Simone Weils Überlegungen zur Meinungs- und Pressefreiheit

Seit meinem Blogpost über Simone Weils Plädoyer für die Abschaffung der politischen Parteien liegt immer noch ihr Buch „Die Einwurzelung“ auf meinem Schreibtisch, weil ich seither vorhatte, auch noch was über ihre Überlegungen zur Pressefreiheit zu schreiben.

Nachdem ich dann heute morgen Stefan Niggemeiers Blogpost „Ekelhaft“ gelesen habe, der am Beispiel der medial inszenieren Scheindebatten über Julia Schramms angebliche Aussagen zum Thema Urheberrecht mal wieder (man könnte auch tausend andere Beispiele wählen) klar macht, wie leicht und häufig Medien nicht zu einer Urteilsfindung in der Bevölkerung beitragen, sondern diese aktiv verhindern oder gar unmöglich machen, war der Impuls endlich groß genug.

Jedenfalls finde ich ihre Überlegungen sehr bedenkenswert, gerade im Hinblick auf zahlreiche aktuelle Problemstellungen wie den Umgang mit den Sarrazins, das Urheberrecht, die Diskussionskultur im Netz und so weiter. Also, hier mein Versuch, die Ideen von Simone Weil zu vermitteln:

Normalerweise wird die Pressefreiheit ja verteidigt im Hinblick auf den Faschismus, der gezeigt habe, wohin es führt, wenn diese eingeschränkt wird. Interessanterweise bezieht sich Simone Weil (sie schreibt das 1943) ebenfalls genau darauf, nur dass sie zur entgegengesetzten Schlussfolgerung kommt:

Alles, was unzählige Dummköpfe über die Verantwortung der Schriftsteller an unserer Niederlage bis zum Überdruss wiederholt haben, ist unglücklicherweise sicher zutreffend. (45)

Im Kern ihrer Überlegungen steht die Unterscheidung zwischen Meinungsfreiheit und Pressefreiheit – beides wird heute ja häufig in eins gesetzt. Simone Weil hingegen will die Pressefreiheit beschränken, die Meinungsfreiheit aber gerade schützen, denn:

Die völlige, unbegrenzte Freiheit, jede beliebige Meinung ohne Einschränkung oder Vorbehalt zu äußern, [ist] ein unabweisbares Bedürfnis der menschlichen Vernunft. (S. 41)

Gerade das mache aber eine Beschränkung der Pressefreiheit notwendig, denn Simone Weil ist der Ansicht, dass die freie Meinungsbildung der Menschen gerade gefährdet wird, wenn sie ständig von allen Seiten mit Scheindebatten, inszenierten Pseudokonflikten, verdrehten Tatsachenbehauptungen und dergleichen zugemüllt werden. Weil schreibt:

Das der Vernunft so wesentliche Bedürfnis nach Freiheit [verlangt], dass es vor der Suggestion, der Propaganda und jeder zudringlichen Beeinflussung geschützt werde. Dies alles sind Formen des Zwanges, einer besonderen Nötigung, die zwar weder Angst noch körperlicher Schmerz begleitet, die jedoch darum nicht minder eine Vergewaltigung darstellt. … Dieser Zwang ist seiner Natur nach kollektiv, und die Seelen der Menschen sind seine Opfer. (46)

Ihr geht es darum „das äußerst empfindliche und zerbrechliche Instrument unseres Urteilsvermögens“ zu schützen, das in Gefahr sei, wenn es mit Druck, Propaganda, Loyalitätsansprüchen konfrontiert wird. Denn „wenn das Licht der Vernunfteinsicht sich einmal verdunkelt, so gerät auch die Liebe zum Guten in verhältnismäßig kurzer Zeit auf Abwege.“ (49)

Wo aber verlaufen die genauen Grenzen zwischen freier Meinungsäußerung und Pressefreiheit? Simone Weil ist klar, dass beides auf gewisse Weise miteinander zusammenhängt, und dass ihr Vorschlag letztlich in der Konsequenz dazu führt, die Möglichkeit, Dinge zu veröffentlichen, an Bedingungen zu knüpfen, also einzuschränken. Ihrer Ansicht nach ist das aber möglich, denn:

Ein und dasselbe kann zugleich begrenzt und unbegrenzt sein, wie die Länge eines Rechtecks sich unendlich verlängern lässt, ohne dass es aufhörte, in seiner Breite begrenzt zu sein.

Die (potenziell unendliche) Länge des Rechtecks liegt für Simone Weil in dem Bedürfnis, die eigene Meinung unabhängig von ihrem Inhalt öffentlich sagen zu dürfen. Dieses Bedürfnis der menschlichen Seele muss ihrer Ansicht nach unbedingt geschützt werden, zum Beispiel, indem dafür „im Bereich des Veröffentlichungswesens ein Reservat der unbedingten Freiheit“ geschaffen wird (ich frage mich, ob Blogs nicht genau dieses Reservat sind oder sein könnten). Und die Gesellschaft, so Weil, müsse verhindern, „dass dem Verfasser aus ihrer Veröffentlichung irgend welche Gefahren erwüchsen.“ (42f)

Die zu begrenzende Breite des Rechtecks hingegen liegt dort, wo etwas publiziert wird in der Absicht, die öffentliche Meinung und die Lebensführung anderer zu beeinflussen. Ich würde für heute noch anfügen, dass zu diesem Komplex auch die kommerzielle Gewinnabsicht gehört – auch der Wunsch, mit Publikationen Geld zu verdienen, Auflage und Quote zu machen, hat ja nichts mit dem schützenswerten Gut der Meinungsfreiheit zu tun. Der Grund, warum der Publikationsfreiheit unter diesen Aspekten durchaus Begrenzungen auferlegt werden können, ist laut Weil folgender:

Veröffentlichungen, die bestimmt sind, das, was man die öffentliche Meinung nennt, das heißt in der Tat die Lebensführung zu beeinflussen, stellen Handlungen dar und müssen den nämlichen Beschränkungen wie alle übrigen Handlungen unterliegen. (43)

Der Unterschied liegt also dort, wo etwas gesagt wird nicht aus dem dringenden Bedürfnis heraus, es sagen zu wollen, sondern aus dem Wunsch heraus, gesellschaftlichen Einfluss auszuüben, eine wichtige intellektuelle Rolle zu spielen oder eben, noch profaner, Geld zu verdienen. Simone Weil sagt, dass diese Unterscheidung einerseits völlig klar sei, andererseits aber natürlich im Detail schwer zu bestimmen:

Der Unterschied zwischen diesen beiden Bereichen, zwischen dem, was außerhalb der Handlung liegt, und dem, was an ihr teilhat, ist auf dem Papier unmöglich in juristischer Sprache zu formulieren. Was jedoch nicht hindert, dass er vollkommen klar ist. Die Trennung dieser Bereiche ist faktisch leicht durchzuführen, wenn nur der Wille, sie zu verwirklichen, genügend klar ist. (43f)

Klar ist zum Beispiel, dass alle großen Medienkonzerne dem zweiten Bereich zugehören, ebenso der öffentliche Rundfunk, aber auch Broschüren und Publikationen von Organisationen, Vereinen, Institutionen, Parteien, Unternehmen – also jegliche Propaganda und Werbung. In diesem Kontext steht dann jener Satz, der für heutige Ohren so skandalös klingt:

Das Nachrichtenwesen zum Beispiel ist einer unerbittlichen Beschränkung durch das Gesetz zu unterwerfen; sein Umfang ist in sehr beträchtlichem Maße zu verringern;  … Ebenso können Presse, Rundfunk und jede ähnliche Einrichtung einer gesetzlichen Ahndung unterliegen, nicht nur, wenn sie gegen die Prinzipien der öffentlich anerkannten Sittlichkeit verstoßen, sondern ebenfalls, wenn sie sich einer niedrigen Ausdrucksweise und Gesinnung, des schlechten Geschmacks und der Gemeinheit schuldig machen. (47)

Während also bei großen Medienkonzernen, Parteienpropaganda, Lobbyismus und so fort klar ist, dass sie auf der „zu begrenzenden“ Seite jenes Rechtecks stehen, ist bei Einzelpersonen ohne große gesellschaftliche Macht klar, dass sie auf der Seite der „unbegrenzten“ Meinungsfreiheit stehen.

Dazwischen gibt es jedoch noch einen Übergangsbereich, zum Beispiel im Fall von Intellektuellen, die zwar als Einzelpersonen auftreten, aber durch ihre Popularität eine solche Wirkmächtigkeit erreicht haben, dass sie Menschen nicht nur Kraft ihrer jeweils konkreten Argumente, sondern allein durch die ihnen zugesprochene „Bedeutung“ und Prominenz beeinflussen können. Diese haben sich nach Simone Weil ebenfalls den „Gesetzen“ unterzuordnen, oder mit anderen Worten: Sie müssen die Verantwortung für ihr (publizistisches) Handeln übernehmen und sich entsprechend für dessen Folgen zur Rechenschaft ziehen lassen und können sich nicht ohne weiteres auf die Meinungsfreiheit berufen.

Wobei Simone Weil unter „Gesetz“ hier weniger juristische Paragraphen versteht, sondern eben jene „Gesetzmäßigkeiten“, die das Funktionieren einer Gesellschaft sicherstellen und die menschlichen Grundbedürfnisse schützen. Sich entsprechend diesem „Gesetz“ zu verhalten, ist nicht nur die Aufgabe von Staatsorganen, sondern von allen. Jedenfalls hält sie auch an dieser Stelle noch einmal fest, dass diese „gesetzliche“ Beschränkung der Pressefreiheit gerade keine Beschränkung der Meinungsfreiheit ist, denn:

Eine derartige Ahndung kann erfolgen, ohne dass die Freiheit der Meinungsäußerung im geringsten beeinträchtigt wird. So kann zum Beispiel eine Zeitung unterdrückt werden, ohne dass die Mitarbeiter der Schriftleitung das Recht zu anderweitigen Veröffentlichungen nach eigenem Gutdünken einbüßen. (47)

Hier kommt dann der Übergang zu ihrer Beschäftigung mit den politischen Parteien. Beidesmal steht im Zentrum ihre Unterscheidung zwischen Individuen und Organisationen:

Einzig dem Journalisten, und nicht der Zeitung, steht, und zwar unter Vorbehalt, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu; denn nur der Journalist ist imstande, sich eine Meinung zu bilden. Sämtliche die Freiheit der  Meinung betreffenden Probleme lassen sich ganz allgemein klären, wenn man von dem Grundsatz ausgeht, dass diese Freiheit ein Bedürfnis der denkenden Vernunft ist und dass die Vernunft einzig dem menschlichen Wesen für sich allein betrachtet zukommt. Infolgedessen kann keine Vereinigung einen berechtigten Anspruch auf die Freiheit der Meinungsäußerung erheben, weil keine Vereinigung ihrer im allergeringsten Grade bedarf. Ganz im Gegenteil, der Schutz der Gedankenfreiheit fordert, dass es einer Vereinigung gesetzlich verboten sei, einer Meinung Ausdruck zu geben. Schickt nämlich eine Gruppe sich an, irgendwelche Meinungen zu vertreten, so wird sie unvermeidlich danach trachten, diese ihren Mitgliedern aufzuzwingen. (47f)

Alle Zitate aus: Simone Weil: Die Einwurzelung. Einführung in die Pflichten dem menschlichen Wesen gegenüber. Kösel-Verlag, München 1956.

Update: Diesen Artikel über die Proteste gegen das Mohammed-Schmähvideo finde ich auch ganz interessant in dem Zusammenhang. Das Problem ist nämlich nicht, dass jemand so ein Video gedreht hat, denn als einfaches Video regt es auch nur wenige Leute auf. Die Unterscheidung zwischen Meinungs- und Pressefreiheit würde hier helfen: Denn das Problem ist nicht, dass jemand so ein Video dreht (das ist von der Meinungsfreiheit gedeckt), sondern die Art und Weise, wie in großen Medien über so etwas berichtet wird (in wiefern „Internethypes“ eine ähnlich Funktion übernehmen (können) muss glaube ich noch genauer untersucht werden).

Aber wenn man diesen Unterschied nicht macht, kann man natürlich mit Hinweis auf die schlimmen Folgen der Pressefreiheit die Meinungsfreiheit einschränken und zum Beispiel Schmähvideos verbieten oder auch Internetrechte einschränken (Terrorismus!). Dabei würde es reichen, wenn man  die Medienkonzerne irgendwie dazu bringen könnte, sich bei ihrer Berichterstattung halbwegs an der Wahrheit zu orientieren anstatt sich dauernd Skandale herbeizufingieren.

(Und das Skandale fingieren beginnt heute schon auf einer sehr niedrigen Ebene, bei Alltagsthemen, nicht erst bei Gewalt usw. Es kann auch um die Frage gehen, ob Bananen gesund sind. Und „Wahrheit“ bedeutet nicht, dass die einzelnen behaupteten Fakten zutreffen – wobei oft noch nicht einmal das der Fall ist – sondern ob das Bild, das man von Ereignissen zeichnet, irgendwie deckungsgleich mit der Realität ist oder nur ein verzerrter Ausschnitt davon).

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

49 Gedanken zu “Simone Weils Überlegungen zur Meinungs- und Pressefreiheit

  1. Schöne, (mir) wichtige und richtige Gedanken. Geht Hand in Hand mit dem allgemeinen Begriff „Freiheit-in-Bezogenheit / Verantwortung“ wie ich glaube.

    Und auch alles, was ich als Einzelperson äußere, sage, kommentiere, meine, übt in einem gewissen Maße Einfluss aus und wirkt normierend – kein Mensch kann sich hier zugunsten der von allen Konsequenzen losgelösten Gutes ‚Meinungsfreiheit‘ von der persönlichen Wirkmacht und -verantwortung freisprechen, wie ich glaube.

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  2. Dieses Verbot von Vereinigungen wäre extrem krass. Nur ein Beispiel: Es dürfte keine Demonstrationen mehr geben, bei denen zwei Menschen ein Transparent halten.

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  3. Warum will jemand etwas sagen? Es wird gegenübergestellt: „einfach so, ohne weiteren Grund“ und: „aus dem Wunsch, gesellschaftlichen Einfluß auszuüben“.
    Ersteres sei durch unbedingte Meinungsfreiheit zu schützen. Letzteres sei eine Handlung und deshalb wie alle Handlungen zu beschränken.

    Wann ist denn die Meinungsfreiheit tatsächlich bedroht? Doch nur dann, wenn eine Meinungsäußerung die Zensoren stört. Das ist aber genau dann der Fall, wenn sie meinen, dass sie einen unerwünschten gesellschaftlichen Einfluß ausübt.
    Nach der oben beschriebenen Unterscheidung müßte ein Blogger mit einer „Mission“ als gefährlich gelten, während das ganze kommerziell motivierte Geplapper letztlich nur die Handlung Geldverdienen und gerade keine gezielte Manipulation der öffentlichen Meinung darstellt.

    Die Meinungsfreiheit schützt gerade Dissidenten in ihrem Wunsch, gesellschaftlichen Einfluß auszuüben.

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  4. „Sämtliche die Freiheit der Meinung betreffenden Probleme lassen sich ganz allgemein klären, wenn man von dem Grundsatz ausgeht, dass diese Freiheit ein Bedürfnis der denkenden Vernunft ist und dass die Vernunft einzig dem menschlichen Wesen für sich allein betrachtet zukommt…“ Betrachten wir jetzt diesen Satz unter der aktuellen Situation wie den Hetzfilm gegen Mohammed des 52-jährige Immobiliengeschäftsmann Sam Bacile der durch unbekannte Spenden finanziert wurde und in den Medien verdreht wieder geben wurde. In der Mainstreampresse Sam Bacili existiert angeblich nicht, obwohl eine Schauspielerin mit ihm am Telefon gesprochen hat, und dieser vom Vatikan genannt wurde, wo die Kopten in Schutz genommen wurden, und als nicht beteiligt eingestuft wurden. Die Pflicht der Presse wäre es gewesen, die Sponsoren aufzudecken. Wer hat Interesse daran eine Krieg gegen die moslemische Welt zu führen?
    http://www.kath.net/detail.php?id=38076 Und dazu Anti-Islam-Witze des Satiremagazins „Charlie Hebro“ was in der Öffentlichkeit breitgetreten wird. Hier wird gegen alle Vernunft Hass geschürt, die uns Kriege führen sollen, die schon lange vorbereitet sind. Somit wäre jeder Journalist aufgerufen, das zu koorigieren, doch darf er das? Hier ist die Frage, inwieweit werden die vernunftsorientierten Journalisten, indirekt von Vereinigungen die Zeitungen finanzieren, gehindert Argumente zu bringen, die diese Kriegshetze verhindern, denn was zur Zeit passiert ist Brandstiftung in hohem Maße.

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  5. Gerade in der heutigen Zeit der sozialen Medien halte ich eine solche Unterscheidung für praktisch nicht machbar. Wo fängt die „wirkungsmächtige Intellektuelle“ an? Unüberschaubar viele Bloggende könnte man dazu zählen – und wer bestimmt das dann?

    Und was die Verbindung mit „Geld verdienen“ als Maßstab angeht: es gibt jede Menge Blogs über Alltag, Mode, Gadjets, Technik, die man aufgrund ihrer Anzeigen etc. als kommerziell einstufen müsste, wogegen ihre Inhalte sich doch oft auf persönliche Meinungen, Hobbys und Vorlieben beschränken.

    Eine weitere Veränderung, die derzeit stattfindet, unterläuft Weils Vorschläge ebenfalls:

    „Einzig dem Journalisten, und nicht der Zeitung, steht, und zwar unter Vorbehalt, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu“

    Es gibt bereits jetzt Journalisten (und es werden eher mehr…), die „ihr eigenes Ding machen“ und abseits von Verlagen relevant bloggen. Sie sind oft durchaus wirkungsmächtig, ganz egal, wo sie schreiben.

    Den letzten Aspekt finde ich regelrecht ABSURD! Man gründet ja genau deshalb „Vereinigungen“ (Vereine, Bürgerinitiativen, Parteien…), um gemeinsamen Meinungen zu größerer Wirkung zu verhelfen. Warum das unvernünftig sein soll, vermittelt sich mir nicht und lässt Simone Weil für mich als recht lebensfern erscheinen.

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  6. @claudiaBerlin – Es spricht doch nichts dagegen, wirkmächtig zu sein. Bloß muss man dann eben auch die entsprechende Verantwortung für das übernehmen, was man sagt, und kann sich nicht via „Meinungsfreiheit“ einen Blancoscheck ausstellen nach dem Motto „Ich hab halt bloß mal meine Meinung sagen wollen.“ Diese „Gesetzmäßigkeit“ beachte ich selbst zum Beispiel auch und halte es nicht für zu viel verlangt. Dass sich das Ganze außerhalb des juristisch Regelbaren abspielt, schreibt Simone Weil selbst ja auch.

    Dass politische Debatte nicht bedeutet, Argumente und Meinungen auszutauschen in der Hoffnung, andere zu überzeugen, sondern darin, Macht aufzubauen um strukturell, via Manipulation und Propaganda Einfluss auszuüben, gilt heute als übliches Verfahren. Vielleicht ist das „lebensfern“, ich halte es aber trotzdem mit Simone Weil für falsch und schädlich.

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  7. Ich finde das passt in Zeiten von Schwarm und Internet und Web2.0 und Bürgerjournalismus und Bla hinten und vorne nicht mehr. Die Trennung von Privat und Öffentlich, die dem ja gedanklich zugrunde liegt kollabiert doch gerade.

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  8. „Den letzten Aspekt finde ich regelrecht ABSURD! Man gründet ja genau deshalb “Vereinigungen” (Vereine, Bürgerinitiativen, Parteien…), um gemeinsamen Meinungen zu größerer Wirkung zu verhelfen. Warum das unvernünftig sein soll, vermittelt sich mir nicht und lässt Simone Weil für mich als recht lebensfern erscheinen.“
    @ClaudiaBerlin

    Praxisfern ja, doch lebensfern nein. Die Praxis ist es mit Hilfe von den Isolierungen Menschen in Silos zu halten und noch mehr an ihre Ketten zu gewöhnen. Denn die Mainstreetmedien werden doch nicht von den Journalisten beeinflusst, sondern von Meinungsmachern, die nicht auf dieser Ebene angesiedelt sind. Weshalb der Ministerpräsident von Bayern Horst Seehofer Folgendes sagte:
    „Diejenigen die entscheiden sind nicht gewählt und diejenigen die gewählt werden haben nichts zu entscheiden!“
    In der Sendung vom 20. Mai in der ARD erzählte der bayerische Ministerpräsident dem Erwin Pelzig wie es wirklich ist.
    Also, welche nicht gewählte Vereinigungen bestimmen denn was passiert? https://www.youtube.com/watch?v=KtU9-tU0z0M
    So müssen wir uns schon tiefer mit dieser Manipulation der Massen beschäftigen und durchschauen wozu Parteien dienen. Teile und Herrsche. So bleibt die Konkurrenz der Parteien und Bürgerinitiativen aufrecht erhalten, doch die Spiele die gespielt werden, darauf haben sie keinen Einfluss.

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  9. @benni – Ja, aber sie kollabiert momentan in Richtung Fiasko. Es gibt dabei ja noch jede Menge Diskussionsbedarf. Gerade deshalb finde ich Weils Unterscheidung hilfreich, sonst sind wir bald bei der bloßen Macht des Stärkeren, seine Privatmeinung anderen aufzudrücken. Zu fragen wäre natürlich, wie diese Unterscheidung unter heutigen Bedingungen praktiziert werden könnte.

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  10. @benni – es ist auch nicht genau die alte Unterscheidung privat/öffentlich, die Weil hier zieht, sondern sie unterscheidet zwischen zwei Weisen des öffentlichen Sprechens!

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  11. Ja, stimmt. Das hab ich falsch formuliert. Aber auch diese beiden Arten des öffentlichen Sprechens lassen sich ja tendenziell immer weniger unterscheiden und können jederzeit ungeplant in den anderen Modus verfallen, anders gesagt man kann von niemandem verlangen, dass er an sein Twitter oder Facebook die selben Maßstäbe anlegt, als wäre es eine Zeitung oder ein Fernsehsender, potentiell kann es aber jederzeit den selben Impact entwickeln.

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  12. Für mich scheint der wesentliche Punkt hier das zugrundeliegende Menschenbild. Es wird ja davon ausgegangen, das der Einzelne dem Ansturm von Propaganda schutzlos ausgeliefert sei. Mehr noch er erscheint unfähig sich durch eigene Verstandesleistung eine andere Meinung zu bilden.

    Ich will die Wirkmächtigkeit von Propaganda und Indoktrination – besonders in der Kindheit und Jugend – nicht grundsätzlich bestreiten. Allerdings ist es m.M. nach eine „slippery slope“ daraus derartige Schlüsse zu ziehen. Im Kern wird doch die Verantwortung des Einzelnen für sein Handeln auf jemand anderen (sozusagen den „Einflüsterer“) übertragen. Mit der gängigen Vorstellung des mündigen Bürgers in der Zivilgesellschaft hat das nur noch wenig zu tun.

    Im Grunde halte ich schon die Vorstellung, das eine Meinungsäußerung eine Handlung (die über das bloße Sprechen hinausgeht) darstellt, für sehr fragwürdig. Unser Gesetz kennt das zwar auch (z.B. Volksverhetzung oder Beleidigungen und Verleumdung), aber die Bedingungen dafür sind ziemlich restriktiv.

    So wie ich Weil verstehe gibt es für sie da keinerlei Unterschied. Konsequent zu Ende gedacht würde also z.B. Henryk Broder heute im Gefängnis sitzen, schließlich wurden einige seiner Texte in dem Manifest des Massenmörders Breivik verarbeitet. Daraus könnte man (und das wurde auch getan) sehr wohl also eine persönliche Verantwortung Broders konstruieren.

    Auch der geistige Urheber des Films „Innocence of Muslims“ würde nach gängiger Interpretation (habe den Film selbst nicht gesehen) für den Tod mehrerer Menschen (mit)verantwortlich sein. Je nach Strenge der Auslegung wohl auch andere Beteiligte. Eine solche Mitverantwortung wird auch heute schon von einigen postuliert, allerdings hat sie keine direkten Konsequenzen sondern verbleibt in der Sphäre des Moralischen.

    Nun wird kaum jemand Broder unterstellen er habe willen- und wissentlich einen Massenmord gefördert oder dazu angestiftet. Es gibt allerdings nicht wenige, die der Ansicht sind, das er die (möglichen) Konsequenzen hätte absehen können und oder müssen. Das ist doch auch die Kerbe in die Weil hier im Grunde schlägt?!

    Ich will gar nicht groß darauf eingehen, das das m.M. nach einer naiven Aktion->Reaktion Interpretation des Menschen entspricht. So wie ich die Welt sehe ist der Mensch nicht eine Maschine, auf der man die richtigen Knöpfe drückt (= die richtigen Worte verbreitet) und dann das gewünschte Ergebnis erhält. Aber damit wäre man wieder bei dem Menschenbild, das m.E. den Gedanken von Weil zu Grunde liegt.

    Vielleicht verstehe ich das alles einfach nicht, aber ich muss sagen das die Vorstellungen von Frau Weil mir Angst machen. Aus meiner Sicht sind es eben gerade Presse- und Kunstfreiheit, die uns vor der Propaganda beschützen. Sie findet zwar immer noch statt, aber auch ihre Gegenangebote können stattfinden. Und damit liegt es in unserer eigenen Hand, aus dem Angebot der „Informationen“ unsere eigenen Schlüsse zu ziehen. Weder möchte ich in einer Gesellschaft leben, die mir diese sehr persönliche Entscheidung nicht zutraut. Noch möchte ich in einer leben in der jeder Einzelne Informationen oder Meinungen eher zurückhält als sie zu veröffentlichen – aus Sorge für die Konsequenzen einer Veröffentlichung. Man kann sich nicht aussuchen was Leute aus den Dingen machen.

    Ein letzter Punkt noch, auch wenn mein Kommentar bereits erdrückend lang ist. Die Unterscheidung zwischen erster und zweiter Sphäre finde ich wenig überzeugend. Wenn also Meinungen sich in der zweiten Sphäre in Handlungen verwandeln, bzw. mit diesen äquivalent sind, wieso kann das nicht auch in der ersten Sphäre passieren? Dafür gibt es für mich keinen plausiblen Grund. Eine Meinungsäußerung z.B. im privaten Zwiegespräch kann doch auf einen Anderen genau die Wirkung haben, die z.B. ein Zeitungsartikel oder eine Werbekampagne ausgeübt gehabt hätte. Ich kann damit also sehr wohl Einfluss auf die Lebensführung nehmen und müsste dann doch ebenfalls mit den Konsequenzen in Verbindung gebracht werden.

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  13. Es wundert mich, dass Frau Weil von Menschen so wenig Widerstandskraft gegenüber Geldmacherei, Einflussnahme und Manipulation erwartet und eher auf autoritäre Lösungen statt auf Aufklärung von Menschen z.B. über Manipulationsmechanismen etc. setzt.

    Ich persönlich möchte jedenfalls meine Meinungsbildung über irgendwelche Veröffentlichungen nicht durch Vorgänge beeinträchtigt sehen, die an meiner statt über die Relevanz entscheiden – danke, Frau Weil, ich bin ein mündiger Bürger.

    Übrigens kann ich auch nichts Schlechtes darin sehen, mit Veröffentlichungen sein Geld zu verdienen ( solange man nicht käufllich ist ), Einflussnahme zu suchen ( solange man diese nicht durch Missinformation zu erlangen versucht, sondern durch Argumente ) oder Gruppenzugehörigkeit zu bekunden ( wenn ich mit einer Gruppe nicht übereinstimme, trete ich ihr halt nicht bei und habe auch kein Recht, in ihrem Namen zu veröffentlichen ).

    Und zu guter Letzt glaube ich auch nicht, dass es irgendeiner Kontrolle des Dialoges bedarf, damit er „Gutes“ hervorbringt – das Standardbeispiel ist der Dialog von Wissenschaftlern.

    Da sind viele eitel, Lügner, ehrgeizig, versuchen Konkurrenten mundtot zu machen, arbeiten mit gefakten Daten und was weiss ich nicht alles.
    Dass Wissenschaft trotzdem funktioniert, hängt eben nicht am kommunikativ vorbildlichen Verhalten des einzelnen Wissenschafler.
    Genauso hängt auch nicht das Funktionieren einer Gesellschaft vom Verhalten einzelner publizistischer Einheiten ab.

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  14. PS. Welche Institution, Gruppe oder was auch immer soll eigentlich bei Weil die Rolle des guten Königs ausfüllen?

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  15. PPS. Übrigens bringt mich die letzte Frage auch dazu, zu glauben, dass Weil eventuell das Argument mit der Meinungsfreiheit falsch verstanden hat.

    Das Wichtige an der Meinungsfreiheit ist nicht das Recht von Leuten, alles zu senden, was sie senden wollen. Das Wichtige daran ist IMHO das Recht von Leuten, alles empfangen zu dürfen, was an sie gesendet wird.

    Wenn ein Wesen in einem Haifischbecken ohne Verstecke zu überleben imstande ist, sagt uns das einen Menge über dieses Wesen. Und ein Wesen, dass eben ständigen Manipulationsversuchen, Einflussnahmen etc. ausgesetzt ist, entwickelt auch Resistenzen und Immunitäten gegen eben solche Versuche.

    Umgekehrt – wenn ich nicht in der Lage bin, eine Botschaft von Sender A als Manipulationsversuch zu durchschauen, dann bin ich auch nicht in der Lage, eine Botschaft von B, die mir sagt, ein A versuche mich zu manipulieren, als Manipulation zu durchschauen, wenn sie eine ist; mit anderen Worten – ich bin anfällig für den falschen guten König.

    Das dass eventuell relevant ist, kann man vielleicht am Erscheinungsdatum des Buches festmachen: 1949 – kurz vorher hiess der Retter vor Parteiengezänk und Zeitungsvielfalt etc.pp. noch Hitler.

    Und über die Rolle der intellektuellen Klasse der Weimarer Repulik, die lieber in rückwärtsgewandten Phantasien schwelgte, als ihren Landsleuten die Überlebenstechniken im „Haifischbecken“ ( zum Glück will einen ja meistens keiner fressen ) einer Demokratie zu vermitteln, ist ja sowieso viel geschrieben worden; als Zeitzeugen kenne ich z.B. Ernst Troeltsch.

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  16. Aus meiner Sicht sind es eben gerade Presse- und Kunstfreiheit, die uns vor der Propaganda beschützen. Sie findet zwar immer noch statt, aber auch ihre Gegenangebote können stattfinden.
    @Andreas
    Und Du bist überzeugt, das haben wir? Ist es nicht merkwürdig, dass kaum einer sehen will, das am 11.9.2001 die drei WTC- Türme in die Luft gesprengt wurden. Ist die Propaganda dass das Moslems waren, jetzt der Presse und Kunstfreiheit zuzuordnen? Wo Künstler wie selbst Dario Fo nachgewiesen haben, dass das ein Angriff unter falscher Flagge war? Ich gehe wie Orwell davon aus, wir leben in einer Matrix in der es keine wirkliche Pressefreiheit gibt, und Storys aufgebauscht werden, um durch diese Massenmanipulationen Richtungen zu beeinflussen. Da z.B. bekannt ist, dass der Förderer von Obama Henry Kissinger für einen Krieg gegen den Iran ist, bin ich überzeugt musste sein Gegner die 47% Anhänger von Obama beschimpfen, damit in der letzten Phase seines Wahlkampfs Obama gewinnt, denn nur er hat das Charisma Menschen in den Krieg zu führen. Kriegsvorbereitungen wie der Film “Innocence of Muslims” sollte man schon erkennen. Wer hat ihn finanziert? Wir wissen das Hitler den Reichstagsbrand angeordnet hat, und wir wissen, es war eine Auftragsarbeit, sie wurde damals von den IG-Farben mit einer Überweisung von 400.000 Reichsmark auf das Konto der NSDAP am Tag des Reichtagsbrandes überwiesen. Doch wer kennt die heutigen Auftragsgeber? Jeder kann alles sagen. Doch welche Meinungen werden wie verbreitet? Der Film “Innocence of Muslims” wurde vorübergehend einem Kopten in die Schuhe geschoben, also erfolgte ein Massaker gegen dortige Christen, und das soll nicht geplant sein? Ich suche die Zeitungen, die noch Meinungs- und Pressefreiheit ausüben dürfen? In Einzelfällen ja, doch wer den Artikel in der F.A.Z. über Christian Wulff seinerzeit erfasst hat, der weiß, warum dieser anschließend in den Medien „zum Aufgeben gehetzt wurde“ http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuldenkrise/bundespraesident-wulff-in-lindau-donnerhall-am-bodensee-11126151.html
    Doch davon wurde wenig berichtet, er hat nur gesagt, dass die Banken die Politiker durch die Manege an der Nase herumführen, das hat genügt, um eine beispielslose Kampagne gegen ihn zu starten. Wir wissen, wenn kritische Sendungen im Fernsehen gebracht werden, wann sie gebracht werden. Die Mehrheit darf das nicht wissen, das sickert dann durch, wenn es zu spät ist. So ist immer zu fragen, wer verdient an Kriegen, wann werden Kriege wahrscheinlicher und mit welcher Propaganda werden sie vorbereitet? Und ich glaube, das hat Simone Weil auch schon gewusst und heute die Pressefreiheit? http://alles-schallundrauch.blogspot.co.at/2012/01/pressefreiheit-in-den-usa-dramatisch.html
    und welchen Einfluss haben bestimmte Personen der USA auf Europa?

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  17. PS. Welche Institution, Gruppe oder was auch immer soll eigentlich bei Weil die Rolle des guten Königs ausfüllen?
    @ Andreas
    Der Zweck heiligt die Mittel nicht. Es gibt keinen guten König, sondern es gibt gekaufte Könige, die Schweigegeld bekommen, wenn sie der Linie folgen, und medial vernichtet werden, wenn sie als Bedrohung für der vorgedachten Ziele gesehen werden. Oder warum meinte Ackermann er wolle nicht wie Herrhausen enden? Was wollte er wohl da nicht ausdrücken? http://www.youtube.com/watch?v=pcvC6iTN7F8

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  18. Mich wundert daran vor allem ein praktischer Punkt, wie soll. laut Weil, denn die Zensurbehörde aussehen?
    Jeder Text müsste ja eingereicht und entsprechend freigeben werden, wenn ich den Vorschlag richtig verstehe. Da die Kriterien nicht fest geschrieben sondern eher etwas locker definiert sind, könnte ein „Grüner“ Zensor ja leicht von einem Text von einem „FDP“ Denker verbieten, im Nachbardorf aber würde ein „FDP“ Zensor den gleichen Text durchgehen lassen.

    „X“, da es die Parteien ja nicht mehr geben dürfte.

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  19. Mir ist nicht ganz klar, wieso im allgemeinen und auch hier vergleichsweise viele Leute aus einer Kritik an menschlichem Verhalten und Äußern direkt ableiten, dass da jemand nach einem gesetzlichen Verbot oder der Schaffung von Institutionen ruft. Im Text steht doch ganz klar:

    ‚Wobei Simone Weil unter „Gesetz“ hier weniger juristische Paragraphen versteht, sondern eben jene „Gesetzmäßigkeiten“, die das Funktionieren einer Gesellschaft sicherstellen und die menschlichen Grundbedürfnisse schützen. Sich entsprechend diesem „Gesetz“ zu verhalten, ist nicht nur die Aufgabe von Staatsorganen, sondern von allen.“‚

    Wenn sich ein Bewusstsein über die persönliche Wirkmacht und Verantwortung aller verbreitet, sind gesetzliche Mittel nicht notwendig. Und ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass jeder Versuch einer gesetzlichen Verankerung diese Bewusstwerdung eher erschweren als erleichtern würde.

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  20. @Antje

    Ich denke, die Äusserungen von Dir und Simone Weil sind wohl nicht der Weisheit letzter Schluss! 🙂 Aber schau mal den Press Freedom Index (Länderrangliste bezüglich Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen an:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Press_Freedom_Index

    Wenn wir mal davon ausgehen, dass diese Rangliste repräsentativ ist und somit unabhängig von der Person, die die Untersuchung durchgeführt hat (Objektivität), immer zu den gleichen Ergebnissen kommt, die Pressefreiheit mit zuverlässigen Messinstrumenten gemessen wurde (Reliabilität) und auch genau das gemessen wurde, was man vorgab zu messen: nämlich „Pressefreiheit“ (Validität), dann wäre meine Frage, in welchem Land möchtest Du lieber leben? 🙂

    Möchtest Du lieber in Nordkorea oder Eritrea leben oder lieber in Finnland oder Island?

    Zudem: Welche „Obrigkeiten“ wollten denn vor allem immer die Pressefreiheit einschränken, wenn wir historisch schauen: Das waren doch eher autoritäre/diktatorische Obrigkeiten – oder?

    Zudem: Insbesondere öffentlich-rechtliche Medien, aber auch andere Medien, haben doch eine Vielzahl von Funktionen:

    – Information
    – Bildung
    – Unterhaltung
    – Beratung
    – etc., usw., usf.

    Wie willst Du hier immer unterscheiden, was Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung ist. Eine Unterhaltungssendung kann auch Information vermitteln, aber auch ev. Bildung vermitteln und sogar beraterische Funktion ausführen und zusätzlich noch Informationen vermitteln. 😀

    Warum soll ich durch die Massenmedien nicht mehr unterhalten werden dürfen?
    Warum sollte ich z.B. folgende Radiosendungen nicht mehr hören dürfen: Du bist ja der Auffassung, dass auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk in die 2. Kategorie gehört: warum sollte ich Sendungen, wie die folgende, nicht mehr hören dürfen:

    «Denkstoffe»: grosse Theorien neu gelesen
    Im Monatsrhythmus widmet sich die «Reflexe»-Serie «Denkstoffe» berühmten Denkerinnen und Denkern und ihren Theorien – und fragt, welche Relevanz ihre Gedanken von einst heute noch haben.
    http://www.drs.ch/www/de/drs/sendungen/reflexe/295158.denkstoffe-grosse-theorien-neu-gelesen.html

    Wäre es nicht viel besser, Menschen kritische Medienkompetenz zu vermitteln, ev. bereits sehr früh in den Schulen durch Medienpädagogik? Quasi intellektuelle Selbstverteidigungskurse etc.

    Es gäbe sicherlich noch viel zu sagen zu diesem Vorschlag von Simone Weil, aber ich halte ihn wirklich für eine Schnappsidee und für gefährlich.
    Damit will ich nicht abstreiten, dass es diese Problematik nicht gibt, die Simone Weil aufgeworfen hat: Stichworte Mediokartie, Mediendemokratie, Ideologie, kulturelle Hegemonie etc. Aber für mich ein untaugliches und falsches Mittel, mit Zensur auf diese Problematik zu reagieren.

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  21. @Blaubart – so konkrete Vorschläge macht Simone Weil doch gar nicht, ihr geht es darum, die Kriterien für eine Unterscheidung zu umreißen, sodass wir in der Lage sind, es jeweils zu beurteilen. was @endolex sagt. Du denkst ja schon in „Lagerideologien“ (FDP/Grüne) – wenn wir über solche Logiken nicht hinaus kommen, klappt es natürlich nicht.

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  22. Provokation: Pressefreiheit ermöglicht demjenigen, der sich die Presse kaufen kann seine Meinung manipulativ verbreiten zu lassen . So ist die Frage, welche Journalisten, Wissenschaftler oder Politiker vertreten die Meinung ihres Gewissens, oder vertreten die Meinung, die ihnen ihre Geldgeber nahelegt? Eventuell in vorauseilendem Gehorsam. Die Pressefreiheit, die hier gezeigt wird ist etwas völlig anderes. Hier wird nur gezeigt, ob Journalisten die in den Mainstreetmedien verankert sind in verschiedenen Staaten unterschiedlich daran gehindert werden Meinungen zu vertreten, von denen wir jedoch häufig nicht wissen, wer diese Meinungen finanziert. Somit sehe ich in dem aktuellen Fall der Kriegsvorbereitung durch Aufwiegelung der radikalen Moslems eine Strategie der Massenmanipulation mit Hilfe der gesteuerten „freien“ Presse. Und Obama scheint der ausreichend charismatische Führer zu sein, der diese Aufgabe übernehmen muss, denn darf sich ein Politiker gegen diese gesteuerte Mainstreetpresse entscheiden?

    Zahlreiche Beispiele zeigten, sie hatten keine Chance.

    Hier ein Kommentar zur Pressefreiheit
    aus dem Internet Für ein paar Dollar mehr:
    http://www.astronautengarten.org/blog/?p=995

    So sehe ich es als Aufgabe wenigsten jenseits von Käuflichkeit im noch nicht AD ACTA gelegten Internet seine Meinung zu äußern, die auf die treffen, die die Massenmanipulationen durchschaut haben, und mutig genug sind, das anzusprechen.

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  23. Tut mir leid, aber ich finde diesen Artikel samt seinen anzudenkenden Konsequenzen auch nach mehrmaligem gründlichen Lesen (inkl. der Links) in allererster Linie beängstigend, viel mehr, als es das Leben im Durcheinanderland der unzähligen Informationen gleich welcher Qualität jemals sein könnte.

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  24. @Iris
    Was ist das neue an Blogs? Es gibt keine Sicherheit mehr durch eine künstliche geschaffene Meinungsübereinstimmung, das erscheint im ersten Augenblick sehr beängstigend, doch durch die Vielzahl der Anregungen, werde ich mehr gefordert, immer wieder meine Position zu überprüfen, die nun nicht mehr der Mainstreammeinung entspricht. Wer jedoch noch in andere Blogs schaut, sieht auch dort eine Annäherung und vor allem eine Kraft, die die Internetbenutzer haben, wenn sie „am Ball bleiben“ also sich nicht abschrecken lassen. Die Angst stelle ich mir vor wie ein Drache, ich könnte ihn bekämpfen, doch ich kann auch auf dem Weg weitergehen und weiß, es gibt nur Fantasie Drachen. Denn ist nicht mein Gedanke eine Fantasie? Kann ich darüber schmunzeln und das „Schmunzelmonster“ im Arm halten? Hier mal ein anderer Blogger zum Thema was wir tun können, um aus dem Silo der Isolierung auszusteigen und die gemeinsame kraft zu spüren… frauen und männer oder frauen und frauen, männer und männer…
    http://denkbonus.wordpress.com/2012/09/21/warum-blogs-so-gefahrlich-sind/#more-5362

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  25. @Axel-valentin Tigges – Mein Kommentar bezog sich nicht auf Deinen Kommentar, sondern auf Antjes Artikel. 🙂

    @Antje – Seit einer Stunde sitze ich hier, und setze immer wieder neu an. Ich steigere mich bei diesem Thema in eine Komplexität hinein, welche in Worte zu fassen mich schlicht überfordert. Deshalb mache ich’s jetzt kurz:

    Jegliche Zensur, egal zu welchem Zweck, stellt in meinen Augen eine Form der Entmündigung dar.

    „Der Unterschied liegt also dort, wo etwas gesagt wird nicht aus dem dringenden Bedürfnis heraus, es sagen zu wollen, sondern aus dem Wunsch heraus, gesellschaftlichen Einfluss auszuüben, eine wichtige intellektuelle Rolle zu spielen oder eben, noch profaner, Geld zu verdienen. Simone Weil sagt, dass diese Unterscheidung einerseits völlig klar sei, andererseits aber natürlich im Detail schwer zu bestimmen“
    Mag sein, dass sich diese Bedürfnisse klar voneinander unterscheiden lassen. Dennoch bezweifle ich, dass sie völlig isoliert auftreten können. Wo beginnt der Wunsch nach Einfluss? Doch schon da, wo ich wünsche, dass meine Worte nicht an einer Wand abprallen, sondern ins Ohr und ins Bewustsein des anderen einfließen. Was sie dort bewirken, ob sie etwas bewegen, unterliegt nicht mehr meinem Einfluss, da müsste ich zu manipulativen Mitteln greifen. Und selbst da müsste das Gegenüber eine Bereitschaft mitbringen, sich manipulieren zu lassen. Je vielfältiger und bunter, meinetweigen auch chaotischer aber die Informationen, umso geringer meiner Meinung nach die Gefahr der Manipulation.

    Auch ich finde manches Veröffentlichte hanebüchen, es gibt Autoren, die ich als Scharlatane bezeichne, sogar gefährlich, aber ich halte es immer noch für besser, im Einzelfall zu reagieren – was dank Internet ja sehr prompt funktioniert -, als Möglichkeiten zur Beschränkung zu schaffen, welche die Gefahr des Missbrauchs in sich bergen. Im Übrigen gibt es ja durchaus Formen der Selbstbeschränkung, die funktioniern und vorbildhaft sind.

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  26. „Mir ist nicht ganz klar, wieso im allgemeinen und auch hier vergleichsweise viele Leute aus einer Kritik an menschlichem Verhalten und Äußern direkt ableiten, dass da jemand nach einem gesetzlichen Verbot oder der Schaffung von Institutionen ruft.“

    Das die Unterscheidung, auf die sie hinaus will, nicht klassischerweise justiziabel ist, schreibt Weil ja auch selbst. Ich stimme dir aber nicht zu, das das bedeutet das Weil sich sozusagen einen Club der Freiwilligen vorgestellt hat.

    Sie spricht z.B. ganz klar von der Unterdrückung von Zeitungen und der „unerbittlichen“ Beschränkung des Nachrichtenwesens. Es ist auch klar woher diese Beschränkung ihre Legitimität beziehen soll, nämlich aus den „Prinzipien der öffentlich anerkannten Sittlichkeit“. Wo ist denn da noch der wesentliche Unterschied zu der Art von Normen und Gesetzen, die unsere Gesellschaft sich gibt? Man kann das nennen wie man will, aber in der Substanz ist das nichts anderes.

    Das mag alles meiner Unkenntnis von Weils Arbeit geschuldet sein, aber man müsste ihr wohl zumindest eine unglückliche Wortwahl attestieren, falls sie denn tatsächlich gegen jede Art von institutionalisiertem Zwang war. Denn dann hätte man hier ja Beschränkungen die keine sind, Unterdrückung die nicht weh tut und ein Gesetz das nicht zwingend ist.

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  27. @Stefan Frey – ich denke, die frage nach der um- und Durchsetzung ist das Pferd von hinten aufgezäumt. Mich interessiert hier erst einmal, ob Weils Unterscheidung hilfreich ist für die Beurteilung der Legitimität öffentlichen Sprechens. Mich interessiert das deshalb, weil ich mit der Art, wie wir das Prinzip Meinungs- in Pressefreiheit ausleben, nicht wirklich glücklich bin. Dieses ganze „das wird man doch wohl noch sagen dürfen“ Dings. Wobei ich bei Sarrazin z. B. Tatsächlich nicht das Buch selber das Problem fand, sondern den medialen Hype darum. Da finde ich Weils Gedanken schon passend.

    Alle: Ich finde übrigens, dass ihr die Medienkompetenz überschätzt. Sicher muss man die haben und lehren, aber diese Idee des reinen, von Manipulationen unbeeinträchtigten Subjektes ist eine Illusion.

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  28. Das sehe ich auch so, mit einer Einschränkung. Wir sehen wie der Konkurrent von Obama abgebaut wird durch eine Äußerung von ihm, und es ist zu prüfen, ob diese Äußerung von ihm nicht gezielt formuliert wurde, damit Obama mehr an Stimmen erhält, weil man einen Charismatiker braucht um Massen für Kriege im Einverständnis der Massen führen. So kann man davon ausgehen, wenn Meinungen aufgebauscht werden, sind häufig Angriffe unter falscher Flagge, wie das bei dem Angriff auf Christian Wulff sichtbar wurde, ohne seine Klarstellung in Bezug auf sein Angriff auf die Banken auch nur zu erwähnen. So ist zu fragen, warum der Mensch, der Juden ein besseres Gen bescheinigt und Moslemsmädchen für dumm erklärt vielleicht aus der gleichen Ecke kommt, und deshalb die Chance hatte, so hochgespielt zu werden? Stellen wir uns doch nur vor, nur Moslems würden ihre Jungen beschneiden, wie sich aus auf die öffentliche Meinung ausgewirkt hätte? Feindbilder werden wiederholt zelibriert, weil häufig verborgen Absichten damit verbunden sind. In Österreich gibt es den Fall Fritzl, der jahrelang seine Kinder im Keller gequält hat, doch diese Geschichte kreist nun 5 Jahre durch die Medien. „Sieht vielleicht mein Nachbar ähnlich wie dieser Fritzl aus?“ „Darf ich mit solchen Menschen überhaupt reden? Ist es nicht besser ich lese nur noch Zeitung und unterhalte mich überhaupt nicht mehr in der Öffentlichkeit?“ Kann es sein, dass durch diese Medienmethoden die Menschen sich nur noch auf das shopping konzentierenund sich ein Horrorbild von der Welt malen mit klaren Feindbildern? Was wird denn hier in den öffentlichen Verkehrsmitteln gelesen? Österreich und heute z.B. http://www.heute.at/ Heute erscheint mit einer Auflage von 550.000 Exemplaren täglich in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und Burgenland und erreicht täglich 849.000 Leser.

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  29. @AntjeSchrupp:

    „Ich finde übrigens, dass ihr die Medienkompetenz überschätzt. Sicher muss man die haben und lehren, aber diese Idee des reinen, von Manipulationen unbeeinträchtigten Subjektes ist eine Illusion.“

    Ah – und Du hast die Medienkompetenz aber? Oder wer hat die?

    Vor allem ist die Idee des reinen, nur an seine Schäfchen oder öffentliche Wohl denkenden Zensors eine Illusion.

    Im übrigen – wenn jemand findet, ich sei manipuliert durch Message A, kann er mich ja darauf hinweisen. Mein Recht, alle an mich adressierten Botschaften zu empfangen, bleibt doch davon völlig unberührt.

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  30. „…diese Idee des reinen, von Manipulationen unbeeinträchtigten Subjektes ist eine Illusion“

    Und natürlich auch – wenn diese Idee eine Illusion ist, warum dann Maßnahmen ergreifen, um genau dieses Subjekt herzustellen? Schliesslich geht es Weil ja gerade um das manipulationsfreie Subjekt – nur dass sie dabei eben nicht auf dessen Medienkompetenz setzt, sondern auf dessen Bevormundung.

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  31. Und zu guter letzt, sorry – wieso sollte Manipulationskompetenz der Medienkompetenz auf jeden Fall einen Schritt voraus sein? Ist das irgendwie ein Naturgesetz?

    Ich finde, da wird eher die Manipulationskompetenz überschätzt …

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  32. @Antje

    Du schreibst:

    Ich finde übrigens, dass ihr die Medienkompetenz überschätzt. Sicher muss man die haben und lehren, aber diese Idee des reinen, von Manipulationen unbeeinträchtigten Subjektes ist eine Illusion.

    Kommentar:

    Würde ich zumindest auch nicht behaupten, dass ein Subjekt restlos frei von Manipulation sein könnte. Die Frage ist nur: Wer definiert, was Manipulation ist? Da gehen m.E. die Meinungen bereits beträchlich auseinander. Und welche Zensurbehörde soll dann jeweils entscheiden, was Manipulation ist und was nicht?
    Und die „Manipulation“, die m.E. auch besonders destruktiv ist – nämlich die „Volksverhetzung“ bzw. die Rassismusstrafnorm (z.B. Schweiz), ist ja bereits unter Strafe gestellt. Abgesehen davon: Es wird in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung niemand dazu gezwungen, irgendwelche Medien zu konsumieren: Wer will, der braucht keine Zeitung und Zeitschriften zu lesen, der muss auch keinen TV und Radio haben und auch keinen Internetanschluss! Ist alles freiwillig! 🙂
    Deshalb: Medienkompetenz (Medienpädagogik sowie intellektuelle Selbstverteidigung) lehren und lernen und die wirklich destruktivsten Medienmanipulationen unter Strafe stellen wie eben Volksverhetzung/Rassismusstrafnorm dann haben wir vor allem kompetente BürgerInnen, die nicht entmündigt werden und auch den Zensurgelüsten Einhalt geboten wird. 🙂

    PS: Es gibt übrigens von Pierre Bourdieu (Über das Fernsehen) einen interessanten Begriff: Manipulierte Manipulateure. Soll heissen: Auch diejenigen, die manipulieren, werden selbst manipuliert und nicht zuletzt durch ihre eigene Manipulation. -D Es gibt also nicht nur Opfer und Täter, sondern TäterOpfer und OpferTäter.

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  33. Ich halte die Trennung von Meinungs- und Pressefreiheit für sehr hilfreich. Bei mir waren diese beiden Begriffe vor dem Lesen dieses Artikels gefühlsmäßig sehr nah beieinander. Insbesondere erklärt das, warum ich mit gewissen Texten Probleme hatte. (Zum Beispiel halte ich eine Aussage wie „Ich halte das Buch für schlecht“ durch die Meinungsfreiheit gedeckt, aber eine Aussage wie „Das Buch ist schlecht“ durch keine der beiden Freiheiten.)

    Eine solche Trennung hat es ja auch schon rechtlich in einem gewissen Umfang ja auch schon gegeben. In Zeitungen sind Nachrichten und Kommentare ja üblicherweise getrennt. Dabei fällt der Kommentar unter die Meinungsfreiheit, die Nachricht (vermutlich) unter die Pressefreiheit.
    Dort sind dann klar, wer für das Geschriebene verantwortlich ist.
    Bei der Nachricht der Verlag und beim Kommentar der Kommentierende.

    Ich bin mir grad nicht sicher ob diese Trennung durch Gesetz oder einen gesellschaftlichen Konsenz begründet ist/war. Weiß da jemand genaueres?

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  34. Wer definiert, was Manipulation ist?

    Zuerst einmal kann ich das für mich aus meinen Erfahrungen definieren.
    Wenn ich eine Absicht habe, das jemand sich von A nach B bewegen soll, kann ich verschiedene Manipulationstechniken einsetzen. So gibt es die Schulpflicht und es gibt den Lehrer der den Auftrag hat dem Schüler etwas zu lehren, also ihn in seinem Wissensstand von A nach B zu bewegen. Hat der Schüler einen Mangel und will eine bessere Zensur haben, lässt er sich dazu manipulieren, oder ihn interessiert es aus eigenem Forschungsdrang, oder der Lehrer ist von seiner Arbeit so begeistert, dass diese Begeisterung den Schüler ergreift. Wie gelang es gelingt es nun nach den Einübung von Techniken, den Menschen für Kriege vorzubereiten, ja für Kriege zu begeistern? Die Kaiserin Maria Theresia hat die Schulpflicht nur eingeführt, weil sie Kadetten mit etwas mehr wissen für Kriege brauchte. Was ist heute? Zuerst einmal muss mit Hilfe der Manipulation die Werbung so präsentiert werden, damit ein Mangel entsteht, damit der Bürger in einer Überflussgesellschaft mehr und mehr konsumiert. Welche Rolle spielen dabei die Medien? Was ist eine Information? In wieweit stimmt die Information von dpa oder Reuters mit der Realität überein? Inwieweit kann der Redakteur diesen Informationen widersprechen, wenn er andere Quellen hat, die nicht aus der Quelle kommen, aber der Realität entsprechen, ohne seinen Arbeitsplatz zu gefährden? Vielleicht wäre an dieser Stelle einmal Prof. Dr. Michael Vogt einzuladen: http://www.youtube.com/watch?v=pJA3dLc5yZQ

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  35. @Elisabeth – vielleicht kann man Weil so ähnlich verstehen: Meinungsfreiheit muss es wegen des menschlichen Bedürfnisses nach Ehrlichkeit geben (eben weil „das muss man dich wohl sagen dürfen“, ja!)

    Aber es spielt ja eben noch mehr eine Rolle: das Durchsetzen von Interessen, Gewinnabsicht, Eitelkeit, etc. Faktisch wird wegen dieser Dinge auch absichtlich gelogen. Sie fallen daher laut Weil nicht unter „Meinungsfreiheit“.

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  36. @Antje

    Es gibt m.E. genügend Abwehrrechte, sollte die Presse/Medien zu dick auftragen:

    – Volksverhetzung
    – Rassismusstrafnorm (Schweiz)
    – Persönlichkeitsverletzung
    – Üble Nachrede/Verleumdung
    – Gegendarstellungsrecht
    – Etc.

    Und was genau die Wahrheit ist, weiss man auch nicht immer so genau. Sollen nun jeweils die Gerichte entscheiden, was bei jeder Aussage die Wahrheit sein könnte und was nicht: Gerichte nehmen dann quasi den Platz der alles wissenden Wissenschaft mit umfassendem Wahrheitsanspruch ein?
    Abgesehen davon: Werturteile und (mit Einschränkung) gemische Werturteile sind dem Wahrheitsbeweis nicht zugänglich und Aussagen über die Zukunft (wenn es sich nicht gerade um Aussagen im naturwissenschaftlichen Kontext handelt), mögen sie noch so abstrus und propagandistisch sein, sind einem Wahrheitsbeweis auch nicht zugänglich, zumindest nicht in der Gegenwart. Und lügen, ausser in ganz besonderen Fällen (Verleumdung/Üble Nachrede, Falschaussage vor Gericht, Täuschung bei Betrugsdelikt etc.), ist nun mal erlaubt und nicht strafbar. 🙂

    Aber mal ganz allgemein: Ich finde, bei diesem Thema der Pressefreiheit müsste doch mal ganz allgemein einmal geschaut werden: Was für Funktionen und Auswirkungen haben Medien in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft und zwar im historischen und gegenwärtigen und zukünftigen Kontext. Weshalb wurde Pressefreiheit im historischen Kontext für eine freiheitlich-demokratischen Gesellschaft zu einem derart wichtigen Gut etc.
    Welche Akteure wollten Pressefreiheit im historischen Kontext eher beschneiden und aus welchen Gründen? Wie ist das gegenwärtige Medienrecht/Presserecht ausgestaltet und aus welchen Gründen wurde es so ausgestaltet und nicht anders. Wie wird es in anderen Ländern ausgestaltet, wie sieht der internationale Vergleich aus? Wie sieht die Lage in Ländern aus, wo die Pressefreiheit extrem eingeschränkt ist etc.?
    Zudem: Auch Kapital und Pressefreiheit/Meinungsfreiheit müssen keine Gegensätze sein. Ausserdem müsste dann auch mal die Befunde der empirischen Medienwirkungsforschung genau angeschaut werden.

    Zudem: Die Befunde und Schlussfolgerungen der empirischen Journalismusforschung und Mediensoziologie sind überhaupt nicht einheitlich: Du könntest das einmal an den drei folgenden Bücher sehr gut studieren:

    – Meyen, Michael/Riesmeyer Claudia 2009: Diktatur des Publikums. Journalisten in Deutschland.
    Dieses Buch ist sehr zuversichtlich und optimistisch, was die heutigen Medien anbelangt.
    – Weischenberg, Siegfried/Malik, Maja/Scholl, Arnim 2006: Die Souffleure der Mediengesellschaft. Report über die Journalisten.
    Dieses Buch, eher von Vertretern einer Kritischen Theorie geschrieben, thematisiert positive und negative Aspekte
    – Bourdieu Pierre 1996: Über das Fernsehen
    Dieses Buch ist eher eine sehr pessimistische Zeitdiagnose im Bezug auf die Medien.

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  37. Meyen, Michael/Riesmeyer Claudia 2009: Diktatur des Publikums. Journalisten in Deutschland.

    Meine Antwort
    Mit dem Wegfall der Ideologien außer der kapitalistischen, die uns ja viel tiefer erwischt hat, als wir wahrhaben wollen, ist der Journalist wie im Sport oder anderen Berufen bestrebt möglichst aufzusteigen, bekannter zu werden, und das gelingt ihm, wenn er möglichst viel Publikum erreicht, somit ist er einzureihen ist das kapitalistische Erfolgskonzept, wer dagegen verstößt, weil es ja die Manipulation gibt, die den Kaufenden, d.h. das Publikum in Mangel halten will, der darf in den Medien nicht weiter gefördert werden, und das weiß natürlich der erfolgsorientierte Journalist. So ist es nicht erstaunlich, dass alleine dadurch die Berichterstattung immer weniger an ethischen Grundsätzen orientiert sind, sondern an der Einkommensmaximierung. So hört man wenig von Wissenschaftlern wie Franz Hörmann, die das Ende des Geldes voraussagen oder er wird in den Medien lächerlich gemacht, wie auch das bedingungslose Grundeinkommen immer wieder als nicht finanzierbar heruntergespielt wird. Eine Gesellschaft die auf Profit ausgerichtet ist, muss im Mangel gehalten werden, solange bis bei überfüllten Geschäften die Menschen hier verhungern. Und die Meinungsvervielfältiger müssen sich immer mehr auf weniger Prinzipien des Kapitalismus konzentieren, weil das der Markt der Konkurrenz durch die Bedingungen des Kapitals mit dem Märchen von Angebot und Nachfrage erfordert. Letztendlich sind diese Prozesse immer noch an einer Hierarchie orientiert von höher, weiter und schneller, die uns bis zur Bewusstlosigkeit in das Chaos stürzen muss, damit wir die Langsamkeit jenseits davon erkennen. Die Ausgestiegenen erleben das schon, doch wie kann ein Journalist der in diesem Hamsterrad mitwirkt das erkennen? Vielleicht muss er erst ausbrennen, weil er sich nicht mehr spürt und das geht sehr schnell, wenn die inhärende Ethik verloren gegangen ist.

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  38. wer wissen will, was folgt, muss ja schon pläne haben, wie er das erreichen kann, ist da nicht schon ein plan eingebaut, der die anderen in eine bestimmte richtung bewegen will? es gibt ja unterschiedliche methoden sich durchs leben zu bewegen, es gibt die intuition und den richtigen zeitpunkt ohne das ich es wissen muss, und es gibt die absicht, eine art nützlichkeitsdenken, die wir in der apfelpflücksprache verwenden, das eignet sich zum apfelpflücken, für die kommunikation zwischen menschen müsste ganz viel manipulation betrieben werden um etwas erfolgreich werden zu lassen. das beherrscht die massenpsychologie immer besser, im einzelnen ist dieses verhalten eher tragisch und erzeugt keine freiräume für dialoge.

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  39. Nachdem hier mehrfach betont wurde, dass Weil ja nicht von zu erlassenenden Gesetzen und zu installierenden Autoritäten spricht (bzw. nicht so verstanden werden sollte) fällt mir ein:

    Haben wir so ein Reglement nicht bereits lange schon in Gestalt des „Pressekodex“?

    Und wir sehen ja, was es genützt hat.

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  40. @Elisabeth – Gemeinsames Kaffeetrinken ist immer eine gute Idee, allerdings ist dieses Blog hier ja eine öffentliche Plattform und soll es auch sein. Dinge, die man beim Kaffeetrinken bespricht, sind privat und nicht öffentlich, es sei denn, man macht einen Podcast draus 🙂

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  41. @ Claudia: Wenn irgendwer vor irgendwas geschützt werden muss, liegt es nahe, dass irgendwer die Rolle des Beschützers einnehmen will, und das wäre dann auch eine Art Autorität.

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  42. Die „zwei Weisen“ öffentlich zu sprechen, gibt es meiner Meinung nach nicht in unterscheidbarer Form. Die vorgeblich so einfach-klare Unterscheidung ist doch einem recht idealisierten – um nicht zu sagen: naiven oder zumindest hochgradig abstrakten – Weltbild geschuldet. Nie und nimmer lassen sich Äußerungen, die auf dem Bedürfnis nach „einfacher“ Meinungsbekundung gründen von denen sauber trennen, die mit den genannten inkriminierten Motiven behaftet sind.

    Sowenig es „reine Motive“ gibt, gibt es „reine Liebe“, „reine Präferenzen“ usf. Daran scheitern ja auch regelmäßig simplifizierende Markt- und Gesellschaftsmodelle, wenn es um die Erklärung vordergründig (ir-)rationalen Handelns geht. Ich kann sehr wohl einerseits meine persönliche Meinung zu einem politischen Problem äußern; und zeitgleich – am Ende gar unbewusst – mit dieser Äußerung meine materiellen Interessen, sozialen / sexuellen Bedürfnisse, you name it befördern.

    Danke für den Denkanstoß. A pleasure, as always 🙂

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  43. @Marcus – Ich finde schon, dass diese beiden Weisen klar unterscheidbar sind, nicht so leicht ist es jedoch, diese Unterscheidung auf einen konkreten Fall anzuwenden. Es ist wie bei so vielen Dingen: In der Realität kommt beides immer nur vermischt vor, aber vom Prinzip her sind die Unterschiede sehr klar.

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