Gegen. Standpunkte. Zum Kongress „Jenseits des Wachstums“

Verschlungene Wege ging nur das Mikrofonkabel: Podium "Wachstum, Lebensqualität und soziale Sicherheit, Suffizienz"

Am vergangenen Wochenende war ich in Berlin beim Attac-Kongress „Jenseits des Wachstums“. Über ein so großes Ding mit rund 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern kann man kaum allgemeine Aussagen treffen, denn man bekommt ja selbst immer nur einen kleinen Ausschnitt mit. Ich war am Freitag beim Eröffnungsabend, am Samstag als Mitdiskutantin auf zwei Podien und wollte dann eigentlich noch zu einem feministischen Worldcafe, was ich aber wegen der Enge des Raumes bleiben ließ.

Obwohl ich mit Großveranstaltungen eigentlich eher fremdele, war es recht entspannt. Man traf bekannte Gesichter, aber man kam auch mit wildfremden Leuten schnell ins Gespräch. Es waren auch erfreulich viele Frauen da – das Verhältnis unter den Referentinnen beziehungsweise Moderatoren betrug laut Programmheft 119 Männer zu 81 Frauen, also etwa 60 zu 40 Prozent (meine Schätzung: beim Publikum ähnlich), und war damit längst nicht so ungleichgewichtig wie bei politischen Kongressen sonst üblich. Auch altersmäßig war das Publikum sehr gemischt, wenn auch im Großen und Ganzen, von den ausländischen Gästen abgesehen, ziemlich „biodeutsch“.

Auch die beiden Veranstaltungen, an denen ich beteiligt war, verliefen angenehm: aufmerksames Publikum, trotz kontroverser Ansichten kein polemischer Schlagabtausch, gute Moderationen (nicht optimale Technik, aber okay).

Trotzdem blieb am Ende bei mir ein unbefriedigtes Gefühl. Das liegt sicher auch am Setting: Drei oder sogar vier Leute auf dem Podium plus 100 bis 200 im Hörsaal, ein sehr komplexes Thema und 90 Minuten Zeit – da kann eigentlich kaum ein echtes Gespräch aufkommen oder ein Gedanke wirklich zu Ende geführt werden.

Immer wieder hatte ich auch den Eindruck, dass viele der vorgetragenen Kontroversen eigentlich Scheinkontroversen sind, Diskussionen entlang der Unterscheidung von Positionen, die gar nicht das wirkliche Problem erfassen. Zwei Dauerbrenner (zumindest kamen sie in den beiden Veranstaltungen, an denen ich teilnahm, und auch beim Eröffnungspodium am Freitag Abend vor) waren der Gegensatz von gewerkschaftlichen, auf Wachstum und Umverteilung des Erwerbsarbeitssektors basierenden Forderungen einerseits und weiter gehenden Perspektiven von ganz anderen Arbeits- und Einkommensmodellen andererseits, sowie der Streit zwischen Anhängern des „Green New Deal“, also dem Versuch, durch einen ökologischen Umbau „ressourcenverträgliches“ Wirtschaftswachstum zu schaffen, und jenen, die das für Augenwischerei halten und generell für Konsumverzicht und Wachstumsbegrenzung plädieren.

Klar, mit solchen Positionen hat man griffige und scheinbar aktuelle politische Themen – solange man unter Politik das Formulieren von Standpunkten versteht. Versteht man darunter aber (wie ich) den Prozess des Aushandelns von Regeln für ein gutes Zusammenleben aller, so ist es doch kein Widerspruch, höhere Löhne etwa im Pflegebereich zu fordern (zum Beispiel wenn man gerade an entsprechenden Tarifverhandlungen beteiligt ist) und gleichzeitig darüber nachzudenken, ob Erwerbsarbeit in profitorientierten Institutionen wirklich die geeignete Organisationsstruktur für Pflege ist. Und es ist auch kein Gegensatz, als Politikerin für mehr regenerative Energiegewinnung einzutreten, aber gleichzeitig zu wissen, dass auch noch so viele Windkrafträder das Problem des zu hohen Energieverbrauchs nicht lösen werden.

Viele der diskutierten Gegensätze erschienen mir also gar nicht als unvereinbar, sondern eher als müde Wiederauflage des alten Konflikts zwischen Revolution und Reformismus. Und damit als Verschleierung von eigentlich interessanteren Themen. Jedenfalls halte ich das Formulieren von „Standpunkten“ (und deren machtvolle, „kämpferische“ Durchsetzung über etablierte politische Strukturen wie Parteien, NGOs, Streiks, Demonstrationen) für kein wirklich taugliches Mittel, um nachhaltige gesellschaftliche Veränderungen zum Positiven anzustoßen.

Statt zu diskutieren, was besser ist – Revolution oder Reformismus, das Formulieren radikaler Positionen oder das Aushandeln von Kompromissen mit „den Herrschenden“ oder „der Mehrheit“ – bin ich davon überzeugt, dass es gar nicht anders möglich ist, als beides miteinander zu kombinieren. Nicht als Kompromiss, sondern weil Radikalität nicht vom abstrakten Standpunkt abhängt, den man formuliert, sondern von der Fähigkeit, die eigenen Einsichten in einer bestimmten Situation und bestimmten Menschen gegenüber auch zu vermitteln.

Also: Wie entwickelt man konsequente und radikale Ideen, ohne sich aber im konkreten Handeln außerhalb der Welt und der Beziehungen zu den „normalen“ Menschen zu begeben? Woher nimmt man den Mut, der Welt die logischen Konsequenzen der eigenen Erkenntnisse vor Augen zu führen, ohne aber andere mit moralischen Keulen kleinzumachen?

Das zu versuchen ist jedenfalls die politische Praxis, die ich mir in der Frauenbewegung angewöhnt habe. „Wir haben nur Paradoxien anzubieten“, hat bereits Olympe de Gouges diese Haltung auf den Punkt gebracht. Wie sehr mir die Akzeptanz der Gleichzeitigkeit von angeblich Unvereinbarem bereits in Fleisch und Blut übergegangen ist, merke ich dann eben bei solchen Kongressen – wenn ich erstaunt feststelle, dass es die alte „Standpunktpolitik“ durchaus auch noch gibt.

Die allerschwerste, aber auch allernotwendigste politische Haltung dabei ist Folgende: Wie kann ich bei all dem auch noch das Bewusstsein für die Möglichkeit wach halten, dass meine eigenen (derzeitigen) Ideen vielleicht falsch sein könnten? Also offen sein für das, was die anderen an Anderem zu sagen haben?

Mein Gefühl des Unbefriedigtseins nach dem Attac-Kongress kommt vielleicht auch daher, dass mir das dort nicht gelungen ist. Ich habe – wie alle anderen – meine Redezeit damit verbracht, meine eigenen Standpunkte möglichst gut (und besser als die anderen ihre) zu vertreten. Ich habe mich angestrengt, möglichst überzeugend, möglichst pointiert, möglichst eindrücklich zu sein. Das war ja auch, was von mir erwartet wurde, und natürlich wollte ich die Gelegenheit auch nutzen, um dezidiert feministische Aspekte einzubringen, für die es beim Kongress nämlich (abgesehen dem völlig überfüllten Weltcafé) keine eigenen Veranstaltungen gab.

Aber es befriedigt mich nicht, das Köfferchen mit meinen „Standpunkten“ irgendwo einfach auszupacken, meine Ideen möglichst wirkungsvoll „anzupreisen“ (auch wenn es mich als Herausforderung reizt und mir Spaß macht, und auch diesmal wieder Spaß gemacht hat). Was mich hingegen wirklich zufrieden und glücklich macht, sind Gespräche und Debatten mit offenem Ausgang und überraschenden Wendungen. Das erfordert natürlich ein völlig anderes „Setting“ als ein Kongresspodium. Es erfordert zum Beispiel langsameres Reden, aktives Zuhören, Pausen zum Nachdenken, das Ausgehen von eigenen Erfahrungen, das Erzählen von Geschichten, weniger Gewissheit, mehr Fragen und Zweifel. Weniger Spektaktuläres, weniger Schlagzeilenträchtiges.

Simone Weil hat einmal gesagt, die intensivsten politischen Debatten, diejenigen, bei denen wirklich etwas Neues geboren wird, finden zwischen „zwei oder drei“ Menschen statt, nicht in Massenveranstaltungen. Sie empfahl das als politische revolutionäre Praxis: das bewusste Gespräch in kleinen Gruppen. Wahrscheinlich hat es auch das beim Kongress gegeben. Die kleinen Gruppen, die informellen Gespräche in den Pausen, auf dem Gang. Vermutlich haben sich Bekanntschaften ergeben, Verabredungen, Inspirationen. Keimzellen für politische Ideen, Gebärmütter für das noch Ungedachte, noch Ungeborene. Nicht einen neuen Standpunkt, sondern etwas anderes, was es bisher noch nie gegeben hat. Ideen, Ressourcen, Wege, die das Gegebene transzendieren. Und alles anders machen. Diese dichten Momente, die es durch Kreativität, Offenheit und gegenseitiges Vertrauen ermöglichen, dass ein neuer Gedanke erstmals in der Welt ausgesprochen wird. Sie sind das eigentliche Zentrum der Revolution, und es ist ihr Schicksal, dass keine Zeitung darüber schreibt, kein Herrscher vor ihnen Angst hat, weil sie eben ganz klein und schutzlos sind, so wie jedes Baby.

Dafür sind diese Situationen und Ressourcen, aus denen Neues entsteht, alles andere als knapp und begrenzt. Es sind nicht nur regenerative Ressourcen, sie sind sogar in schier unendlicher Fülle vorhanden, ebenso wie die Sprache unendliche Möglichkeiten und Wendungen enthält, mit denen wir die Welt in Worte fassen und dadurch formen können.

Ob der Drang zu materiellem Wachstum – um noch mal auf das Kongressthema zu kommen – vielleicht auch daher kommt, dass diese Fülle, diese Unendlichkeit von unentdeckten Möglichkeiten, die die Welt für uns bereit hält, nicht wertgeschätzt, nicht gepflegt, ja häufig nicht einmal wahrgenommen wird? Die Unendlichkeit dessen, was wir mit Sprache ausdrücken können, die Unendlichkeit der Möglichkeiten, die die Beziehungen mit Anderen mir bieten, die riesige Fülle der menschlichen Pluralität?

Ebenfalls zum Thema: „Politik verkörpern statt Stellung beziehen“


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Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

15 Gedanken zu “Gegen. Standpunkte. Zum Kongress „Jenseits des Wachstums“

  1. Eine Frage zum Grundkonflikt:

    Zwei Dauerbrenner (…) waren der Gegensatz von gewerkschaftlichen, auf Wachstum und Umverteilung des Erwerbsarbeitssektors basierenden Forderungen einerseits und weiter gehenden Perspektiven von ganz anderen Arbeits- und Einkommensmodellen andererseits, sowie der Streit zwischen Anhängern des „Green New Deal“, also dem Versuch, durch einen ökologischen Umbau „ressourcenverträgliches“ Wirtschaftswachstum zu schaffen, und jenen, die das für Augenwischerei halten und generell für Konsumverzicht und Wachstumsbegrenzung plädieren.

    Die gewerkschaftliche Politik ist mir bekannt, siehe auch die Beiträge von Altsozi Albrecht Müller: http://www.nachdenkseiten.de/?s=wachstum
    Das passt ja auch gut zum Stichwort Green New Deal. Wichtig finde ich hierbei aber auch die Möglichkeiten (oder Notwendigkeiten) im Dienstleistungsbereich: Mehr Jobs im Bildungssektor, bessere Bezahlung von Pflegekräften und Kinderbetreuungspersonal… auch das ist Wachstum!

    Aber was ist in dem Zusammenhang mit den anderen Modellen gemeint? Beim Grundeinkommen geht es ja stark in Richtung Götz Werner und sein auf Konsumsteuern fixiertes Modell. Aber Konsumverzicht und dazu ein Grundeinkommen auf der Basis von Konsumsteuern wäre nur für diejenigen attraktiv, die eh schon mehr haben als sie jemals brauchen werden und dafür nicht zur Kasse gebeten werden möchten.

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  2. Interessant in dem Zusammenhang auch:

    Sozioökonomisch hat die Wählerschaft der Grünen sich um 180° gedreht. (…)

    Atomausstieg und Solarförderung liegen den Grünen-Wählern näher als Mindestlohn und Verteilungsgerechtigkeit. Grünen-Wähler sind laut SOEP bei den Themen „Umwelt“ und „Klimawandel“ überdurchschnittlich besorgt, während die Themen „Frieden“ und „Wirtschaftslage“ für sie keine große Rolle spielen. Wähler, die sich Sorgen um die „Wirtschaftslage“ machen, wählen die Grünen nur sehr selten.

    Jens Berger: Die neue Volkspartei, die keine ist
    http://www.nachdenkseiten.de/?p=8850

    Wachstum nein danke, mir gehts schon gut?

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  3. @Irene – Beim ersten Punkt ist die Frage: Umverteilung der Erwerbsarbeit plus Mindestlohn stellt nicht in Frage, dass soziale Absicherung weiterhin über die Erwerbsarbeit organisiert wird. Weiter gehen dann eben Modelle, die auch anderes als Erwerbsarbeit in Erwägung ziehen, klar, vor allem Grundeinkommen (das es aber ja nicht nur in der Variante von Götz Werner gibt). Mein Vorschlag war, unter dem Dachbegriff „Wirtschaft“ nicht nur alles, was über Erwerbsarbeit vermittelt ist, zu fassen, sondern auch unbezahlte Arbeit, Gemeingüter, Subsistenz, Fürsorge etc. Also einen erweiterten WIrtschaftsbegriff, der imho die Realität besser abbilden würde als das BIP. Im zweiten Punkt wäre die „revolutionäre“ Alternative zum „reformistischen“ Green New Deal natürlich die Abschaffung des Kapitalismus :))

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  4. dass soziale Absicherung weiterhin über die Erwerbsarbeit organisiert wird.

    Das wird sie ja nur teilweise. Die soziale Absicherung könnte die Selbständigen viel stärker einbeziehen. Man könnte z.B. die privilegierten Freiberufler-Versorgungswerke auslaufen lassen und alle Selbständigen pflichtversichern, dann hätten die Kranken- und Rentenkassen wieder mehr Geld. Und für Leute mit geringen Einkommen gäbe es dann Zuschüsse wie bei der KSK. Eine Künstlersozialkasse für alle selbständig ausgeübten Berufe sozusagen (eine Verdi-Forderung). Bei Beamten wäre es theoretisch ähnlich, aber vermutlich nicht so leicht zu finanzieren. Heide Simonis hat das mal näher untersuchen lassen für Schleswig-Holstein.

    Und Beitragsbemessungsgrenzen für Spitzeneinkommen sind auch ein schönes Thema, in dem noch viel Luft wäre.

    Mein Vorschlag war, unter dem Dachbegriff „Wirtschaft“ nicht nur alles, was über Erwerbsarbeit vermittelt ist, zu fassen, sondern auch unbezahlte Arbeit, Gemeingüter, Subsistenz, Fürsorge etc. Also einen erweiterten WIrtschaftsbegriff, der imho die Realität besser abbilden würde als das BIP.

    Ja, wenn es drum geht welche Leistungen erbracht und Werte geschaffen werden (Du hast die Schwarzarbeit vergessen). Aber Steuern und Sozialabgaben kommen dabei nicht rein. Und wenn zu wenig Steuern reinkommen, geraten Gemeingüter unter Druck (Privatisierung von Krankenhäusern, Wasserwerken…)

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  5. @Irene – Ich fasse auch selbstständige Arbeit für Geld unter „Erwerbsarbeit“. Ja, die Schwarzarbeit gehört da auch rein, bzw. die ganze Geschichte mit Nachbarschafts-Netzwerken und Tauschbörsen etc. M.E. brauchen wir eine ökonomische Betrachtung, die es schafft, die verschiedenen Arten von „Arbeit“ und „Einkommen“ in ihrer jeweiligen Logik zu untersuchen und dann auch aufeinander zu beziehen. Eine SIchtweise, die nur den über Geld vermittelten Teil betrachtet, kommt zu verzerrten Ergebnissen.

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  6. Mich beschäftigt das „Standpunkte“-Thema auch. Immmer wieder will ich in politischen Gesprächen jemand „überzeugen“. Warum eigentlich? ist es eine Art Versprechen, das ich dem Feminismus gegeben habe? Oder habe ich Angst, sonst mein eigenständiges Denken zu verlieren und mich im Denken meines Gegenübers zu verlieren, wenn ich nicht „Standpunkt beziehe“? Das frage ich mich. Viel spannender ist es doch wirklich, in einem Gespräch ganz frei zu sein, also nicht auf Wirkungen bedacht.

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  7. Finde, der Text macht einen der üblichen Fehler und setzt Wirtschaftswachstum gleich mit einem physischen, tatsächlichem Wachstum – mehr Autos, mehr Kühlschränke etc.

    Tatsächlich misst Wachstum nur einen arbeitstechnischen Wert – nämlich die Arbeit, die Leute in die Herstellung eines *erstrebenswerteren* Zustands stecken; und es ist nunmal so, dass ein konstanter Anreiz zur Arbeit nur dann gegeben ist, wenn dieses Wirtschaftswachstum exponentiell erfolgt.

    Also, ich arbeit nur dann mit dem Einsatz x pro Zeiteinheit, wenn mein ( durchaus gefühltes ) Vermögen dadurch um den Faktor ( 1+z ) pro Zeiteinheit wächst, aber nicht, wenn es nur um die konstante Summe a pro Zeiteinheit wächst. Warum? Weil im letzteren Fall die Verzinsung von Arbeit im Laufe der Zeit immer schlechter wird, im ersteren dagegen konstant bleibt.

    Also immer cool bleiben: Wirtschaftswachstum hat nichts mit Wachstum im eigentlichen Sinn zu tun, sondern misst nur den Aufwand, den Menschen in den Übergang zu einem erstrebenswerteren Zustand stecken.

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  8. Ich wollte noch fragen, wieso man neuerdings ständig von „biodeutsch“ liest (mal mit, mal ohne Anführungszeichen). Bis vor einem halben Jahr ging es doch auch prima ohne dieses Wort. Wo kommt das her? Ist es ein Synonym für „deutschstämmig“? Und warum sagt man das dann nicht einfach weiterhin?

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  9. @Irene: Die böse Buben (und Mädels!) von der NPD und ihren Kameradschaften unterteilen das Staatsvolk in „Paßdeutsche“ und „Urdeutsche“. Seitdem Sarrazin und der öffentliche Raum das für eine sinnvolle Unterteilung hält, benötigt man neue Begriffe, die nicht an den Ursprung von der NPD erinnern. Denn NPD mag man nicht. Warum man die nicht mag, weiß die öffentliche Sphäre selbst nicht. Irgendwas mit rechts oder so. Deshalb hat man sich tolle neue Vokabeln einfallen lassen: Mihigru (= Migrationshintergrund oder rassisch minderwertiges, integrationsunwilliges, bildungsfernes Genmaterial; wunderschön-häßliches Wort! Meint ihr nicht?) oder biodeutsch (= biologisch einwandfreies, arisch-hochwertiges deutsches Genmaterial, leider etwas fortpflanzungsfaul).

    @alle: Albrecht Müller hat einiges schon dazu gesagt.

    Die VWL behauptet: Wachstum schafft Investitionen und die Arbeitsplätze. Diese These ist aber auch innerhalb der VWL umstritten.

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  10. @Irene – „Biodeutsch“ ist sicher kein schönes Wort. Ich wollte einfach ausdrücken, dass nicht viele Leute mit anderem kulturellen Hintergrund da waren, ob nun mit oder ohne deutschen Pass.

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  11. Ich habe schon „Migrationshintergrund“ nicht verstanden.

    Förderschule hieß früher Sonderschule und noch früher Hilfsschule. Irgendwann hat sich der neueste gut gemeinte Ausdruck abgenutzt, und dann wird wieder umbenannt.

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  12. @Irene – Aber den Sachverhalt verstehst du? Es gibt Leute, die definieren sich von ihrer kulturellen Herkunft her seit Generationen als ausschließlich „deutsch“ und solche, die definieren sich stark auch über andere Kulturen, etwa die ihrer aus der Türkei hierher eingewanderten Großeltern. Es gibt da also eine DIfferenz, die interessant und fruchtbar ist, und ich wollte darauf aufmerksam machen, dass die auf dem Kongress nicht zum Tragen kam, weil nur die erste Variante dort vertreten war. In den Worten „deutsch“ und „nicht-deutsch“ oder „ausländisch“ lässt sich diese DIfferenz nich beschreiben, weil beide deutsch sind. Also: Was würdest du vorschlagen, um das in Worte zu fassen, worum es mir ging?

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  13. Ja, den Sachverhalt verstehe ich schon.

    Aber wie ich es schreiben würde, weiß ich nicht. Hier in Bayern würde es eh nicht funktionieren, nach der Optik zu gehen. Die Nachfahren italienischer, spanischer und jugoslawischer Einwanderer sehen nämlich auch nicht anders aus als die Einheimischen.

    Eine Frau aus Hamburg, die mal für ein Praktikum hier wohnte, bemerkte in kritischem Ton, dass in München wenig Ausländer leben. Vielleicht hat sie ja die bayerisch sprechenden Italiener der zweiten Generation für ausländerfeindliche Bayern gehalten, wer weiß…?

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  14. Pingback: Serdargunes' Blog

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