Der Feminismus ist schuld? Aber ja doch, gern geschehen!

Kein Grund für Rechtfertigungen: Die Welt muss sich wohl ein bisschen verändern.

Dass der Feminismus an allem Möglichen Schuld ist, an der Verlotterung der Sitten, der Verwahrlosung der Kinder, der sozialen Kälte, dem Verschwinden der Weiblichkeit, dem Ende der Liebe, schlechten Arbeitsbedingungen, der Ermordung unschuldiger Kinder und wahrscheinlich auch am schlechten Wetter, das wissen wir schon lange.

Wann immer mal wieder so ein Vorwurf vorgetragen wird – aktuell zum Beispiel vom britischen Wissenschaftsminister David Willetts, der dem Feminismus zuschreibt, Schuld an der Chancenlosigkeit männlicher Arbeiter zu sein – wird von feministischer Seite Protest laut. Nein, nicht der Feminismus sei schuld, sondern der Kapitalismus, die Männer, die Kirche, die Machthaber und die Schlechtigkeit der Welt generell. (Ähnlich argumentierten auch manche in den Kommentaren zu meinem Blogpost: Gleich und Gleich ergibt Arm und Reich)

Ich habe in letzter Zeit den starken Impuls, diese defensive Haltung aufzugeben und stattdessen offensiv zu entgegnen: Ja, so ist es! Der Feminismus ist an all dem Schuld, und was ist das für ein Glück! Denn die verklärte gute alte Zeit hatte eine große Schattenseite, nämlich die Verleugnung weiblicher Freiheit. Damit ist jetzt aber Schluss. Frauen haben aufgehört, in erster Linie nützlich für die Allgemeinheit zu sein, und angefangen, ihre eigenen Visionen, Ideen und Ziele zu verfolgen. Alle Probleme, die sich daraus eventuell ergeben, müssen heute also auf einer neuen Grundlage gelöst werden. Besser, wir fangen möglichst schnell damit an.

Hinter der defensiven Haltung, die bestreitet, dass der Feminismus irgendwelche problematischen oder zumindest klärungsbedürftigen Nebeneffekte hat, steckt, so glaube ich, eine falsche Vorstellung. Und zwar die, dass sich die Frauen einfach so als Gleiche in die Welt der Männer integrieren ließen und ansonsten alles beim Alten bleiben könnte. Ziemlich oft wird so über die Emanzipation der Frauen gesprochen: Als wären wir damals bei der Erfindung von Gleichheit und Demokratie quasi „vergessen“ worden, und jetzt, wo das aufgefallen ist, werden wir eben gleichgestellt und damit hat es sich. So als wäre die Freiheit der Frauen bloß eine kleine Fußnote der Geschichte, die das Große und Ganze nicht weiter betrifft.

Tatsächlich glauben ja viele Männer und auch viele jüngere Frauen, das Ganze gehe sie eigentlich nichts an. Den Feministinnen wird ein bisschen applaudiert, klar, es war ja richtig, dafür zu sorgen, dass die offensichtlich undemokratische Diskriminierung von Frauen abgeschafft wird. Aber jetzt ist dann auch mal gut. Schnee von gestern, das alles.

Dabei wird schlicht übersehen, dass die Frauenbewegung eine sehr erfolgreiche soziale und politische Bewegung war, vielleicht die erfolgreichste überhaupt, die die westliche Welt je erlebt hat. Wo sonst ist denn gesellschaftlich so viel umgewälzt worden wie beim Verhältnis der Geschlechter? Noch vor wenigen Jahrzehnten war es ein Skandal, dass eine Frau im Bundestag Hosen trug. Noch vor einer Generation war die Erwerbstätigkeit von Frauen alles andere als selbstverständlich. Noch vor zwei Generationen war die Mädchenbildung in einem katastrophalen Zustand und glaubten die meisten Frauen selbst, sie wären auf Grund ihres Geschlechtes von Natur aus weniger wert als Männer.

Ein Hauptgrund dafür, warum die Frauenbewegung nicht als relevante politische Bewegung wahrgenommen wird, liegt wahrscheinlich darin, dass sie sich nicht der üblichen Formen politischer Instrumentarien bedient hat. Keine Parteien, keine Statuten, keine Ämter und nur ganz wenig Institutionalisierung. Die politische Praxis der Frauen war und ist eine andere: Persönliche Bewusstseinsarbeit, eine Politik der Beziehungen zu anderen Frauen, daraus resultierende andere Verhaltensweisen. Politik im Alltag, in erster Person, im Konkreten.

Das alles war zwar ziemlich effektiv, gilt aber im allgemeinen Bewusstsein gar nicht als Politik. Wer keinen Präsidenten gestürzt hat, wird nicht ernst genommen, nicht einmal wahrgenommen. Es ist kein Zufall, dass der Männer-Mainstream das Thema erst bemerkt hat, als Angela Merkel Kanzlerin wurde. Und dass es erst eine Quotendebatte brauchte, um die Frauenfrage talkshowkompatibel zu machen. Ups, so geht jetzt plötzlich ein Raunen durch die erregte Öffentlichkeit, die Frauen sind ja nicht einfach nur da, sie wollen ja sogar Sachen verändern!

Das Missverständnis, die Frauenbewegung betreffe nur die Frauen selbst und nicht die Welt insgesamt, wurde historisch gesehen allerdings zuweilen auch von Feministinnen bedient. Keine Sorge, argumentierten sie zum Beispiel vor hundert Jahren, ihr könnt uns ruhig das Wahlrecht geben, wir werden weiter kochen, waschen, putzen und Kinder erziehen.

Einerseits war es vielleicht strategisches Argumentieren. Die Frauenrechtsbewegung wäre schließlich kaum erfolgreich gewesen, wenn sie von Anfang an gesagt hätte: Ja, wenn ihr uns das Wahlrecht gebt und wenn wir erstmal gleichberechtigt sind, dann werden wir dafür sorgen, dass ihr Männer einen Teil der Hausarbeit übernehmen müsst, dass ihr euch um eure Kinder kümmern müsst, dass ihr eure Geschäfte nicht mehr nach Dienstschluss im Puff verhandeln dürft, dass ihr euch andere Kommunikationsstile angewöhnen müsst und noch tausend andere Sachen mehr. Vielleicht war es klug, zu beschwichtigen und zu sagen: Nein, macht euch mal keine Sorgen, auch wenn wir gleiche Rechte haben, sind wir brav und es wird sich für euch dadurch erstmal kaum etwas verändern.

Vielleicht war es damals aber auch tatsächlich unvorstellbar, wie weitreichende Veränderungen in allen Lebensbereichen es nach sich ziehen würde, wenn Frauen den alten „Geschlechtervertrag“ (so ein Ausdruck von Carol Pateman) aufkündigen würden. Immerhin hatte die Gesellschaft samt männlicher Philosophie, Religion und Wissenschaft, jahrhundertelang ganz selbstverständlich geglaubt, dass Frau sein und frei sein sich gegenseitig ausschließt. Von einzelnen exorbitanten Ausnahmefrauen vielleicht mal abgesehen, die dafür dann zu Männern ehrenhalber ernannt wurden.

Wie krass verankert dieser Irrglaube war, begegnete mir kürzlich in einem historischen Rückblick auf die Einführung der Frauenordination in der evangelischen Kirche. Als die hessen-nassauische Kirchensynode im April 1959 über eine entsprechende Gesetzesänderung diskutierte, sagte ein Synodaler, der die Zulassung von Frauen zum Pfarramt unterstützte: „Was ist denn zu fürchten? Wieviel gibt es denn? Vielleicht fünf oder acht oder neun, die werden doch nicht das ganze Kirchengebiet überschwemmen.“

So schief kann man liegen! Heute beträgt der Anteil der Frauen in der evangelischen Pfarrerschaft über dreißig Prozent, Tendenz weiter steigend. Manche Herren befürchten längst eine „Feminisierung der Kirche“ – wie schrecklich! Welch ein Ansehensverlust! Da lohnt es sich ja gar nicht mehr, Herr Pfarrer zu werden, wenn das letztlich nichts Besseres mehr ist als eine über Gott redende Krankenschwester! (In der Tat habe ich auch den Begriff „Krankenschwesterisierung“ schon gehört).

Über diese Debatte empören sich logischerweise viele Theologinnen und wenden zum Beispiel ein, dass die katholische Kirche ja ansehensmäßig auch nicht besser da steht, obwohl sie doch dieses feministischen Zeitgeistgedöns nicht mitmacht. Oder sie betonen, dass Frauen genauso amtsmäßig hoheitsvoll Pfarrer sein können, wie man es sonst nur Männern zutraut.

Ich sage: Bullshit. Selbstverständlich bringt die Beteiligung von Frauen am Pfarramt eine „Feminisierung“ der Kirche mit. Und dasselbe gilt – hoffentlich! – auch für alle anderen ehemals den Männern vorbehaltenen Vereine und Institutionen, zu denen sie inzwischen „zugelassen“ sind. Natürlich kann nicht alles beim Alten bleiben, wenn Frauen frei sind, wenn sie mitmischen, wenn sie etwas zu sagen haben. Und natürlich geraten dabei auch ein paar Dinge durcheinander, tun sich neue Probleme auf. Es wird höchste Zeit, dass wir die gemeinsam angehen – freie Frauen und freie Männer mit ihren jeweiligen Wünschen, Absichten, Ideen und Visionen. Aber bitteschön ohne jede Debatte darüber, wie sich Frauen am besten für die Allgemeinheit nützlich machen sollen.

Ja, ich bekenne es: Der Feminismus ist schuld daran, dass alle Männer und auch Männer in Machtfunktionen sich dieser Debatte jetzt langsam mal stellen müssen. Gern geschehen.


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Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

47 Gedanken zu “Der Feminismus ist schuld? Aber ja doch, gern geschehen!

  1. Wenn alles, was sich parallel zum Feminismus verändert hat, ursächlich der Frauenbewegung zugeschrieben wird, dann hat das teilweise auch damit zu tun, dass so viele Leute den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität nicht verstanden haben.

    Was die Wirtschaft angeht, dürfte das Ende des Ostblocks und damit das Ende einer vermeintlichen Systemalternative viel ausmachen. Vor 25 Jahren hätte Hartz IV möglicherweise dazu geführt, dass Hunderttausende in die DDR abgewandert wären.

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  2. Super Artikel! Genau so ist es. Auch ich gebe es zu. In meinem Fall – ganz privat gesehen – versorge ich keinen Mann mehr mit Dienstleistungen wie Kochen, Putzen, Wäsche waschen usw. Natürlich muss ich dann auch selbst für mein gesamtes Einkommen sorgen. Auch so eine Konsequenz, die ich aber gerne ziehe.

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  3. @irene – glaube ich nicht – da es vor 25 jahren die „sozialhilfe“ gab, in deren zweifelhaften genuss ich damals als alleinerziehende mutter kam – aber auswanderung in die ddr stand nicht zu debatte. vor allem auch weil die ddr nur auf dem papier kommunistisch war und faktisch eine totalitäre diktatur.

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  4. Ich denke man muss es etwas differenzierter sehen: Es gibt ja nicht den Feminismus.

    Ein Gerechtigkeitsfeminismus beispielsweise hat sicherlich sehr viel gutes gebracht und Frauen Rechte gegeben, die überfällig waren.

    Der Genderfeminismus hingegen hat ja im wesentlichen die folgenden drei Grundannahmen:
    – Das Geschlecht ist sozial konstruiert
    – Das Motiv des Menschen für seine Handlungen ist Macht
    – Menschliche Interaktionen sind von Gruppeninteressen bestimmt, nicht von Einzelinteressen

    Und die halte ich allesamt für falsch. Über den Genderfeminismus kann man also durchaus sagen, dass er schlechtes gebracht hat, ohne das er sich gleichzeitig andere positive Punkte auf die Fahnen schreiben kann, die der Feminismus an sich erreicht hat.
    Auch der radikale Feminismus muss sich dies sicherlich vorhalten lassen.

    Man sollte insoweit nicht alle Spielarten des Feminismus in einen Topf werfen und über die Erfolge anderer Spielarten über die Missstände hinwegsehen.

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  5. ich finde den beitrag sehr interesant aber für meinen geschmack viel zu lang. dass sind mindestens 4 beiträge..

    also nur so viel: die isolation von schuld bringt niemandem etwas, sondern wiederholt ungerechtigkeit, weil sie uns vom verständnis der zusammenhänge und damit von wahrheit entfernt.

    wenn du so entschieden auf das im zuge der emanzipation erreichte hinweist, möchte ich fragen, ob es „außerdem“ + „zusätzlich“ auch denkbar ist, dass die frauenbewegung so gut voran kam, weil sie vom delegitimationsprozess des patriarchats profitiert hat?

    denn die welt hat sich ja auch auf der anderen seite verändert…

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  6. Ja, ich bekenne es: Der Feminismus ist schuld daran, dass alle Männer und auch Männer in Machtfunktionen sich dieser Debatte jetzt langsam mal stellen müssen.

    @Antje:

    Wenn frau mal reflektiert was sich alles verändert hat, dann wird ja überdeutlich, wie stark wir sind. Das offenbart aber auch, dass die dominierende Elite der Männer (plus den Frauen, die wie Männer denken) Angst bekommen hat und m.E. deswegen noch mehr mauern wird, als bisher. Folglich wird ein Gespräch auf Augenhöhe auf sich warten lassen. Ergo; da müssen wir eben auch noch durch und das schaffen wir auch. *yeah*

    LG,
    Lucia

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  7. @Secuni – Ja klar. Nichts ist eindimensional und monokausal. Der Punkt ist aber, dass die Frauenbewegung als Motor für politische Veränderungen schlicht ganz und gar ignoriert wird.

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  8. @Christian – Mal abgesehen davon, dass ich so einen „Genderfeminismus“ wie du ihn hier beschreibst (bzgl. der Punkten 2 und 3) noch nie getroffen habe, so ist diese Vielfalt und teilweise Gegensätzlichkeit von verschiedenen Feminismen gerade ein Teil des „Erfolgsmodells Frauenbewegung“. Da Frauen unterschiedlich sind, gibt es nicht „den einen richtigen Feminismus“. Und zum Glück wurde auch nie ein verbindliches feministisches „Programm“ aufgestellt, denn die Sache, um die es geht, ist nicht „richtiger“ Feminismus, sondern das zur Welt bringen der weiblichen Subjektivität: Hier ist eine Frau, die will dieses oder jenes, die ist dieser oder jener Ansicht. Genau das ist der Witz der weiblichen Freiheit: Dass es freien Frauen vollkommen egal ist, ob du, ein Mann, das was sie sagen oder wollen oder tun für richtig oder falsch hältst. (Es sei denn, es gelingt dir, sie auf die eine oder andere Weise zu überzeugen).

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  9. @ antje
    „ganz und gar“ vielleicht nicht, aber jede mangelnde Würdigung ist natürlich frustrierend… und damit auch irgendwie wieder zu eindimensional…

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  10. (Es sei denn, es gelingt dir, sie auf die eine oder andere Weise zu überzeugen)

    Na der Mann, der das heutzutage könnte, muss wohl erst noch geboren werden. *fg*

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  11. Ich stimme zu, dass die gesellschaftlichen Veränderungen durch den Feminismus deutlich, nicht immer für jeden positiv aber eben notwendig sind.
    Die 50er kann man sich eigentlich allerhöchstens für die Musik zurückwünschen, aber ganz sicher nicht für das dort vorherrschende soziale Gefüge.

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  12. @Antje

    „Mal abgesehen davon, dass ich so einen „Genderfeminismus“ wie du ihn hier beschreibst (bzgl. der Punkten 2 und 3) noch nie getroffen habe“

    Nicht? Ich denke der erste Punkt ist recht eindeutig.
    Der zweite dürfte sich in allen feministischen Schriften, die auf Foucault etc aufbauen finden lassen. Mit Macht als Motiv werden Patriarchat, Phallozentrismus, hegemoniale Männlichkeit etc begründet.
    Und im dritten Punkt werden eben nicht die Interessen des Einzelnen (der evtl mit Töchtern, Müttern und Schwestern mehr Interessen hat als mit anderen Männern) zugunsten der Gruppeninteressen „Männer“ bzw. „Frauen“ oder etwas feiner „die hegemonialen Männer“ etc betont.
    Ich habe es hier her

    „so ist diese Vielfalt und teilweise Gegensätzlichkeit von verschiedenen Feminismen gerade ein Teil des „Erfolgsmodells Frauenbewegung“.“

    Das mag sein. Aber der Begriff Feminismus wird eben verschieden gebraucht. Gemeint ist häufig nicht jeder Feminismus (also beispielsweise auch ein solcher, der will, dass Frauen gleiche Rechte haben sollten) sondern der Feminismus in einer bestimmten Ausrichtung.

    „Da Frauen unterschiedlich sind, gibt es nicht „den einen richtigen Feminismus“.“

    Warum sollte es den dann nicht geben? Ich meine schon, dass man sich zum einen auf bestimmte Grundsätze einigen kann und zum anderen andere Grundsätze, etwa die soziale Konstruiertheit der Geschlechter oder Äußerungen von Daly, dass man die Männer erheblich in der Anzahl reduzieren, mit den Unterschieden der Frauen begründen kann. Es bleibt falsch, das eine aus wissenschaftlichen, das andere aus moralischen Gründen.

    „Dass es freien Frauen vollkommen egal ist, ob du, ein Mann, das was sie sagen oder wollen oder tun für richtig oder falsch hältst. (Es sei denn, es gelingt dir, sie auf die eine oder andere Weise zu überzeugen).“

    Darf es dann auch im Gegenzug den freien Männern egal sein, ob die Frauen, das was sie sagen oder oder wollen oder tun für richtig oder falsch halten?

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  13. @Christian – Nur schnell zu deinem letzten Punkt: Ja klar, bloß dass das nichts Neues ist, sondern das Prinzip, auf dem die ganze patriarchale Kultur aufbaute. Aber ich persönlich setze beim Dialog mit Männern in der Tat nicht auf Macht, sondern auf Überzeugung.

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  14. „So als wäre die Freiheit der Frauen bloß eine kleine Fußnote der Geschichte, die das Große und Ganze nicht weiter betrifft.“

    Die Freiheit der Frauen ist sicher nicht bloß eine Fußnote. Vieles hat sich schon verändert, und das ist auch gut so. Und nicht mal die Frauen haben es so recht bemerkt, dass es sich verändert hat. Zum Beispiel ist es (zumindest in meinem Umfeld) selbstverständlich, dass Männer kochen und putzen. Ich glaube nicht, dass ich bei einer Frau noch eine Chance hätte, wenn ich nicht kochen könnte. Aber für mich hat sich auch nie die Frage gestellt, denn wer sollte es auch sonst machen? Aber das nur als Randbemerkung.

    Was die Freiheit angeht, so wurde ich neulich Ohrenzeuge einer Unterhaltung. Eine junge Frau fragt den älteren Familienvater: „Warum tust du dir diesen Job eigentlich noch an?“ Und er meint: „Ich habe eine Frau, zwei Kinder und ein Haus, das ich abbezahle.“ – auch der Mann in einer ganz klassischen Rollenverteilung kennt deutliche Grenzen seiner Freiheit. Diese Grenzen stehen auch den befreiten Frauen zu. Gleiches Recht. Und gleiche Pflichten.

    Wer an diesen Grenzen an den Kragen will, also also den Grenzen vorherrschender Systeme, mitunter kapitalistisch geprägter, der braucht keinen Feminismus sondern den Wunsch nach einer besseren Welt. Und vielleicht brauchen wir dafür nicht nur mehr starke und mutige Frauen, sondern auch starke und mutige Männer.

    Kurzum: Der Feminismus läuft Gefahr, Frauen in die gleiche Scheiße zu reiten, in der Männer schon sitzen.

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  15. Ich kann da beim Feiern nicht mitmachen. Immernoch nicht. Für mich ist die Frauenbewegung erfolglos, borniert und ein fürchterliches Desaster und in ihrer Selbstbeweihräucherung schon reichlich peinlich. Die „Erfolge“ sind faule Eier, die nichts anderes gebracht haben, als eine modernisierte Unterdrückung. Das, was bis jetzt erreicht wurde, ist der Demokratisierung der BRD zuzuschreiben und dabei immer noch androzentrisch und Frauen diskriminierend und – nicht zuletzt- reaktionär. Allen voran diese merkwürdige Frau Schwarzer. Aber auch jene, die ich für den progressivsten Teil der westdeutschen Frauenbewegung halte (im Ostteil entwicelt sich irgendwie keine speziell feministische Bewegung oder zumindest kenne ich sie nicht), sind mir zu seicht und zu angepaßt, androzentrisch ausgerichtet und auf Ausgleich in einem Kacksystem fixiert. Darum bleiben die Forderungen auch bestenfalls neutral und angepaßt, gehen nicht an die Wurzel des Übels und sind systemkonform. (Und mit System meine ich hegemoniale Männlichkeit und kapitalisitische Ausbeutungslogik.)

    Nur ein Beispiel: Die §§ 218a und 219 StGB sind kein irgendwie akzeptabler Kompromiss zum beibehaltenen § 218 StGB, der ja eigentlich abgeschafft werden sollte. Die Idee hinter der Abschaffung des § 218 StGB war ja die Entkriminalisierung weiblicher Selbsbestimmung. Das ging ja nach hinten los. Und wenn du dann heute kommst und Erfolge feiern möchtest, weil du auf die noch schlimmeren Zustände zuvor abhebst, ignorierst du mein Anliegen, die ich die Entmündigung via § 219a StGB diskriminierend finde und auch heute noch die Kriminalisierung weiblicher Selbstbestimmung angreife und eben diese fordern! Kompromisslos und radikal. Dazu anzustoßen, ist ein falscher Frieden, den ich so nicht eingehen kann. Ich möchte ernst genommen werden, in meinem Wunsch nach Selbstbestimmung, in meinem Unmut über das, was jetzt ist. Es ist nichts gut, sondern nur besser als vorher, aber das war ja auch kein Maßstab einer demokratischen Gesellschaftsordnung. Das, was jetzt ist, ist nicht gerecht und es gibt auch heute noch Diskriminierung von Frauen durch Gesetze und Paragrafen und ich bin nicht bereit, die als Privilegien umzudeuten, wenn sie mich als Frau in meiner Selbstbestimmung auch nur theoretisch beschränken.

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  16. @Isi – Luisa Muraro hatte mal vorgeschlagen, auf das „ersparte Leid“ zu schauen. Ich finde, auch ein „besser“ ist Grund für Freude. Ausserdem bezweifle ich, dass irgendeine politische Bewegung uns das endgültig Gute bringen wird. Eine, die das von sich behauptete, würde mir Angst machen.

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  17. @ Antje, 19

    Das Leid einer Frau in der BRD erspare ich mir als DDR-Bürgerin durch die Gnade (und Nachwehen) des Sozialismus. 😉 Nur ist das Leid, die Solidarität und eingeforderte Verbundenheit mit Opfern, das Einfinden auf ihrer Ebene (auch wenn frau nicht selbst betroffen ist) um Besserungen zu begrüßen, also die Anerkennung eines individuellen Opferstatus, ist kein linker Ansatz. Mir geht es als Linke um Ideen und Alternativen, um Kritik und Fakten, und wenn ich dann die Selbstbestimmung der Frau anvisiere, gibt es keinen Grund zur Freude, weil wir noch viel Arbeit vor uns haben. Die Situation der Frauen in der BRD war und ist (!) derzeit so belämmert, dass Freude über eine irgendwie gearterte „Besserung“ wie Zynismus bei mir ankommt. Das Optimum an Selbstbestimmung ist ablesbar, ein objektiv messbarer und argumentativ vorlegbarer Zustand, von dem wir heute noch weit entfernt sind und das liegt – meines Erachtens – nicht zuletzt an der Feierlaune der namhaften Feministinnen.

    Mensch, Antje, wenn du schon das „ersparte Leid“ feierst, wer soll denn dann noch für die Selbstbestimmung der Frauen kämpfen?

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  18. @ Antje, 21

    Feiern und kämpfen schließt sich nicht aus, das stimmt. Aber Fatalismus und Schönrederei machen lahm und träge. Ich habe dich sagen hören, es gäbe keine gesetzliche Diskriminierung von Frauen mehr, das war harter Tobak. Und ich war ehrlich erschrocken. Es will mir partout nicht in den Kopf wie eine so kluge Frau das jetzige Desatser nicht als solches wahrnehmen kann und sich mit dem Jubel über „erspartes Leid“ selbst sediert, statt mit erhobener Faust gegen das Unrecht anzukämpfen, das vielleicht keine Leid mehr ist, aber durchaus ersparenswert. Leid ist sowieso ein denkbar schlechter Maßstab, da ist jede Ersparnis ein Gewinn, aber mir wäre es lieber, wir kämpften um vorenthaltenes Glücklichsein!

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  19. @DrNI Ich hoffe deine letzte Aussage ist nicht so gemeint, dass die „gleiche Scheiße“, in die Frauen Gefahr laufen, geritten zu werden, per se schlechter ist als ihre bisherige Situation. Das klingt für mich nach dem alten „wir wissen was besser für euch ist, Liebe Frauen“ Argument. Freiheit bedeutet ja, dass wir uns selber aussuchen können, in welches Verderben wir uns stürzen.

    @Antje Die Feststellung, dass der Feminismus an irgend etwas „Schuld“ sei, impliziert ja, dass dieses Etwas negativ sei. Bei vielen Veränderungen hängt das aber vom Standpunkt ab. Seit Einführung religiöser Freiheit müssen wir uns selber überlegen was wir glauben und es gibt keine gemeinsamen Norme und Werte mehr – oh Gott! Transparenz und freie Berichterstattung führen dazu dass wir ständig erfahren welche Übel in der Welt herrschen – wie deprimierend! Aber nicht nur die eigene Freiheit ist lästig, auch die Freiheit der Anderen: Seit Abschaffung der Sklaverei müssen wir uns selber um alles kümmern – wie anstrengend! Ich verstehe dass eine defensive Haltung nicht weiter bringt, sondern aktiv für etwas argumentiert werden sollte. Der springende Punkt ist jedoch die Frage, was für wen als negativ oder positiv empfunden wird.

    Ich finde „Ja, Feminismus ist Schuld, bitte sehr!“ einen tollen Spruch, aber die Punk-Attitüde eignet sich nicht dazu, jemanden zu überzeugen, der oder die die Ziele des Feminismus nicht bereits als positiv teilt. Das muss ja nichts Schlechtes sein, Kampfparolen haben auch ihren Zweck. Es sollte nur klar sein, dass es sich eher um Agitation als um Diskussion handelt. Diesbezüglich kommt der heutige Feminismus ja leider oft etwas luschig her. Hier ein gelungenes Beispiel aus dem Antirassismus zum Umgang mit „X ist Schuld“. Wahrscheinlich fällt das aber aber gleich unter männliches Redeverhalten 😦

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  20. @Isi – wenn Frauen heute unter „vorenthaltenem Glücklichsein“ leiden, sind dafür aber doch nicht die marginalen gesetzlichen Rest-Diskriminierungen die Ursache! Glück finde ich in dem Zusammenhang übrigens ein sehr wichtiges Thema.

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  21. @Jakob: Nein, das meine ich keineswegs, dass die Frauen im Paradies leben und es nicht merken. So ist das nicht. Aber frau muss sich schon überlegen, ob grundsätzlich alles was Männer dürfen und müssen erstrebenswert ist. Als Mann denke ich, das es das eben nicht ist. Vielmehr denke ich, dass sich Männer öfter mal wehren müssten, nicht gegen Frauen natürlich, sondern gegen z.B. ein ausbeuterisches Arbeitsverhältnis.

    Es ist eben natürlich, dass man ein gutes Leben will. Hat der Feminismus zum Beispiel dafür gekämpft, dass die Wehrpflicht auf Frauen ausgedehnt wird? Dass Frauen einen Job machen müssen, bei dem ihnen schon am ersten Tag gesagt wird, dass sie bis zu zwei Jahre ins Gefängnis müssen, wenn sie einfach nicht zum Dienst erscheinen? Ich kann gut verstehen, dass niemand für diese Pflicht kämpft. Hätte ich auch nicht gemacht.

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  22. @DrNI:

    Die Argumentation stimmt ja wohl nicht, denn Frauen können sich ja nur freiwillig melden. Und werden folglich auch wissen, was beim Militär Sache ist.

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  23. mir fällt immer wieder diese haltung von männern in comments auf: das und jenes ist ja noch vertretbar, aber bitte liebe frauen – soundso weit zu gehen ist wahlweise: unwissenschaftlich, unvertretbar, unmoralisch usw.

    aber: wir müssen so weit gehen. wir können nicht einfach nur an einem kranken und auf gewalt, ausbeutung und unterdrückung aufgebautem system ein paar kleine schönheitskorrekturen vornehmen.

    zudem sind ideen und gedanken die feministinnen so von sich geben noch lange keine gelebte wirklichkeit. frau muss schon spinnen können.

    und der feminismus ist noch vielfältiger als hier beschrieben – es gibt durchaus strömungen die das patriarchale system völlig unterwandern bzw. gibt es bestrebungen und ideenfindungen daraus auszusteigen und/oder es komplett zu verändern. und zwar mit allen möglichen methoden.

    viele männer haben auch schon verstanden, dass auch sie im patriarchat schlechte karten haben. es wird ihnen nur besser verkauft. deswegen denke ich mir immer: warum wehren sich manche männer so vehement gegen gewisse ansichten? ist es angst? wenn ja, vor was?

    auch viele männer finden ideen um die strukturen zu ändern, die welt zu verbessern bzw. noch zu retten. aber fast immer wieder fehlt da die feministische komponente. beides zusammen wäre erst richtig fruchtbar. das heißt jetzt nicht, dass frauen nicht alleine gute ideen haben, sondern dass ohne die freiheit der frauen nichts weiter geht.

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  24. @ Antje, 25

    Leid ist subjektiv und sollte kein Handlungsgrundlage oder Motiv zur politischen Arbeit werden. Es gibt Menschen, die leiden unter einer schiefen Naseschweidewand und andere leiden überhaupt nicht, obwohl sie weder Arme noch Beine haben. Leid ist emtionaler Ausdruck erlebter Hilflosigkeit bei unangenehmer Situation. Gegen erlebte Hilflosigkeit in unangehmen Situationen kann man sich „impfen“, in dem man sich (oder einander) bestätigt, dass es früher als schlimmer war oder woanders noch schlimmer ist oder einfach nur besser werden wird etc., aber ehrlich: Leid ist keine wirkliche Arbeitsgrundlage, weil es individuell ist und nicht meßbar. Politik sollte aber darüber hinaus gehen, Besserung zu versprechen und zu schaffen, für jene, die sich lediglich darin einig sind, dass sie alle eine bestimmte Sache gleich betroffen macht, sondern sich an objektiven Maßstäben orientieren und empirisch vorgehen. So ist zum Beispiel Armut für die einen etwas worunter sie leiden (wenn sie etwas anderes wollen), für andere ein Fortschritt (Enthaltsamkeit, Entsagung der weltlichen Verlockungen etc.). Woran will man sich da orientieren? Und läuft man nicht beim Fokus auf individuelle Leiderfahrungen Gefahr, diejenigen, die unter der gleichen Situation nicht leiden, in ihren Bedürfnissen und auch in ihrer Selbstbestimmung nach einem Nichtleidenwollen, zu ignorieren? Wenn ich aber objektive Maßstäbe schaffe, wonach jemand, der weniger als die Hälfte des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens zur Verfügung hat, arm ist, urteile ich wertfrei, objektiv und anhand nachvollziehbarer Kriterien und bevormunde auch niemanden, wenn ich politisch arbeite, um solche Unterversorgung zukünftig nicht mehr zulassen zu müssen. Wenn der oder die jenige das so will, kann sie oder er dann die Hälfte dann immernoch verschenken. Richte ich meine Interessen aber am Leid aus, kümmere ich mich auch um die, die doppelt soviel haben und leiden, weil sie gern noch mehr hätten. Das ist therapeutische Arbeit, aber keine politische. Politische Arbeit braucht eine objektive Basis, ein rationales Motiv und ein klar definiertes Ziel (und dann macht sie auch glücklich und man muß nicht „erspartes Leid“ feiern.

    😉

    Beim Glück hingegen ist es anders, denn da geht es darum, dass jeder eine Vorstellung davon hat (hoffentlich), was glücklich macht und diese Vostellungen konkret zu formulieren (was auch eine sehr individuelle sache ist), ermöglicht aber die politische Anteilnahme und die soziale Kooperation, denn ich kann mich entscheiden, ob ich nach meinen Wertmaßstäben diese Glücksidee unterstütze und voran treibe oder es lasse. Das ist absolut ideal und begründet die Besserung der Situation nach durchaus individuellen Bedürfnissen, aber auf gewissen Mindestnormen, die hier mE. noch nicht erreicht sind.

    Das eine schließt natürlich das andere natürlich nicht aus, sondern sind die Basis und das darauf aufbauen der politischen Arbeit so wie ich sie verstehe. Zuerst muß also eine Grundlage geschaffen werden, auf der Glück überhaupt gedacht werden kann, also objektives Leid (=Diskrimininierung), wobei Klarheit über die Kriterien herrschen sollte, überwunden werden, um dann die individuellen Bedürfnisse zu beachten und denen Rechnung zu tragen. Wenn aber das subjektive Leid die Basis meines Handelns ist und nicht die objektive Diskriminierung (die hier erst definiert werden muß) bevormunde ich immer die, die unter der gleichen Situation eben nicht leiden. Nehme ich aber Diskriminierung zum Anlaß meines Engagement und zur Grundlage der Betrachtung, wende ich mich gegen ein Prinzip, gegen eine Struktur und vertrete eine Idee, nämlich das Ende dieses Diskriminierung, und verschiebe die Betrachtung der indviduellen Bedürfnisse darüber hinaus der betroffenen auf später oder eine andere Ebene, und zwar von der politischen auf die zwischenmenschliche.

    Ich finde nun, du machst den zweiten Schritt vor dem ersten, weil du Anteil am Leid nimmst, bevor überhaupt geklärt ist, worum es in der Situation überhaupt geht. Um dagegen anzuschreiben, die Frage, die mich seit neuestem bewegt:

    Ist das zeitweise Beschäftigungsverbot via Mutterschutzgesetz auch für dich eine gesetzliche Diskriminierung von Frauen?

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  25. Schön, wenn Bewegung drin ist. Und wenn das jemandem weh tut, dann deshalb, weil er seine bisherige Komfortzone verlassen muss. *phhh* Gut, so. Wenn’s zieht, ist es an der richtigen Stelle.
    Ich bin gerne unbequem, wenn es um meine Position und Akzeptanz geht.
    Und klar ist der Feminismus schuld. Gut, dass es ihn gibt 🙂

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  26. @ingejahn:

    Aussteigen ja, alles andere ist m.E. nur ein partizipieren mit dem männlich dominierten System und das kann es ja nicht sein. Und das stört mich bspw. an den Feministinnen, die sich damit zu frieden geben und damit das sie immer noch diskriminierende System aufrechterhalten.
    Mit Eigentoren kann frau nix gewinnen.

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  27. „Der Feminismus“ ist schuld?
    Ja! Gern geschehen. Schalten sie morgen wieder ein, um zu sehen, was sich weiterhin tut 😉
    Denn zu tun gibt es noch genug – für alle, denn besser ist 1. relativ und 2. noch nicht gut genug.

    @Christian
    Dir ist schon klar, dass diejenigen, die alles Böse der Welt auf Feminismus und FeministInnen schieben, da selten differenzieren, oder?

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  28. @Khaos.Kind

    Da würde ich auch nicht verallgemeinern 😉

    Ich denke, dass sie einfach verschiedene Definitionen vom Feminismus haben und teilweise schon bestimmte Richtungen meinen, diese aber vielleicht nicht benennen könnne.
    Andere, wie Christina Hoff Sommers oder Steven Pinker, haben ja genau diese Abgrenzung vorgenommen.

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  29. Wenn es nur so wäre. Ich sehe mir die Führungspositionen in Politik und Wirtschaft an und denke mir: Ein bisschen was wurde gegen viele Widerstände erreicht. Aber viel mehr muß noch erreicht werden. Und wenn man sich die Medienlandschaft anschaut – hier schön beschrieben: http://karinkoller.wordpress.com/2011/03/26/dinge-die-wir-hassen-frauenzeitschriften/ – dann ist es besonders traurig, welche Knüppel wir Frauen uns selbst zwischen die Beine werfen. V

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  30. Erstmal finde ich, muss man unterscheiden zwischen Schuld im moralischen Sinne und der eher wertneutralen Verwendung des Wortes im Sinne von Ursache und Wirkung. Meiner Meinung nach wird das Wort in beiden Verwendungen gebraucht.

    Ich will Willets Äußerungen nicht pauschal verteidigen, weil ich ehrlich gesagt keine Ahnung von dem Mann habe und wie er politisch verortet ist. Aber man kann ihn – mit gutem Willen – auch so verstehen, dass er den Feminismus dafür kritisiert hauptsächlich eine Bewegung zu sein von und für weiße, mittelklasse Frauen. Was an altes Argument ist, welches sicher zuerst von Feministinnen selber gemacht wurde. Er sagt mittelklasse Frauen haben beruflich profitiert, arbeiterklasse Männer wurden zurückgelassen. Der sinnigere Vergleich wäre natürlich mittelklasse Frauen mit arbeiterklasse Frauen.

    Abgesehen davon, steht aber dahinter die Erkenntnis, dass sich Machtverhältnisse nicht nur an der Achse Geschlecht abspielen, sondern auch an Hautfarbe, sozialer Status, Alter, Religion, sexuelle Identität, etc. Ich habe manchmal das Gefühl – insbesondere wenn es mal wieder um die Frauenquote in Vorständen geht von der nur eine sehr kleine, elitäre Schicht von Frauen profitieren würde – das diese Perspektive zu kurz kommt.

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  31. @Antje: wieder mal ein toller, sehr inspirierender Beitrag!

    @Isi: indem du das „subjektive Leid“ als Kritierium politischen Handelns zugunsten sogenannt „objektiver“ Kriterien verwirfst, hast du zwar eine schöne Theorie, aber in der Praxis scheitert das am Einfluss der Beobachterin auf das Beobachtete: Wenn sich nicht genug Frauen finden, die unter einem Zustand subjektiv leiden, dann können Einzelne noch so lange lamentieren, es wird sich nichts bewegen.

    So sind etwa die meisten Frauen mit der jetzigen Regelung in Sachen Abtreibung zufrieden, deshalb ist der §218 auch kein Inhalt aktueller Auseinandersetzungen (bzw. nur auf einem anderen Feld und mit anderer Tendenz: bei der Diskussion um das Erlauben der PID).

    In deinem Beispiel mit der Armut ignorierst du auch, dass ein großer Teil der Ungleichheit nicht aus ungleichem Lohn für gleiche Arbeit resultiert, sondern an der anderen Wertigkeit von Einkommen und Status bei vielen Frauen. (Ich könnte z.B. deutlich mehr verdienen, wenn ich mir in meiner selbständigen Arbeit mehr Stress machen und mehr „nach Kunden jagen“ würde – will ich aber nicht!)

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  32. @lucia – ich sehe sache wie quoten, gleiche löhne usw. nur als übergangslösung an niemals als ziel. das kann nur komplette systemveränderung sein. ist ja auch logisch und sollte klappen – das system ist auf frauenunterdrückung errichtet, wie soll es denn ohne noch funktionieren? da sind wir dann wieder bei den berühmten letzten worten vor dem system-ende: „der feminismus ist schuld – aber ja doch gern geschehen“

    eine andere logische möglichkeit das system zu beenden ist der komplette untergang der gesamten menschenheit inklusive gesamtverseuchung des erdballs. wär aber nicht so schön.

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  33. @Christian:

    „Der Genderfeminismus hingegen hat ja im wesentlichen die folgenden drei Grundannahmen:
    – Das Geschlecht ist sozial konstruiert
    – Das Motiv des Menschen für seine Handlungen ist Macht
    – Menschliche Interaktionen sind von Gruppeninteressen bestimmt, nicht von Einzelinteressen“

    Ich halte diese Grundannahmen für richtig.

    Das Geschlecht ist sozial konstruiert. Klar, Sozialisation, Enkulturation, Erziehung. Heißt ja nicht, dass man es komplett dekonstruieren müsste. Nur weil etwas konstruiert ist ist es ja nicht schlecht. Ob es nachher relevant ist, hängt sowieso davon ab, ob es gelebt wird. Bsp.Rassen sind auch sozial konstruiert. Ich kann auch Rassen dekonstruieren, dann kann mir keiner mehr Rassismus vorwerfen, wenn es eben zufällig Schwarze sind, die den Baseball-Schläger abbekommen.

    Macht ist Handeln und Überzeugen. (s. Hannah Arendt)

    Die Person spiegelt die Verhältnisse wieder und in den Interaktionen sind beide verknüpft, auch wenn ich die Kategorien Gruppeninteresse/Einzelinteresse für eine Sackgasse halte.

    Jari

    PS: Foucault ist cool! 😉

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  34. Ich finde den Artikel…. überflüssig.
    jetzt hat ein englischer Minister was Blödes gesagt, nächste Woche ist es deutscher Schauspieler , übernächste Woche ein französischer Bäcker.
    Muss man immer wieder die ollen Kamellen rausholen und versuchen die Frauenbewegung in die Ecke der verkannten und benachteiligten zu stellen ?

    Der Feminismus hat viel bewegt und ist bei Frauen und Männer nicht nur anerkannt – man kann ihm auch dankbar sein.

    Aber bitte: Es ist langweilig wenn sich der Feminismus immer in die Ecke drängt um dann lauter klagen zu können!

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