Warum die Rede von der „umgekehrten Diskriminierung“ falsch ist

In den letzten Tagen sind mir zwei Gelegenheiten untergekommen, an denen sich mal wieder die Rede von der „umgedrehten Diskriminierung“ festgemacht hat: Die Berichte über die Praxis der australischen Airline Quantas, alleinreisende Kinder nicht neben alleinreisende Männer zu setzen, und die Kritik an einem Blogpost von Julia Schramm, die Kritik an dem Handeln von „vier männliche Weißeuropäern“ geäußert hat.

Dann war da noch diese Studie, zu der ich den Link leider nicht mehr finde, wonach sich (in den USA, glaub ich), Weiße und Männer mehr diskriminiert fühlen, als People of Color und Frauen (wenn ich es recht erinnere, vielleicht weiß jemand, wovon die Rede ist, und postet den Link in die Kommentare).

Tja, die Rede von der „umgedrehten Diskriminierung“ wird ja schon lange vorgebracht, sie gehört zum Standardrepertoire rassistischer und antifeministischer Diskurse. Meist ist sie ja schon sachlich falsch und damit könnte der Fall erledigt sein, mir ist aber noch ein anderer Aspekt wichtig, und zwar die inhaltliche Unsinnigkeit des Arguments (also selbst, wenn es stimmen würde).

Denn das Problem, worum es hierbei geht, ist nicht die pure Unterscheidung zwischen Frauen und Männern, Menschen  verschiedener ethnischer oder kultureller Zugehörigkeit und so weiter. Sondern das Problem ist die herrschaftsförmige Ausrichtung dieser Unterscheidung.

Um es am Beispiel Geschlecht deutlich zu machen: Das Problem ist nicht, dass es Frauen und Männer und womöglich weitere Geschlechter gibt, sondern dass sich ein Geschlecht, nämlich das männliche, zur Norm gesetzt hat. Wenn wir die verkorksten Geschlechterverhältnisse auf dieser Welt, die wir bei unserer Geburt schon vorgefunden haben (und in die wir qua Geschlechtzuordnung persönlich unweigerlich involviert sind), sinnvoll verbessern möchten, geht es also darum, diese Sich-Zur-Normsetzung des Männlichen zu kritisieren und zu untergraben.

Deshalb ist die Rede von der „umgekehrten Diskriminierung“ für sich genommen kein sinnvolles Argument: Kein anderes Geschlecht als das Männliche hat sich jemals zur Norm gesetzt und den Anspruch erhoben, über die anderen Geschlechter zu herrschen. Und keine Bevölkerungsgruppe hat sich jemals mit Hinweis auf ihre Hautfarbe über andere Menschen erhoben außer die Weißen.

Diskriminierung gibt es immer, sie ist ein notwendiges gesellschaftliches Verfahren, was ich in einem früheren Blogpost schonmal genauer erläutert habe.

Die Frage, die jeweils zu verhandeln ist, ist also nicht: Ob Diskriminierung vorliegt? Sondern: Ob diese Art der Diskriminierung sinnvoll ist? Also – um einen möglichen und von mir gerne herangezogenen Maßstab zu nehmen – ob die jeweils in einem konkreten Fall getroffene Unterscheidung zwischen verschiedenen Gruppen von Menschen dabei hilft, die Herrschaft des Männlichen oder der Weißen zu verringern oder nicht.

Das ist unter Umständen kompliziert, es gibt in den meisten Fällen keine einfachen Antworten.

Nehmen wir zum Beispiel den Fall der Quantas: Wenn man Kinder – um sie vor sexuellen Belästigungen zu schützen – prinzipiell nur neben Frauen setzt, ist das klar eine Diskriminierung, denn die Erwachsenen werden qua Geschlecht unterschieden. Übrigens werden in diesem Fall beide „diskriminiert“, wenn man so will: Die Männer, weil sie nicht neben Kindern sitzen sollen, die Frauen, weil sie genötigt werden, neben Kindern zu sitzen.

Ist diese Diskriminierung nun eine sinnvolle Maßnahme oder nicht? Einerseits trägt sie natürlich dazu bei, Geschlechterstereotype zu verfestigen – also das Bild von den fürsorglichen Frauen und den gefährlichen Männern, was die Realität nur ziemlich verzerrt wiedergibt.

Andererseits ist es aber gar nicht so sehr an der Realität vorbei, wenn man bedenkt (diesen Hinweis verdanke ich einer Freundin, die lange bei der Quantas am Check-In gearbeitet hat), dass ein Großteil der alleinreisenden Männer in Flugzeugen von Deutschland nach Australien den Zwischenstopp Bankok zum Ziel haben und in aller Regel Sextouristen sind. Es handelt sich also bei diesen Passagieren um eine spezielle Gruppe von Männern, die mit höherer Wahrscheinlichkeit sexuell übergriffig wird als Männer generell.

Was daraus klar wird: Eine Diskussion um eine solche Maßnahme kann sich nicht darauf beschränken „Das ist aber ungerecht!“ zu rufen, sondern sie muss das dem zugrunde liegende Herrschaftsverhältnis, das damit bekämpft werden soll, aufgreifen und mit bearbeiten.

Das ist eine Aufgabe, der sich gerade auch die von einer konkreten Diskriminierung „betroffenen“ Männer oder Weißen stellen müssen, denn, ja: Dass andere ihres Geschlechts oder ihrer Hautfarbe Privilegien nutzen, um andere Menschen auszubeuten, ist ein Problem, das auch sie persönlich betrifft.

Und zwar nicht nur, weil sie die komfortable und unverdiente Möglichkeit haben, sich netterweise dafür zu entscheiden, diese Privilegien nicht auszunutzen, sondern weil sie – und das ist nunmal notwendig, wenn diese Privilegien abgeschafft werden sollen – unter Umständen auch „Opfer“ einer umgekehrten Diskriminierung werden können. Wenn ihnen eine gerechtere Welt am Herzen liegt, müssten sie dafür eigentlich Verständnis haben.

Es bleibt ihnen ja unbenommen, bessere Lösungsvorschläge zu machen, sich also konstruktiv an dieser Aufgabe zu beteiligen.

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

76 Gedanken zu “Warum die Rede von der „umgekehrten Diskriminierung“ falsch ist

  1. „… dass ein Großteil der alleinreisenden Männer in Flugzeugen von Deutschland nach Australien den Zwischenstopp Bankok zum Ziel haben und in aller Regel Sextouristen sind. Es handelt sich also bei diesen Passagieren um eine spezielle Gruppe von Männern, die mit höherer Wahrscheinlichkeit sexuell übergriffig wird als Männer generell.“

    Wer Sextourist ist, ist mit höherer Wahrscheinlichkeit sexuell übergriffig?

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  2. @plomlompom – Meinst du nicht? Ich würde das für plausibel halten. Vor allem wenn man weiß, dass viele Sextouristen in Südostasien gezielt nach sehr jungen Mädchen suchen.

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  3. Antje Schrupp: Ich sehe die These, aber ich finde sie ohne weitere Daten ziemlich spekulativ – und glaube, dass man sich hier leicht in Klischees verstricken kann. Auch: Übergriffigkeit und Pädophilie sind nicht das Gleiche.

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  4. „sehr jungen Mädchen“ ist nett gesagt. Diese Männer suchen in vielen Fällen nach Kindern beiderlei Geschlechts in einem Land, in dem sie hoffen, nicht juristisch belangt zu werden, wenn sie ihren „Urlaub“ dort in dieser Weise verbringen

    . Das ist keine böse Phantasie sondern die bittere Realität vieler Kinder.

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  5. @plomlompom – Wie gesagt, jeder sachdienliche Vorschlag für bessere Lösungen ist ja willkommen. Aber wir können mit dem Schutz von Kindern ja nicht warten, bis sämtliche Detaildifferenzierungen hieb- und stichfest wissenschaftlich nachgewiesen sind. Und, was heißt spekulativ: Quantas wird ja einen Grund haben für diese Praxis, die machen das ja nicht einfach, weil sie so gerne mal alleinreisende Männer diskriminieren möchten.

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  6. @Antje Schrupp: Ich weiß es nun auch nicht besser und kann mir auch vorstellen, dass du Recht hast, aber deine Schlüsse finde ich schon gewagt. Weder ist die Aussage der Check-in-Mitarbeiterin besonders belastbar, noch scheint mir die die These zwingend, dass Sextouristen auch häufiger Mitreisende misshandeln, noch ist „Quantas wird ja einen Grund haben“ ein echtes Argument. Sicher haben sie einen Grund, aber daraus schließen zu wollen, welcher Grund das ist, und dass Quantas außerdem noch richtig damit liegt, geht mir zu weit.

    Ebenfalls fiel mir dieser Abschnitt auf:

    Kein anderes Geschlecht als das Männliche hat sich jemals zur Norm gesetzt und den Anspruch erhoben, über die anderen Geschlechter zu herrschen. Und keine Bevölkerungsgruppe hat sich jemals mit Hinweis auf ihre Hautfarbe über andere Menschen erhoben außer die Weißen.

    Ich glaube, das stimmt beides nicht (Es gibt meines Wissens matriarchale Gesellschaften, wenn auch sehr wenige, und es ist durchaus auch in anderen Ethnien nicht ganz unüblich, sich wegen seiner Hautfarbe über andere zu erheben.), und ich würde auch sagen, dass dein Artikel diesen Hinweis gar nicht braucht.
    Du liegst ja ansonsten vollkommen richtig.

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  7. Soweit ich weiß, gibt es nicht allzu viele Möglichkeiten, nach Australien zu kommen. Wann immer mir jemand von einem Flug nach Neuseeland oder Australien erzählt hat (was nicht oft war), gab es einen vierstündigen Zwischenstop in Bankok. Ich glaube nicht, dass zu meinem Bekanntenkreis Sextouristen gehören. Aus meiner Sicht mit zugegeben wenig Ahnung und lausiger Statistik ist die Kausalkette „Zwischenstop Bankok“->“Sextourist“ also falsch. Dem zweiten Teil „Sextourist in Bankok“->“Höhere Übergriffswahrscheinlichkeit“ kann ich nicht widersprechen. Abgesehen davon liegt es an Qantas, die Sitzzuordnung unauffällig(!) bei Ausgabe der Boardingkarten zu regeln, und keinesfalls erst im Flugzeug. Gelingt dies nicht, sollten auf jeden Fall(!) im Flugzeug peinliche Sitzplatzwechsel unterbleiben, sofern Qantas seine Kunden behalten möchte.

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  8. Es ist eigentlich unerheblich, zu welchem Zweck alleinreisende Männer in Richtung Australien fliegen – bei sexuellen Übergriffen gegenüber Kindern sind die Täter überwiegend männlich. Wenn ich mich richtig erinnere, sind es zehnmal mehr Männer als Frauen. Das allein würde mir ja schon reichen, ein alleinreisendes Kind eher neben eine Frau zu setzen… zudem kann ich in diesem Fall kaum bis gar keine negative Folgen der Diskriminierung erkennen, sprich: es tut eigentlich niemandem weh, wenn das Kind nicht neben einem Mann sitzt, oder?

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  9. Danke 🙂
    Ich denke, die Bewusstwerdung der eigenen Privilegien mit der Konsequenz, die Verantwortung dafür zu übernehmen ist der Weg, den wir gehen und anderen näher bringen müssen.
    Dabei finde ich die Herangehensweise entscheidend. Auch wenn ich emotionales Ragen in vielen Fällen total nachvollziehbar finde, bringt es uns ingesamt nicht weiter, wenn wir bei Menschen, die in den Bereichen keinerlei Sensibilität haben, auf diese Weise an die Diskussion heran gehen.
    Es verschärft die blöden Abwehrmechanismen mit denen wir uns dann immer wieder rum schlagen müssen, mit denen ich mich täglich konfrontiert sehe.
    Der konstruktive Ansatz ist, Probleme und Privilegien auf zu zeigen, ohne Gräben zu schaffen und dann klar zu stellen, dass Privilegien Verantwortung bedeuten und eine privilegierte Gruppe nicht für eine unterprivilegierte Gruppe sprechen darf (wenn das nicht erwünscht ist).
    Ich begrüße jeden weißen privilegierten Mann, der öffentlich über die eigenen Privilegien und die damit verbundene Verantwortung spricht, aber er kann es nicht für mich. Da hat er sich zurück zu halten.

    Öhm… tl;dr:
    Machtstrukturen – „nach oben schießen“ führt nicht weit, „nach unten“ Verantwortung übernehmen und darüber reden schon. Was nicht bedeuten soll, dass mensch sich nicht auch oft genug wehren muss. Bewusst werden und bewusst machen und die emotionale Komponente bei sich und anderen nicht vergessen wünsch ich mir 🙂

    (mal schauen, ob ich meinen Punkt klarmachen konnte, ich geh jetzt eine Antidiskriminierungskonferenz aufarbeiten)

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  10. Natürlich können und müssen „wir“ warten, bis sämtliche Differenzierungen plausibel nachgewiesen sind. Die institutionelle Misandrie von Fluglinien orientiert sich an gefühlter (nicht: echter) Sicherheit – und sollte genau so wie Nacktscanner, Vorratsdatenspeicherung und „gesunder Menschenverstand“ als die anti-intellektuelle autoritäre Position verstanden werden, die sie ist.

    Ein bisschen erinnert mich an Geschichte mit den Wasser-Rutschen: Auch dort wird sexistische Diskriminierung durch unwissenschaftliche, aber plausibel klingende Argumente gerechtfertigt. hanhaiwen tut gut daran, diese aus dem Hut gezogenen Begründungen zu dekonstruieren!

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  11. Danke für den Beitrag – eine kleine Ergänzung hätte ich. (Entschuldigung, falls das hier als derailing wahrgenommen werden sollte, das ist nicht meine Absicht): Du schreibst „keine Bevölkerungsgruppe hat sich jemals mit Hinweis auf ihre Hautfarbe über andere Menschen erhoben außer die Weißen.“ Das ist m.E. nicht richtig.
    Immer wieder gab und gibt es überall auf der Welt Gruppen, die sich aufgrund ihrer Hautfarbe Menschen mit anderer Hautfarbe überlegen gefühlt und auch entsprechende Machtstrukturen geschaffen haben. Der Senegalese Tidiane N’Diaye hat vor einger Zeit ein Buch über die Rolle von arabischen Sklavenhändlern in Westafrika veröffentlicht. Ähnliche Strukturen gab es an der Swahili-Küste in Ostafrika und vermutlich gibt es zahlreiche weitere Beispiele aus anderen Gesellschaften.

    Das soll jetzt nicht vom eigentlichen Post ablenken und auch weißen Rassismus verharmlosen, ich war nur beim Lesen an diesem Satz hängengeblieben und wollte etwas hinzufügen.

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  12. Ich find den Einwand von plomlompom nachvollziehbar (im konkreten Fall) und sehe (im allgemeinen) auch die Gefahr, in Essentialismen zu verfallen. Nein, eigentlich sehe ich nicht die Gefahr, ich sehe das genau so. (Gruppenbasierte) Diskriminierung (wertfrei als „Unterscheidung“) kann ich mir nur als Notlösung vorstellen, nur im HERRschenden System als vielleicht positiv sehen. Kritik an „umgekehrter Diskriminierung“ (also den Umgekehrte-Diskriminierung-Diskurs) kann ich trotzdem kritisieren, weil sie (er) die Machtverhältnisse ignoriert oder leugnet.

    „Nicht so sehr an der Realität vorbei” ist aber doch oft genug an der Realität vorbei, wird eben doch Menschen (auf allen Seiten) nicht gerecht. Im konkreten Beispiel mag die Maßnahme trotzdem ok sein, aber ich fände es bedenkenswert, stattdessen die Flugbegleiter_innen speziell zu Adultismus, Rape culture und Awareness zu schulen und vielleicht Mechanismen zu schaffen, wie Kinder* im Flugzeug sich wehren oder besser bemerkbar machen können.

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  13. @adrianlang – „Kritik an „umgekehrter Diskriminierung“ (also den Umgekehrte-Diskriminierung-Diskurs) kann ich trotzdem kritisieren, weil sie (er) die Machtverhältnisse ignoriert oder leugnet.“ –
    Ja, aber damit hast du noch kein Kriterium, um zu beurteilen, ob die betreffende Maßnahme richtig oder falsch ist. Machtverhältnisse liegen doch praktisch allen Beziehungen und Verhältnissen irgendwie zugrunde, aber fast alle Beziehungen und Verhältnisse sind gleichzeitig auch noch etwas anderes als Machtverhältnisse.
    Zum Beispiel haben diejenigen, die (unter meinem Facebook-Post) die Quantas-Praktiken als „umgekehrte Diskriminierung“ abgelehnt haben, keineswegs die Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern prinzipiell abgestritten. Und wie würde man da argumentieren: Die Tatsache, dass es Machtverhältnisse gibt, bedeutet ja längst nicht, dass jede Gegenmaßnahme sinnvoll ist.
    Gruppenbezogene Regeln sind ja auch IMMER konkreten Menschen gegenüber ungerecht. Ich behaupte nun, dass das allein nicht als Einwand reicht. Weil solche Regeln (und ich akzeptiere da den Begriff Diskriminierung, aber das ist eine Frage der Begrifflichkeit) dennoch sinnvoll sein können – aber eben nicht in jedem Fall sinnvoll sein müssen. Meistens sind sie ambivalent, wie hier ja auch.

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  14. Es ist ja noch die Frage, ob die Regelung Frauen oder Männer diskriminiert – neben einem Kind zu sitzen, ist nicht immer ein Vergnügen, und wenn das Kind alleine reist.

    Sinnvolle Unterschiede… Ich glaube, Schwierigkeiten entstehen immer dann, wenn es sich um statistische Unterschiede (Männer verursachen mehr Unfälle mit dem Auto), nicht generelle Unterschiede handelt. Dann fühlen sich die benachteiligt, für die das nicht so zutrifft.

    Im konkreten Fall frage ich mich auch, ob es sinnvoll ist Unterschiede zu machen, oder ob es nicht bessere Lösungen gäbe. Im Prinzip ist es ja Aufgabe der FlugbegleiterInnen, ein Auge auf die alleinreisenden Kinder zu haben und AnsprechpartnerInnen zu sein, falls irgendetwas schief läuft. Ich weiß es jetzt nicht, ob das Problem so überhand genommen hat, dass die FlugbegleiterInnen damit nicht fertig werden. Aber dann gäbe es ja auch andere Lösungsmöglichkeiten, etwa mehr von ihnen einstellen.

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  15. @susanna14 – Ich stelle mir das in einem dieser Übersee-Riesenflugzeuge nachts schwierig vor. Wie sollen da die Stewardessen denn ein Auge drauf haben? Es ist dunkel und viele Leute schlafen. Und allein auf die Kinder zu setzen, dass die sich bemerkbar machen, halte ich auch nicht für realistisch.
    Vor allem: Wozu das ganze? Nur damit sich nicht hin und wieder mal ein Mann auf einen anderen Platz setzen muss? Also ehrlich gesagt, je länger ich darüber nachdenke, umso Kopfschüttel. Ich würde erwarten, dass ein Betroffener in so einem Fall sagt: „Ja, ich weiß, das ist ein Problem. Ich selber bin zwar kein Belästiger, aber ich weiß auch, dass Sie das nicht wissen können, da Sie mich nicht kennen, und deshalb setze ich mich selbstverständlich um, kein Problem“. Das würde nämlich zeigen, dass in der Gedankenwelt des Betreffenden nicht das eigene männliche Ego, sondern das Wohl der Kinder im Mittelpunkt steht.
    Dass das noch keine befriedigende Lösung ist, sondern dass die darin besteht, dass wir eine Kultur haben, in der sexuelle Belästigung so wenig toleriert wird, dass sie faktisch nicht mehr vorkommt und man daher Kinder gefahrlos neben alle Menschen setzen kann, ist klar. Aber wir können eben mit dem Handeln nicht warten, bis wir so eine Gesellschaft haben.
    Vielleicht ist das Problem der Quantas-Maßnahme nicht mal, dass sie es so praktizieren, sondern dass sie es klammheimlich tun, also ohne eine Debatte daraus zu machen. Aber wenn man die Reaktionen all der vielen um ihre Gleichberechtigung besorgten weißen Männer anschaut, ist das wohl nicht wirklich ein Wunder.

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  16. PS: Beziehungsweise, wie ich drüben bei Facebook gemerkt habe, reagieren nicht nur Männer allergisch auf diese Quantas-Praxis, sondern auch sehr viele Frauen, die diese Maßnahme für völlig überzogen halten. Weil das Prinzip – auf keinen Fall irgend eine Art von Diskriminierung, von gruppenbezogenen Unterscheidungen von Menschen – uns so dermaßen ins Hirn massiert worden ist, dass das schon eine Art Glaubensbekenntnis wird. Deshalb ist mir die Verknüpfung zur Herrschaftsverhältnissen so wichtig. Und dass es in eine komplizierten Welt in der Realität oft auch pragmatische Lösungen notwendig sind und man nicht immer alles von Prinzipien ableiten kann.

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  17. Antje Schrupp: Ich kann mir Situationen vorstellen, in denen pauschalisierende freiheitseinschränkende Diskriminierung von Gruppen mangels Alternativen ein notwendiges Übel darstellt, um die Freiheit Anderer zu sichern. In dem Fall sollte die Notwendigkeit aber streng geprüft werden; man sollte großen Gruppen von Menschen das Leben nicht leichtfertig aus vagen und unfundierten Spekulationen schwerer machen. Deshalb finde ich es wichtig, eine hohe Messlatte des „Warum?“ an z.B. auch Maßnahmen wie die beschriebene von Qantas anzulegen.
    .
    Mehr als eine vage Intuition, die Männer auf diesen Flügen seien sicher sexuell übergriffiger – und damit auch gegen unbegleitete nebensitzende Kinder –, wird aber in diesem Faden hier bisher nicht angeführt. Auch im sehr ausführlichen Wikipedia-Artikel zur Kontroverse findet sich wenig Handfestes zur Verteidigung des Prinzips: Gerade einmal British Airways, die eine solche Policy implementierten und nach einem Anti-Diskriminierungs-Prozess zurücknahmen, behaupteten immerhin: „British Airways defended the policy, stating it had been implemented as a result of requests from customers.“ Eine verlinkte Quelle zur selben Qantas-Policy, , zitiert noch Qantas: „The spokesman said the airline believed it was what customers wanted.“
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    Die von dir behaupteten gute Gründe, die die Flug-Unternehmen ja wohl schon haben würden (ein IMHO sehr problematisches Argument: „die Autoritäten werden schon wissen, warum sie unsere Freiheit einschränken, die tun das ja sicher nicht aus Jux und Dollerei“), scheinen sich also zumindest nach Blitz-Recherche auf „wir denken, dies ist, was unsere Kunden wollen“ zu beschränken; kein einziges Wort fällt über das tatsächliche Vorkommen auch nur eines einzigen Falls sexueller Belästigung unbegleiteter Kinder durch nebensitzende Männer in Flugzeugen. Ich will nicht ausschließen, dass es solche Fälle gibt und dass eine solche Policy infolge sinnvoll sein könnte; aber ich halte eine solche Diskriminierung für illegitim, so lange zur Begründung nur vages „das ist halt intuitiv so“ oder „die Autoritäten wissen schon, was sie tun“ oder „es gab (aber nicht konkrete, zitierfähige) Kunden, die das so wollten, bzw. wir glauben, dass es solche Kunden gibt“ herangezogen wird. Da scheinen mir sogar die von erlehmann verlinkten, von Helga dekonstruierten Wasserrutschen-Thesen solider begründet.
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    Ich denke, du erweist deiner These von der möglichen Legitimität von Diskriminierung einen Bärendienst, wenn du sie an dieses Beispiel hängst, ohne die Diskriminierung in diesem Fall belastbarer zu legitimieren.

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  18. @plomlompom – Nein, kein Bärendienst, weil ich glaube, dass genau das das Problem ist: Dass diese Art von „Wasserdichtheit“, die du für unerlässlich hältst, nicht praktikabel ist. Du bewegst dich innerhalb juristischer Argumentationen, aber genau dieses ist hier nicht geeignet, sondern es geht um kulturell Praktiken und kulturelle Veränderungen, die sich auf einer ganz anderen als der juristischen Ebene abspielen.

    Das Problem ist: Wenn solche Diskussionen öffentlich geführt werden, driften sie bei uns IMMER auf die juristische Ebene ab (sie dein Beispiel von British Airways, irgendjemand klagt gegen Diskriminierung usw usw), und das bedeutet, dass sie nicht geführt werden. Deshalb die „Klammheimlichkeit“ dieser Maßnahmen. Dass die Gefahren der Willkür usw., die du ansprichst, sehr real sind, ist natürlich unbenommen. Deshalb muss man sie bedenken und Gegenmaßnahmen überlegen. Aber mein Standpunkt ist: Das ist kein Grund, das ganz fallen zu lassen, denn man muss hier abwägen und sich der Komlexität der Lage stellen.

    Ich finde es wichtig, über diese Dinge jenseits der Rechtsstaatlichkeitsebene zu diskutieren, und zwar offen und angesichts der Notwendigkeiten. Da passt jetzt auch wieder mein Blogpost über die Unfähgigkeit von Interessenspolitik wieder hinein. Eine Vorbedingung für so eine offene Debatte wäre, dass die Beteiligten nicht die Interessen ihrer Gruppe vor allem im Auge haben, sondern eine gute Lösung insgesamt.

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  19. Antje Schrupp: Ich sehe mein Argument nicht als juristisches. Ich sage: Wenn wir die Gesamt-Freiheit für alle vergrößern wollen, müssen wir zuweilen Freiheiten von Einzelnen oder Gruppen einschränken; wir sollten dies aber nicht leichtfertig tun – also ohne solide Abwägung, was es an Gesamtfreiheits-Gewinn bringt, eine bestimmte Freiheit einzuschränken. Sonst schießen wir übers Ziel hinaus, verteilen Freiheits-Einschränkungen zu locker und massig – und landen in der Summe bei weniger statt bei mehr Freiheit. (Und als Fundament solider Abwägung könnte ich mir im Fall Qantas z.B. eine Statistik zur Täter-Geschlechterverteilung in Übergriffen auf Flugplatz-nebensitzende unbegleitete Kinder vorstellen.)

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  20. » Quantas wird ja einen Grund haben für diese Praxis, die machen das ja nicht einfach, weil sie so gerne mal alleinreisende Männer diskriminieren möchten.«

    1.) Quantas deklariert seinen Aktionismus als taugliche Maßnahme, weil sie auf diese Weise Kunden behalten oder gewinnen möchten, die den sexuellen Übergreifer noch immer für eine Realität halten, die prinzipiell von außen kommt. Warum tun sie das? Nicht weil sie allein reisende Kinder schützen, sondern sich vor eventuellen Klagen absichern wollen. Kinderreisen verbieten? Nicht lukrativ und schlecht fürs Image. Männer umsetzen? Entspricht dem common sense, denn Männer sind ja gefährlich – Vertretbar und einträglich.

    2.) Im nächsten Schritt wird dann die Unschuldsvermutung gegenüber allein Reisenden außer Kraft gesetzt.

    3.) Als Normalität oder Notwendigkeit anerkannt, bleibt schlussendlich das Stigma des potenziellen Übergreifers an den jeweilig Betroffenen hängen. Und es pflanzt sich fort, und zwar auf den männlichen Trainer, den männlichen Lehrer, den männlichen Kindergärtner…

    Ganz groß. Firmenpolitik, die ausgrenzt, um Profit zu machen. Und hier diskutiert man das unter dem Gesichtspunkt von »…ich kenne jemanden, der hat gesagt, dass…«.

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  21. Wenn Du in Deinem Text gedanklich „Quantas-Maßnahme“ durch „Netzsperren“ ersetzt, würdest Du dann immer noch dazu stehen? Wenn ja: Warum. Wenn nein: Warum nicht?

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  22. Ich bin am Überlegen, ob es nicht eine Maßnahme wäre, falls es mehrere alleinreisende Kinder gibt, diese nicht alle zusammen nebeneinander zu setzen… Das ist auch für die Erwachsenen weniger anstrengend. Oder Familien zu fragen, ob sie nicht noch ein Auge auf ein weiteres Kind haben könnten.

    Ich kenne jetzt nicht die Details des Quanta-Falls. So viel ich weiß, ist es so, dass nur wenige Männer, aber fast keine Frauen Kinder belästigen. Insofern wäre es auf jeden Fall eine wirksame Maßnahme dagegen, dass Kinder belästigt werden. Dennoch finde ich, dass es auch Nachteile gibt.

    (Wobei das Interessante darin besteht, dass es eine Diskriminierung im wörtlichen Sinn ist: Es wird ein Unterschied gemacht, ohne dass den Betroffenen Nachteile entstehen. Dennoch protestieren sie dagegen. Es erinnert mich an die Regelung, dass Schwule nicht Blut spenden dürfen, wogegen sie auch protestieren, obgleich sie keinen Nachteil darstellt.)

    Also, jetzt zu den Problemen:

    – Die Botschaft, die an Kinder vermittelt wird, ist: Männer sind gefährlich. Dies stimmt aber in dieser Generalisierung nicht.
    – Es wird vermittelt; für Kinder sind Frauen zuständig.
    – Ich gestehe: auch ich finde gruppenbezogene Unterschiede problematisch. Man sollte sehen, wo da Konfliktlinien gezogen werden. Gerade bei der sexuellen Gewalt scheint mir eines der Hauptprobleme, dass hier viel zu schnell eine Solidarisierung unter Männern erfolgt, dass heißt, dass auch diejenigen, denen es nicht einfallen würde, eine Frau zu vergewaltigen oder ein Kind zu belästigen (und dass sind die meisten), sich mit Männern solidarisieren, die unter Verdacht stehen (vor allem, wenn es um Frauen, nicht um Kinder geht – siehe Assange.)
    Die Frage wäre doch: wie kann diese Solidarisierung aufgebrochen werden, wobei, wie gesagt, die Solidarität mit Männern, die Kinder missbrauchen normalerweise nicht sehr groß ist, jedenfalls bei Fällen, die sie in der Zeitung lesen. (Wenn jemand aus der eigenen Institution betroffen ist, sieht die Sache anders aus.) Durch die Regelung wird diese falsche Solidarität wieder bestärkt.

    (Natürlich kannst du die Männer bitten, dass sie aus Vernunft und Einsicht diesen kleinen „Nachteil“ in Kauf nehmen. Aber anscheinend stört, dass sie so unter Generalverdacht gestellt werden. Es wäre m.E. besser, wenn sie zum Beispiel aufgefordert würden, sich konkret gegen Belästiger zu wenden, etwa wenn sie feststellen, das Kind, das rechts neben mir sitzt, wird von seinem rechten Nachbarn belästigt, und dass sie dann eingreifen.)

    Es ist also eine Abwägung. Und da würde ich gerne wissen, ob es bei Quanta ein paar konkrete Vorfälle gegeben hat oder ob es nur grundsätzliche Befürchtungen von Eltern gibt. Und ich glaube, dass ein Flugzeug, in dem sehr viele Menschen sind, eher ungefährlich ist, auch nachts, wenn es dunkel ist und viele schlafen – gerade dann fällt es den FlugbegleiterInnen ja noch mehr auf, wenn jemand nicht schläft. (Ich fliege selbst sehr selten, deswegen habe ich wenig Erfahrung.) Die gefährlichsten Situationen sind doch, wenn Kinder mit Erwachsenen allein sind.

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  23. Liebe Antje,

    ich vermisse: Zahlen, Daten, Fakten. Intuition ist so ziemlich das Schlechteste, was als handlungsweisender Indikator für Diskriminierung herhalten kann und darf. „Intuitiv“ entstehen schließlich die meisten unappetitlichen gesellschaftlichen Ausfallerscheinungen in Gestalt globalisierender Pauschalaussagen (Frauen können nicht führen, Männer können keine Kinder erziehen, Männer sind Vergewaltiger, Frauen sind Opfer).

    Gestatte mir zu dem Qantas-Beispiel ein Gedankenexperiment: Wenn statistisch gesehen Männer häufiger Kindern gegenüber übergriffig würden, konsequent aber in Flugzeugen separiert würden – führte dies nicht dazu, dass Übergriffe nur noch von Frauen an Kindern vollführt würden? Und das – so viel Realitätsbewusstsein sollte sein – infolge des Bekanntwerdens der Diskriminierungsstrategie, die „günstige Gelegenheit“ von tendenziell übergriffigen Frauen konsequent genutzt werden könnte? Man würde die Übergriffsquote von Männern zwar auf Null drücken, die von Frauen aber möglicherweise signifikant erhöhen.

    Nur so ein Gedanke…

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  24. @Benni – Ja, würde ich. Das für mich überzeugende Argument gegen Netzsperren ist nämlich nicht, dass es prinzipiell keine Netzsperren geben darf, sondern dass Netzsperren uns vermutlich nicht näher zu dem gewünschten Ziel bringen würden, andererseits aber erhebliche negative Auswirkungen hätten. Also das wäre eine Maßnahme, die meine „Sinnhaftigkeitsprüfung“ nicht bestehen würde. Die Quantas-Maßnahme hingegen tut das eher – wobei mir aber eben wichtig ist, dass man diese Diskussion überhaupt erst führt und ermöglicht und nicht mit dem empörten Aufschrei „Diskriminierung!“ von vornherein abwürgt.

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  25. @Hans – Das Problem sehe ich und gebe dir recht. Allerdings ist die Ursache für dieses Schlamassel, dass sexuelle Gewalt, die Männer gegen Kinder und Frauen ausüben, in unserer Kultur jahrtausendelang gang und gäbe und toleriert und erst die Frauenbewegung hat diesen Zustand politisch thematisiert – gegen den massiven Widerstand von Männern und etablierten Kulturinstituten. Was du beschreibst bedeutet also lediglich, dass jetzt nicht nur die Opfer dieser Taten leiden müssen, sondern auch die zu Unrecht Verdächtigen. Wie gesagt, ich hoffe mal, dass das dazu führt, dass sich die gesamte Gesellschaft der Thematik annimmt und wir zu einem Zustand kommen, in dem sexuelle Belästigungen in keinem einzigen Fall mehr akzeptiert und toleriert werden, wo alle sich dafür zuständig fühlen, das zu verhindern, und wo dann sukzessive das Resultat ist, dass sowas auch nicht mehr vorkommt. Dann würden auch keine unschuldigen Männer mehr verdächtigt. Je schneller wir dort sind, desto besser.

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  26. @plomlompom – ja, das ist der verbreitete Freiheitsbegriff, meiner ist ja ein anderer. Ich bin nicht der Meinung, dass zum Beispiel die Quantas-Maßnahme die Freiheit der allein reisenden Männer einschränkt. Dass man im eigenen Handeln bestimmten Rahmenbedingungen ausgesetzt ist, ist conditio humana und vermindert nicht die eigene Freiheit. Hab ich hier verbloggt:

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  27. @Marcus – Mit Zahlen, Daten, Fakten kann man bekanntlich alles beweisen. Ich denke anders. Mein Blogpost ist ja nur ein Angebot von Ideen, manche überzeugt das und andere nicht. Dein Gedankenexperiment finde ich uninteressant, denn es hat mit der realen Welt nicht viel zu tun.

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  28. @Antje
    „Mit Zahlen, Daten, Fakten kann man bekanntlich alles beweisen.“

    Das ist blanke Polemik, sorry to say.

    „Ich denke anders. Mein Blogpost ist ja nur ein Angebot von Ideen, manche überzeugt das und andere nicht.“

    Hm, dann hab‘ ich Deine These („Idee“) wohl noch nicht entdeckt. Für mich las sich das eher wie eine grundsätzliche Kritik des Themas „umgekehrte Diskriminierung“, angereichert mit einem fragwürdigen Fallbeispiel. Fragwürdig deswegen, weil hier klar die Evidenz fehlt (die oben genannten Zahlen, Daten, Fakten)

    Während ich einerseits das „Konzept“ der umgekehrten Diskriminierung definitv beleuchtenswert finde, bekomme ich regelmäßig einen dicken Hals, wenn dies auf Basis ungesicherter (oder: schwer zu belegender) Annahmen geschieht.

    Ich schätze Dich auf Grund Deiner Beiträge hier nicht so ein, als ob Du Dich der Diskussion verweigerst 😉 Deshalb: Bitte mehr, nicht weniger Faktenbasiertes.

    Herzlichst,
    M.

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  29. Ihre Antwort verwirrt mich. Ich fasse den zweiten Satz wie folgt zusammen: Die Ursache für die populistische Maßnahme der Reisenden-Stigmatisierung ist die Tatsache, dass Männer im historischen Verlauf sexuell übergriffig waren und diese gesellschaftlich toleriert war. Zementiert QUANTAS mit dieser Policy aber nicht die historische Entwicklung? Stellt sie nicht allen einen argumentativen Freibrief aus, die schon immer gewusst haben, dass Menschen mit dem Merkmal X ein Verhalten der Kategorie Y an den Tag legen? Wenn also zu Unrecht Verdächtigte darunter leiden müssen, ist das, unter der Schwere der Anschuldigung betrachtet, doch alles andere als ein Kollateralschaden, den man im Kampf gegen den Missstand hinnehmen muss. In diesem Fall versucht man doch einem juristischen Unrecht durch moralisches Unrecht Herr zu werden!

    Ihr Fazit dann entsprechend: »…ich hoffe mal, dass das dazu führt, dass sich die gesamte Gesellschaft der Thematik annimmt und wir zu einem Zustand kommen, in dem sexuelle Belästigungen in keinem einzigen Fall mehr akzeptiert und toleriert werden, wo alle sich dafür zuständig fühlen, das zu verhindern, und wo dann sukzessive das Resultat ist, dass sowas auch nicht mehr vorkommt. Dann würden auch keine unschuldigen Männer mehr verdächtigt.«

    1.) Die gesamte Gesellschaft ist nie zu erreichen. Wäre dem so, gäbe es keinerlei Verbrechen. Daher ist diese Forderung zu massiv und lädt auf unbegrenzte Zeit zum Weiterverdächtigen ein. Einigen wir uns auf »größtmöglichen Teil« und bleiben realistisch?

    2.) Belästigungen und Übergriffe sind niemals zu tolerieren, egal welcher Natur, ganz gleich durch wen. Darin stimmen wir 100% überein.

    3.) Wie sollen sich aber „alle zuständig“ fühlen, wenn die Hälfte der Gesellschaft a priori einem Täterkreis zugeordnet wird, was wiederum einen Freispruch für die andere Seite impliziert?

    Ich denke, man kann dem Problem nur Herr werden, wenn die verstärkte Öffentlichkeit, die wir uns alle hier in aufklärerischer und übergriffsverhindernder Absicht wünschen, die potenziellen Opfer schützt OHNE potenzielle Täter zu produzieren und somit neue, wenn qualitativ auch anders zu bewertende Opfer zu schaffen. Davon ist aber eine QUANTAS-Policy lichtjahreweit entfernt.

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  30. @Hans – Nein, Männer waren nicht nur im historischen Verlauf sexuell übergriffig, sie sind es heute noch (nicht alle, aber leider immer noch mehr als „Einzelfälle“). Dass sie es sein können liegt daran, dass Männer im Patriarchat als höherwertige Menschen galten als Frauen und sich entsprechende Gewohnheiten, Argumentationsfiguren und Verhaltensweisen eingebürgert haben. Die Auswirkungen davon haben wir immer noch. Vorschläge bitte. Dein Vorschlag „man kann dem Problem nur Herr werden, wenn die verstärkte Öffentlichkeit, die wir uns alle hier in aufklärerischer und übergriffsverhindernder Absicht wünschen, die potenziellen Opfer schützt OHNE potenzielle Täter zu produzieren und somit neue, wenn qualitativ auch anders zu bewertende Opfer zu schaffen“ erscheint mir ein bisschen unkonkret. Außerdem ist es gar kein Vorschlag, sondern eine Bedingung, die du an diejenigen stellst, die Vorschläge machen, aber es ist gar kein eigener Vorschlag. Klar: Du bist ja auch relativ ungefährdet.

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  31. @Antje: Warum? – Interesse am Thema?! Beteiligungsbedürfnis an Debatten?! „Bezogenheit“? Oder gar „Betroffenheit“?

    Ich las den einen oder anderen Deiner Blog-Posts, und fühlte mich animiert resp. herausgefordert, diese zu kommentieren. Wenn das nicht erwünscht sein sollte, besteht ja die Option, die Kommentarfunktion zu grönern.

    Beste Grüße,
    M.

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  32. Ich stimme überein mit den meisten Argumenten deinerseits Anke und würde nur noch mal herauspicken: Wenn Männer tatsächlich 10 mal häufiger übergriffig werden als Frauen, also jetzt sexuell gegenüber Kindern, dann ist die Massnahme zumindestens diskussionswürdig. Denn die tatsächliche Einschränkung der Freiheit für die Männer in diesem Fall ist so minimal, dass sie wahrscheinlich gar nicht aufgefallen wäre wenn man es nicht gesagt hätte. In der Mehrzahl der Fälle kann ich mir eh nicht aussuchen wo ich im Flieger sitze. Wenn Qantas und wer auch sonst immer sich jetzt entschliesst Frauen und Männer grundsätzlich zusammen zu setzen, oder grundsätzlich getrennt, oder nach Alter sortiert, oder sonst irgendwas dann ist das wie ich finde deren gutes Recht um eventuell den Geräuschpegel zu verbessern oder die Einsteigegeschwindigkeit und was auch immer. Ich akzeptiere ja auch nicht rauchen zu dürfen, und mich nicht einfach in der erste Klasse zu setzen auch wenn da ein Platz frei ist, und ich schalte auch meine elektronischen Gerate bei Start und Landung aus. Einschränkungen der Freiheit beim Fliegen gibt es reichlich, und gerade diese Änderung finde ich ist jetzt Empörung gar nicht wert.

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  33. Die Quantas-Aktion isoliert zu betrachten, ist doch blödsinnig. Vermutlich hält sich die Anzahl von kleinen Kindern, die alleine aus Europa über Bangkog nach Australien reisen, sehr in Grenzen. Mit Bangkok hat das nichts zu tun. Auch nicht mit Europa und Australien. Die Praxis dürfte sich künftig auf allen Flügen -kurzen wie langen- durchsetzen: Lieber keine Kinder neben Männern, lautet dann das Credo.
    Auch die Statistiken dürften bei diesem Vorgehen nicht besonders hilfreich sein. Zwar werden vermutlich (nahezu) alle Übergriffe von Männern begangen, gleichzeitig gehen aber die Zahlen von Kindesmissbrauch kontinuierlich zurück (die Studie, die das seit den 50er Jahren belegt versuche ich nochmal zu recherchieren). Das Problem „Kindesmissbrauch“ ist heutzutage ein viel geringeres Problem, als es je zuvor war. Gleichzeitig hat sich natürlich die Präsenz dieses Themas in den Medien exponentiell erhöht. Und das schafft selbstverständlich ein Klima, in dem jeder Kontakt zwischen einem Kind und einem erwachsenen Mann problematisch erscheint und misstrauisch beäugt wird. Ich will das gar nicht bewerten oder verurteilen. Aber ich vermute, wir steuern hin zu einer gesellschaftlichen Situation, in der man auch als Mann vorsichtiger wird, um keinen Verdacht auf sich zu ziehen.
    Eine Analogie findet man vielleicht bei einigen Bewerbungsverfahren in den USA oder Kanada, wo Personalverantwortliche anfangen zu schwitzen, wenn ein Bewerber ein Foto mitschickt. Nicht, weil sie befürchten, nach dem Anschauen des Fotos nicht trotzdem objektive Kriterien bei der Bewerberauswahl walten zu lassen. Nein, eher weil sie nach dem Betrachten des Fotos befürchten müssen, dass es zu Diskriminierungs-Klagen kommen kann.

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  34. Was mich ja schon etwas irritiert, ist, dass Du eine Maßnahme die die Sorge um Kinder (hier zwar nur in der denkbar niedrigschwelligsten Form des Nebeneinander-Sitzens) alleine Frauen überlässt, befürwortest. Eine weitere Möglichkeit für Männer sich nicht mit Kindern abgeben zu müssen. Das ist in deinem Sinne? In der selben Logik müsste man auch männliche Kindergartenmitarbeiter und Lehrer nicht mehr einstellen.

    Eine Freiheitseinschränkung sehe ich da tatsächlich auch nicht. Die meisten Männer sind ja wahrscheinlich froh sich auf einem Langstreckenflug nicht mit Kindern abgeben zu müssen. Wenn es überhaupt eine Freiheitseinschränkung gibt, dann wohl eher für die Frauen und die Kinder.

    Auch Deine Hoffnung, dass da eine Diskussion gefördert werden könnte sehe ich nun gerade nicht. Wer sollte sich denn schon groß aufregen? Das Problem (wenn es denn eines gibt) wird ja eher unter die Decke gekehrt. Quantas ist aus dem Schneider und muss sich nicht mehr kümmern und kann weiter an Sextouristen verdienen.

    Und zu den Netzsperren: Netzsperren sind tatsächlich immer kontraproduktiv und ich finde das als Argument ausreichend, dass es sie nicht geben darf, aber das ist vielleicht ein anderes Thema.

    In beiden Fällen wiederholt sich aber ein Muster des Umgangs mit Kindesmissbrauch, dass man überall findet. Alle machen Panik und Kinder werden überhaupt nur noch als potentielle Opfer wahrgenommen, dürfen nicht mehr alleine auf die Straße. Kindergärten werden eingemauert (könnte ja jemand gucken!), nackte Kinder sind immer mehr ein gesellschaftliches Tabu usw. Am realen Missbrauch ändert das gar nix aber alle können sich toll auf die Schulter klopfen, dass sie was getan haben. Am Ende werden die Kinder immer noch missbraucht aber zusätzlich sind sie auch noch in Schutzhaft mit implantiertem Chip und Dauerdrohnenüberwachung.

    Mit Diskriminierung hat das allerdings wohl wirklich nix zu tun, das stimmt.

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  35. Ich habe den Text nicht gelesen, in unserem Gesprächskreis ist er aber Thema und es wird darüber diskutiert, ob Männer per se übergriffig seien. Meiner Ansicht nach sind Männer qua Zuschreibung in patriarchalen Strukturen per Definitionem übergriffig, ansonsten käme es niemals zu Sex.

    Nur, wenn man dem default-System Patriarchat(e) ein eigenes Kommunikationssystem überstülpt, können Männer anders sein. Ein hierfür geeignetes Kommunikationssystem ist meines Erachtens das von BDSM. Nicht alle meine Freunde sind jedoch dieser Meinung, manche sagen: „BDSM ist kein Kommunikationssystem, ihr Berlin-Mitte-Hipster!“

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  36. Die Politik von manchen Fluggesellschaften wie Qantas, alleinreisende Kinder nicht neben alleinreisende Männer zu setzen halte ich kein adäquates (oder kein gutes) Beispiel für „umgekehrte Diskriminierung“, auch wenn diese Maßnahmen mit dem Begriff gerne verknüpft wird (bspw. im Wikipedia-Beitrag).

    Denn hier basiert die als solche zu verstehende Präventionsmaßnahme zur Verhinderung von (sexuellen) Übergriffen auf Minderjährige auf dem Vorurteil ähnlicher Qualität wie weiland die Aussage von Gloria Turn-Taxis „der Neger schnackselt gern“. Es ist richtig, daß Männer allgemein den prozentual größten Täter-Anteil bei Sexualdelikten (gegen Kinder, Frauen und Männer) stellen, wie auch bei anderen Straftaten wie Körperverletzung usw. Wenn wir jedoch daraus verallgemeinernd und als Handlungsmaxime schließen würden, daß jeder Mann (soziales und biologisches Geschlecht) ein potentieller (sexueller) Gewalttäter ist und damit eine reale Gefahr für seine unmittelbare Umgebung darstellt oder als Frau für Kinder „geeignet“ oder „zuträglich“ erscheint, wird ein Mensch auf sein Geschlecht reduziert und damit einfach diskriminiert: „sexistische Kackscheiße“ eben, um ein vitales Mem aus einem vorherigen Blogbeitrag aufzugreifen.

    Da Kinder wohl vor allem weder Business noch First Class reisen, werden zudem (doppelt diskriminierend) hauptsächlich Männer und Frauen in der Economy Class von dieser Politik betroffen sein; ich kenne die Preisunterschiede zwischen den verschiedenen Kategorien nicht, ich halte es jedoch für plausibel, daß ein Vorstandsmitglied, das in der First Class mit Vielfliegerstatus reist, weder mit der Aufforderung konfrontiert ist, sich – als Mann – umzusetzen, noch – als Frau – als Flugbegleiterin für alleinreisende Minderjährige zu fungieren.

    Unter „umgekehrter Diskriminierung“ bzw. „positiver Diskriminierung“ verstehe ich hingegen, daß durch die Hintanstellung der Bedürfnisse einer Gruppe die Bedürfnisse einer anderen Gruppe gefördert und somit ein Ausgleich geschaffen werden soll. Beispiel einer solchen „affirmative action“ ist die Regel im Staatsdienst, bei Stellenausschreibungen „Frauen und Schwerbehinderte bei gleicher Eignung“ männlichen und nicht-behinderten Bewerbern den Vorzug zu geben.

    Das Dilemma bei „umgekehrter Diskriminierung“ ist ein zweifaches: Einerseits wird Diskriminierung von Menschen aufgrund von einer Gruppenzugehörigkeit als negativ und damit zu verhindern und zu bekämpfen vorausgesetzt, jedoch allgemein gesehen eine Diskriminierung durch eine umgekehrte Diskriminierung fortgeschrieben. Man kann vernünftigerweise einwenden, daß wir auch Gewalt nicht alleine mit Gewaltlosigkeit beikommen und daß zum Erhalt einer per se gewaltlosen Gesellschaft es der Staats-Gewalt bedarf, daß wir Intoleranz nicht alleine mit Toleranz begegnen dürfen, um nicht der Toleranz die Grundlage zu entziehen.

    Jedoch – und das ist das zweite Dilemma – sind Gewalt und Intoleranz individuell und konkret, die Reaktionen darauf sind im Rechtsstaat Sanktionen gegen konkrete und gegenständliche Gewalttaten, intolerante Äußerungen und Handlungen, die von Individuen, die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit für sich in Anspruch nehemn, begangen werden und auf die konkrekt mit Sanktionen reagiert wird.

    Diskriminierung richtet sich hingegen nicht gegen ein konkretes Individuum und konkrete Handlungen, sondern gegen eine generalisierte und kontingente Gruppenzugehörigkeit (ethnische oder soziale Herkunft, Religion, Geschlecht usw.), bei der der konkrete Mensch nicht individuell ud persönlich „gemeint“ ist, sondern „nur“ bestimmte, allgemeine Gruppen-Zugehörigkeiten und -Merkmale, auf diese Person projeziert werden (mittels Vorurteil).

    Auch „umgekehrte (positive) Diskriminierung“ sieht vom Indiviuum ab und konzentiert sich abstrakt auf generalisierende Prämissen, anhand derer über eine „umgekehrte Diskriminierung“ entschieden wird. Eine herausragende Prämisse ist bei „affirmative action“ das von Ihnen angesprochene „Herrschaftsverhältnis“ zwischen den Geschlechtern, also das feministische Apriori des Patriarchats [man muß das (Patriarchat) nicht so niederschwellig diskutieren, wie Sabine Schwientek in ihrer handwerklich höchst zweifelhaften Dissertation „Das Schandkleid – Die Erfolgsgeschichte patriarchalischer Propaganda: Entstehung, Entwicklung und sozialkulturelle Konsequenzen“ (Wuppertal 2008)].

    Jedoch richtet sich auch Diskriminierung, wie jede Sanktion, gegen Individuen, jede Diskriminierung trifft wie jede Gewalttat konkrete Individuen.

    Deshalb halte ich auch nur Maßnahmen, die geeignet sein sollen, eine wie auch immer geartete Gerechtigkeit zwischen uns Menschen walten zu lassen, für gerechtfertigt, die entweder jede Gruppenzugehörigkeit (Alter, Geschlecht usw.) ignorieren und bspw. Angaben dazu im Bewerbungsprozeß grundsätzlich zu entfernen – oder die gezielt benachteiligte Gruppen und deren Angehörige fördern („empowerment“), also der einen Gruppe mehr auszuschenken, ohne der anderen Gruppe weniger ins Glas zu schenken oder gar abzugießen.

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  37. @Benni – ich gebe dir in so ziemlich allem völlig recht. Alles, was ich in dem Blogpost sagen wollte ist: „Diskriminierung“ rufen ist in dem Zusammenhang kein sinnvolles oder gar ausreichendes Argument. Ich wollte nicht die Quantas Praxis per se verteidigen, sondern ich kritisierte die Art und Weise, wie sich pauschal darüber entrüstet wurde (BTW von mânnern und Frauen)

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  38. Ich kann die pikierten Reaktionen von Männern (und Frauen) nicht nachvollziehen. Selbstverständlich muss ich als Mann in allen meinen Handlungen immer mitdenken, dass andere Männer übergriffig oder gewalttätig sind. Weshalb ich – egal wie ich persönlich bin – nie mit anderer Leute Kinder baden würde, ohne vorher mit deren Eltern zu sprechen, um mal ein Beispiel zu nennen.

    Auch wenn Antje hier nicht wirklich überzeugend argumentieren mag im konkreten Einzelfall, halte ich es nicht für „diskriminierend“, wenn bei meinen Handlungen mit Frauen und Kindern besonders sensibel drauf geachtet wird (und wenn nicht von mir dann von anderen), dass sie nicht übergriffig sind. So lange auf Feiern Männer Frauen angrabschen und Männer mit fremden Kindern schmusen und nicht merken, dass sie jeweils anderen das nicht ok finden (auch das finde ich dann mehr als nur nett/harmlos etc sondern klar übergriffig und sexistisch), so lange muss und werde ich als Mann damit leben, dass es Rahmenbedingungen gibt, die systemisch zu verhindern suchen, dass ich übergriffig werde. Die gibt es auch in Schulen und Kindergärten übrigens. Und auch im Straßenverkehr – wo etliche Regeln daraus ausgerichtet sind, andere vor Autos zu schützen, selbst wenn die meisten Autofahrerinnen und Autofahrer keine Vollidioten sein sollten.

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  39. (und um das Straßenverkehrsbeispiel noch einmal zu strapazieren: privatempirisch scheint es mir so, dass fast nur diejenigen Autofahrerinnen und Autofahrer für diskriminiert halten, die tatsächlich zu denen gehören, vor denen wir anderen durch diese Maßnahmen geschützt werden müssen.)

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  40. @Wolfgang

    Ich persönlich würde es auch bei einer Frau seltsam finden, wenn sie ohne Absprache mit fremden Kindern badet.

    Und das Problem des Abschmusens von Kindern bei Familienfeiern gegen deren Willen ist in meinem Umfeld zu 95% ein weibliches Problem.

    Natürlich ist sexueller Missbrauch durch Männer ein Problem, dass man bekämpfen muss. Aber ein Generalverdacht und dementsprechendes Handeln hätte absurde Konsequenzen (zuallererst müssten ja wirklich Kindergärtner mit Berufsverbot belegt werden).

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  41. @ Wolfgang Lünenburger

    Ich kann Ihnen leider im Grundsatz nicht zustimmen. Aus meiner Perspektive beruht zwischenmenschliche Interaktion auf dem Vor-Vertrauen in gegenseitige Kooperation. Wir wissen zwar, aus Erfahrung erster oder zweiter Hand, daß Menschen einander belügen, betrügen, bestehlen und befehden, wir tun einander aus den verschiedensten Motiven und für die unterschiedlichsten Ziele alle möglichen Formen von direkter oder indirekter Gewalt an und wir alle haben dieses Potential in uns, das seine Gelegenheit finden kann, zur grausamen Entfaltung zu gelangen, gleichwohl wir ebenso das Ideal von Hoffnung, Mitmenschlichkeit und liebender Empathie verwirklicht sehen wollen und unseren Teil dazu beizutragen imstande sind.

    Doch muß ich bei allen meinen zwischenmenschlichen Interaktionen mit denken und berücksichtigen, daß wir Menschen einander belügen, betrügen, bestehlen und Gewalt antun und folgerichtig stets auch in meinen Interaktionen die Möglichkeit dazu besteht? Würde ich die Einsicht und Rück-Sicht auf alles Schlechte, wozu wir Menschen in der Lage sind, zur Maxime meines Handelns machen käme nicht nur mein soziales Leben und jeder Umgang mit Menschen durch das stete Mißtrauen in die Motive und das schlechte Potential meines Gegenübers durch die Begrenztheit meiner Kontroll- und Prüfmöglichkeiten zum Erliegen, genauso wie durch die Grenzenlosigkeit meines Mißtrauens.

    Grenzenloses Vertrauen pervertiert genauso (zur blinden Vertrauensseligkeit) wie grenzenloses Mißtrauen zur schlaflosen Paranoia entartet.

    Wenn ich Ihre Haltung, „als Mann in allen meinen Handlungen immer mitdenken, dass andere Männer übergriffig oder gewalttätig sind“, also verallgemeinere, stelle ich fest, daraus keine Handlungsmaxime ableiten zu können, denn sie basiert alleine auf dem allgemein Möglichen, der Grundlage für alle Vorurteile. Zudem meine ich nicht, daß Menschen sich in einem Klima des Mißtrauens und Vorurteils (gegenüber Fremde im allgemeinen, Männer im speziellen usw.) und der Kontrolle gesund entwickeln können. Ein begründet waches Sensorium für Richtig und Falsch, Vorsicht und Vertrauen sowie Gefahr und Heil entsteht nicht durch das steten „Mitdenken“ des Gefährlichen, Falschen oder: klerikal gesprochen „Sündhaften“ und das hyperaktive Abschotten davor (und feit einen auch in den seltensten Fällen wirksam).

    Im Grunde ist es doch dieselbe Dummheit mit anderen Vorzeichen, wenn wir heute anderen Menschen (und wird uns selbst) apriori mit Mißtrauen begegnen, wo früher anderen Menschen (und wir uns selbst) apriori mit kritikloser Rechtfertigung begegnet wurde.

    Auch die StVO – um Ihre Analogie aufzugreifen – berücksichtigt nicht die statistisch belegbaren Erfahrungen mit Lenkern verschiedener Fahrzeugmarken (und den daraus erwachsenen Stereotypen hinsichtlich ihres Verhaltens hinter dem Lenkrad und auf dem Gaspedal), sondern gilt unterschiedslos für alle Teilnehmer am Straßenverkehr je ihrer eigenen Fortbewegungsart. Ob man dann jedem BMW- oder Porsche-Gefährt als Fußgänger am Zebrastreifen die Vorfahrt gibt und wartet, bis es vorüber ist, entscheidet der persönliche Grad an Paranoia.

    NB kann ich mir keine Situation vorstellen, in der jemand vernünftigerweise „mit anderer Leute Kinder baden“ oder „mit fremden Kindern schmusen“ würde. Aber gut.

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  42. Vielleicht bin ich naiv, aber ich stelle mir sexuelle Übergriffe in einer fast komplett einsehbaren Flugkabine (mit unkontrollierbarem Sichtkontakt mit Flugbegleitern und Passagieren) als äußerst unwahrscheinlich(*) vor. Kinderschänder sind abartig, aber nicht dumm, sie wissen um die Gefahr. Das Argument mit den “übergriffigen Sextouristen” ist völlig an den Haaren herbeigezogen, meist sind sexuelle Übergriffe mit Abhängigkeit oder Beziehung verknüpft.

    Wird hier Faktenmangel durch Phantasie oder Vorurteile ersetzt?

    Auf der anderen Seite: Wenn Kinder schon von klein auf lernen (müssen), dass Männer derart gefährlich bzw. sexuell pervers sind, dass es selbst in der Öffentlichkeit unverantwortbar ist, neben einem solchen Wesen auch nur zu sitzen, was macht dies dann mit der Psyche des Kindes? Wird hier nicht das Kindeswohl mit dem Bade ausgeschüttet? Die Sicht bzw. das Interesse des Kindes kommt hier – auch in den Kommentaren – kaum vor, es ist mehr Objekt als Subjekt.

    Wenn man das Ganze weiterdenkt, ist die Gefahr doch in Zügen, Kindergärten, Sportvereinen, Internaten, Badeanstalten etc. objektiv entscheidend viel größer, will man da dann auch “männerfreie Zonen” einführen? Ein weiteres Problem: die meisten Übergriffe geschehen durch Verwandte oder Bekannte, da hilft selbst das nichts…

    (*) “…Anders als die jüngsten Skandale um Übergriffe in kirchlichen Einrichtungen, in Schulen und Internaten nahelegen, kommen die Täter meist aus der Familie und aus dem Freundes- und Bekanntenkreis. Am häufigsten wurden Bekannte genannt, etwa der Nachbar also, der auf die Tochter aufpasst, aber auch (vermeintliche) Freunde der Familie und der Onkel. Die Fälle, die regelmäßig die größten Schlagzeilen hervorrufen – der Missbrauch durch einen Unbekannten, der die Kinder im Freien abpasst oder entführt, rangiert dagegen hinter den beiden anderen Personengruppen…”

    Roland Preuß – “Sexueller Missbrauch – wer die Täter wirklich sind” – SZ
    http://www.sueddeutsche.de/panorama/studie-zu-sexuellem-missbrauch-wer-die-taeter-sind-1.1167547

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  43. viel schlimmer als den genralverdacht gegen männer finde ich die haltung, dass „frauen und kinder“ zusammen gehören und den frauen wieder mal eine (quasi mutter-)rolle aufgedrückt wird. ich würde mich dagegen verwahren. aber frauen haben damit wohl kein problem, fremdbestimmt eine rolle übergestüplt zu bekommen, solange man sie irgendwie mit „weiblichkeit“ assoziieren kann oder das argument kindeswohl im raum steht.

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  44. Die (heimliche) Regelung einer Fluggesellschaft , allein reisende Kinder nicht neben männliche Fluggäste zu platzieren erhält meiner Einschätzung nach diese aufgeregte Aufmerksamkeit, wenn sie eben “heimlich” gehandhabt wird .
    Sexuelle Übergriffe und Missbrauch an Kindern geschehen ja fast immer im Kontext der Heimlichkeit. Daher schaffen heimliche Regeln ein Klima des Misstrauens und der Tabuisierung. Um das zu vermeiden gehören die ‘Schutz-Regeln’ der Fluggesellschaft für Kinder und Erwachsene offen gelegt.
    Diese betreffen ja nicht alleine die Sitzordnung. Es dürfte nicht im Interesse von allein reisenden Kindern sein, dass eine Fluggesellschaft bzw. die Flugbegleitung ihnen die freie Kontaktaufnahme zu männlichen Fluggästen verbietet.
    Kinder haben ein Recht darauf, ihrer Entwicklung gemäß, über mögliche Gefahren informiert und aufgeklärt zu werden.
    Das gilt erst recht wenn sie nicht in Begleitung ihrer Eltern bzw. Sorgeberechtigten reisen. Dem Kind gehört in jedem Fall eine von ihm gewählte bzw. akzeptierte Vertrauensperson zur Seite gestellt. Und wenn das Kind sich für eine männliche Flugbegleitung entscheiden sollte, dann ist das o.k. Grundsätzlich sollte es Aufgabe der Flugbegleitung sein darauf zu achten in welcher Weise die Kontaktaufnahme zwischen Kindern und Erwachsenen geschieht. Das halte ich für wesentlicher als eine ‘ Fixierung auf den Fluggast Mann ’.

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  45. Liebe Antje Schrupp, ich lese Ihre Texte immer gern und meistens finde ich sie einfühlsam und klug. In diesem Fall bin ich offen gestanden sehr irritiert über Ihre Argumentationsstrukturen in den Kommentaren:

    Fakten zählen also nicht, wenn unbestritten diskriminierende Sachverhalte vorliegen, sondern es zählt Intuition? So wie sie es auch heute bei Netzpolitik kommentiert haben: schlechtes Gefühl, Kommentar wird gelöscht?

    Und ein Verbot stellt keine Einschränkung von Freiheit her, weil \”Rahmenbedingungen conditia humana\” sind?

    Wann liegt denn für Sie eine Freiheitsbeschränkung vor? Und wenn das der Fall ist, wie kommen Sie zu Ihrem Urteil, ob diese Beschränkung sein soll, ohne Fakten, nur mit Intuition?

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  46. @ute Plasts – meine „Quelle“ zufolge werden die Kinder gefragt und praktisch alle wollen – wenn es keine Vertrauensperson gibt, die sie bereits kennen – neben einer Frau sitzen. In finde auch, dass, selbst wenn das nicht. Rüstung Erfahrungen, sondern auch auf Sozialisation beruht, dieser Wunsch respektiert werden sollte.

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  47. @Christoph Kappes – Ha, dieser Vorwurf von Männern an Frauen, sie würden nicht rational, sondern bloß intuitiv und damit willkürlich handeln, ist ja sozusagender DER Klassiker 🙂 Kurz: Es geht nicht darum, willkürlich zu handeln, sondern nach Maßstäben, die nicht universaliert werden, sondern in einer konkreten Situation angemessenen sind.

    Die „Diskriminierung“ der Männer bei Quantas ist ja gerade eine Folge davon, dass dieses „Einzelne entscheiden in einer Situation angemessen“ – also zum Beispiel die Stewardessen entscheiden im Einzelfall, neben wen die ein Kind setzen – zu einer allgemeinen Regel gemacht wurde „nicht neben Männer“. Die Einführung allgemeiner Regeln hat natürlich den Vorteil, dass man die Entscheidung im konkreten Fall nicht begründen muss, weil man sich ja an die Regel gehalten hat (ob die Stewardess dem Mann gegenüber, der sich umsetzen soll, oder der Blogger dem Kommentator gegenüber, den er nicht freischaltet). Leider funktioniert die Wirklichkeit anders.

    Gerade bei den Kommentaren (ps. Es geht um diesen Post bei netzpolitik.org) sieht man das ja schön. Netiquette ist ja nichts als der Versuch, „allemeingültige“ Regeln einzuführen. Ich wüsste aber nicht, wo das funktioniert. Wenn ich „nach Gusto“ entscheide, dann ist das ja nicht einfach spekulativ, sondern dem liegen Erfahrungen, Erlebnisse, Diskussionen, Überlegungen zugrunde, die dann zwar „spontan“ im einzelnen Fall getroffen werden, aber nicht willkürlich sind.

    Ein anderes Problem der „allgemeinen Regeln“ ist, dass sie immer Herrschaftswissen manifestieren. Die allgemeinen Regeln und Wahrheiten sind immer die derjenigen, die die gesellschaftliche Hegemonie haben. Es gibt keine Neutralität und Objektivität, Wikipedia ist ein gutes Beispiel dafür. Und, wie Audre Lorde so schön sagte: „The Master’s Tools Will Never Dismantle the Master’s House“

    Das Problem mit der Willkür sehe ich übrigens durchaus, aber das ist jetzt weites Thema. Ich will aber gar nicht kleinreden, dass die situationsbezogene Entscheidung ebenso viele Schwachpunkte hat wie die Entscheidung nach universalen Prinzipien. Ich glaube nur, dass es Lösungen gibt. Das Ordnungsprinzip „universalgültige Regeln“ lässt sich ja auch natürlich nicht isoliert betrachten, sondern ist Bestandteil eine viel größere symbolischen Ordnung. Auch Politik als Interessensvertretung, das Prinzip der Repräsentation usw. gehören dazu. Zum Beispiel kann ich in meinem Namen (in meinem Blog) Kommentare moderieren wie ich will, als Moderatorin bei Spiegel-Online kann ich das nicht, weil ich die Zeitung repräsentiere. Oder: Als Tante, die ihren Neffen in einen Flieger nach Australien sendet, kann ich bestimmen, dass der neben einer Frau sitzen soll. Als Stewardess, die eine Airline repräsentiert, muss ich „neutrale Gesichtspunkte“ haben.

    Wobei ich im Übrigen nicht der Meinung bein, universale Prinzipien sollten generell abgeschafft werden und nur noch spontane Einzelfallentscheidungen getroffen werden. Ich bin nur der Meinung, man sollte die Stärken und Schwächen von beidem realistisch sehen und die Fähigkeit entwickeln, zu beurteilen, unter welchen Umständen, wie wann und wo das Eine oder das Andere zum Tragen kommt. Und dazu gehört, sich bewusst zu machen, dass beides ganz unterschiedlich funktioniert und unterschiedliche Voraussetzungen hat, die erfüllt sein müssen, damit es funktioniert.

    Noch zu deiner letzten Frage: Eine Freiheitsbeschränkung liegt vor, wenn man Menschen die Möglichkeit nimmt, sich den eigenen Wünschen und Bedürfnissen entsprechend in die Gesellschaft einzumischen und ihre Anliegen in die Welt zu bringen. Wenn man ihnen zum Beispiel verbietet oder unmöglich macht, politische Ämter einzunehmen, wenn man ihnen nicht zuhört, oder wenn sie so mit Arbeit zuschüttet, dass sie an nix anderes mehr denken können. Oder wenn man ihnen systematisch Informationen vorenthält. Etc. pp. Freiheitsbeschränktung liegt nicht vor, wenn man ihnen bestimmte Rahmenbedingungen für ihr Handeln vorgibt. Weil, wie gesagt: conditio humana.

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  48. „Freiheitsbeschränktung liegt nicht vor, wenn man ihnen bestimmte Rahmenbedingungen für ihr Handeln vorgibt.“

    I beg to differ. Freiheit – selbst die von Dir regelmäßig referenzierte „Freiheit in Bezogenheit“ – manifestiert sich (auch) in „Handlungsräumen“. Dort, wo mein Handlungsraum verengt wird, wird auch meine Freiheit beschränkt.
    (Kleiner Plausibilitäts-Check: Wenn das Maß der Freiheit unabhängig vom Ausmaß der Handlungsräume wäre, bräuchte man diese überhaupt nicht -> Diktaturen wären dann ’ne prima Geselschaftsform. q.e.d.)

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  49. @Marcus – Ja, da sind wir definitiv unterschiedlicher Meinung. Was mich interessieren würde: Deiner Argumentation zufolge müssten ja Diktatoren (die alles machen können, was sie wollen, weil sie unbegrenzte Macht haben) die aller-freiesten Menschen sein. Siehst du das so?

    Noch ein P.S.: Sartre war ja bekanntlich der Ansicht, dass auch ein zum Tode Verurteilter in einer Gefängniszelle frei ist. So weit würde ich nun nicht gehen, aber ja, ich würde sagen: Kein Mensch hat keine Freiheit.

    Freiheit ist übrigens auch ein Wort in unserem ABC des guten Lebens: http://abcdesgutenlebens.wordpress.com/2011/08/22/freiheit/

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  50. Hm, die (Handlungs-)Freiheit eines Diktators ist innerhalb seines Bezugssystems tatsächlich nahezu maximal.
    Anders sieht es in der Regel mit seiner Bewegungsfreiheit oder seiner wirtschaftlichen Freiheit aus – hier schränken ihn beipielsweise internationale Sanktionen ein. Vor seinem erbärmlichen Ende war jedoch jemand wie Gaddafi schon ziemlich frei – in terms of „Handlungsmöglichkeiten“.

    bzgl. Deines P.S.: Klar, so lange jemand zwischen *irgendwelchen* Alternativen wählen kann, hat er eine messbare „Menge“ an Freiheit zur Verfügung. Und sei es, wie im genannten Fall des Gefängnisinsassen, in den Hungerstreik zu treten, jemanden anzuschwärzen um sich freizukaufen, whatever.

    Wichtiger ist mir eigentlich die Marginalbetrachtung: Wie kann ich mehr individuelle Freiheit relativ zum Status Quo erreichen? Wie verschaffe ich Menschen die Chance – wohlgemerkt unter Berücksichtigung des Pareto-Prinzips, dabei niemand anderen durch Einschränkung schlechter zu stellen – ihre Handlungsfreiheit zu maximieren?

    Im „ABC“ wird behauptet, „Frei zu sein bedeutet nicht, dass zwischen den eigenen Wünschen und ihrer Verwirklichung in der Welt möglichst wenige Hindernisse liegen (dass ich tun kann, was ich will), sondern wer frei ist, schöpft die jeweils vorhandenen Möglichkeiten, die eigenen Überzeugungen in die Welt zu bringen, so weit es geht aus.“

    Das ist ein – aus meiner Sicht – reichlich verqueres Konzept von Freiheit.
    Beispiel: Ich bin davon überzeugt, dass zügiges Joggen gesund ist – genieße aber das Schlendern durch den Park – und bin damit weniger frei?

    Meine individuelle Freiheit soll geringer sein, wenn ich verfügbare Ressourcen nicht nutze? Das wäre ein nahezu monströses Konzept von Freiheit, das zudem das Primat der ökonomischen Effizienz einseitg auf Ressourcenauslastung statt -minimierung oder -suffizienz verlagert…Da hätte (nicht nur) Elinor Ostrom sicher ‚was dagegen einzuwenden.

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  51. „Was daraus klar wird: Eine Diskussion um eine solche Maßnahme kann sich nicht darauf beschränken „Das ist aber ungerecht!“ zu rufen, sondern sie muss das dem zugrunde liegende Herrschaftsverhältnis, das damit bekämpft werden soll, aufgreifen und mit bearbeiten.“
    Dies, Antje, scheint mir der neuralgische Punkt zu sein, und Danke für deine Einlassungen dazu, die mir viel Stoff zum Weiterdenken geben.

    Hoffe im „ABC des guten Lebens“ auch was zu zu ‚H‘ wie Herrschaft zu finden.
    (Büchlein ist auf dem Bestellweg).:-)

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  52. Guter Artikel! Zu den alleinreisenden Kindern fiel mir ein: Die meinen mit „Kind“ sicher nicht nur die kleinen 5-jährigen, sondern bestimmt allgemein unter 18-jährige. Ein Mann muss noch nichtmal pädophil sein, um eine (vielleicht schon ziemlich weit entwickelte) 15/16-Jährige anziehend zu finden. Er muss dann nur gewissenlos genug sein,wenn er das Alter erfährt.

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  53. @uniquolol – Zu deinem Einwand wollte ich noch bemerken, dass es hier ja nicht nur darum geht, dass Kindern Penisse gezeigt oder sie genötigt werden sie anzufassen etc. Sondern sexuelle Belästigung kann auch schon ganz subtil anfangen, durch „zufälliges“ Berühren der Arme, Beine an Beine drücken, über den Kopf streicheln, Wange tätscheln etc. Das kann, wenn es mit Geilheitsphantasien des Belästigers einher geht, ziemlich ekelhaft und höchst unangenehm für das Kind sein, aber es ist nichts, was „auffallen“ würde oder eben justiziabel bzw. nachweisbar wäre.

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  54. “… dass ein Großteil der alleinreisenden Männer in Flugzeugen von Deutschland nach Australien den Zwischenstopp Bankok zum Ziel haben und in aller Regel Sextouristen sind. Es handelt sich also bei diesen Passagieren um eine spezielle Gruppe von Männern, die mit höherer Wahrscheinlichkeit sexuell übergriffig wird als Männer generell.” Die Aussage erinnert mich an den Fall von London Gatwick wo ein Mann der Pädophilie unterstellt wurde weil er A. Homosexuell war und B. eine Kamera mit sich hatte. Abgesehen das im Fall London Gatwick nie irgendwelche Zahlen oder Beweise existieren werden die Homosexualität, Photographie und Pädophilie zusammenbringt. Das es Menschen gibt, insbesondere Männer, die nach Bankok fliegen für den Sextourismus bestreite ich nicht. Aber ohne irgendwelche Studien/Zahlen/Beweise es auf ein Großteil der alleinreisenden den Männer zu verallgemeinern fände ich schon sehr gefährlich.

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  55. Ich komm mit den abschließenden Worten nicht klar, warum sollte ich verständnis dafür haben diskriminiert zu werden, nur weil irgend welche anderen Menschen diskriminieren?
    Diese Forderung, dass Männer dafür verständnis haben sollen, weil andere Männer ganz offensichtlich lieber diskriminieren/ten, ist ziemlich böse, schließlich wird ja auch nicht von einem Transgender erwartet, dass es Diskriminierung akzeptiert, nur weil andere Transgender Privilegien nutzen.
    Und zudem halte ich diese Aussage für Destruktiv, da sie gleichzeitig von Männern fordert sich diskriminieren zu lassen und alle Privilegien abzugeben und sich für eine bessere Welt einzusetzten. 2 dieser 3 Dinge tu ich freiwillig und eine nervt mich ungemein, denn natürlich gibt es auch „männerfeindliche“ Diskriminierung und sie fällt um so stärker auf, je mehr man von dem Bild „alle Männer sind als Einheit zu betrachten und trinken Bier vor der Glotze“ weg kommt. Ich kann ehrlich gesagt nciht verstehen, wie man sich für Gleichberechtigung einsetzt und dann soetwas schreibt… Ich fühl mich zwar nicht besonders männlich-von soeinem Text aber dennoch ungemein verraten.

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  56. Ich muss gestehen, dass ich nicht nachvollziehen kann, wie die Diskussion jetzt auf einmal auf das Thema „Freiheit“ gekommen ist.

    Mit dem Verfahren, das du und Ute Plass beschreiben, nämlich dass die Kinder gefragt werden, neben wem sie sitzen wollen, kann ich mich viel besser anfreunden als mit der Regelung, dass Kinder generell nicht neben Männer gesetzt werden. Wenn Kinder sich dann fast immer eine Frau aussuchen, ist das auch in Ordnung (falls die betreffende Frau das will.) Es ist doch nicht Teil der Freiheit eines Menschen, neben einem Kind sitzen zu dürfen… (Wenn ein Mann darauf beharren würde, fände ich das sehr merkwürdig.)

    Gerade, wenn ich mir vorstelle, dass es mir um ein Kind geht, das ich mag – wenn ich etwa an ein konkretes Kind denke, das ich kenne – würde mir diese Regelung am liebsten sein. Ich glaube nicht, dass ich dem Kind gegenüber eine generelle Warnung aussprechen würde: „Setz dich nicht neben einen Mann.“ Ich würde aber sagen: „Wenn irgendetwas ist, wende dich an die Stewardess.“ Ich würde auch umgekehrt von der Stewardess erwarten, dass sie aufpasst und sich kümmert.

    (Mit Flugreisen kenne ich mich nicht aus, aber ich weiß noch, wie ein Mädchen, das ich kenne, mit vierzehn eine Zugreise unternommen hat. Ich habe überhaupt keine Warnungen ausgesprochen, sondern sie ermutigt: Zugreisen sind nicht gefährlich.)

    Warum mir dieses Verfahren lieber ist als eine allgemeine Regel: Möglicherweise gibt es auch Ausnahmen. Und: Kriterium ist nun nicht mehr, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt, sondern wen das Kind sympathisch findet. (Auch wenn für das Kind selbst bei dieser Frage das Geschlecht offensichtlich eine Rolle spielt.)

    (Vor ein paar Monaten habe ich eine solche Ausnahme erlebt. Eine Mutter mit Baby wollte sich zu mir an meinen Minitisch setzen, und ich machte ihr deutlich, dass ich gerne arbeiten wollte, und dass ja noch viele andere Tische frei wären, woraufhin sie sich zu einem älteren Herrn setzte, der nach kurzer Zeit das Baby auf dem Arm hatte, während die Mutter irgendwelche Babysachen aus ihrer Tasche holte, und sich ganz wunderbar um das Kind kümmerte.)

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  57. Sehr geehrte Frau Dr. Schrupp,

    auch ich teile die Überzeugung, dass die Rede von der „umgekehrten Diskriminierung“ falsch ist. Ich bin allerdings furchtbar unglücklich über ihren Blogpost. Klar, so ein Blogpost ist im zweifel mal so dahin geschrieben, muss auch keine wissenschaftliche Ansprüche erfüllen. Sie haben aber, wahrscheinlich unbewusst, niemals mit böser Absicht, schon gar nicht um Menschen zu schaden, ihre Privilegien nicht reflektiert. Ich will das an zwei Beispielen verdeutlichen.

    1. Sie schrieben: „Um es am Beispiel Geschlecht deutlich zu machen: Das Problem ist nicht, dass es Frauen und Männer und womöglich weitere Geschlechter gibt, sondern…..“.
    Womöglich weitere Geschlechter? Ich bitte sie, wie mag sich jener Mensch fühlen, dessen Gender weder Mann noch Frau ist? Ihre Formulierung ist ein Schlag in die Magengrube dieses Menschen.

    Ich will keine Schuld zuweisen, will keine Absicht unterstellen; ich will liebevoll darauf hinweisen. Wir alle, die wir auf Diskriminierung begründete Herrschaftsstrukturen aufbrechen (nicht bekämpfen, da wird auch immer nur geschlagen) wollen, machen immer wieder diese Fehler, weil wir uns unserer Privilegien nicht wirklich bewusst sind. Der Diskurs wird dadurch kontaminiert und wir landen immer wieder nur auf Nebenschauplätzen.

    2. Das Quantas Beispiel
    Dieses Beispiel zeigt, wie sehr wir alle in stereotypen verhaftet sind. Statistiken sagen uns, dass Männer sehr viel häufiger sexuell gewalttätig gegenüber Kindern sind als Frauen. Klar, dann setzen wir die Kinder lieber neben Frauen, dann gibt es weniger sexuelle Gewalt an Bord der Quantas Maschinen.
    Statistiken sagen uns auch, das PoC und Schwarze den Drogenhandel in der Berliner Hasenheide betreiben. Klar dann kontrollieren wir massiv die PoC und Schwarzen in der Hasenheide durch die Polizei, dann werden wir den Drogenhandel in der Hasenheide schon eindämmen. Fehler gefunden? Richtig: Komplexitätsreduktion.
    Im ersten Fall wird sexuelle Gewalt gegen Kinder heruntergebrochen auf das Merkmal Gender, im zweiten Fall Drogenhandel auf das Merkmal Hautfarbe. Beides führt zu menschenverachtenden Handlungen; den Phänomenen selbst will sich keiner stellen. Keines der Phänomene lässt sich aber auf das Merkmal Gender oder Hautfarbe reduzieren: fail.

    Leider reproduzieren sie diesen Fehler, weil sie im folgenden in ihrem Blogpost immer noch nur über weiße Männer schreiben. Sie erarbeiten nicht, dass die im Zusammenhang mit sexueller Gewalt gegen Kinder wesentliche auf Diskriminierung begründete Herrschaftsstruktur die Struktur Erwachsene-Kinder ist. Erst der Hinweis auf die tatsächlich wirksame Struktur, die sexuelle Gewalt gegen Kinder besonders einfach macht, hätte auch die Rede von der „umgekehrten Diskriminierung“ ad absurdum geführt, so führen sie nur auf Nebenschauplätze und kontaminieren ihren Grundgedanken.

    Zuletzt: der fehlende Hinweis auf die auf Diskriminierung begründete Herrschaftsstruktur Erwachsene-Kinder, im Zusammenhang mit sexueller Gewalt gegen Kinder, ist ein Schlag in die Magengrube aller, die jene Gewalt erfahren oder erfahren haben.

    Zuallerletzt wiederhole ich mich: Ich will keine Schuld zuweisen, will keine Absicht unterstellen; ich will liebevoll darauf hinweisen. Wir alle, die wir auf Diskriminierung begründete Herrschaftsstrukturen aufbrechen (nicht bekämpfen, da wird auch immer nur geschlagen) wollen, machen immer wieder diese Fehler, weil wir uns unserer Privilegien nicht wirklich bewusst sind.

    Jetzt bleibt nur noch zu sagen, dass diese Mail ein Geschenk an sie ist. Sie dürfen damit machen, was sie wollen: veröffentlichen, zitieren, ignorieren…………was auch immer ihnen einfällt, sie gehört ihnen.

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  58. @Peter Loh – Vielen Dank für das „Kommentargeschenk“.

    Zu dem Vergleich zwischen dieser Quantas-Praxis und dem Racial Profiling – ich kann verstehen, dass bei oberflächlicher Betrachtungsweise beides ähnlich zu sein scheint (statistischer Zusammenhang führt zu unterschiedlicher Behandlung von Menschengruppen unabhängig von individuellem Vergehen), es gibt aber wesentlich Unterschiede, sodass es nicht vergleichbar ist.

    Der erste Punkt ist natürlich, dass die Herrschaftsstrukturen völlig umgekehrt sind. Mein Ausgangspunkt war ja gerade, dass der Sinn von „Unterscheidungen“, also Diskriminierungen, darin liegt, Herrschaftsstrukturen abzubauen, und das sich die Sinnhaftigkeit der Maßnahme an diesem Ziel messen lassen muss. Nun ist es ja völlig evident, dass Racial Profiling Herrschaftsstrukturen massiv legitimiert und zementiert.

    Ein zweiter Punkt liegt aber daran, dass das inhaltliche Thema, worum es geht, im Quantas-Fall direkt mit dem Merkmal, nach dem unterschieden wird, zusammenhängt (Männlichkeit), im zweiten Fall aber nicht (Hautfarbe). Sexueller Missbrauch, sexuelle Belästigung ist direkt gekoppelt mit Konstruktionen von Männlichkeit, beides lässt sich nicht voneinander trennen und man kann das Thema der sexuellen Gewalt nicht losgelöst von Gender thematisieren. Beim Thema „Schwarzfahren“ zum Beispiel mag es eventuell einen statistischen Zusammenhang zur Hautfarbe geben (ich bezweifle das noch, aber andere bezweifeln hier ja auch den statistischen Zusammenhang zwischen Alleinreisenden Männern und sexuellem Missbrauch) – aber, und das ist der Punkt: Schwarzfahren und Hautfarbe sind überhaut nicht inhaltlich miteinander verbunden.

    Nicht jeder statistische Zusammenhang ist eben auch ein inhaltlicher Zusammenhang (es gibt auch einen statistischen Zusammenhang zwischen der Zahl der Störche und der Zahl der Geburten).

    Bei dem, worum es mir geht, ist es wichtig, das zu unterscheiden. Mir ging es von Anfang an um den inhaltlichen Zusammenhang zwischen Männlichkeitskonstrukten und sexueller Gewalt, erst in den Kommentaren wurde dann das Thema auf den statistischen Zusammenhang gelenkt. Vielleicht, um von dem inhaltlichen Zusammenhang (der ganz unabhängig von den Zahlen ist) abzulenken? Ich habe mich gleich dabei unwohl gefühlt, konnte es aber nicht so recht fassen. Danke also nochmal für deinen Kommentar, weil er mich herausgefordert hat, das in meinem Kopf zu klären.

    (außer, dass ich jetzt mal in die Runde frage: Ab welchem statistischen Zusammenhang haltet Ihr Schutzmaßnahmen für gerechtfertigt? Wenn mehr als die Hälfte der alleinreisenden Männer Sextouristen sind? ODer reichen schon 10 Prozent? der müssen es 80 Prozent sein?)

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  59. „Ab welchem statistischen Zusammenhang haltet Ihr Schutzmaßnahmen für gerechtfertigt? Wenn mehr als die Hälfte der alleinreisenden Männer Sextouristen sind? ODer reichen schon 10 Prozent? der müssen es 80 Prozent sein?“

    Das ist natürlich das „Ende der Diskussion as we know it“ 🙂
    Damit berührst Du ein Problem das vielerorts auftritt: Wieviel darf die Therapie eines Junkie die Gesellschaft kosten? Wie viel Prozent Arbeitslose sind akzeptabel? Welcher Steuersatz ist gerecht?

    Diese Fragen kann man gar nicht absolut beantworten, sondern nur in Prozessen aushandeln. Sobald ein Mensch übergriffig wird, ist das Problem in der Welt und sollte gelöst werden. Pauschale Ansätze helfen da wohl kaum, ein kultureller Wandel schon eher. Auch in Europa gab es Sklaverei (Leibeigenschaft) – und die ist offiziell seit langem beseitigt. Trotzdem gibt es immer noch Zwangsprostitution, Drückerkolonnen mit dem Charakter feudalistischer Herrschaft, etc.

    Wenn unsere Gesellschaft „ausgehandelt“ hat, dass Übergriffe nie, nirgends und an niemandem tolerabel sind, existiert das Problem nicht mehr. Bis dahin heißt es – und so verstehe ich letztlich die Intention Deines Blog-Posts – „verhandeln auf Teufel komm‘ raus“, mithin den kulturellen Wandel zu befeuern.

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  60. @Marcus – Das sehe ich ganz genauso. Ich habe diese Frage auch nicht gestellt, weil ich sie selbst für wichtig halte, sondern weil die Frage: Wie genau belegt ist eigentlich der statistische Zusammenhang? hier in den Kommentaren immer wieder aufgekommen ist als Gegenargument gegen meinen Post.

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  61. Die britische Fluglinie wurde nicht geklagt, weil sie einen Mann umsetzen wollte, sondern weil sie ihn nicht mitreisen lassen wollte, da die Gesellschaft meinte, es sei kein geeigneter Platz mehr frei gewesen. Eine Situation die sicher real nie vorkommt, aber wie man sieht, eine solche doch konstuiert werden kann.
    (Ein Flugzeug wo man keinen Platz für einen Mann finden kann, ohne das er neben einem Kind sitzt?)
    Und da es die so zu handhabende Vorschrift der Line gab, war man gezwungen auch die Auswirkung dieser zu exekutieren. Deswegen ging der Mann dann vor Gericht. Ich glaube nicht, dass er dies getan hätte, wenn man ihn nur diskret gebeten hätte sich umzusetzen.

    Lässt man aber eine solche strikte Maßnahme die sich nur gegen ein Geschlecht richtet, gelten, ist auch der Weg frei, die viel weitergehenden Konsequenzen durchzuführen. Und egal welcher Grund, jemand ein bestehendes Recht zu verwehren nur aufgrund des Geschlechtes, ist Sexismus. Einen Menschen aufgrund eines Geburtsmerkmals statistisch zu unterstellen gefährlicher zu sein als jemand mit einem anderen Merkmal ist in höchstem Maß abzulehnen,
    Mit dem gleichen Argument könnte man Frauen das Fahren in enge Tiefgaragen verbieten, da sie statisch häufiger Parkschäden verursachen. Ja ich weis schon, da geht es nicht um unsere Kinder, also Unersetzliches.
    Aber vom Prinzip her ist 0 Unterschied.

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  62. Schutzmaßnahmen vor möglichen Gefährdungen sind meiner Auffassung nach immer gerechtfertigt und bedürfen keiner Statistik. Die Frage stellt sich für mich nicht nach dem ‚ob‘ , sondern nach dem ‚wie‘?

    Bezüglich der Gefährdung von Kindern, die Opfer sexueller Übergriffe werden könnten, sollten diese ‚Schutzmaßnahmen‘ ja nicht erst thematisiert werden, wenn
    Kinder alleine auf Reisen geschickt werden. Mit Schutzmaßnahmen meine ich eben Aufklärung über die Tatsache, dass es Menschen gibt, die Kinder zur Befriedigung ihrer sexuellen Bedürfnisse benutzen. Wir haben ja mittlerweile jede Menge gute Aufklärungsmaterialien darüber und je nach Entwicklungsstand des Kindes sollten diese Materialien (nicht nur) von Eltern eingesetzt werden.

    Allein auf “ Männer als Gefährdungsquelle” zu verweisen, geht an der Realität vorbei.
    Wie im Falle der Fluggesellschaft damit umgegangen werden sollte, habe ich ja schon erwähnt

    Betonen will ich nochmal, dass ich Aufklärung und Offenlegung von realem Geschehen für die beste Prävention halte.
    Die Geheimhaltung ermöglicht es ja in der Regel, dass Wissen zu ‘’Herrschaftswissen’ mutieren kann.
    Dieser Mechanismus funktioniert ja nicht nur im Falle von sexuellen Übergriffen und sexueller Gewalt gegenüber Kindern.

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  63. Noch mal nachgetragen, Jörg, Joachim und andere, die den Kopf schüttelten ob meines Kommentars: Ich habe das mal ausführlicher als es ein Kommentar erlaubte aufgeschrieben hier: http://www.haltungsturnen.de/2012/08/tatervolk.html

    (und zum Argument, dann dürfte es keine Lehrer oder Erzieher geben: Quark. Wohl aber gibt es Fortbildungen en masse für diese zu diesem Thema. und wohl aber fahren zwar Frauen alleine mit Kindergruppen auf Reisen, nicht aber Männer – zumindest in den Schulen und Kindergärten, die ich kenne)

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  64. Diskriminierung findet also statt durch die „herrschaftsförmige Ausrichtung der Unterscheidung“ von Individuen oder Gruppen.

    Dann will ich den Satz von Antje einfach mal so für sich stehen lassen:
    „Nehmen wir zum Beispiel den Fall der Quantas: Wenn man Kinder – um sie vor sexuellen Belästigungen zu schützen – prinzipiell nur neben Frauen setzt, ist das klar eine Diskriminierung, denn die Erwachsenen werden qua Geschlecht unterschieden. Übrigens werden in diesem Fall beide „diskriminiert“, wenn man so will: Die Männer, weil sie nicht neben Kindern sitzen sollen, die Frauen, weil sie genötigt werden, neben Kindern zu sitzen.“

    Und den letzten Halbsatz noch einmal für sich alleine:
    „die Frauen, weil sie genötigt werden, neben Kindern zu sitzen.“

    Wenn ich nun die Ganze Diskussion einmal zuspitze, dann werden aus meiner Sicht in diesem Fall lediglich die Kinder diskriminiert, denn deren Wünsche oder Vorlieben werden gar nicht erst in Erwägung gezogen und aufgrund herrschender Machtverhältnisse gegenüber den Kindern wird das hier nicht diskutiert.

    Was ich damit sagen will:
    Diesen Einzelfall zu nehmen und ihn zu diskutieren, als ob sich die ganze Welt von Diskriminierung und Geschlechterungerechtigkeit und/oder Rassismus etc. aufarbeiten ließe, zeigt nur einmal mehr wie theoretisch und verkopft der Umgang mit diesen Themen ist und wie wenig lebensnah und hilfreich.

    Dieser Fall eignet sich ausschließlich zur Fragestellung „Gibt es auf diesen Flügen eine Gefährdung von allein fliegenden Kindern“ und „Ist diese Einschätzung richtig?“. Dann erst kann man in einem zweiten Schritt überlegen, ob Maßnahmen ergriffen werden müssen, welche Maßnahmen das Kind am Besten schützen und ob dadurch gegebenenfalls ein hinzunehmende „vermeintliche“ Diskriminierung stattfindet.
    Und die Diskussion ganz sachlich an Tatsachen festmachen kann auch heißen, das man das Gefährdungspotential nicht zwangsläufig an Hieb und stichfesten Statistiken festmachen muss, sondern das der Nachweis der Gefährdung durch eine persönliche Einschätzung aufgrund von „Alltagswissen“ durchaus auch einmal richtig sein kann. Ängste sind nicht rational und oftmals kann man Ängsten nicht rational begegnen.
    Wenn dann in der Folge eine solche Diskriminierungsdebatte losgetreten wird, sollte man sich noch einmal besinnen, worum es geht:

    Um die Kinder, und da sage ich: siehe oben.

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  65. Aktuelle Diskriminierung:
    Versicherungen kalkulieren ihre Beiträge nach dem zu erwartenden Risiko und auf der Basis langjähriger Erfahrungswerte. Deswegen ist eine Renten- oder Lebensversicherungstarife für bestimmte Personengruppen (z.B. chronisch Kranke, Süchtige) teurer als für andere, deswegen zahlt ein Fahranfänger höhere KFZ-Haftpflichttarife, und auch die Kreditkonditionen von Banken sind nicht für alle gleich. Sind die nachteilig Betroffenen nun allesamt Diskriminierte?
    Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes wohl schon, denn bestimmte Versicherungen (z.B. Pflegezusatzversicherungen) müssen für Männer verteuert werden, weil Frauen hierfür aufgrund des höheren Risikos, zum Pflegefall zu werden, bislang höhere Tarife zu entrichten hatten.
    Für Denksportler: Wer wird hier eigentlich diskrimiert, d.h. erleidet SACHLICH UNBEGRÜNDETE Benachteiligungen (das ist nämlich Diskriminierung, alles andere ist böswillige Begriffsumdeutung um einseitige Interessen durchzusetzen)?

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  66. Natürlich erscheint es absurd jedem Fluggast zu unterstellen er vergreife sich an Kindern, wenn diese keine Begleitung haben. Denn wir wissen ja alle, dass sexuell geartete Übergriffe auf Kinder 1) nicht erlaubt sind und 2) auch von Frauen begangen werden können.
    Parallel dazu ist für Vielreisende und Flugpersonal offensichtlich, dass auf bestimmten Fluglinien Sextouristen zu Orten unterwegs sind, an denen Sex mit Kindern ohne Komplikationen für den (zumeist männlichen) Konsumenten angeboten werden. .
    Sextourismus ist ein Geschäftsmodell an dem sich auch die Quantas beteiligt. Die MitarbeiterInnen der Quantas wissen natürlich mit welchen Angeboten sie welche Touristen bewerben und sind grob im Bilde welche Reiseangebote von wem genutzt werden.
    Sextouristen sind keine Verbrecher und auch Pädosexuelle vergewaltigen nicht jedes Kind.
    . Auf der anderen Seite ist auch vielen an diesen Reisen beteiligten –seien es MitarbeiterInnen der Quantas, Mitreisende oder die Sextouristen selbst– offensichtlich um welche Art von Reisen es sich handelt. Auch wissen letztlich alle dass Ausbeutung von Kindern die Grundlage dieses sehr verbreiteten Geschäftsmodells des Sextourismus in bestimmte Regionen ist.
    Man schafft und bedient Angebote für bestimmte Männer oder Männergruppen, die auf der Ausbeutung von Kindern basieren. Diese Angebote werden soviel genutzt, dass Firmen, Fluglinien und ganze Regionen von dem dadurch erwirtschafteten Geld leben können.
    Trotzdem kann von keinem einzelnen Fluggast behauptet werden, dass er ein Kind ausbeutet. Weil es letzlich niemanden interessiert, was ein Fluggast an seinem Ankunftsort mit Kindern macht. Wie gesagt es ist kein Verbrechen Sexreise zu machen, auch wenn diese eine Region führt, wohin Leute gezielt zur sexuellen Ausbeutung von Kindern hinfliegen,
    Denn obwohl sich das vor den Augen aller abspielt gibt es keine Fakten, Fakten, Fakten dass männliche Flugreisende überhaupt Kinder ausbeuten,oder mehr als Frauen oder so.
    Dass Stewardessen oder manchen Mitreisenden komisch wird, wenn sie alleinreisende Kinder neben bestimmten Männern hingesetzt sehen, kann ich gut verstehen. Zumal manche reisenden Kinder ja vielleicht wissen, dass Sexreisen auch in Kindersexgebiete regulär sind und betroffene Kinder bei entsprechenden Einwänden dagegen nicht groß mit Unterstützung rechnen müssen.
    Ist aber nur ein unbelegbares Bauchgefühl. Denn es gibt wahrscheinlich mehr Fakten darüber, wie Männer durch diese Sitzplatzregelung diskriminiert werden, als darüber ob Männer die eine Sexreise buchen Kinder als Sexualobjekt betrachten.

    .

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  67. Also, Männer die sich von Sitzplatzregelungen diskriminiert fühlen sind mir suspekt. Immerhin sind sie diejenigen, die dann bequemerweise nicht neben einem Kind sitzen müssen.
    Wen stört das, wenn er nicht vorhat sich an einem Kind zu vergreifen?

    Dass Frauen wenig Lust haben, auch noch auf Flugreisen gratis Kinderbetreuerin zu spielen, ist dagegen nachvollziehbar.

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