwerbsarbeit nicht das Ende des Patriarchats, aber die materielle Autonomie und die Freiheit des Individuums, über sein Einkommen aus Erwerbsarbeit selbst zu bestimmen und es zu verteilen und das ist vielmehr als keines zu haben. Dass Erwerbsarbeit ein neues Abhängigkeitsverhältnis begründet, ist unbestritten, aber das ist kein patriarchales Verhältnis mit der Frau qua Geschlecht als Opfer und läßt sich auch nicht mit Feminismus lösen. Aber wenn du die Abhängigkeit aus Erwerbsarbeit schon ablehnst, frage ich mich, warum du in der der Anhängigkeit vom Ehemann etwas Gutes erkennst und diese durch die Hintertür legitimierst.

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  15. @Isi – du unterstellst mir wieder dauernd Sachen, naja. Die 100 % bezogen sich auf die Zeit, die für Erwerbsarbeit aufgewendet wird, im Durchschnitt pro erwachsener Person. Das waren in der Versorgerehe 20 Stunden (also viel weniger als heute), nämlich 40 Stunden pro Paar. Davon übernahm der Mann 100 und die Frau 0 Prozent. Letzteres war das Problem, wegen Patriarchat und so, der Schnitt von 20 Stunden pro Kopf war aber besser als heute. ERWERBSARBEIT. Dass dazu noch anderes gearbeitet wurde, ist doch klar, das braucht man mir nun wirklich nicht erzählen. Aber heute haben wir gut 30 Stunden Erwerbsarbeit pro Kopf – und das andere arbeiten wir außerdem noch. Darin muss man imho nicht unbedingt eine Verbesserung sehen. Ich habe mal einen Vortrag einer US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlerin gehört, die den „deutschen Hausfrauen“ vorwarf, sie würden das Bruttosozialprodukt mutwillig senken. Da musste ich dann schonmal lachen, über so ein Argument.

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  16. Du, Antje, ich sehe aber dennoch in der Abhängigkeit von eigenem Erwerbseinkommen eine Verbesserung zur patriachalen Abhängigkeit der Frau von der Güte eines Mannes, ihr auch etwas auf den Teller zu legen. Ich sehe dabei weder in den einem, als abhängiger Erwerbsarbeit, etwas Gutes, aber das eben auch nicht in der Abhängigkeit von Frauen vom Einkommen ihrer Männern (auch dann nicht, wenn die Alternative Arbeit. Abhängigkeit ist immer Mist und da ist nichts „Gutes“ dran.. Auch ein freiwilliges patriarchales Abhängigkeitsverhältnis einer Frau von ihrem „Ernährer“, ist nicht gut (oder besser, weil…) Abhängigkeit ist einfach immer kacke, für den der abhängig ist, nur sind die Mittel der Repression eines Arbeitgebers begrenzt und weniger massiv: Eine Arbeitnehmerin hat gegen ihren Geldgeber einen gesetzlich gesicherten, einklagbaren Anspruch auf Urlaub, Freizeit, eine Höchstarbeitszeit, Rentenanspruch, Krankengeld, muß nicht mal konventionell mit ihrem Chef pennen und hat Anspruch auf das vereinbarte Entgelt. Nicht selten leben Frauen aber in einer Hausfrau-/Ernährer-familie mit Almosen unter dem Existenzminimum (woraus sich auch die Meinung ergibt, eine Scheidung würde sich lohnen; nach einer Scheidung bekommt eine Frau ja wenigstens HartzIV, vorher also weniger als das). Einige dieser Einverdienerfamilien können sich dieses Modell ja überhaupt nicht leisten und leben es dennoch -vorallem zu Lasten von Frau und Kindern. Vor diesem Hintergrund darin etwas „Gutes“ zu sehen, fällt mir sehr schwer.

    Und Mutwillen unterstelle ich diesen Familien nicht, es ist „nur“ konventionell, eben doch recht üblich. Seine Familie zu enähren, die Frau nicht arbeiten schicken zu müssen, ist von einiger Bedeutung im männlichen Selbstbild im Patriarchat. Und wie gesagt, wer soviel Angst vor dem Arbeiten (oh, dann muß ich mich entscheiden, ob ich Kinder will und kann sie evt. nicht ernähren) hat und meint, man könne sich als Frau (!) eben aussuchen, von wem sie abhängig wird und da bestünde kein Unterschied, wählt eben auch dieses Modell der Abhängigkeit von einem Mann. Dass aber gerade diese Wahl, die Möglichkeiten erheblich behindert, wird nicht so bewußt: Die Abhängigkeit vom Einkommen des Mannes ist für eine Familie viel riskanter, als flexibel bei 2 Einkommen zu bleiben.

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  17. Kurz: Ja. Erinnere mich an die Zeit, als ich an einer FH gearbeitet habe – die einzigen, die ihre Kinder ab und an mit ins Büro gebrachtbhaben, wenn sich nichts anderes ausging, waren Männer. Hab mir vorgenommen, meine Tochter (3 Wochen derzeit) nichtbzu verstecken. Wish me luck!

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  18. Jetzt hat die Debatte hier genau den Weg genommen, der mir den Tag über durch den Kopf gegangen war. Hin zum Geld.
    Ich bin überhaupt nicht beschlagen mit den aktuellen Theorien und Studien zum Thema „Wer macht was wie mit welchem Geld“ und „wann nennt man das emanzipiert / feministisch / patriarchal etc.

    Ich kann es aber überhaupt nicht, wirklich überhaupt nicht fassen, was ich allüberall lese, zuletzt auch im Inteview mit Doris Schröder-Köpf im ZEITMagazin, (und natürlich der über Bande hineinspielenden Frau Badinter), was für eine Rolle Geld spielt für die Emanzipation, das Freiheitsgefühl einer Frau.

    Ich bin auch ehrlicherweise ein bisschen entsetzt über diese Woge, die hier von Isi aus hereinbricht über diejenigen Ehafrauen und Mütter, die „sich alimentieren lassen“ würden.
    Na, war nicht schwer zu raten: ich bin so eine.

    Wir haben drei Kinder, leben von einem Gehalt, das mein Mann erwirtschaftet und von meinen Kompetenzen, damit klarzukommen und meinen Kompetenzen, den Kindern z.B. die musikalische Grundausbildungund allerhand mehr nicht zukaufen zu müssen.
    Nun kann man aufschreien und sagen, ich lasse mich in Ketten legen und bin abhängig vom Einkommen meines Mannes und so weiter. Aber weit gefehlt.
    Das Geld erwirtschaftet er – das stimmt. Einen Teil trage ich durch meine freiberuflichen Tätigkeiten bei, rechne ich aber nie dazu, weil es so unregelmäßig kommt.
    Es ist aber genau so lange „sein“ Geld, bis es auf UNSEREM Konto liegt. Ab da ist es meins. Immer schon, ganz selbstverständlich. Wir haben uns von Anfang ein einen Plan gemacht, wieviel wir für was brauchen, und wieviel wir jeder für sich ausgeben können im Monat, daran halten wir uns beide. Er holt sich Geld für seine Sachen und ich mir für meine – der Rest geht ohnehin für das Laufende drauf. Sparpläne, Wahl der KFZ-Versicherungen, meine Rentenversicherung, meine Vorsorgesachen die ich vollkommen SELBSTVERSTÄNDLICH für mich abgeschlossen habe, so wie ich sie völlig selbstverständlich für mich abgeschlossen hatte, als ich noch ganz auf mich allein gestellt war und freiberuflich erwerbstätig war – alles in meiner Hand.

    Ich fühle mich nicht abhängig von meinem Mann, allerhöchtens in der Terminplanung, was aber auch seinen unübersichtlichen Schichtplänen geschuldet ist – ich weiß zum Beispiel im Moment nicht mal, wie er im Dezember arbeitet, weil der Plan noch nicht da ist.

    Nein, mich frei zu fühlen hat nicht mit Geld zu tun sondern mit der Art meiner Partnerschaft, innerhlab derer wir uns für die Familie mit den Kindern entschieden haben, in die ich meine Zeit und meine Kompetenzen gebe und er seine Zeit und seine Kompetenzen und das Geld.
    Partnerschaft ist das Stichwort, nicht das Geld. Wer sein Geld nicht teilen will, für den ist in meinen Augen ohnehin alles zu spät.

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  19. Was für eine spannende Kontroverse!

    Aber erstmal zum Artikel: Man muss ja sagen, das ÖR TV gibt sich Mühe, dem „Verstecken“ der Kinder entgegen zu wirken. Ist Euch schon aufgefallen, wie überdimensional es beim TATORT vor Kindern wimmelt? Lauter mehr oder weniger allein erziehende Kommisare und Komnisarinnen, deren Kinder fortwährend in die Ermittlungen rein brettern… 🙂

    Ob es viel bringt, die Kids mit ins Büro zu nehmen, bezweifle ich. Es gibt nun mal eine Menge Arbeiten, die volle Konzentration erfordern – und da stören Kinder eben. Dann schon eher die „Betriebskindergärten“, die man in der DDR hatte (hab ich nur gelesen, bin Wessi), das war doch immerhin was! Lokale „Gast-Kitas“ für die Unternehmen und Freiberufler in einer Nachbarschaft wären auch denkbar.

    Und nun zur Frage der „Alimentierung“: „im Prinzip“ neige ich zu Isis Position: es gehört zur Selbständigkeit, nicht von einer Einzelperson finanziell abhängig zu sein, bloß weil man Frau und Mutter ist. Dass man abgesehen davon auch nicht „autonom“ ist, sondern immer aus irgendwelchen Bezügen (Erwerbsarbeit, ALG, Rente, ja sogar Bettelei) Geld bekommt, ändert daran nichts.

    ABER: es muss auch die Freiheit geben, als Paar die Gesamtarbeit nach eigenem Gutdünken arbeitsteilig zu regeln. So wie Pia es beschreibt, hört sich das nicht nach patriarchaler Abhängigkeit an, sondern nach freier Vereinbarung für die Zeit der Elternschaft. Zwar lebt sie und die Kinder von „seinem Geld“, doch könnte er nicht Vater sein und Familie haben, würde er dieses Geld nicht als Familieneinkommen verstehen – als Lohn auch für ihre Familienarbeit. Also nicht mehr nur als „seins“.

    Ich nehme an, Pia wird ihre freiberufliche Arbeit erweitern, wenn die Kinder mal nicht mehr so viel Arbeit machen bzw. aus dem Haus gehen. Was ist dagegen zu sagen, dass sie sich eine lange Zeit hauptberuflicher Familienarbeit gegönnt hat? Angesichts des Geburtenrückgangs sollten wir doch eher froh und dankbar sein, dass das noch jemand machen will!

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  20. @Claudia
    Vielen Dank für das „gegönnt“ :))
    Vielleicht sollte ich dazuerklären, die Kinder sind 7 / 5 / 4 Jahre alt. Insgesamt bin ich also seit sieben Jahren nur noch nebenberuflich unterwegs, wenn überhaupt, du kannst dir leicht ausrechnen, wie klein die noch waren, als das Jüngste kam….
    das ist ein absoluter Vollzeitjob, ganz ohne Firlefanz. Einfach nur die basics.

    Nicht nur von einer Einzelperson wirtschaftlich abhängig zu sein würde aber als Forderung bedeuten, dass wir alle freiberuflich sein müssten mit verschiedenen Auftraggebern. Das ist utopisch, oder nicht? Wir sind doch als Arbeitnehmerinnen immer noch abhängig (mit Familie noch mehr)? Heißt es nicht sogar „abhängig beschäftigt“?

    Ich merke es ist spät – wenn mir bis morgen noch was neues einfällt, melde ich mich noch mal.

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  21. @Pia: unter Selbständigen/Freiberuflern gilt es zu Recht als nachteilig, von einem einzigen Kunden / Auftraggeber abhängig zu sein – kennst du diese Empfehlung bzw. Warnung nicht?

    Was ich aber hier meinte, war die Abhängigkeit vom Kindsvater, nur weil frau Mutter ist (noch viel weniger einsichtig: nur weil sie „seine“ Frau ist).
    Und NICHT die Abhängigkeiten in der Erwerbsarbeit. Wo es dann aber doch gängiger ist, von mehreren, bzw. einer Firma oder einer Institution als Arbeitnehmer abhängig zu sein, bzw. von mehreren Auftraggeberinnen / Kunden als Freiberuflerin.

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  22. Für mich ist das Problem der Sichtbarkeit der Kinder nicht das zentrale Problem. Was nicht heißt, dass das nicht oft ein Problem ist – nur für mich ist es das nicht. Ich könnte meine Kinder ab und zu mitbringen, wenn nötig und mir ist auch angeboten worden, zuhause zu arbeiten, wenn nötig.

    Nur ändert das überhaupt nichts an der Arbeit, die erledigt werden muss. Wenn meine Kinder nicht in die Kita oder in die Schule können, dass in der Regel, weil sie krank sind. Dann, aber auch wenn sie nicht krank sind, kann ich sie nicht stundenlang neben meinem Schreibtisch parken und konzentriert arbeiten. Noch weniger zuhause, wo automatisch noch zusätzliche Hausarbeit anfällt, und sei es nur das Mittagessen.

    Die einfach Formel ist: Kind bei der Arbeit = du schaffst weniger. Und auch wenn für Ersteres die Toleranz da ist, ist sie es nicht für Letzteres. Ich kann schon hie und da meiner Kinder wegen Ausnahmen von der Regel machen, aber meine kinderlosen KollegInnen müssen das nicht = sind ‚verlässlicher‘, ‚belastbarer‘. Die Auswirkungen sind leicht auszurechnen.

    Für mich liegt der Weg nicht in der Veränderung dahin, dass Kinder im Arbeitsalltag präsenter sind, sondern darin, dass Arbeit an sich anders organisiert wird, und zwar für alle, nicht nur für Eltern. Dass sich die Erkenntnis durchsetzt, dass Vollzeitjobs nicht die effizientesten sind, wer am längsten arbeitet, nicht am meisten schafft etc. etc., das sind ja alles ziemlich alte Hüte eigentlich. Wahrscheinlich müssten wir Kapitalismus und Patriarchat abschaffen.

    Leben mit Kindern und Job laugt aus, weil beides einfach zuviel ist für ein Leben. Ich bin ziemlich sicher, dass ich als abhängige ‚Hausfrau‘ auch nicht glücklich wäre, aber gegen die Möglichkeit, deutlich weniger zu arbeiten und doch meine Hälfte zum Familieneinkommen beitragen zu können, hätte ich überhaupt nichts. Dann käme ich nämlich dazu, in ausreichendem Maße auch noch die Dinge zu tun, die mir Spaß machen, und das wäre auch noch Teil des Traums.

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  23. @ Isi / Pia: Es gibt noch paar Gründe mehr, von *seinem* Geld zu leben, Arbeitslosigkeit zum Beispiel (wenn ALG I abgelaufen ist und ALG II nicht greift), oder eine Arbeit, die auch ohne Kinder wenig Geld bringt (Künstlerisches) oder eine chronische Krankheit.

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  24. Ich glaube der Umgang von Frauen mit Kindern sollte auch aus der Sicht Stadt-Land betrachtet werden.
    Da gibt es sicher auch gravierende Unterschiede möchte ich meinen. Zumindest kenne ich hier keine Mutter die nicht sagen würde – Geht nicht, muss zum Schulfest usw.. Keine Ahnung ob das ehr ein „Stadtproblem“ ist?

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  25. @Anne – natürlich ist es mit der Sichtbarkeit der Kinder allein nicht getan, aber die Wette wäre, dass mehr Sichtbarkeit auch zu mehr Akzeptanz von „Effizienzverlusten“ führen würde. Das setzt natürlich voraus, dass man die Kinder nicht nur der Show wegen mitnimmt, sondern alle verstehen, dass sie jetzt auch zuständig sind – sei es, dass sie sich um die Kinder kümmern, weil sie eben nun mal da sind (also auch nciht mehr so effizient sind), sei es, weil sie mitbekommen, warum die Kollegin weniger effizient ist. Die Anwesenheit der Kinder ist keine Lösung für das Problem, aber eben eine mögliche Ursache von Konflikten, dere Durcharbeitung natürlich schwierig ist, am Ende aber zu einem anderen Verständnis von „Arbeit“ führt.

    Ich finde auch den Punkt wichtig, die „Störung“ auf mehr Leute als nur die Eltern zu verteilen. Ich war in BRasilien mal bei einer Großfamilienfeier mit ca. 40 Leuten inkl. viele Kinder und über drei Tage. Es ist mir bis zum Ende nicht gelungen, herauszufinden, welches Kind zu welchen Erwachsenen gehörte. Weil sich immer alle kümmerten, die jeweils da waren. Das finde ich gut, so als Richtung. Bei uns ist es so, dass sich entweder Eltern oder speziell beauftragtes Personal kümmern, aber allgemein herrscht die Meinung vor, dass die Kinder der anderen mich nichts angehen – und auch nichts angehen dürfen. Wenn ich mit Kinder direkt rede, zum Beispiel weil sie im Zug hinter mir sitzen und dauernd gegen die Rückenlehne poltern, dann sind sowohl die Kinder als auch die daneben sitzenden Eltern immer ganz erstaunt, weil ich quasi den „Dienstweg“ nicht einhalte (der offensichtlich über die Eltern gehen würde). Okay, aber das war jetzt ein bisschen ab vom Thema 🙂

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  26. Nochmal zur Kontroverse @pia und @isi – eine sehr einfache Möglichkeit, die euer beider Anliegen vereinbaren würde, wäre ja folgende Idee: Wenn zwei Leute heiraten und also beschließen, gemeinsam zu wirtschaften und sowohl Erwerbseinkommen als auch unbezahlte Arbeit zu teilen, dann müsste das ja bedeuten, dass beide gleichermaßen auch einen Rechtsanspruch auf das finanzielle Einkommen haben. Bei euch, Pia, funktioniert das, weil dein Mann nett ist und ihr euch gut versteht. Isis Einwand und auch Claudias Einwand, dass das eine wackelige Konstruktion ist, ist natürlich berechtigt. Aber es ist imho zu kurz gedacht, daraus die Verpflichtung abzuleiten, dass Pia „eigenes Geld“ verdienen muss. Richtiger wäre es, wenn der Arbeitgeber verpflichtet wäre, gleich die Hälfte des Geldes, das dein Mann verdient, auf dein Konto zu überweisen. Das wäre sehr leicht umzusetzen. Man könnte sich auch vorstellen, dass solche „Wirtschaftsgemeinschaften“ in größeren Gruppen funktionieren als nur paarweise. Zum Beispiel: eine 5-er WG, in der drei erwerbstätig sind, einer den Haushalt macht und der zweite politische Aktionen. Sie gründen eine „WG“ – und das bedeutet, dass die Arbeitgeber der drei Erwerbstätigen automatisch je ein fünftel des Lohnes auf die Konten aller Fünfe überweist. Ob und wenn sie das nachher wieder zusammenschmeißen, ist ihre Sache, wichtig ist, dass die Rechtsansprüche auf das „gemeinsame Einkommen“ auch wirklich klar und symbolisch nachvollziebar sind. Und eben keine Abhängigkeit im Sinne von Isi entsteht.

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  27. @AntjeSchrupp:

    Worin besteht Deiner Meinung nach der Vorteil so einer Konstruktion für die, die arbeiten?

    Ich sehe keinen – es ist da besser, billiger, und selbstbestimmter, sich für den Tag Kinderbetreuung zu kaufen, auf die tollen „Lebenspartner“ aus der „Wirtschaftsgemeinschaft“, die in meinen Augen mehr so den Charakter von Schmarotzern haben, dagegen zu verzichten.

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  28. Nein, die Abhängigkeit vom Ehepartner ist trotz Pias Begeisterung ein Dilemma. Oder auch gerade deswegen. Etwas anderes anzunehmen ist kontraproduktiv. Pias Haltung verhöhnt zudem alle Frauen, die eben nicht freiwillig abhängig sind und denen es dabei nicht so gut geht. Eine solche Konstellation der patriarchalen Abhängigkeit der Mutter vom Familienernährer birgt auch heute noch sozial, ökonomisch und politisch beachtliche Risiken und ist trotz Pias Fürrede weit davon entfernt, Gleichberechtigung darstellen zu können und Selbstbestimmung von Frauen zu begründen. Ich finde es zudem erschreckend, wenn sich ein erwachsener Mensch so voller Begeisterung in die Abhängigkeit zu einem anderen begibt.

    Jeder erwachsene, arbeitsfähige Mensch- auch jede Frau – ist für ihr Einkommen selbst verantwortlich! Leider ist es heute normalerweise so, dass man zum Erhalt eines Einkommens arbeiten muß. Darum machen es die meisten, mit mehr oder weniger nachlassender Begeisterung. Sich selbst zu ernähren ist nicht neu, feministisch oder gar Verhandlungssache, sondern soziale Norm. Das Patriarchat entläßt Frauen aus dieser Verantwortung und unterstellt sie der Verantwortung und Kontrolle des Mannes. Besonders scharf auf diese Möglichkeiten sind aber nur Frauen, die auch patriarchal denken. Das so zu leben, gebietet aber nicht, diese soziale Notlage auch noch hochzujubeln! Da hört für mich der Spaß auf: Vom Kakao auch noch zu trinken, durch den frau gezogen wird, sollte man unterlassen. Sich aus patriarchaler Abhängigkeit zu emanzipieren, sollte nicht verhandelt werden müssen. Und gerade wenn man Mutter wird, sollte man auch die eigene (!) ökonomische Verantwortung gegenüber den gemeinsamen Kindern ernst nehmen und nicht diesen Teil (ausgerechnet!) auf den Vater verschieben und der Familie unnötige Risiken besorgen.

    Dass Pia sich als Betroffene outet, macht die Diskussion zwar zu nichte (denn alles was ich noch schreibe, wird sie persönlich nehmen), aber es geht prinzipiell um Folgendes:
    1. die Abhängigkeit von Frauen in patriarchalen Verhältnissen
    2. das Schönreden dieser Abhängigkeit, auch durch Frauen
    3. das Ändern dieses Missstandes

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  29. @Isi – Ich finde, du könntest auch mal akzeptieren, dass andere Leute andere Ansichten haben als du. That’s life. Und allen, die anderer Meinung als du sind, Dummheit oder patriarchale Verblendung vorzuwerfen, ist – naja, dumm. Zumal du immer gebetsmühlenartig dieselben Sachen wiederholst, obwohl wir ja inzwischen kapiert haben, dass das deine Meinung ist. Ich finde sie nach wie vor falsch. Du schreibst: „Sich selbst zu ernähren ist nicht neu, feministisch oder gar Verhandlungssache, sondern soziale Norm.“ – Exakt. Aber wer schreibt mir denn vor, dass ich jede soziale Norm, die es momentan nun mal gibt, akzeptieren muss? Ja, momentan ist das so. Aber ich will nicht, dass es so bleibt. Weil ich das „Jeder-ernährt-sich-selbst“-Mantra für eine Lüge halte. Niemand ernährt sich selbst.

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  30. Grundrechte sind keine Verhandlungssache. Und nur weil bestimmte Frauen sogar aus freien Stücken auf deren Inanspruchnahme verzichten, läßt sich daraus dennoch keine emanzipatorische Politik begründen. Der Feminismus, selbst der westdeutsche, sollte es sich also zur Maßgabe werden lassen, in seinen Forderungen die Persönlichkeitsrechte von Frauen nicht zu unterbieten. Was Pia also privat macht, ist mir vollkommen egal, aber gegen ihren Jubel über die eigene patriarchale Abhängigkeit gehe ich kritisch vor. Es ist ein Schlag ins Gesicht all der Frauen, die sich eine solche Notlage nicht selbst ausgesucht haben und damit auch nicht glücklich sind. Etwas anderes kann da nicht erwartet werden, will man nicht enttäuscht sein. Hier geht es auch nicht um Ansichten oder den Abgleich von Biografien, sondern um Politik und da ist – zumindest für mich – Autonomie (und die schließt die ökonomische ein) die Norm und zwar für jede/n!

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  31. btw – ich bin jetzt übrigens länger nicht regelmäßig am Computer und habe die Kommentare auf grundsätzlich moderieren gestellt. Und das Moderieren kann dann eben u.U. länger dauern, nur falls Ihr euch wundert…

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  32. Aber Antje, ich hab meinen Mann doch deswegen geheiratet! Weil er nett ist! Wieso hätte ich das sonst tun sollen??

    Wir sind doch alle kluge Frauen, haben doch alle einen Kopf. Mit dem wir denken können und Augen mit denen wir sehen – oder nicht? Mit Ohren auch noch.

    Bevor ich eine Lebensgemeinschaft mit einem anderen Menschen eingehe, ob es eine WG ist oder eine Ehe, oder gar eine Firma (kommen wir später noch dazu) ist übrigens höchst nebensächlich dabei, bevor ich also eine Gemeinschaft mit jemandem gründe schaue ich mir den doch an!
    Frage ich Themen ab, habe ich gemeinsame Erlebnisse. Habe ich etwa eintausend Möglichkeiten zu ja/nein Schleifen – nicht?
    Komme ich zu dem Schluss, das könnte gehen, dann erst mache ich den Schritt.
    Ich kann doch nicht im Ernst hingehen und sagen, oh das böse Patriarchat und jetzt sitz ich in der Pfütze und hab ja gar keine Idee, wie das alles gekommen ist?
    Habe ich keine Verantwortung für mich und mein Leben und meine Entscheidungen? Nein?

    Zur Firma. Ich war viele jahre lang selbständig und immer wieder gab es Konstellationen, in denen ich mich mit Partnern hätte vergrößern können, mehr anbieten, einer macht Akquise und Kundenbetreuung, eine schreibt die Drehbücher. Das ist in meinen Augen dasselbe wie eine Ehe und wie eine Familie. Wie teilt man das Geld gerecht auf, das in die Firma kommt? Hat jetzt der Kundenbetreuer mehr Anteil am wirtschaftlichen Erfolg oder die Schreibende, ohne die der Erste ja nichts zu tun hätte und umgekehrt? In welcher Form ist man aufeinander angewiesen? Was hat man sich als Firma zum Ziel gesetzt? Teilen wir 60/40 oder 70/30 oder 50/50?
    Mein Mann möchte gerne eine Familie haben, ebenso wie ich.
    Er bringt seine Kompetenz ein – seine Berufe und seine Talente, ich meine, meine drei Berufe und meine Talente. Dazu er das Geld und ich die Zeit.
    Wie, ich glaube @Claudia schon sagte: das ist eine Arrangement auf Zeit. Sobald die Kleinste aus dem Gröbsten raus ist, kann ich auch wieder Kundenprojekte stemmen – diesen Sommer habe ich mein Buch geschrieben beispielsweise – könnt ihr mir mal die Daumen drücken :))

    @Isi
    Ich nehme keine deiner Worte persönlich, keine Sorge. Ich höre mir das gern an was du zu sagen hast.

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  33. noch ein Nachtrag @Antje
    Nein! Ich will nicht, dass der Arbeitgeber die Hälfte des Geldes auf mein Konto überweist – dann hätte ich ja nur die Hälfte. Damit fang ich nichts an. Eine Firma überweist ja auch nicht einer anderen Firma, von der sie Motoren gekauft hat, in die Fertigung ein Drittel der Rechnung und ein Drittel ans Lager und noch ein Drittel an sagen wir, die Personalabteilung. Nein, das ist Sache der internen Buchhaltung und den Buchungskonten, nicht?

    und @Claudia
    Freiberuflich mit nur einem Auftraggeber ist doch gar nicht erlaubt. Oder inzwischen doch?

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  34. Was Pia also privat macht, ist mir vollkommen egal, aber gegen ihren Jubel über die eigene patriarchale Abhängigkeit gehe ich kritisch vor. Es ist ein Schlag ins Gesicht all der Frauen, die sich eine solche Notlage nicht selbst ausgesucht haben und damit auch nicht glücklich sind.

    Das schreibst Du jetzt zum zweiten mal, scheint also sehr wichtig zu sein.

    Ist es für Dich schon Verrat, wenn jemand Deine Empörung nicht teilt?

    Ich fürchte, das ist so eine Frauendiskussion, dass es allen Frauen unter bestimmten Umständen möglichst gleich schlecht gehen soll (ist ja gut für die Solidarität, auch wenn die Revolution am Ende mal wieder ausfällt) und wenn nicht, dann sollen sie verschämt schweigen.

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  35. @Pia – Erfahrungsgemäß kriegen das halt nicht alle Frauen so gut hin. Und gerade was finanzielle Dinge angeht, gibt es da ein sehr komisches Konzept, wonach man bei Liebe doch nicht nach dem Geld fragt. Ich hab dazu mal ein Buch gelesen – http://www.antjeschrupp.de/rez_martin_geld.htm – Dieses Kuddelmuddel von Geld, Liebe, Gerechtigkeit, Arbeit und Geschlechterrollen ist ziemlich komplex, und von daher finde ich es etwas verkürzt zu sagen, dass jede Frau, die sich dabei über den Tisch ziehen lässt, einfach selber Schuld ist. Das heißt aber nicht, dass ich ihr jegliche Verantwortung abspreche. Was das Geld angeht, so ist das Beispiel mit der Firma etwas schief, denn da laufen auch die „internen Abrechnungen“ (des Lieferanten mit dem Hersteller usw.) durchaus auf einer rechtlichen Basis ab. D.h. im Zweifelsfall kann der Hersteller vom Lieferanten etwas einklagen, wenn der den Kaufpreis einkassiert und nichts davon weitergibt. Das funktioniert in der Ehe aber gerade nicht, weil innerhalb einer Ehe die Eheleute aneinander keine Rechtsansprüche haben. Früher, vor der Frauenbewegung, war es ziemlich verbreitet, dass Ehefrauen von dem Einkommen des Mannes nur ein „Taschengeld“ zugemessen bekamen. Klar kann man sagen: So einen Doofkopf hätte sie halt nicht heiraten sollen. Aber das ist mir zu einfach.

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  36. @ Irene

    Ich finde es anmaßend, zu behaupten, dass es Frauen schlecht geht, die ökonomisch unabhängig sind. Autonomie ist ein Wert ansich, der unbezahlbar ist. Das zu akzeptieren, wäre überaus venünftig. Weibliche Autonomie also nicht anzugreifen, nur weil man selbst einen anderen Lebensentwurf wählt, wäre schon ein Fortschritt. Autonomie für was Schlechtes zu halten, ist schon starker Tobak, aber damit haben wir dann die Bandrebreite patriarchaler Argumente komplett durchgehechelt.

    Es ist mir unbegreiflich, warum selbst Frauen sich gegen Eigenverantwortung und Autonomie von Frauen wehren und all diese Dinge auch noch schlecht reden. Sich privat so zu entscheiden, ist die eine Sache, aber eine propatriarchale und somit antiemanzipatorische, politische Parole daraus zu machen eine ganz andere.

    @ Pia

    Danke schön.

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  37. Oh, das wollte ich nicht sagen – dass man selbst schuld ist!
    Ich frage mich einfach ganz ehrlich nach dem Warum.
    Reden wir von früher oder von jetzt?
    „Früher“ meint in meinem Ohren meine Elterngeneration, in der meine Mutter in der Tat bis nach der Scheidung nicht genau wusste, wieviel ihr Mann verdient hat aber: sie hat ihn nie danach gefragt! Wenn wir DAgegen kämpfen wollen, sofort.

    „Jetzt“ heißt, eine ganz durchschnittliche Familie mit in den frühen Siebzigern geborenen Eltern, mit vielleicht etwas mehr Bildung en passant, aber nicht aus hochintellektuellen Kreisen, im gegentiel sogar, aus bäuerlichen Verhältnissen, wo man eben das gegessen hat, was die Ernte so hergegeben hat – und zwar für alle, egal wie viel sie noch helfen konnten dabei.

    Warum ist der Vergleich mit der Firma schräg?
    Und warum setzt der Verstand aus bei einer so wichtigen Lebensentscheidung wie der, mit wem ich leben will? (ich erinnere mich, dass wir dabei schon einmal aneinandergeraten sind…).
    Wir haben von Selbständigekit gesprochen, von Freiberuflichkeit. Da müssen jeden Tag solche Entscheidungen gefällt werden wie: wen beauftrage ich mit was, wie setze ich Deadlines, wie plane ich Milestones, wann biete ich wem was an, wie bezahle ich das, wieviel ist mir welche Zuarbeit wert,… etc.
    Eine Familie – also eine Lebensgemeinschaft – ist nichts anderes!
    Wir haben ein Ziel, wir haben Ressourcen, mit denen müssen wir planen.

    Und was ist falsch daran, mit einer Weltvorstellung von „wir teilen was wir haben“ zu leben?

    Nein, ich bleibe dabei: wenn man nicht über Geld reden kann in einer Beziehung, dann ist Geld das allerkleinste Problem.

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  38. „Und was ist falsch daran, mit einer Weltvorstellung von „wir teilen was wir haben“ zu leben?“

    Prinzipiell erstmal gar nichts – im Falle der Finanzen sieht es aber meistens so aus, dass der eine teilt und die andere geniesst.

    „Nein, ich bleibe dabei: wenn man nicht über Geld reden kann in einer Beziehung, dann ist Geld das allerkleinste Problem.“

    Auch so ein Dogma – in unseren Nachbarländern ist es relativ häufig so, dass schlicht beide ihr Gehalt haben und es überhaupt keinen Anlass gibt, über dasselbe zu reden. Sind die Beziehungen alle kaputt?

    Hier in Deutschland haben wir z.B. die Perversion, dass online-Partnerbörsen den weiblichen, aber nicht den männlichen Mitgliedern anbieten, den Wunschpartner nach Mindestgehalt einzugrenzen, wie ich neulich im spiegel las.

    Das finde ich viel problematischer, eigentlich …

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  39. Wir Mütter, wüssten schon, wie wir Beruf und Kinder vereinen – aber unsere Gesellschaft ist alles andere als Kinder- und Familienfreundich.

    Bevor ich Schwanger wurde, hatten berufstätige Mütter in dem Unernehmen, in dem ich arbeitete, alle einen zusätzlichen Heimarbeitsplatz – von dort aus wurd am Nachmittag, in den Ferien und wenn das Kind krank war gearbeitet. Dann wurden wir verkauft und es mussten „Kopfzahlen“ abgebaut werden. Da 2 Halbtageskräfte auch 2 Köpfe sind – wurden die Mütter zuerst entlassen.

    Als ich nach der Elternzeit wieder einsteigen wollte, stellte ich fest: Die Elternzeit entdet mit Vollendung des 3. Lebensjahres (jetzt 1. Lebensjahres) – das bedeutet man muss am Geburtstag seines Kindes wieder zu arbeiten anfangen – damit aber nicht genaug – der Kündigungsschutz endet am 1. Arbeitstag. Das heißt man braucht eine Kinderbetreuung am Gebutstag seines Kindes und wird an dem Tag zur Belohnung entlassen. Und übrigens: ich wurde für die verbleibende Zeit von der Arbeit freigestellt.

    Bei so viel „Kinderfreundlichkeit“ wundert es einen dass sich überhaupt noch junge Frauen dazu entscheiden Kinder zu bekommen.

    Birgit Sommer

    P.S. Mein Mann und seine Freunde schreiben alle Termine von Kindergarten und Schule als WICHTIGEN TERMIN in seinen OFFICE-KALENDER. Auf den 1. Blick sieht dies immer nach einen Geschäftstermin aus. Erst wenn sie diesen Termin verteidigen müssen, erklären sie, dass bei Nichtbeachtung der Haussegen schiefhängen würde. Besser wir Frauen sind offiziell schuld als dass die Kinder traurig wären und die Väter ein schönes Erlebnis mit ihren Kindern versäumten.

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  40. @Isi:

    „Freiberuflich mit nur einem Auftraggeber ist doch gar nicht erlaubt. Oder inzwischen doch?“
    Ich bitte dich! Glaubst du wirklich, es interessiert den zweiten oder dritten Kunden, beim Absprung, ob es „erlaubt“ ist, nur einen Kunden zu haben? Und meinst du wirklich, der Staat schreitet ein und zwingt jemandem Hartz4 auf, so lange er sich noch durchbringt – egal, mit wieviel Kunden/Klienten/Auftraggebern? (Mehr noch: wie sollte das beaufsichtigt werden?)

    Aber zurück zum Thema: ich empfinde deine Haltung, die in keinster Weise auf die hier vorgetragenen anderen WERTE eingeht, die es neben der Ökonomie auch noch gibt, mittlerweile als verbohrt. Erinnert mich an die Zeit, als mir K-Krüppler dauernd erklärten, ich hätte das falsche Bewusstsein, wenn ich mich nicht als „Arbeiter“ begreife. Oder später an die militant-lesbisch-feministisch Inspirierten, die mir jeden Spass mit Männern vergällen wollten – weil das ja alles Unterwerfung unters Patriarchat ist.

    Für mich ist wirtschaftliche Selbständigkeit ein hoher Wert, ebenso wie meine Fähigkeiten, dies Jahr um Jahr ganz gut hinzukriegen. Ohne Kinder ist das allerdings auch kein allzu großes Problem – und nie konnte ich es mir vorstellen, beides unter einen Hut zu bekommen! Schon gar nicht mit zwei, gar DREI Kindern wie bei Pia!
    Warum sollte Frau denn NICHT die Ressourcen des VATERS heran ziehen? Warum soll sie ihre 3 Kinder einer „Kinderbetreuung“ überlassen, um das Geld zu verdienen, diese zu bezahlen?

    (Nebenbei @Antje: in der Ehe ist man sich gegenseitig unterhaltspflichtig, ebenso wie für die Kinder. Es ist nicht etwa eine „anspruchslose“ Rechtslage. Siehe auch
    http://www.rechtswoerterbuch.de/recht/u/unterhaltspflicht-zwischen-ehegatten/ )

    @Isi: NIEMAND ist autonom! Das ist eine verrückte Illusion, denn du bist immer vor irgend jemandem abhängig. Seien es Kunden, Chefs, ARGE, Sozialamt, Rentenkasse, Krankenkasse, Kindergeldzahlungen – ja selbst Freeganer sind abhängig von den Müllcontainern der Supermärkte. Und wenn du von heut auf morgen schwer krank wirst, deine wirtschaftliche Leistung nicht mehr bringen kannst: gibt es da nicht Menschen(Verwandte, Freunde, Bekannte, Nachbarn…), die dir dann helfen? Obwohl du nix mehr auf die Reihe kriegst? (Und das sind mal nur die ökonomisch-sozialen Aspekte, wir sind noch von viel mehr abhängig).

    Weiter: Dass es Ehen gibt, in denen zwei selbständige Menschen einen Konsens über die ungleiche Verteilung von Erwerbs- und Familienarbeit finden und damit glücklich sind, ist KEIN Schlag ins Gesicht anderer Ehe-Menschen, die in einer destruktiven Beziehung leben und vom Partner ausgebeutet und klein gehalten werden.

    Mit dem gleichen Argument könnte man jeden Verweis auf eine glückliche Liebesbeziehung verdammen, weil es AUCH Beziehungen gibt, die für einen oder beide die reine Hölle sind.

    Pia gibt ihre Eigenverantwortung nicht ab, sondern sie nimmt sie wahr, INDEM sie eine zeitlich befristete Regelung mit ihrem Mann gefunden hat, die ihre persönliche Absicherung ja sogar mitberücksichtigt. Mich hat sie überzeugt, dass das ihre „gute Lösung“ ist, die nichts mit patriarchaler Ausbeutung zu tun hat, sondern familiäre Lebensgestaltung darstellt.

    Und mal von der Situation Hausfrau & Mutter abgesehen: Diesen allgemein hypertrophierten Arbeitsethos, nach dem jeder Mensch nur etwas gilt, wenn er einer (möglichst profitablen und angesehenen) Erwerbsarbeit nachgeht, empfinde ich als große geistige Verwirrung und äußers leidvolle Geisel der Menschheit (bzw. bestimmter Länder wie DE, USA, Japan).

    Aber das führt jetzt zu weit weg.

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  41. @ Isi

    Ich finde es anmaßend, zu behaupten, dass es Frauen schlecht geht, die ökonomisch unabhängig sind.

    Das habe ich weder geschrieben noch angedeutet. (Fühlst Du Dich eigentlich gerne angegriffen, oder warum verdrehst Du meine Aussage so, dass es darauf rausläuft?)

    Ich bezog mich klar auf die liierten und teilweise vom Partner abhängigen Frauen. Die sollten sich ja, wenn es nach Dir geht, nur äußern, wenn sie feministisch korrekt unter dem Patriachen leiden, weil es sonst „ein Schlag ins Gesicht“ der anderen Frauen ist. Ansonsten sollen sie die Klappe halten. (Dabei hat sich Pia keineswegs ignorant oder hochtrabend geäußert, etwa in der Art: Ich weiß nicht, was andere Frauen immer haben…)

    Ich nehme aber zurück, dass das eine Frauendiskussion ist. Die Einstellung gibt es sinngemäß auch unter Linken, dass es den Leuten im Kapitalismus generell nicht gut gehen kann oder darf.

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  42. @ Claudia:

    „Freiberuflich mit nur einem Auftraggeber ist doch gar nicht erlaubt. Oder inzwischen doch?“
    Ich bitte dich! Glaubst du wirklich, es interessiert den zweiten oder dritten Kunden, beim Absprung, ob es „erlaubt“ ist, nur einen Kunden zu haben? Und meinst du wirklich, der Staat schreitet ein und zwingt jemandem Hartz4 auf, so lange er sich noch durchbringt – egal, mit wieviel Kunden/Klienten/Auftraggebern? (Mehr noch: wie sollte das beaufsichtigt werden?)

    Wenn es in Richtung Scheinselbständigkeit geht, hat die Rentenversicherung ein Interesse daran, das Ganze zum Angestelltenverhältnis zu erklären und Rentenbeiträge nachzufordern.

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  43. „Schlag ins Gesicht“

    Interessieren würde mich, ob all die Frauen, „die sich eine solche Notlage nicht selbst ausgesucht haben und damit auch nicht glücklich sind“, Pias Darstellung ihres Lebens tatsächlich als einen solchen Schlag empfinden würden, oder ob es nicht eher Isi ist, die, sich in paternalistischer Weise vor diese schutzlosen Geschöpfe werfend, sich schwer damit tut, dass eine wie Pia in einem Leben wie Pias einen durchaus selbstbewussten, sachverständigen und zufriedenen Eindruck machen kann.

    Und falls es tatsächlich Frauen gibt, die Pias Leben als „Schlag ins Gesicht“ empfinden, bliebe immer noch zu fragen, ob das jetzt eher das Problem von Pia oder aber von besagten Frauen ist.

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  44. Etwas mehr Sachlichkeit wünsche ich mir auch von Nichtarbeitnehmerinnen. Sich ernähren zu lassen, ist ja nun keine hinreichende Legitimation, alle anderen nach herunter zu putzen.

    @all

    Die Ehe ist kein Konsens, sondern eine Wohlfühleinrichtung und Versorgungsorganisation für Männer. Die Ehe begründet Diskriminierung von Frauen und deren Benachteiligung in ganz vielen Bereichen, u. a. bei der eigenen Lebenserwartung. Nur Männer profitieren von der Ehe und am meisten, wenn die Frau sich klaglos in die Abhängigkeit fügt (und „ihrem“ Mann den „Rücken freihält“). Und weil die Ehe für Männer gemacht ist, bestimmen Männer eben auch, ob ihre Frau selbst arbeitet, die Kinder betreut und/oder er sie ernährt. Die Anweisungen des Mannes erfolgen oft ganz offen (Ich möchte nicht, dass unsere Kinder fremd betreut werden. Bleib du zu Hause!) , in anderen Fällen subtiler (Kinderkrippen schaden dem Kindswohl, dem Ego des Mannes und dem Image). Besonders glücklich sind dabei natürlich die Männer, die auf Frauen zurückgreifen können, die ihre nachrangige Position bereits verinnerlicht haben und darin noch etwas „Gutes“ erkennen. Toll ist dann dazu, wenn die privilegierte Rechtslage einer bezahlten Arbeitnehmerin gegenüber der einer Hausfrau, von
    den Frauen selbst in Bausch und Bogen verdammt wird, weil eben auch Arbeitnehmer „eigentlich“ Sklaven wären und nicht autonom sind usw. usf. Die ökonomischen Folgen kann man hier getrost vernachlässigen (Arbeitnehmerin leistet Beiträge in die Sozialkasse, Hausfrau entnimmt diese). Abhängigkeit von einem Arbeitgeber sei eben gleichbedeutend der Abhängigkeit von einem Mann (die Opfer häuslicher Gewalt werden sich fremdschämen müssen) und darum muß es gleichgültig sein, ob frau einem Mann gehört oder vielen. Gleichgültig ist auch, ob sie selbst bezahlt wird, Rechte hat oder von der Milde eines Mannes lebt. Autonomie sei ohnehin nur eine Illusion etc. und darum könne frau eben auch ganz locker im Patriarchat glücklich sein und die „Hilfe“ ihres Mannes annehmen, der seine Frau entlastet. Das alles ist fatalistisch und zutiefst patriarchal und belegt: Ach Frauen sind nicht gegen patriarchales Denken immun. Frauenpolitik vor diesem Hinergrund ist nicht progressiv, sondern ein Verteilungskampf. Emanzipatorische Politik kann man da komplett vergessen.

    Eine Diskutantin fragte hier, warum eine Frau ihre Kinder selbst zu versorgen hat. Darauf habe ich eine knappe Antwort: Weil sie eine Frau ist. Um nicht überfordert zu sein, von der eigenen Fruchtbarkeit und den sonstigen Erfordernissen, die Kinder auch durchzubringen, gibt es die Geburtenkontrolle. Das ist schon ´ne tolle Sache. Alle anderen Erfordernisse erledigen sich aber trotzdem nicht. Natürlich muß eine Frau eigenen Geld erwirtschaften, aber selbstverständlich. Ein Mann, der sie ernährt, hilft ihr nicht, sondern alimentiert sie und hält sie in Abhängigkeit. Daran ändert sich auch nichts, wenn diese Frau das toll findet. Ob Abhängigkeit ein Modell für alle ist, spielt erst eine Rolle, wenn Fraun auch schadlos (ohne diskriminiert, beschimpft, ausgebeutet zu werden), sich für Autonomie entscheiden können. Wenn Frauen aber einen Mann brauchen, um ihre Kinder durchzubringen, sind sie nicht gleichberechtigt. Einen Partner zu brauchen, ist tragische Konsequenz sozialer Not. Wenn selbst Frauen das dann aber auch noch schön reden, haben wir patriarchale Verhältnisse, die eben nicht nur strukturell verankert sind, sondern auch von Frauen seelig lächelnd mitgetragen werden. Und genau da sehe ich unter westdeutschen Frauen ein wirklich historisches und bedeutsames Problem: Sich so konsequent selbst entrechtet haben sich kaum andere europäische Frauen. Und nicht wenige der Westfrauen wollen überhaupt nicht selbstständig und autonom leben, sie möchten das Herrschaftsprinzip Patriarchat nicht in Frage zu stellen, sondern nur ein bisschen an den Stellschrauben drehen.

    Mit dem Schlag ins Gesicht der nicht freiwilligen Hausfrauen meinte ich die Bedarfgemeinschaften nach dem SGBII. Die sind vielleicht nicht alle unglücklich, aber die Frauen darin haben keinen eigenen Anspruch auf Sozialleistungen. Ob sie damit so glücklich sind wie Pia wird da nicht gefragt. Und selbst wenn sie es nicht sind, ist das vollkommen egal. Die einzige Möglichkeit, sich aus der Abhängigkeit zu bewegen, ist da die Scheidung. Ob Pias Lösung eine „gute Lösung“ für alle Frauen ist, sollte diskutiert werden (können). Hier sehe ich aber keine Möglichkeiten: Das Bedauern für emanzipierte Mütter schimmert durch jeden Post.

    Schade.

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  45. Hallo,

    noch mal auf das Ursprungsposting zurück und auf Isis zweiten Kommentar (Nr. 7 ): Es ging doch um die Doppelbelastung Kinder und Beruf und dass das Berufsleben darauf angelegt ist, dass wir alle eigentlich eine Hausfrau im Hintergrund bräuchten, die uns den Rücken freihält.
    Und gerade der Hinweis auf den Osten Deutschlands: Dort war es doch ganz genauso, dass Männer die Kinder gern den Frauen überlassen haben – zusätzlich zu deren üblicherweise Vollzeitbeschäftigung im Berufsleben. Nicht grad das Gelbe vom Ei, auch wenn sie dann ökonomisch nicht vom Mann abhängig waren.

    Zweiter Hinweis zu dieser ganzen Diskussion „sich vom Ehemann und Kindsvater alimentieren lassen“: Es ginge ja auch mit Ehevertrag, in dem explizit festgeschrieben wird, was wer wofür erwarten darf. Ist vielleicht nicht so romantisch, aber käme dem angeführten Betriebsbeispiel näher, man hätte einen Rechtsanspruch geschaffen. Allein auf „mein Mann ist so nett und ich kenn ihn schon so lang“ würd ich mich nämlich auch nicht unbedingt verlassen wollen.

    Gruß
    Kirsten

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  46. Kinder zu haben und diese auch zu ernähren, ist keine „Doppelbelastung“, sondern Erfordernis und Notwendigkeit. Ansonsten verhungern die lieben Kleinen nämlich oder zumindest leben sie in Armut. Sich alimentieren zu lassen, ist auch nur für einen geringen Teil der Frauen eine freiwillige Einrichtung. Die finanzielle Sorge ausschließlich dem Vater zu übertragen und sich als Mutter diesem Aufgabenbereich zu enthalten, also die „klassische“ Rollen(ver)teilung, ist eine Teilentmündigung der Frauen, über die man sich als Frau nicht auch noch freuen sollte. Vorallem aber führt eine solche Haltung, die politische Frauenpolitik ad absurdum, weil ja Gleichberechtigung zumindest von diesem Teil der Frauenschaft überhaupt nicht gewünscht wird. Das Problem ist ja, dass es diesen Frauen nicht reicht, es einfach so für sich zu leben, sie müssen ja auch noch eine Ideologie draus stricken und die armen überforderten Mütter in der „Doppelbelastung“ bedauern, die nun – angeblich- auch noch wollen, dass es allen „schlecht“ geht, also dass doch tatsächlich auch Frauen selbst für sich verantwortlich sind. Hier wird das diskutiert als sei das eine Ungeheuerlichkeit.

    Allein aber die Vorstellung, eine dieser „Belastungen“ wäre abwählbar, verschiebbar oder gar überflüssig, um dann doppelt zu sein, wirkt auf mich grotesk. Kinder zu ernähren, wenn man denn welche hat, sollte eigentlich in engerem Zusammenhang stehen, als es hier von Frauen gedacht wird. Wer macht es denn, wenn die Väter nicht mehr können oder nicht wollen? Dabei ist schon allein bei diese Wortwahl („Doppel-Belastung“) erschütternd. Hat sich schon mal jemand der bisher einfach belasteten Mütter überlegt, wie diese Formulierung auf ihre Kinder wirkt? Ich fänd´s, so als Tochter, nicht gut, eine Belastung zu sein, aber ich war ja auch keine. Ich möchte auch meine Kinder so nicht nennen oder jemanden so über sie reden hören.

    Mit jener Logik, der alternativen Vernatowrtlichkeit bei Rollenverteilung (wobei die Wahl der Frauen begrenzt ist und sich auf die Kinder beschränkt), die überhaupt keine Alternativen sind, kann man aber auch eine „Doppelbelastung“ darin erkennen, neben der Nahurngsaufnahme auch noch Schlafen zu müssen. Die Idee, eine der beiden „Belastungen“ (Kinder zu haben und die auch ernähren zu müssen) als Frau (ausgerechnet!) abwählen zu können muß, ist patriarchale Ideologie reinsten Wassers, denn a) gelten diese „Wahlmöglichkeiten“ nur für Frauen und b) gefällt sie Patriarchen am allerbesten. Da brauchen die überhaupt keine Zwänge mehr, die Frauen „wissen“ schon ganz allein, was sie zu tun und zu lassen haben und Unabhängigkeit gehört eben nicht dazu.

    Auf Ostfrauen wirkt diese Bereitschaft einiger Frauen im Westen, sogar freiwillig ihre Selbstständigkeit aufzugeben, um dann auch noch im Schlimmstfall unter den Konsequenzen ihrer Entscheidung zu leiden (Unterhalt, HartzIV, erschwerter Berufseinstieg etc.), recht altbacken. Was wohl daran liegt, dass die zu Grunde liegenden Debatten bei uns nicht geführt werden mußten und sicher anders beantwortet hätten können: Fremdbetreuung. Aber die wollen und brauchen Frauen im Westen ja nicht, das führte ja zur „Doppelbelastung“ also das Leben eines Erwachsenen im Kapitalismus: Familie und Beruf unter einen Hut bringen zu müssen!

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  47. @ Isi

    „Die Ehe ist kein Konsens, sondern eine Wohlfühleinrichtung und Versorgungsorganisation für Männer.“

    Was aber mit Beendigung der Ehe offenbar ins Gegenteil umschlägt, oder wie sonst soll man sich die Unterhaltspflichten vieler Männer gegenüber ihren Ex-Frauen erklären?

    „Die Ehe begründet Diskriminierung von Frauen und deren Benachteiligung in ganz vielen Bereichen, u. a. bei der eigenen Lebenserwartung.“

    Auf den Beleg eines Ursache-Wirkung-Zusammenhanges zwischen Ehe und verkürzter weiblicher Lebenserwartung wäre ich gespannt.

    „Nur Männer profitieren von der Ehe und am meisten, wenn die Frau sich klaglos in die Abhängigkeit fügt (und ‚ihrem‘ Mann den ‚Rücken freihält‘).

    Die mir bekannten verheirateten Männer würden sich ziemlich langweilen mit einer Frau, die sich – ohne Not, sprich ohne temporäre Sonderbelastungen durch Kinder oder eigene Hilfsbedürftigkeit – „klaglos in die Abhängigkeit fügt“. Aber das ist nur Privatempirie. Offenbar hast du Kenntnisse über größere Zusammenhänge. Vielleicht auch Belege?

    „Und weil die Ehe für Männer gemacht ist, bestimmen Männer eben auch, ob ihre Frau selbst arbeitet, die Kinder betreut und/oder er sie ernährt.“

    Männer dürfen in D schon seit geraumer Zeit nicht mehr darüber bestimmen, ob ihre Frauen arbeiten oder nicht.

    „Die Anweisungen des Mannes erfolgen oft ganz offen (Ich möchte nicht, dass unsere Kinder fremd betreut werden. Bleib du zu Hause!) , in anderen Fällen subtiler (Kinderkrippen schaden dem Kindswohl, dem Ego des Mannes und dem Image)“

    Solche Sprüche von Vätern hab ich wirklich noch nie gehört. Anscheinend leben wir in Parallelwelten. Was Kinderkrippen betrifft, so kenne ich das bislang nur so, dass es vor allem Mütter sind, die da ggf. Vorbehalte haben – die mir bekannten Väter sehen das alles viel entspannter.

    „Besonders glücklich sind dabei natürlich die Männer, die auf Frauen zurückgreifen können, die ihre nachrangige Position bereits verinnerlicht haben und darin noch etwas ‚Gutes‘ erkennen.“

    Besonders glückliche Ehemänner (auch hier kann ich wiederum nur mit eigener Erfahrung argumentieren) sind in der Regel solche, deren Frauen auch besonders glücklich sind – in welcher Partnerkonstellation auch immer. Dass nur einer von beiden besonders glücklich ist, während der andere ein unglückliches Sklavendasein fristet, halte ich für unwahrscheinlich.

    „Das Bedauern für emanzipierte Mütter schimmert durch jeden Post.“

    Normalerweise neige ich nicht dazu, mich selbst zu bedauern – wenn das so rüberkam, dann war es nicht beabsichtigt.

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  48. @isi: ich sag es halt nochmal, vielleicht registrierst du es dann: in der Ehe sind die Eheleute einander / gegenseitig unterhaltspflichtig – und nicht etwa rechtlos und ohne Ansprüche. Dabei sind sie frei, die jeweiligen Beiträge zur Familie nach Gusto aufzuteilen – auch so, dass Frau Hausfrau oder Mann Hausmann ist. (Sigrid Nikutta, die 41-jährige Vorstandsvorsitzende der BVG in Berlin hat drei Kinder, die ihr Mann betreut).

    Genau DESHALB bekommt eine Frau, die alleine Hartz4 bekäme, keine Leistungen, da der Mann unterhaltsplichtig ist. Gemeinerweise hat der Gesetzgeber das auf Unverheiratete ausgedehnt: auch sie müssen auseinander ziehen, wenn sie Hartz4 voll in Anspruch nehmen wollen. Gilt aber genauso für arbeitslose Männer, deren Lebensgefährtin oder Gattin genug verdient, um den Unterhalt leisten zu können (das WOLLEN spielt da keine Rolle).

    „Gleichgültig ist auch, ob sie selbst bezahlt wird, Rechte hat oder von der Milde eines Mannes lebt.“

    Nein, das ist NICHT gleichgültig! Aber Pia lebt nicht von der „Milde“ ihres Mannes, sondern sie hat gesetzliche Rechte auf Unterhalt, eine Vereinbarung über die Verteilung der Familien- und Erwerbsarbeit, zudem zahlt sie vom „Familiengeld“ in ihre eigene soziale Absicherung ein. Wo ENTNIMMT sie denn was aus den Sozialkassen?

    Und jetzt sag doch mal: Was ist denn DEIN Modell? Alleinstehende Frauen mit drei Kindern, die einem gut bezahlten Vollzeit-Job nachgehen, der genug einbringt, um über Kita / Schule hinaus eine Kinderfrau zu bezahlen? (Modell für alle? Klar, wenn der Kapitalismus mal überwunden ist… oder wie?)
    Und wo in deinem Weltbild kommt der Mann als Vater und für seine Kinder Verantwortlicher vor?

    Interessiert mich wirklich!

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  49. Hallo liebe Diskussionsteilnehmer_innen, liebe Autorin,

    im Grunde dreht sich die ganze Diskussion, deren Hauptantriebsfeder Isi ist, um kategoriale und konzeptionelle Probleme. Dazu vielleicht einiges Grundlegendes und später auch einiges Weiterführendes:

    Der Begriff Patriachat beschreibt grob gesagt eine Männerherrschaft (semantisch eine Vaterherrschaft). Dies kann ganz unterschiedliche Ausformungen haben, je nach Zeit/Epoche/Schicht(etc. Es gibt ellenlange Diskussionen darüber in der Geschlechterforschung. Als Grundkonsens könnte man dabei festhalten, dass im Patriachat dem „Weiblichen“ (eine Kategorie, die in unserer Kultur meistens Menschen angehaftet wird, deren Körper nicht über einen Penis verfügt) weitaus weniger sozialer Wert beigemessen wird, was Konsequenzen auf die Verteilungsregeln für Ressourcen und Entscheindungsmöglichkeiten beinhaltet.

    Wenn hier in dieser Diskussion über das Patriachat geschrieben wird, dann meinen wir damit die Ausprägung dieser hierarchischen Systematik, die in unserer Kultur vorherrscht. Dies beinhaltet zum Beispiel die hier vielfälltig beschriebenen Auswirkungen der Dissoziation von Öffentlichkeit und Privatheit, ein gesellschaftliches Konzept, das in der Neuzeit aufkam. Hierbei wird das männliche Prinzip der Öffentlichkeit und das weibliche Prinzip dem Privaten zugeordnet. Einen Sinn ergab dieses Konzept damals in seiner Entstehungzeit nur für das Bürgertum, in der Arbeiterschaft hat damals ein Männereinkommen zur Finanzierung des Familienunterhalts nicht ausgereicht, da musste Frauen und Kinder (selbstverständlich zu niedrigeren Löhnen) hart mitarbeiten in Bergbau und Fabrik. Nur das Bürgertum bekam z.B. im entstehenden Beamtentum die Ressourcen zur Verfügung gestellt, um mit einem Einkommen eine ganze Familie ernähren zu können. Hier entstanden auch die meisten der uns heute bekannten Ideale der „häuslichen Frau“, der Haushaltsführung und Kindererziehung (vgl. hierzu bspw. Karin Hausen: Die Polarisierung der Geschlechtscharaktere, 1976). In der BRD waren wir dann in den 60er Jahren in der Situation, dass der sogenannte Familienernährer tatsächliche für breite Bevölkerungsschichten Realität werden konnte. In anderen Ländern gab es nie einen Zeitraum, in dem auch das Proletariat tatsächlich auf ein Einkommen durch die Ehefrauen verzichten konnten. Und heute sind wir auf dem besten Wege, dass für die meisten Menschen aus Unter- und Mittelschicht ein Einkommen nicht ausreicht, um eine Familie zu ernähren.

    In unserer Kultur ist das Patriachat untrennbar verknüpft mit dem Kapitalismus und mit den speziellen Formen, die dieser in z.B. der BRD entwickelt hat. Und der Kapitalismus konstruiert hierarchische Beziehungen nicht nur zwischen den sozial wirksamen „Kategorien“ Männern und Frauen, sondern auch zwischen anderen „Kategorien“, z.B. Ethnie, Schicht, Beruf. Dies ist in der Geschlechterforschung ein anhaltendes praktisches und analytisches Problem und die Qualität von Theorien der Geschlechterforschung wird unter anderem daran gemessen, wie gut es der jeweiligen Theorie gelingt die soziale Ungleichbehandlung der Geschlechter (im Sinne sozialer Ungleichheit) mit anderen Variablen der sozialen Ungleichheit zumindest in Bezug zu stellen.

    Das bedeutet (jetzt mal weniger abstrakt): Die Berufstätigkeit ist in Deutschland bei weitem kein Garant dafür dem Patriachat zu entgehen oder es zu bekämpfen. DENN: Auch das Berufsleben ist „gendered“, wird also durch die Kategorie Geschlecht mitstrukturiert. Es gibt eine Handvoll Frauenberufe, in denen sich in der Tat statistisch gesehen die meisten Frauen einfinden. Es gibt Männerberufe, in denen Frauen stigmatisiert werden. Diese Berufe haben jeweils ihre eigene Entstehungsgeschichte und dem entsprechende Traditionen, die in die Gesamtsturktur unserer Gesellschaft eingeschrieben ist.

    Fazit: Es gibt eine frappierende soziale Ungleichheit in unserer Gesellschaft, die unter anderem, aber nicht nur, über die soziale Kategorie des Geschlechts organisiert wird. Wenn wir nun, sagen wir mal „frauenpolitische“ Diskussionen führen, dann sollten wir uns klar werden, ob wir a) nur gegen die Ungleichbehandlung der Geschlechter vorgehen wollen, oder b) auch das gesamte soziale System und seine Formen der Ressourcenverteilung kritisieren.

    Zu a) Hier ergibt sich sofort das Problem, dass es einerseits das Prinzip des „Weiblichen“ und „Männlichen“ gibt und zum anderen konkrete Personen, die man z.B. via Blick auf primäre Genitalien diesen zuvor genannten Geschlechtern zuordnet. Dieser Unterschied ist durchaus immens, sobald man die konkrete soziale Praxis betrachtet, was ja in Diskussionsforen fast immer der Fall ist.
    Ein Beispiel: Ein Mann kann sich entschließen sich selbst weitgehend mit weiblichen Prinzipien zu identifizieren (okay, ich gebe zu, das geschieht selten, aber es ist ja auch nur ein Beispiel). Er erzieht die Kinder, kümmert sich um den Haushalt, macht die Wohnung schön, geht auf Wohltätigkeitsveranstaltungen und sitzt im Elternbeirat und hat als Hobby Ikebana und Quilten. Dieser Mann erfährt dann in verschiedenen sozialen Situationen unterschiedliche Effekte: Soweit er äußerlich als Mann zu erkennen ist, begibt er sich durch diese seinem Geschlecht unübliche Identitätsausbildung in eine Position des sozialen Abweichens, was entsprechende Sanktionen zur Folge haben kann. Weiterhin erfährt er aber ggf. auch die Auswüchse der sozialen Ungleichheit, die „Weiblichkeit“ als solches beinhaltet, etwa eine niedrige Einschätzung seines sozialen Wertes durch sein konkretes Umfeld.

    Das heißt: Es ist nur schwer möglich, die Ungleichheit der Geschlechter zu „behandeln“, ohne dabei das Gesamtsystem der sozialen Ungleichheit mit zu berücksichtigen und eben die Verwebung der Geschlechtsdiskriminierung in diesem System zu analysieren. Und darum kann auch die Berufstätigkeit der Frau (mit oder ohne Kinder, mit Partner oder ohne) keine Lösung für die beschriebenen Probleme sein. Denn das lässt außen vor, dass Geschlecht und Frausein/Mannsein sich auch im Berufsleben auswirkt. Das Berufsleben als solches kann man ja nur (zumindest aus Perspektive dieser Diskussion) dann richtig begreifen, wenn wir sehen, dass die grundsätzliche Trennung zwischen Berufsleben und Privatleben schon geschlechtlich strukturiert ist, in seiner Entstehungsgeschichte und Tradition, die eben bis heute fortwirkt.
    Wenn ich hier mal versuchen darf Isis Sicht hier weiterzuführen, dann müsste man sozusagen Beruf und Privatleben abschaffen, dafür neue sozial wirksame Kategorien finden, damit einhergehend auch andere Organisationformen, die wiederum entsprechende institutionelle Abstützung erforderten. Eine große Herausforderung. Aber kein Grund den Kopf in den Sand zu stecken!

    Ich persönlich finde hier sind durchaus Visionen und Kreativität gefragt. Selbst wenn es unwahrscheinlich erscheint, dass wir in unserem Leben noch die Früchte von weitreichenden Visionen ernten werden, so ist dies doch kein Grund, Visionen deshalb gleich aufzugeben (so wie es die „Alt-68er“ manchmal tun: „Wir haben es damals versucht, es hat innerhalb von ein paar Jahren nicht geklappt, da kann man es ja auch gleich ganz lassen und Turbokapitalist werden.“).
    Daher finde ich Antjes Ideen der „anderen“ Gehaltsverteilung gar nicht so schlecht. Selbst wenn es zur Zeit nur schwer zu verwirklichen ist und für Pia keine Alternative darstellt, ist es doch mal eine Idee, die ungewohnt ist aber Potential hat.
    Ich hatte gestern Nacht die folgende Idee (mir kommen immer Ideen, wenn ich schlaflos im Bett liege): Wie wäre es, wenn die Elite der Gesellschaft sich nicht aus bestimmten Berufsgruppen rekrutieren würde (z.B. die allseits beliebten Top-Manager mit sozial engagierter Hausfrau und Mutter in der heimischen Villa), sondern aus den jeweils Besten aller Berufsgruppen (also dem zur Zeit überaus beliebten Konzept des Benchmark folgend)? Das würde heißen, dass der beste Top-Manager (m/w), der beste Friseur (m/w), der beste Putzmann (m/w), beste Politiker (m/w), beste Verkäufer (m/w), beste Kindererzieher (m/w), beste Krankenbruder (m/w), etc. immer am meisten verdienen würde und der jeweils schlechteste am wenigsten. Sicher, wir stünden da wiederum vor vielen sozialen und organisatorischen Problemen? Wie findet man heraus, wer der Beste (m/w) und der Schlechteste (m/w) ist, wie stellt man dieses Benchmark her? Was gilt dabei als Kennziffer? Wer entscheidet und wann und wie?

    Was mir dabei wichtig ist: Es sollte nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht sein, sich über andere Formen der sozialen Organisation Gedanken zu machen und Ideen zu äußern. Ich kann es nicht ausstehen, wenn man zusammen kommt (virtuell oder real) und die meisten Ideen, die sich nicht vollkommen an den Konventionen und bereits ausführlich betriebenen Alternativen orientieren, sofort vom Tisch gewischt werden, bspw in dieser Art: „So ist es im Leben nunmal (nicht).“, „Das lännst sich doch gar nicht verwirklichen.“, „Aktzeptiere das Leben/ die Situation/ deine biologische Bestimmung/ die ganze Kacke, so wie sie ist.“. Kernbotschaft solcher Aussagen: Mach Dir keine Hoffnung, wage keine Experimente, halt die Klappe und arrangiert Dich mit der jetztigen Situation, so gut es eben geht. Hör auf für Dich einzutreten. Füge Dich nahtlos ein in das herrschende System. Und ich kann es auch nicht ausstehen, dass manche Menschen nicht in der Lage sind, Andersartigkeit zu akzeptieren. Ihr kennt es alle: Die Freundin, die man früher mal hatte, die schon sauer war, wenn man nicht die gleiche Erziehungsmethode bei seinem Hund anwendet, wie man selbst („Ich habe alle möglichen Ratgeber gelesen, aber die Methode von Bello von Hundehausen ist halt die Beste, ich verstehe wirklich nicht, warum Du es anders machst? Das ist unverantwortlich!“). Der Bekannte, der nur die Nase rümpft, nur weil man nicht die gleiche Art von Urlaub als entspannend empfindet, wie er selbst („Wie? Du fährst Campen? Da kannst Du ja den Urlaub auch gleich lassen, wie soll man denn entspannen, wenn man alles selbst machen muss. Fahr doch lieber in einen All-inclusive-Urlaub nach Tunesien. Da kann man so richtig gut entspannen.“).

    An dieser Stelle ist also meine Hochachtung der Autorin und auch allen KommentatorInnen dieser Seite geschuldet, die aktiv neue Ideen eingebracht haben, von der kommunalen Gehaltsverteilung, über Kinderecken im Büro, bis zu Betriebskindergärten und so weiter. Und Mut brauchen wir ganz sicher: Den Mut sich von den alten Konzepte nicht einsperren zu lassen, weder in der Familie, noch im Beruf. Den Mut etwas zu denken, was man nicht gemeinhin gewohnt ist. Und den Mut diese Gedanken auch zu äußern. Vielen Dank allen, die diesen Mut hier gezeigt haben.

    Viele Grüße
    Esther

    P.S.: Die fehlende Einheitlichkeit der Anzeigeart von Geschlecht in meiner Schriftsprache ist reine Absicht. Es zeigt auf: Schon durch die Sprache stellen wir Geschlechtsdifferenzen her. Alle Lösungen, die von den allgmeinen Konventionen abweichen, wirken ungelenk. Kein Grund die Hoffnung aufzugeben und es nicht „irgendwie“ zu versuchen 🙂

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  50. @ Claudia

    Eine Frau, die kein eigenes Geld verdient, kann keinen Unterhalt leisten, weder ihrem Mann noch ihren Kindern. Sie erbringt Fürsorgeleistungen, aber trägt keine finanzielle Verantwortung, sondern ist selbst eine. Nach meiner Vorstellung von Mutterschaft gehört aber die finanzielle zur Fürsorge dazu. Das ist heute nunmal so: Kostet ja alles Geld und man bekommt nur wenig geschenkt. Die übliche Art eigenes Einkommen zu erzielen, ist heute Erwerbsarbeit und ich sehe keinen Grund, warum von diesem Grundsatz (dass zur Personensorge auch die finanzielle Sorge gehört) bei Frauen abzurücken ist. Dass es heute anders geregelt ist, ist mir bekannt: Wir leben in der BRD in einem konservativen Wohlfahrtsregime, das patriarchalem Denken verhaftet ist. Da sind Frauen alimentiert und auf gewisse Bereiche des Lebens (bzw. Haushalts) reduziert und andere stehen den Männer zu. Der eine Bereich (der für die Männer) wird aufgewertet und der Bereich für die Frauen abgeweret. Daraus ergeben sich dann gewisse Konstellationen und Strukturen, die Frauen finanziell vom Mann abhängig sind, einfach weil sie für ihre Arbeit nicht bezahlt werden und das voll in Ordnung finden, vom Einkommen ihres Mannes zu leben (der eines für seine Arbeit bekommt, aber eben auch nur, wenn es keine Familienarbeit ist). Dass das im Westen so angenommen wird, ist mit patriarchaler Ideologie erklärbar, die bis in die Frauenbewegung strahlt. Einen radikalen Feminismus hat es im Westen in der öffentlichen Wahrnehmung nie gegeben. Das war alles nicht antipatriachal, sondern bestenfalls antifaschistsich und bedingt feministisch (wobei diese Definition von Vagheit lebt). Feministisch ist dabei immer das, was der Verkünder/die Verkünderin dafür hält.

    Viele Frauen in solchen Ernäher/Hausfrau-modellen leben unter dem Existenzminimum (und die Kindern dann ebenfalls), weil deren Unterhaltsanspruch auf dem Papier steht und erst nach der Ehe wirklich einklagbar ist. Im Laufe der Ehe wird wohl keine Frau ihren Mann auf Unterhalt verklagen und annehmen, die Ehe habe mit durchgesetztem Unterhalt, weiterhin Bestand. Für diese Frauen „lohnt“ sich dann aber eine Scheidung (wenigstens im materiellen) Sinne, weil ab da das Existenzminimum wirklich fließen muß (sei es Unterhalt oder HartzIV). Tatsächlich ist Armut IN solchen Alleinverdienermodellen (die vorallem die Frau und Kinder aushalten), ein bisher wenig diskutiertes Problem. Viele dieser Ehen haben zBsp. Anspruch auf Sozialleistungen, weil ein Einkommen schon lange nicht für alle reicht und nur so lange verzichtet wird, um den Schein zu wahren und das männliche Ego zu pushen. Ob und dass Sozialleistungen bei Bedarf vom Sozialleistungen und in welcher Höhe an den oder die Empfängerin fließen, kann man nachweisen, aber ob ein Alleinverdiener wirklich ausreichend Unterhalt an alle Unterhaltspflichtigen IN der Ehe leistet, kann nicht überprüft werden. Es wird nur davon ausgegangen dass es passiert und sein Einkommen schon irgendwie reicht. Das tut es aber nicht immer. Vorallem sind die Maßstäbe dessen, was einer Frau als Haushaltsgeld, Taschengeld oder Unterhalt zusteht, doch recht sehr subjektiv und werden erst bei einer Scheidung verbindlich festgelegt. Und wenn man bedenkt, wie sehr doch Männer darunter leiden, kann man erahnen, wie günstig der Unterhalt vorher war: Verheiratet zu sein, war nämlich billiger und die Bedarfserfüllung nicht selten weit unterboten. Dieses Problem muß man zur kenntnis nehmen: Die Ehe ist kein Ponyhof und nicht selten zahlen die Frauen drauf, in und vorallem nach der Ehe. Das sind Fakten, mehr nicht. Die man aber zur Kenntnis nehmen muß, um andere Haltung als eine romantisch-verklärte Sicht auf das gemeinsame Teilen eines Einkommens auf viele Köpfe akzeptieren zu können.

    Die Ehe ist für mich, so lange noch irgendetwas daran hängt, ein Machtmittel, das so oder so genutzt werden kann, von jedem der beiden partner zum Nachteil des anderen. Sowas brauche ich nicht. Was das Ideal angeht: In meiner Welt ernähren sich Frauen (und sie ihre Kinder) selbst. Wenn der Vater sich einbringen will, dann kann er das tun, aber freiwillig und wie es ihm gefällt.

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  51. Estherlavista, ich finde deinen Beitrag großartig! Herzlichen Dank! Und ja, so ist das, man muß wissen, was man ändern will. Ob alles, nur ein bisschen oder nichts. Und man sollte wissen, was es werden soll, wenn man etwas ändern kann. Bis zur Klärung dieser Fragen redet man lange aneinander vorbei.

    Mein Feminismus ist also antipatriachal, antikapitalistisch und radikallinks und ja, ich will das System verändern, weil es mir so nicht genug Möglichkeiten für alle gibt. Für mich geht es nicht nur um Gleichberechtigung der Frauen mit den Männern im Kapitalismus, sondern um nicht weniger als das Optimum an Selbstbestimmung und Emanzipation (nicht nur für mich) und den Umbau der Verhältnisse um das Ideal zu ermöglichen. Dazu muß ich mich aber in diesem System zurechtfinden und mich an den aktuellen Gegebenheiten orientieren, um das alles (bis dahin) irgendwie erträglich zu machen.

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  52. Dazu muß ich mich aber in diesem System zurechtfinden und mich an den aktuellen Gegebenheiten orientieren, um das alles (bis dahin) irgendwie erträglich zu machen.

    Möglicherweise machen manche Frauen, die sich lieber von ihrem Mann ernähren lassen, als sich im Vertriebs-Callcenter vom Schichtleiter anbrüllen zu lassen, nichts anderes.

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  53. estherlavista:

    Was mir dabei wichtig ist: Es sollte nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht sein, sich über andere Formen der sozialen Organisation Gedanken zu machen und Ideen zu äußern. Ich kann es nicht ausstehen, wenn man zusammen kommt (virtuell oder real) und die meisten Ideen, die sich nicht vollkommen an den Konventionen und bereits ausführlich betriebenen Alternativen orientieren, sofort vom Tisch gewischt werden, bspw in dieser Art: „So ist es im Leben nunmal (nicht).“, „Das lännst sich doch gar nicht verwirklichen.“, „Aktzeptiere das Leben/ die Situation/ deine biologische Bestimmung/ die ganze Kacke, so wie sie ist.“

    Das hat doch gar niemand gesagt.

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  54. @Isi: der gegenseitige Unterhaltsanspruch muss eben nicht in Geld geleistet werden, sondern kann auch durch Familienarbeit erbracht werden. Übrigens von der Frau ODER vom Mann – es GIBT auch solche Ehen, in denen die Frau die Erwerbsarbeit macht. Eine habe ich oben zitiert, andere kenne ich aus meinem Bekanntenkreis. Der „Hausmann“ ist nicht mehr sooooo selten wie man glaubt!

    Mich stört, dass du über die Lebenswirklichkeit vieler Paare mit deinen Vorurteilen so hinweg bügelst. Denn es ist in vielen traditionellen Ehen gar nicht so, dass der Mann das Geld als „seines“ ansieht, sondern es gibt ein Familienkonto und das Geldausgeben wird in Absprache geplant. Oft hat sogar die Frau die Geldverwaltung ganz alleine und der Mann bekommt nur ein „Taschengeld“.

    Selber bin ich in einer traditionellen Hausfrauenehe/Familie aufgewachsen: auch da war es so, dass meine Eltern gemeinsam Finanzpläne erstellten bis auf den letzten Pfennig – alle Ausgaben wurden geplant und (wenns z.B. um Klamotten ging) sogar im „Familienrat“ mittels Wälzen vieler Kataloge beschlossen. Es gab KEINE Dominanz des Mannes in Geldangelegenheiten!

    Selbst hab ich nie geheiratet und auch keine Kinder bekommen. Der Wunsch kaum einfach nie auf. Meine Family war halt auch nicht gerade ein Hort der Harmonie – sowas wollte ich gar nicht erst riskieren. Zudem fand und finde ich immer Erfüllung in meiner (selbständigen) Arbeit und schätze die immensen Freiräume, die ich da habe.
    Trotzdem akzeptiere und achte ich auch ganz andere Lebensstile – wären alle wie ich, würden wir schnell aussterben!

    Zum Ideal schreibst du:

    „Was das Ideal angeht: In meiner Welt ernähren sich Frauen (und sie ihre Kinder) selbst. Wenn der Vater sich einbringen will, dann kann er das tun, aber freiwillig und wie es ihm gefällt.“

    Wie kann eine Feministin so denken? Warum hat deiner Ansicht nach der Vater NICHT die Pflicht, sich um seine Kinder zu kümmern? Warum soll alles Schwierige und Anstrengende, das mit Kinder-aufziehen einher geht, allein Frauensache sein? (Und: brauchen die Kinder denn keinen Vater?)

    Also DAS versteh ich nun wirklich nicht!

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  55. Möglicherweise machen manche Frauen, die sich lieber von ihrem Mann ernähren lassen, als sich im Vertriebs-Callcenter vom Schichtleiter anbrüllen zu lassen, nichts anderes.

    Ich befürchte: Wenn ökonomische Abhängigkeit vom Ehemann als Alternative nur vor einem solchen Hintergrund zum Vorteil wird, ist sie wohl nicht so reizvoll, wie hier zvuor vermittelt wurde.

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  56. Einmal damit begonnen, aus meiner ganz persönlichen, privaten Perspektive zu sprechen, vor allem in meiner Überzeugung, KEINE Lösungen finden zu können, die auf alle Frauen passen, bleibe ich bei meiner persönlichen Perspektive.

    Ich habe in den letzten 20 Jahren in den allerverschiedensten Konstellationen gelebt und gearbeitet.
    In all meinen Lebensstationen als Lehrling im Druckerkollektiv, Unternehmerin, Arbeitgeberin, Arbeitnehmerin etc. ging es ausnahmslos um Absprachen. Immer und immer wieder. Nirgendwo kann ich etwas als gegeben annehmen, immer muss ich MEINS einbringen, Rahmen abstecken, Konditionen aushandeln, Zielvorgaben machen oder erfragen. Was mit dem einen Auftraggeber geht, geht mit einem anderen nicht – aber immer muss ich mir auch im Klaren sein, was ICH will und wie ICH arbeite.
    Ich muss mir über meine Kompetenzen bewusst sein, über das, was und wie ich es will.
    Darüber, zu welchen Zugeständnissen ich bereit bin – und zu welchen nicht. Darüberhinaus muss ich sowhl meinen Markt kennen, als auch meine Lieferanten.

    Und welcher Markt ist freier als der Partnermarkt?
    Wer zwingt mich denn, diesen oder jenen zu nehmen / zu behalten?
    Wer verbietet mir, potentielle Kandidaten nach ihrer Tauglichkeit für mein Lebenskonzept zu befragen – so wie man normalerweise auch einen Geschäftsbericht liest, BEVOR man sein Geld in bestimmte Aktien anlegt?

    Nötig ist, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, sich selbst zu kennen und für sich selbst einzustehen. Und weder das Geld in einen Fond zu stecken, den mir irgendein Banker mit Abschlussvorgabe angedreht hat, noch mich mit einem Ochsen zufrieden zu geben, wenn ich ein Rennpferd wollte. (Wobei es eben auch nicht hilft, auf die Banker zu schimpfen oder auf den Viehhändler. Gekauft habe ich. Immer nur ich. Dummerweise).

    Ich habe mich für meine momentane Lebenssituation entschieden. So wie man sich entscheidet, eine Einhand-Weltumseglung zu machen (und währenddessen das Fehlen einer, sagen wir, Fußgängerzone an Bord auch nicht beklagen würde. Oder sie beklagen würde, aber wenig Chancen hat, es als strukturelles Manko bei Weltumseglungen anerkannt zu bekommen). Freue ich mich eben auf den nächsten Landgang :))

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  57. @Pia – Im Prinzip hast du Recht. Allerdings ist diese „instrumentelle“ Herangehensweise nicht so recht kompatibel mit unserem (westlichen?) Konzept von Liebe. Das ist ein anderes Thema, mit dem ich mich momentan beschäftige, allerdings noch nicht spruchreif. Aber was mir bereits aufgefallen ist: Durch die Jahrhunderte hinweg gibt es die Idee oder den Ratschlag oder die Vorgabe, dass Frauen bei der Wahl ihres Liebespartners, als der Entscheidung darüber, wen sie „lieben“, nicht auf ihr eigenes Begehren hören dürfen, sondern dass sie den „objektiv Besten“ nehmen müssen, also einen, der die „Anforderungen“ erfüllt. Das klingt auch in deinem Kommentar so ein bisschen durch. Nun hat ja Liebe aber gerade den Reiz, dass sie (anders als Rechtsverträge oder Wirtschaftsbeziehungen) auch „unlogisch“ ist, dass ich mich in den einkommenslosen Alkoholiker mit krummen Beinen verlieben kann usw. Also Liebe schafft es, Beziehungen zu ermöglichen, obwohl von den Rahmenbedingungen her alles dagegen spricht. Zuminest ist das AUCH ein Anteil von Liebe. Und eher der, auf den Isis Einwand zählt – wenn ich ökonomisch (also vertraglich und was den REst betrifft) unabhängig bin, kann ich lieben, wen ich will, ohne darauf zu schauen, ob es auch eine „vernünftige“ Wahl ist. Meine Vermutung bei solchen Dilemmata ist ja immer, dass das Gegenteil genauso falsch ist. Aber in Bezug auf dieses hier habe ich den Ausweg noch nicht so recht gefunden…

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  58. @ Claudia

    Wie kann eine Feministin so denken? Warum hat deiner Ansicht nach der Vater NICHT die Pflicht, sich um seine Kinder zu kümmern? Warum soll alles Schwierige und Anstrengende, das mit Kinder-aufziehen einher geht, allein Frauensache sein? (Und: brauchen die Kinder denn keinen Vater?

    Claudia, ich bin antipatriarchale Feministin und Anarchistin, wegen letzerem ist die Selbstbestimmung (auch der Frauen!) das oberste Gebot und der rote Faden durch alle meine Ideen und Politiken. Ich möchte einen Mann nicht in die Vaterschaft zwangsverpflichten, so wie ich auch Mütter nicht zwangsverpflichten möchte. Zwang ist einfach keine sichere Grundlage für soziale Verantwortung und eine gesunde Beziehung, Freiwilligkeit zwar auch nicht, aber immerhin steigert es die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen wissen, was sie tun. Dass es heute da ein patriarchal bedingtes Missverhältnis zu Ungunsten der Frauen (Mutter ist frau mit der Geburt eines Kindes) gibt, rechtfertigt aber noch lange nicht, ein solche Zwangsmaßnahme zum Nachteil der Männer zu reproduzieren. Für mich ergibt sich aus der Möglichkeit, ein Kind zu gebären (oder zu zeugen) noch lange keine Verpflichtung der beiden Elternteile auch Mutter oder Vater zu werden. Dass es hier und heute diese Zwangsverpflichtung für Mutter gibt, ist Relikt des absterbenden Patriarchats. Ich lege auch in Bezug auf familiäre Beziehungen großen Wert auf Selbstbestimmung und sage: Elternschaft soll selbst und frei entschieden werden und zwar selbst dann, wenn das Kind geboren wird. Daraus ergibt sich nicht, dass Kinder ohne Vater (oder ohne Mutter) auswachsen müssen, denn viele viele Eltern werden diese Entscheidung für das Kind gern und aus freien Stücken treffen. Ebenfalls muß man darum nicht schlußfolgern, dass Kinder Frauensache sind, denn sie sind es ja vorallem heute, im patriarchalen System, da es eine Zwangsverpflichtung der Mütter gibt, aber Selbstbestimmung (nur) für Väter. Eine solche Struktur, die eine Zwangsverpflichtung der Väter von Müttern einfordert und zwar über staatlich organisierte und strukturell verankerte Repression halte ich für unvernünftig und repressiv: Weder Frauen noch Männer mit Kinderwunsch müssen mE. gezwungen werden, ihren Kindern liebe Eltern zu sein. Gerade heute ist es ja so, dass vorallem jene, die keine Kinder wollen, auch keine bekommen und das ist gut so. Zwangsmaßnahmen gegen leibliche Eltern die soziale Elternschaft antreten zu müssen, sind darum obsolet und überflüssig.

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  59. Oh, wie spannend ist doch dieses Gespräch! Antipoden bzw. vermeintliche Kontrahentinnen finden Zeit und Muße, Geduld und echte Leidenschaft, miteinander tiefer zu schürfen. Über die oberflächlichen Gegnerschaften und Unterschiedlichkeiten hinaus weiter miteinander zu sprechen (danke Isi, danke Pia, danke allen) – und SO vielleicht wirklich auf ein Neues spürbar und erlebbar zu machen, was „Feminismus“ sein kann – entgegen allen guten Gründen, die Antje dazu brachten, eine Zeit lang „das F-Wort“ zu meiden. Aber MICH gleichzeitig dazu bewegten, mich wieder damit zu identifizieren° 🙂

    Danke Antje! Du bietest hier einen unglaublich nützlichen „Salon“, in dem „Feminismus“ neu verhandelt wird – und zwar GENERATIONSÜBERGREIFEND. Ich kenne nichts sonst, was dem nahe käme und bin unsäglich erfreut, dass das so geht. So GUT geht!

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  60. @Antje
    Das Begehren wird nicht kategorisch ausgeschlossen :)) in meinem Konzept. Begehren kann man ja wen man will und wie man will und so weiter. Aber sobald ich eine Aufgabe in die Beziehung trage wie eine Familie zu gründen, finde ich mein Unternehmensmodell sehr vergleichbar.
    Ähnlich wie aus Garagenprojekten aus Liebe und Leidenschaft irgendwann börsennotierte Unternehmen werden.. aber die durchlaufen allerhand Metamorphosen. Manchmal stellt sich an Schwellen auf diesem Weg heraus, der Andere passt ja garnicht zu meinem Vorhaben, oder das Vorhaben passt nicht zur Konstellation oder oder.

    Die Vorgaben an die Frauen „durch die Jahrhunderte“ fussen nach meinem bescheidenen Wissen ja auf einem ganz anderen Menschenbild – und einem unfreien Frauenbild. (Töchter, die man „gut“ verheiraten muss etc). So als gäbe es ein Raster an Eigenschaften die „ein Mann“ haben muss (und natürlch auch eine Frau), um passend zu sein – DAS meine ich nicht, sondern Klarheit über sich selbst zu haben, seine eigenen Wünsche, Vorstellungen, seine Kompetenzen, und sich dann (von mir aus voller Leidenschaft) in totaler, weil selbstentschiedener Freiheit in den mittellosen Alkoholiker zu verlieben – warum denn nicht? Wenn er „zu mir“ passt?
    Ich sehe in Beziehungen immer eine Aufagbe an mich selbst und jeder Mensch der mir begegnet löst Resonanzen aus, bietet Potentiale zur Weiterentwicklung, bietet mir Aufgaben, hilft mir bei Lösungen etc. Es gibt immer Gründe, warum ich an diesen oder jenen gerate, aus jeder Begegnung kann ich etwas mitnehmen, und sei es die Erkenntnis, dass ich etwas nicht möchte.

    Liebe nun ja – du kennst meine Skepsis gegenüber diesem Phänomen :)) Ich denke aber darüber nach (und lese nochmal meinen sehr geschätzten Jürg Willi) und schreibe vielleicht dazu noch etwas auf. Bin sehr gespannt auf deine Ergebnisse!

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  61. Willkommen im Maschinenraum der Geschlechterfrage! Mütter können nicht durch Väter ersetzt werden. Das ist der Kern der Geschlechterfrage. Mütter bekommen die Kinder und diese bedürfen der Mutter und nicht des Vaters. Daher tragen Mütter immer die alleinige volle Verantwortung für ihre Kinder. Immer müssen Mütter in der Karriere kürzer treten, als Hausfrau zu Hause bleiben, sehen, wo die Kinder bleiben und wie es ihnen geht, ihnen Aufmerksamkeit schenken, mit ihnen spielen etc. Selbst, wenn Väter stärker in die Erziehung einbezogen werden würden, und für ausreichende bezahlbare Kinderbetreuung gesorgt wäre, bleibt dieses Problem im Kern bestehen; denn langfristig gesehen werden patriarchalische Einrichtungen wie Ehe und Familie ihre Bedeutung verlieren.

    Diese patriarchalischen Einrichtungen wurden ursprünglich ja geschaffen, um die väterliche Linie in der Vererbung sicherstellen. Alles Vieh und das übrige Privateigentum wird nämlich vom Vater auf den Sohn vererbt. Dazu muß man aber sicherstellen, daß die Kinder der Mutter auch die Kinder des Vaters sind, damit immer klar bleibt, wer das Eigentum des Vaters erbt. Deshalb besteht in patriarchalischen Gesellschaften das rigorose Gebot der ehelichen Treue der Frau. Dieses Gebot wird sich aber mit der Zeit abschleifen, weil es in liberalen Gesellschaften nicht mehr zeitgemäß ist.

    Wie zu vorgeschichtlichen Zeiten werden die Kinder dann also ihre Väter nicht mehr kennen. An Väter können in der postpatriarchalischen Gesellschaft dann auch keine Ansprüche mehr gestellt werden. Mütter und Frauen als potentielle Mütter werden dann in der postpatriarchalischen aber immer noch kapitalistischen Gesellschaft wirtschaftlich noch stärker benachteilgt sein als heute; einfach deshalb, weil Männer noch flexibler sein werden und auf Frauen und ihre Kinder im Erwerbsleben noch stärker Rücksicht genommen werden muß.

    #60 (Claudia)

    Ich weiß nicht, was Du mit dem „F-Wort“ willst. Um Feminismus geht es hier doch gar nicht.

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  62. @Isi:

    „Ebenfalls muß man darum nicht schlußfolgern, dass Kinder Frauensache sind, denn sie sind es ja vorallem heute, im patriarchalen System, da es eine Zwangsverpflichtung der Mütter gibt, aber Selbstbestimmung (nur) für Väter.“

    Sicher – was, zusätzlich zur Verhütung, Abtreibung, Adoptionsfreigabe, Geltendmachung von Erziehungsüberforderung, alles kostenlos, müssen Frauen denn noch dürfen, damit man davon sprechen kann, dass sie nicht zwangsverpflichtet werden?

    Das Kind durch den Fleischwolf drehen?
    Schadensersatzansprüche stellen dürfen, wg. ausgeleiertem Bauch, oder so?

    @george:
    „Mütter bekommen die Kinder und diese bedürfen der Mutter und nicht des Vaters. “

    Dumm nur, dass so viele Kinder und Väter das ganz anders sehen, oder?

    Boah, meine Güte – je mehr Männer auf Meinungen wie Deine sch…n, und ihr eigenes Ding durchziehen, desto besser für uns alle!

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  63. Sorry, meinte:

    Der Parthenogenese bedürfen die Frauen …

    @AntjeSchrupp:
    Bitte lösche den vorigen, aber nicht diesen Beitrag *lächel* …

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  64. @Paula

    Antje hat vor einiger Zeit über die Unterschiede in den Beziehungen der Mütter und der Väter zu ihren Kindern etwas aufgeschrieben. Das klingt natürlich wenig feministisch und recht konservativ. Deshalb kamen Proteste gegen das automatische gemeinsame Sorgerecht unverheirateter Eltern auch vornehmlich aus konservativen Organisationen.

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  65. @ Paula, #63

    „Sicher – was, zusätzlich zur Verhütung, Abtreibung, Adoptionsfreigabe, Geltendmachung von Erziehungsüberforderung, alles kostenlos, müssen Frauen denn noch dürfen, damit man davon sprechen kann, dass sie nicht zwangsverpflichtet werden?“

    Das Kind entbinden und die Mutterschaft nicht erst annehmen müssen. Zwangsverpflichtung der Mutter meint hier die Reglung des § 1591 BGB, wonach eine Mutter des Kindes, die Frau ist, die es geboren hat. An der Tatsache der Geburt (und die ereilt bekanntlich nur Frauen) hängen also alle mütterlichen und vorrangigen Rechte und besonderen Verpflichtungen, die eine Elternschaft so mit sich bringt. Ein Kind hat also immer eine Mutter, aber ob es einen Vater bekommt, ob es die Mutter behält und wie es überhaupt weitergeht, entscheidet die Mutter. Dieses Mutterrecht ist durch den Zwang, damit einen Vater zu besorgen(also von der Mutter zu verlangen, sich einen Herren zu besorgen, der gegen sie und das Kind seine paternale Ansprüche durchsetzt) zum Pferdefuß geworden und Basis des Geschlechterkampfes. Würden die Mütter wissen, das soziale Vaterschaft keine Rechte braucht, wäre doch alles tuttipaletti. Der Rest ist doch Erpressung. Ist ein Mann nur im Tausch gegen das Sorgerecht bereit, sich um sein Kind zu kümmern, ist er ein Arschloch und verzichtbar. Aber die „alten“ Patriarchen machen ja nichts um des Kindes willen und weil sie es so lieb haben, sondern sie wollen neben einem Umgangsrecht noch das Sorgerecht und damit Macht über Frauen. Darum finde ich es auch besonders traurig, wenn Mütter auch noch freiwillig in dieses Desaster einwilligen und sich einen „Machthaber“ besorgen, der ihnen dann Leben schwer machen darf. Aber weil es tatsächlich immer weniger Mütter tun, denn sie bleiben ledig, kinderlos oder verschweigen den Vater, müssen den Patriarchen unter den Vätern die Rechte nun verschafft werden: Neben den verheirateten Müttern, kann nun auch den ledigen Müttern das väterliche Sorgerecht übergeholfen werden. Die letzte Möglichkeit, sich mit der Mutterschaft nicht in die Verfügungsgewalt und direkte Abhängigkeit eines Mannes zu begeben, also als Mutter autonom zu leben und sich nicht entmündigen zu lassen, besteht darin: Den Vater zu verschweigen. Um diese Bastion zu kippen, wird seit Jahr und Tag gepredigt, dass ein Kind Mutter UND Vater braucht, obwohl der Gesetzgeber es bisher anders sieht. Das ein Kind einen Vater „braucht“, ist aber nicht anders als ein ideologisches Manöver, um paternale Rechte durchzusetzen und festzuzurren, was die letzte Chance auf Autonomie und Selbstbestimmung einer Mutter ist: Die juristische Vaterlosigkeit.

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  66. @ Paula, #63

    „Boah, meine Güte – je mehr Männer auf Meinungen wie Deine sch…n, und ihr eigenes Ding durchziehen, desto besser für uns alle!“

    Je mehr Frauen (!) sich georgis Meinung und die Meinung anderer Patriarchen egal ein lassen und ihr eigenes Ding durchziehen, um so schneller kommen wir voran. Dass ein patriarchal sozializierter Mann fest daran glaubt, dass eine Frau der festen Führung eines Mannes und seiner großzügigen Güte bedarf, um nicht qualvoll einzugehen (samt Kindern) ist ja keine neue oder überwältigende Erkenntnis. Das väterliche Sorgerecht (auch als Teil des gemeinsamen Sorgerechts) ist aber paternales Recht und Stütze des Patriarchats. Das Patriarchat befindet sich darum gerade in der Ausweitung und ist davon entfernt, abgeschafft oder eingedämmt zu werden. Dank der ideologischen Begründung, dass ein Kind (auch) einen Vater „braucht“, werden in Deutschland und entgegen der Politik in anderen europäischen Ländern die paternalen Rechte auf noch mehr Mütter verteilt, als jetzt schon der Fall ist. Und selbst hier wird ja ein Recht des Vaters am Kind nicht in Frage gestellt. Wir diskutieren hier faktisch nach patriarchalen Vorgaben.

    Bahnbrechend finde ich es darum, wenn die Frauen nicht sagen (und es auch leben): „Du, weißte, deine Ambitionen mich und meine Kinder niederzuhalten, sind mir egal und das Letzte, was ich tun werde, ist sicher das, mich auch noch freiwillig in die Abhängigkeit und ein Herrschaftsverhältnis zu begeben, wo ich den Kürzeren ziehen und irgendeine selbstverliebte Pfeife meint, mich entmündigen zu müssen, nur weil ich eine Frau bin und die Kinder kriege.“

    😉

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  67. Irgendwie erinnert mich das alles hier an die Geschichte vom Elephanten und dem Wurm, wo der Professor den Studenten darum bittet, etwas von Elephanten zu erzählen, und der Student dann loslegt: „Der Elephant ist ein großes Tier mit einem Rüssel. Der Rüssel sieht aus wie ein Wurm. Der Wurm ist ein langes wie ein Schnürsenkel aussehendes Tier. Er kann sich in drei Freiheitsgraden verbiegen. Man unterscheidet Regen-, Band-, Ringel- und noch andere Würmer…“ und nicht wieder aufhört, ausschließlich von Würmern anstatt von Elephanten zu berichten. Unsere Diskussion würde sehr gut hierhin passen. Isi würde dann im Kommentarteil sehen, daß ich gegen das automatische gemeinsame Sorgerecht unverheirateter Eltern argumentiere, insbesondere auch deshalb, weil Mütter die alleinige Verantwortung für die Kinder tragen. Desweiteren sollte Isi mit ihren Schuldzuweisungen vorsichtig sein. Der Mann will nicht zwangsläufig seine Familie beherrschen. Die meisten Männer sind höflich, rücksichtsvoll und verantwortungsbewußt. Es ist nur so, daß Frauen als potentielle oder wirkliche Mütter wegen ihrer Verantwortung für Kinder in der kapitalistischen Wirtschaft gegenüber Männern das ungünstigere Los gezogen haben.

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  68. @georgi:

    Antjes Argumentationskette in dem von Dir verlinkten Blogeintrag halte ich für konstruiert – insbesondere, was die Unterscheidung zwischen der natürlichen Beziehung der Mutter und der sozialen des Vaters betrifft.

    Wenn es irgendein sicheres Ergebnis aus der Biologie gibt, dann das, dass die Einsatzbereitschaft von Eltern für Kinder an der genetischen Ähnlichkeit zwischen Kindern und Eltern festzumachen ist.
    Im Interesse der Kinder ist damit also die Kontrolle von Männern über Frauen im Sinne der Sicherstellung der Elternschaft sogar gut zu heissen – Kinder gewinnen dadurch zwei Elternteile, die sich um das Kind bemühen, wo es sonst mit einem auskommen müßte.

    Im übrigen ist diese Kontrolle von Frauen nicht nur ein bei Menschen beobachtbarer Vorgang.

    Die rein soziale Vaterschaft, wie sie Antje dagegen begrüßt, ist eine Schimäre – sie entsteht dadurch, dass Männer Übersprungshandlungen vornehmen – statt, wie es natürlich ist, sich um ihre eigenen Kindern zu kümmern, kümmern sie sich um die von anderen. Das Interesse von Frauen, Vaterschaft auf soziale Vaterschaft zu reduzieren, ist zwar natürlich, da Frauen an Freiheit gewinnen, ohne an Unterstützung zu verlieren – aber eben auch eine elend lange Story von Betrug und Lug.

    Und vor allem ist es keine Story, die im Interesse der geborenen Kinder geschrieben wird. Sobald Frauen es geschafft haben, die biologische Vaterschaft – und damit eben die Kontrollle von Männern über die Mutterschaft – aus der Welt zu schaffen, wird es auch keine soziale Vaterschaft mehr geben, weil damit die biologischen Grundlagen von Vaterschaft, nämlich die genetische Ähnlichkeit, überhaupt aus der Welt sind.

    @Isi:

    Dem Vater keine Macht über das Kind einräumen, damit er keine Macht über die Frau hat – sorry, aber was soll das bringen.

    Warum soll ein Mann nicht wissen dürfen, dass das Kind, welches ich austrage, von ihm stammt – warum soll er sich nicht auf das Kind freuen dürfen bzw. sich um dasselbe sorgen dürfen?

    Ich würde von einem Mann, der das nicht tut, gar nicht erst ein Kind bekommen wollen. Meine Freiheit wird eingeschränkt ? Nein, meine Verantwortlichkeit wird gefordert!

    Im übrigen – Kinder sind nun einmal auch männlich; sollen wir die jetzt alle – wie es ja schon viele Mütter tun im Umgang mit ihren Söhnen – behandeln, als wären sie Alien ?

    Nicht unsere Gattung ? Während wir in unseren feministischen Frauendörfern uns gegenseitig die Individualität aus den Seelen mobben, leben Männer ohne Familie wie die Orang-Utans im Urwald, nur zu Begattungszeit mit sozialen Kontakten ausgestattet?

    Ne Danke, Du!

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  69. Übrigens macht die alte „patriarchale“ Ordnung, die antje erwähnt, nämlich die Unterscheidung zwischen ehelichen, und einigermassen sicheren eigenen Kindern, die versorgt werden und erben, bzw. den unehelichen Kindern, die von irgendeinem Mann stammen können und daher nicht versorgt werden und erben, absolut Sinn.

    In Wirklichkeit handelt keine Frau auch nur einen Deut weniger „egoistisch“.

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  70. Aber liegt dieses „Verheimlichen“ der Kinder und ihrer Bedürfnisse und den ganzen Zwickmühlen und Zwängen die daraus entstehen nicht auch an einer „kinderfeindlichen“ Einstellung insbesondere auch in linken Kreisen?

    Ich war neulich auf einem Konzert von Christiane Rösinger, die ja in ihrem neuen Berlin Lied die Zeile drin hat „wenn die Arschlochkinder durch die Cafes kläffen“. An dieser Stelle des Liedes gab es Jubelrufe und Applaus vom Publikum, nicht jedoch an den Stellen über Hundescheiße und verschallerte Leute, nur bei den Arschlochkindern… Wie schlimm ist das denn? Und wer sind eigentlich die Arschlöcher?

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  71. Sehr gute Zusammenfassung des Dilemmas! Ich möchte die Idee mit dem „Termin“ aufgreifen und in eine andere Richtung weiterführen. Denn es wäre durchaus möglich, Erziehungsaufgaben wie Elternsprechabende, Kinderfeste oder einfach nur rechtzeitiges Heimgehen für die Familie als Termine ohne Verstecken und Verschweigen zu sehen: Elternsein ist auch ein Job, der genau wie ein prototypischer Geldverdiener-Beruf zum Wohl der Wirtschaft beiträgt (immerhin zieht man künftige Kunden und Steuerzahler heran und konsumiert im Laufe dieses Prozesses bereits kräftig) – und diese Dinge müssen genauso erledigt werden. Wie schön wäre eine Berufswelt, in der sie auch den gleichen Stellenwert wie Business-Termine hätten! In der die berufstätige Mutter – oder natürlich auch der berufstätige Vater – mit Fug und Recht und ohne dass ihr Ansehen darunter leidet sagen könnte: Ich muss heute früher gehen, ich habe einen Termin mit meiner Tochter! Ich meine mich zu erinnern, dass das in irgendeinem anderen EU-Land (Schweden? Finnland? Frankreich? Ich weiß es nicht mehr) schon ähnlich läuft.

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