Kleiner Versuch, den Atheismus zu verstehen

Nachdem mein Buch „Frankfurter Antworten auf die Gretchenfrage“ herausgekommen war, kam die Frage auf, warum ich nicht auch jemanden aus dem Bereich Atheismus interviewt habe. Dafür gibt es Gründe, trotzdem interessiert mich das Thema, und ich würde dem gerne nachgehen.

Erste Rechercheversuche ergeben jedoch, dass das ein seeeehr weites Feld ist. Das fängt schon mit der Frage an, ob der Atheismus eine Weltanschauung ist (und insofern überhaupt mit einer Religion vergleichbar) – eine kurze Twitterumfrage, die ich vorhin startete, ergab die überwiegende Antwort: Ja, isser. Allerdings antworteten einige auch: Nein, isser nicht.

Die Antwort, die ich am interessantesten fand, war die von @nineberry, wonach Atheismus ein Oberbegriff über viele verschiedene Weltanschauungen ist (ähnlich wie „Theismus“ der Oberbegriff über alle Weltanschauungen, die auf die eine oder andere Weise von „Gott“ reden).

Ich habe natürlich alle möglichen Definitionen über den Atheismus gelesen, aber Definitionen interessieren mich bei dem Thema nicht wirklich, ebensowenig wie sie mich bei Religionen interessieren. Sondern mich interessiert die Bedeutung, die der Atheismus konkret für das persönliche Leben einzelner Menschen spielt, wie sie dieses Denken füllen, was ihnen wichtig ist und so weiter.

Deshalb stelle ich hier jetzt einfach mal ein paar Fragen in den Raum, in dem Versuch, dem Phänomen Atheismus irgendwie auf die Spur zu kommen bzw. es überhaupt erst einmal zu einer sinnvollen Fragestellung zu bringen.

Wobei ich diese Fragen speziell an Leute stellen möchte, die von sich selbst sagen würden, dass sie Atheist_innen sind (also zum Beispiel meine ich nicht Agnostiker_innen, die davon ausgehen, dass man die Frage nach Gott weder positiv noch negativ beantworten kann, sondern Leute, für deren Weltanschauung die Überzeugung, dass es Gott NICHT gibt, zentral ist).

Also, hier meine Fragen:

Bezeichnet ihr euch aktiv als „Atheist_in“? Bei welchen Gelegenheiten?

Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

Welche Rolle spielt bei eurem „Bekenntnis“ zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den „real existierenden“ Religionen?

Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von „Gott“ an etwas anderes „glaubt“? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des „Glaubens“ für prinzipiell problematisch? Warum?

Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

Das waren jetzt so ein paar Fragen, die mir dazu eingefallen sind. Vielleicht gibt es ja welche, die Lust zum Antworten haben. Aber ihr könnt natürlich auch andere Punkte in die Kommentare schreiben, die euch zu dem Thema relevant zu sein scheinen! Thanks!

PS: Achja, und Links zu interessanten Blogposts zum Thema wie zum Beispiel diesem sind auch willkommen.

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

123 Gedanken zu “Kleiner Versuch, den Atheismus zu verstehen

  1. 1. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Ja, aber selten. Eigentlich nur, wenn ich direkt gefragt werde oder mich für die Nichtteilnahme an irgendwelchen Kirchenveranstaltungen rechtfertigen soll. Ich hab’s auch in meiner Twitter-Bio stehen, um von vornherein klarzustellen, dass man bei mir mit Frömmelei & Co keinen Blumenpott gewinnen kann.

    2. Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Der Glaube an einen Gott war mir schon als Kind völlig fremd und wurde von meinen Eltern auch nicht gefördert. Ich durfte zwar Kindergottesdienste mit meinen Freundinnen besuchen, wenn ich Lust dazu hatte, habe aber auch da schon immer das Gefühl einer „Märchenstunde“ gehabt, die zwar unterhaltsam war, aber nichts mit meinem Leben zu tun hat.

    3. Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Der Freundeskreis ist da heterogen. Wir lassen uns allerdings gegenseitig mit dem Thema in Ruhe.

    4. Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Sie spielt für mich nur dann eine Rolle, wenn die „real existierenden Religionen“ versuchen, ihre Wertvorstellungen und Regeln für allgemeingültig zu erklären und auch allen anderen überzustülpen. Wenn z.B. jemand diesen unsäglichen Unsinn von sich gibt, ohne den Glauben an Gott gebe es keine Werte/Moral/Liebe/Mitgefühl etc. – dann sage ich ziemlich deutlich meine Meinung.

    Ansonsten ist mein Nicht-Glauben an Gott für mich exakt so wie mein und dein – (dir von mir jetzt einfach mal unterstellter) Nicht-Glauben an rosa Einhörner, die um Mitternacht in deinem Garten tanzen. Das ganze Konzept ist für mich buchstäblich nicht glaub-würdig, so dass sich unter normalen Umständen jede Diskussion darüber erübrigt.

    Das ist auch der Grund, warum ich persönlich Atheismus auch nicht für eine Weltanschauung halte. Sonst wäre das Nicht-Glauben an rosa Einhörner auch eine. Oder um meinen Lieblingsvergleich zu bemühen: Atheismus ist ebensowenig eine Weltanschauung wie man einen ausgeschalteten Fernseher als zusätzliches TV-Programmangebot bezeichnen kann.

    Die Debatte über Atheismus entsteht schließlich immer nur aus dem Antagonismus zu den real existierenden Religionen, aber nicht aus sich selbst heraus. In einer Welt ohne Religionen müsste man über den Atheismus kein Wort verlieren.

    5. Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Nein, ich glaube an nichts anderes. Ich wüßte auch nicht, an was.

    6. Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Es beeinflusst mein Handeln nur dort, wo mein Recht auf Religions-Freiheit (im Sinne von „frei von Religion“) in Frage gestellt wird und ich mich für mein Recht aufs Nicht-Glauben stark machen muss.

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  2. Seit Jahren fühle ich mich mit der Bezeichnung ‚Agnostiker‘ am wohlsten; dank Wikipedia gefällt mir auch der ‚Ignostizismus‘.

    Jedoch ist Glaube praktisch nie ein Thema; das geht soweit, dass mir persönlich unwohl wird, wenn über Weltanschauung gesprochen wird.

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  3. Atheismus ist hier also etwas anderes als die Abwesenheit von Religiosität oder Glauben? Dann kann ich nicht damit dienen.

    Doch der Lexikondefinition nach bin ich wohl Atheistin, religiöse Menschen bezeichnen mich als solche. Selbst sage ich: „Ich bin nicht gläubig.“ Das weiß ich auch deshalb so genau, weil ich die ersten gut 20 Jahre meines Lebens gläubig war (katholisch großgezogen, in der Jugend ziemlich engagiert).

    Irgendwann merkte ich, dass der Glaube weg war (ich muss immer an Kästners „Sachliche Romanze“ denken, in der die Liebe verloren gegangen ist). Schon als Teenager betete ich immer weniger Teile des apostolischen Glaubensbekenntnisses mit, Anfang 20 zog ich die Konsequenz aus meinem immer größeren Widerstand der katholischen Kirche gegenüber, indem ich austrat. Danach befasste ich mich mit dem Protestantismus als Alternative, bis ich mit etwa 26 feststellte, dass ich dabei vorging wie bei der Analyse eines Parteiprogramms. Und feststellte, dass mir der Glaube abhanden gekommen war.

    Weder fühlte ich mich befreit noch fehlt mir seither etwas. Allerdings kommen mir Religionen seither immer bizarrer vor. Ich halte sie auch für gesellschaftlich schädlich: Eine dem Menschen übergeordnete Instanz als Maßstab für menschliches Handeln anzunehmen, sich nicht den Menschen verantwortlich zu sehen, sondern dieser Instanz – ist menschenfeindlich und gefährlich instrumentalisierbar. Deswegen sehe ich berufsreligiöse Spitzenpolitikerinnen/Staatsoberhäupter mit Misstrauen.

    Mein Freundeskreis hat zum großen Teil eine ähnliche Entwicklung zum Unglauben durchlaufen, allerdings habe ich von allen die aktivste Religionsvergangenheit.

    Die Sicht auf Religion (die ich zur Esoterik zähle) als bizarr ist durchaus Teil meines Alltags. Die kognitive Dissonanz, die für Religiosität/Esoterik nötig ist, bewundere ich zwar in sportlicher Hinsicht, doch sorge ich mich: Wenn man einem Menschen sowas andrehen kann – was kann man ihm oder ihr dann noch so andrehen?

    Meine Werte entspringen der christlich-abendländischen Kultur und dem Bedürfnis, dass es möglichst vielen Menschen gut gehen möge (bin allerdings bereit, die Priorität der menschlichen Art in Frage zu stellen). Der Spieltheorie nach ist das am ehesten durch Kooperation zu erreichen.

    Ich glaube wider alle Vernunft an die Vernunft als Königsweg – das ist echter Glaube, denn nichts belegt ihre Praktikabilität.

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  4. Liebe Antje, da bin ich mal so gespannt wie du! 🙂 Hier meine Antworten.

    1. „Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?“

    Wenn es um die Frage geht, ob ich an einen persönlichen Gott, genauer einen Gott nach abrahamitischer Vorstellung glaube, dann ja.

    2. „Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? …“

    Ich bin sozusagen ‚gottlos‘ aufgewachsen – in meiner Erziehung spielte Gott keine Rolle, bzw. wurde darüber als etwas gesprochen, woran Menschen ‚früher‘ geglaubt haben, als sie keine besseren Erklärungen für Naturphänomene hatten. Entsprechend erscheint mir jede Vorstellung, an Gott zu glauben als etwas ‚zusätzliches‘, bisher nicht benötigtes.

    Vor relativ kurzer Zeit ist mir zusätzlich noch bewusst geworden, wie ’natürlich‘ das menschliche Bedürfnis ist, alles Erlebte in eine sinnhafte Geschichte zu packen und diese Geschichte auch möglichst verbindlich mit mehreren zu teilen und zu leben, und wie stark und wie selbstverständlich dieses Bedürfnis sich entwickelt und die Geschichten weitervermittelt werden. Und je mehr und je bessere Erklärungen es dafür gibt, wie Glaube entsteht, wirkt und gepflegt wird, umso naheliegender erscheint mir eine atheistische Sichtweise.

    3. „Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?“

    Wie es überwiegend aussieht, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Vereinzelt kenne ich atheistische, „neuheidnische“ und ähnliche, oder eben agnostische Sichtweisen.

    4. „Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?“

    Keine, das kann ich trennen. Ich glaube nicht deshalb nicht an einen persönlichen Gott, weil mir die entsprechenden Religionen nicht zusagten sondern weil ich keinen Grund sehe, an einen persönlichen Gott zu glauben.

    5. „Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?“

    Ich ahne, dass es mit Sicherheit mehr gibt in diesem Universum als wir je erfahren werden können. Auch bin ich mir meines menschlichen Bedürfnisses nach einer großen gesamten Sinnhaftigkeit, derer Teil ich sein möchte (siehe oben), bewusst, und dass ich vielleicht glauben würde, wäre ich nicht anders aufgewachsen.

    Aber Glaube als etwas, was die gesamte Wahrnehmung des Lebens prägt, das Festhalten beispielsweise an einer bestimmten Schrift, ohne sie als stets neu zu interpretierendes, von Menschen gemachtes Sinnbild sondern ebeb als göttliche Verkündung einer sich nie ändernden konkreten Wahrheit zu sehen, das halte ich für problematisch, ja. Denn hier schwingen sich letztlich in meinen Augen nur Menschen zum Göttlichen auf, indem sie sich „anmaßen“, Göttliches als solches benennen zu können – für mich ein ständiger Widerspruch im Glauben: Das Jenseitige wird definiert als das diesseits schlicht nicht greifbare, doch werden dennoch stets Aussagen und Glaubenssätze darüber gemacht.

    6. „Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?“

    Das kann ich sehr schlecht beantworten. Dazu müsste ich wissen, wie es sich anfühlt, zu glauben und wie es meine Entscheidungen und Empfindungen prägt, um es dann als ‚abwesend‘ bezeichnen zu können. So aber fehlt mir da ein bißchen die Vorstellungskraft, glaube ich.

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  5. Ich bin Atheist, weil es nicht den geringsten Anhaltspunkt für die Existenz eines höheren Wesens gibt. Daher lehne ich es auch ab, Moral auf antiken Schriften fußen zu lassen. In die jeweiligen Werke wird sowieso hineininterpretiert, was dem gerade herrschenden Klerus in den Kram paßt. Daraus leiten sich für mich einige elementare Dinge ab:

    * Es gibt kein Leben nach dem Tod. Was ich in diesem Leben nicht erfahre oder zuwege bringe, bleibt unerfahren und -erfüllt. Also versuche ich, das beste aus meinem Leben zu machen.

    * Menschen, die mir wichtig und die verstorben sind, leben nur in meiner Erinnerung weiter.

    * Da dies für alle so ist, muß das Ziel aller Menschen sein, daß jeder Mensch ein lebenswertes und erfülltes Leben haben kann. Es gibt keinen anderen Ort, an dem alles besser wird für die, denen es schlecht geht. Keine Ausreden.

    * Mein Leben hat keinen tieferen Sinn. Es ist einfach da, und das ist in Ordnung so.

    Ich weiß, daß es einfacher ist, an etwas zu glauben, das einem einen Sinn gibt und Hoffnung über den Tod hinaus. Viele halten sich daran fest. Vielleicht ist das auch gar nicht schlecht so. So einfach möchte ich es mir aber nicht machen, und die Auswüchse des Glaubens — institutionalisierte, ausgrenzende, machtergreifende, unterdrückende, markierende Religion — heben das Salbende mehr als auf.

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  6. 1. Wofür? Das machen meist andere, die es als Erklärung brauchen.
    2. Katholische Erziehung, da bleibt nichts anderes.
    3. Ja, außer sie wollen grade ihre Kinder taufen lassen.
    4. Keine.
    5. Warum? Das „Konzept des ‚Glaubens'“ ist nicht problematisch, nur die ihm zu Grunde liegende Dummheit.
    6. Nein.

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  7. 1. Ich bin bekennender Atheist, jedoch nicht in missionarischer Art und Weise, sondern bekenne mich nur dazu, wenn ich danach gefragt werde. Propagiere meinen Glauben also nur auf Nachfrage. (nenne Atheismus jetzt auch mal Glauben, da es laut Popper ja nur Vermutungswissen gibt, absolute Wahrheit und sicheres Wissen kann ein Mensch nie haben, aber meine Vermutung geht ist doch etwas stärker ausgeprägt, als dies bei Agnostikern der Fall ist).

    2. Wurde von niemandem dazu erzogen und in diese Richtung gestupst, da das Umfeld in dem ich aufgewachsen durchwegs religiös ist. (Da reichte die Bandbreite vom streng katholischen Kirchgänger bis zu jenen, die keinerlei religiöse Rituale pflegen, aber so ihren ganz eigene Form des Glaubens haben. Ohne Gott kommt jedenfalls niemand aus – nicht mal die Naturwissenschaftler unter meinen Bekannten.) Meine atheistische Lebenseinstellung/Meinung (habe mir über eine genaue Einordnung nicht den Kopf zerbrochen) hat sich einfach durch meine naturwissenschaftliches Interesse und dem Wissen, das ich mir dabei aneignete, ergeben. All dieses Wissen ist mit einem Glauben an Gott einfach unvereinbar. Zumindest für mich ist ein solches Wesen, dass unser Universum (und auch die anderen) geschafft hat und beherrscht einfach denkunmöglich (mag auch an meiner bescheidenen Intelligenz liegen).

    3. Wie schon vorhin erwähnt: Bekanntenkreis durchwegs in sehr unterschiedlicher aber doch in irgendeiner Weise religiös. Mein Atheismus und Religion ist im Allgemeinen nur zu besonderen Anlässen Thema (zu Ostern zB, wo ich mir mein Recht auf G’selchtes und Reindling stets unter starkem Widerstand und „Erniedrigung“ hart erkämpfen muss.)

    4. Ich bin nicht so naiv, um zu glauben, dass die Welt besser aussehen würde, wenn alle Menschen Atheisten wären. Religionen sind wie auch der Atheismus immer Auslegungssache, also das was die Menschen daraus machen. Meine Religionskritik ist daher eher eine Grundskepsis gegenüber den Menschen und ihrer Ziele und Absichten. Dieses Skepsis schließt damit alle Religionen ein und auch den Atheismus nicht aus. All meine Glaubenskritik richtet sich an den klassischen Maßstäben der Menschlichkeit und Fragen von Gut und Böse (auch ein weites Feld).

    5. Inwieweit der Atheismus in meinem Alltag eine Rolle spielt, kann ich schwer sagen, da ich mir schwer vorstellen kann, dass mein Handeln wesentlich anders wäre, wenn ich an Gott glaubte. Schließlich decken sich die traditonellen humanistischen moralischen Grundsätze auch mit denen der großen Weltreligionen übereinstimmen (der Unterschied liegt meiner Meinung nach eher im Geltungsbereich, also im Inhalt – also zB Ungläubige darf man töten). Atheismus macht für mich aber in der Lebenseinstellung und in der Herangehensweise an Probleme eine Unterschied zu religiösen Weltbildern: Ich glaube nicht an Gott, es gibt keinen Schöpfer für und vor allem gibt es keinen Retter für uns Menschen. Wir sind für unser Glück selbst verantwortlich, und wir haben es auch gleichzeitig in der Hand wie wir unsere Welt gestalten. Kein Gott wird uns vom falschen Weg abhalten, kein Gott uns Strafen oder belohnen, wenn wir gute Menschen sind. Das einzige, das uns vor Irrwegen bewahrt sind offene Augen und eine offene Herzen und ein heller Verstand, die uns die Folgen unseres Handelns sehen und begreifen lassen und die uns Unheil von uns wie auch unseren Mitmenschen abwenden lassen. Gottes Zeigefinger wird uns nicht den Weg weisen, für unseren Weg müssen wir uns jeden Tag aufs neue selbst entscheiden.

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  8. Hallo Antje,

    ich bin ein alter Bekannter von Malu und habe Deinen Beitrag so entdeckt.

    Zu einem kleinen Versuch eine kleine Antwort.

    Kein Atheist, der sich so nennt, ist einer. Allein die Bezeichnung schließt ein, die Existenz eines wie auch immer gearteten „Gottes“ anzuerkennen. Niemand kann etwas ablehnen, ohne dessen Existenz an sich als „wahr“ voraus zu setzten.

    Ich dagegen bin im Wortsinn ungläubig.

    Ich glaube nicht,

    Niemandem.

    Alle Religionen haben seit dem Zeitalter des Homo erectus nur einen Sinn: Einigen Wenigen, einer Kaste, einem Herrscher etc. MACHT über andere zu verleihen.

    Auch heute noch entstehen ALLE bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Staaten, Ländern, Clans, usw. nur unter Berufung auf einen „Glauben“.

    Und meint immer die Erhaltung von Macht.

    Niemand sieht das, oder spricht es aus,

    ‚Gruß

    Ludwig

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  9. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?
    Nein, der Begriff ist mir zu absolut und eine Schublade. Dennoch glaube ich nicht an einen Gott.

    Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?
    Es gab für mich bis zum 16. Lebenjahr keine Berühungspunkte mit irgendeiner Religion.

    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?
    Meine Freunde aus der Heimat glauben größtenteils nicht an Gott und haben auch keine Relegionsbindung. Meine Freunde hier (ich wohne mittlerweile im MTK) sind fast alle katholisch, ob sie auch glauben, weiß ich nicht, es ist selten Thema. Allerdings werden einige kirchlichen Rituale eingehalten (Taufe, Firmung etc.), nur zum Gottesdienst geht keiner.

    Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?
    Keine.

    Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?
    Nein.
    Nein. An sich selbst glauben ist beispielsweise wichtig 😉 Glauben hat für mich etwas mit Vertrauen zu tun und vertrauen zu können finde ich wichtig.

    Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?
    Das ist eine gute Frage, ich habe keine spontane Antwort darauf. Ich denke aber eher nicht.

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  10. Liebe Frau Schrupp,

    Ihren Blog lese ich schon seit geraumer Zeit, fühle mich immer angeregt und heute drängt es mich, zu antworten.

    Ein bisschen erinnert mich Ihr Fragen an das Erforschen einer ausgestorbenen Tierart. Dabei sind sie mitten unter uns, die Atheisten, und ich bin eine von Ihnen. Schon meine Eltern waren Atheisten, schickten mich aber in Religionsunterricht jeglicher Couleur, damit ich mir selbst ein Bild machen konnte. Mein Bild wurde geprägt durch den portugiesischen Pfarrer, der den katholischen Unterricht hielt und den evangelischen Pfarrer, der den evangelischen UND den Ethik-Unterricht hielt. Zu gerne hätte er der Elternbeiratsvorsitzenden (meiner Mutter) die Tochter geistig abspenstig gemacht und versuchte daher mit verbaler Gewalt mir klar zu machen, dass einzig das evangelische Christentum humantär gesinnt sei. Da wäre ich doch lieber wieder zu Pfarrer Rodriguez zurück gekehrt, der mir nur Fegefeuer verhieß, meinen Eltern aber die ewige Hölle.

    Spaß bei Seite, eine meiner ältesten Freundinnen ist Pfarrerin und ich bewundere sie für ihren klugen und Anteil nehmenden Umgang mit Menschen. So, wie ich jeden bewundere, der sein Leben gut auf die Reihe kriegt und nebenbei noch Gutes tut. So auch meine Freundin in Mexiko, die aus christlichen Motiven seit vielen Jahren dort Hilfe zur Selbsthilfe auf verschiedenen Feldern leistet. Ich unterstütze ihre Arbeit sehr gerne, sie weiß, dass ich ihre Einstellung nicht teile und die Sache eint uns.

    Als Lehrerin bin ich permanent damit konfrontiert, dass unsere Gesellschaft alles andere als säkular geprägt ist. Der Religionsunterricht wird so sorgsam gewährleistet wie keine Mathestunde (ich unterrichte Kunst, Musik und Darstellendes Spiel und erspare mir und den Lesern jetzt jeglichen Kommentar zur Situation dieser Fächer), zweimal im Jahr latscht die ganze Schule zum Gottesdienst, wo dann ich (???) darüber wache, dass die Pubertierenden, frisch Konfirmierten die Veranstaltung nicht sprengen. Ich habe noch keine Allianz bilden können, die geneigt wäre, in der Schule eine nicht-religiös (puh, bloß nicht atheistisch nennen, das sind doch alles Kommunisten) geprägte Gegenveranstaltung aufzuziehen, aber wir haben jetzt endliche eine Ethik-Lehrerin, die NICHT Religionslehrerin ist, an die werde ich mich halten.

    Ich bin fest davon überzeugt, dass es keinen Gott und keine Götter gibt. Es gibt mich und meine Verantwortung für mich. Wenn jemand stirbt, bin ich wahnsinnig traurig, denn das ist das Ende. Den Tod meiner Mutter habe ich nur schwer verarbeitet. Das halte ich für angemessen.
    Weiterhin halte ich für angemessen, weil menschlich, das, was mir gut tut, auch anderen zuteil werden zu lassen. Insofern bin ich besorgt über die Entwicklung unserer Gesellschaft, die trotz – oder wegen? – ihrer christlich-abendländischen Tradition nicht in der Lage ist, zu teilen, Respekt zu üben und neugierig zu sein.

    Danke für die Fragen! Wer liest die Antworten?

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  11. Die Definition von Atheismus, die du aufstellst, („Überzeugung, dass es Gott NICHT gibt“) macht es meiner Meinung nach schwerer, Atheismus zu verstehen. Denn viele Atheisten sehen sich gleichzeitig als Atheist und Agnostiker, anstatt die beiden als Widerspruch zu sehen. Wenn du nur Meinungen von „absoluten Atheisten“ willst, denke ich, dass die Mehrheit der Atheisten da raus fällt.

    Ich entspreche zwar nicht 100% deiner Definition von einem Atheisten, werde aber trotzdem mal antworten.
    Ich bin nicht unbedingt der sicheren Überzeugung, dass es keinen Gott gibt, aber ich gehe davon aus, denn für mich gibt es keine Hinweise oder gar Beweise, die darauf hindeuten. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass es mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ keinen Gott gibt.
    Das heißt nicht, dass sich diese Überzeugung nicht ändern würde, wenn es denn mal ausreichend Gründe dafür gibt. (Eine Stimme aus dem Himmel, die mir sagt: „Hallo, ich bin Gott“ würde mich schon dazu bringen, meine Ansichten zu überdenken. Wenn ich dann noch nach einem fliegenden Elefanten fragen könnte, um sicherzugehen, und es würde wirklich direkt einer vorbei fliegen, dann wäre ich wohl überzeugt.)
    Achja, und ich würde diese Überzeugung auch nicht unbedingt als zentral für meine Weltanschauung bezeichnen.

    Also zu den Fragen:
    Ja, ich bezeichne mich aktiv als Atheist. Zum Beispiel, wenn mich jemand nach meiner Religion fragt, oder auch sonst, wenn das Gespräch auf dieses Thema kommt.

    „Zum Atheismus gekommen“ bin ich selbst, und zwar schleichend. Ich bin in einer sehr christlichen Familie aufgewachsen, und als ich ca. 14 war kamen dann erste Zweifel, die dann größer wurden und dazu führten, dass ich Religion immer mehr abgelehnt habe. Ungefähr mit 17 wurde mir dann bewusst, dass man mich wohl als Atheist bezeichnen könnte.

    Zu den Leuten in meinem Bekanntenkreis: Die, die ich von früher her kenne, sind zum Großteil christlich. So ist das eben, wenn man von den Eltern in Kinderkirche, Kinderstunde, auf christlichen Freizeiten, in Jugendkreis und so weiter geschickt wird. Ansonsten habe ich heute eher Kontakt mit Atheisten oder Menschen, denen Religion egal ist.

    Ob es ein Thema ist im privaten Kontakt: Mit anderen Atheisten ja. Also man unterhält sich z.B. darüber, wie es sich lebt als Atheist mit einer christlichen Familie und so weiter. Mit Gläubigen ist es eher kein Thema. Man will den anderen schließlich nicht verletzen, und eine Diskussion wäre wohl sowieso eher sinnlos. Vereinzelt habe ich schon mit Leuten, die mir nahe stehen, und die Christen sind, darüber diskutiert, aber das führt zu nichts und hinterlässt nur Frustration auf beiden Seiten, meiner Erfahrung nach. Also lassen wir das lieber.

    Die Ablehnung und Kritik an Religionen spielt für mich eine große Rolle, aber das kommt wohl nur daher, dass ich eben aus einem sehr christlichen Umfeld komme und immer noch viel damit zu tun habe. Das führt eben dazu, dass man sich viel damit auseinandersetzen muss.
    Würde man in einem Umfeld leben, in dem Religion keine große Rolle spielen würde, dann müsste man auch nicht so viel Zeit damit verbringen, Dinge zu kritisieren. Logischerweise.

    Aber direkt verknüpft ist diese Kritik an Religionen mit meinem Selbstverständnis als Atheist nicht. Das hat meiner Meinung nach nicht einmal unbedingt etwas miteinander zu tun.

    „Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?“
    Nein, ich glaube auch an nichts anderes. Ich verstehe auch nicht, wie man von etwas ausgehen kann, für das es nicht zumindest begründeten Hinweise gibt. Man braucht doch eine Grundlage, um etwas für wahr halten zu können. Vielleicht sind gläubige Menschen ja der Ansicht, es gäbe diese Hinweise, und sie kommen selbst nach logischer Überlegung eben auf die Schlussfolgerung, dass es einen Gott gibt. Ich komme eben zu einer anderen Schlussfolgerung. Aber dass jemand etwas „glauben“ will ohne irgendwelche wirklichen Gründe („man muss es einfach glauben, es gibt keine Beweise“), das finde ich sehr schwer zu verstehen.

    „Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?“
    Die Frage finde ich schwer zu beantworten, denn warum sollte die Tatsache, dass man Atheist ist, dazu führen, dass man sich bestimmt verhält? Es ist ja dann eher die Weltanschauung, an der man sich bei seinem Handeln orientiert, und die kann ja bei verschiedenen Atheisten komplett unterschiedlich sein.
    Das einzige, was mir einfällt, ist eben, wenn es konkret darum geht, eine Religion praktisch auszuüben oder nicht. Wenn ich zusammen mit Leuten esse, die vor dem Essen beten, dann falte ich eben nicht meine Hände und schließe nicht die Augen, sondern sitze einfach still da, bis sie fertig sind. Genauso bei anderen religiösen Gepflogenheiten.
    Ansonsten wüsste ich nichts, was ich aus dem Grund mache, dass ich Atheist bin.

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  12. Zur 2. Frage ?????
    Man kann zu einem Gottglauben kommen und auch wieder davon weg.
    Das ist wie mit Kleidern, man wird nackt geboren und jemand zieht sie einem über.
    Kann man auch wieder ausziehen.

    Die Frage 2 ist ähnlich wie “ Wie sind sie dazu gekommen kein Zeitungsabo zu haben?“ Man kann antworten, man hat das Abo gekündigt weil ….
    Das geht aber nur wenn man sich mal ein Abo hat andrehen lassen.
    Die richtige Frage wäre „Haben oder hatten Sie einmal ein Abo?“

    Ich bin nie auf die Idee gekommen eine Zeitung zu abonnieren und unterschreibe auch nichts an der Haustür.

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  13. Terrorzicke hat Deine Fragen so schön gelistet, das Schema übernehme ich gerne 🙂

    1. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Nein eigentlich nicht. Ich würde das tun, wenn ich mich aktiv mit Fragen der Religions- und Kirchenkritik beschäftigen würde, zum Beispiel in einem Verein wie dem IBKA oder der GBS. Bei letzterer habe ich auch schon reingeschnuppert. Das ist alles interessant, aber irgendwie sind mir andere Hobbys wichtiger.

    2. Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Ich bin kirchlich sozialisiert, mit allem was dazu gehört. Als Landei war für mich und meine Kumpels Kirche auch immer Heimat, Kultur, soziales Event. Der Aspekt geht aber verloren, wenn man berufsbedingt zigmal umziehen muss. Dann verschwindet die Kirche genauso aus dem Leben, wie das Dorf der Kindheit. Irgendwann habe ich es dann noch einmal versucht und recherchiert, woran ich als zufälliges Mitglied einer bestimmten Kirche (ev.) eigentlich zu glauben habe. Ich fand das alles so abwegig und unverständlich, dass ich es bleiben gelassen habe. Da ich nichts von passiven Vereinsmitgliedschaften halte bin ich dann konsequenterweise auch ausgetreten. Ich finde man sollte nicht qua Geburt einer Kirche angehören.

    3. Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Kann ich nicht sagen. Man versucht das Thema eher zu meiden, da viel Konfliktpotenzial darin steckt.

    4. Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Das spielt schon eine große Rolle. Als getaufter Christ ist man ja in der Situation, dass man sein bisheriges Leben zu einem christlichen Verein gehört hat und sich irgendwann bewusst dagegen entschieden hat. Menschen, die von vorneherein in einem konfessionslosen Haushalt aufwachsen, haben es einfacher. Ich mag den Spruch „Atheisten sind Menschen, die die Bibel ernst nehmen“. Wenn man sich mal darüber im klaren geworden ist, wie extrem erfunden die ganzen Religionen sind, kann man sein Leben keiner irgendwie gearteten zusammenfabulierten Theologie, Katechismen und spätmittelalterlichen Glaubensbekenntnissen unterwerfen. Ich habe meinen Kirchenaustritt als eine große Befreiung empfunden.

    5. Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Das Wort „Glaube“ ist halt sehr unscharf. Der Mensch ist eine Metaphern- und Simulationsmaschine, ein ständiger Geschichtenerfinder – so funktioniert unser Gehirn. Wenn daraus „Wahrheiten“ gemacht werden, halte ich das in der Tat für sehr problematisch. Wir lesen „Herr der Ringe“ und Star Wars als Fantasystorys, aber die Bibel als Wahrheit. Warum eigentlich?

    6. Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Ich halte den Säkularismus für das wichtigste politische Programm unserer Tage. Wenn es uns nicht gelingt das Religiöse stärker aus dem politischen Handeln herauszuhalten, zerfällt unsere Gesellschaft, weil der gemeinsame grundgesetzlich verankerte Konsenz und das Primat der Menschenrechte ständig durch religiöse Beliebigkeit relativiert werden. Daher ist es wichtig öffentlich Religionskritik auszuüben. Die Freiheit unserer Gesellschaft darf nicht aufgrund religiöse Befindlichkeiten in Frage gestellt werden. Religion ist Privatsache.

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  14. Hallo Antje,
    ich versuche mal, ein paar der Teilfragen zu beantworten und/oder auf Aspekte der Fragestellung selbst einzugehen, auch wenn ich ggf. mit der ersten Antwort schon ein wenig aus der Menge der Gefragten hinaus falle.

    1. “Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?”

    Ja, ich sehe mich vom Oberbegriff Atheismus erfasst, auch wenn ich deiner strengen Definition nicht entspreche, sondern evtl. eher dem Apatheismus. Wobei ich den Begriff selbst auch erst kürzlich durch jemanden in meiner TL kennengelernt habe. Also geht es darum, dass es entweder gar keinen Gott gibt, oder zumindest keinen, dessen Existenz für mich irgendeine Relevanz hätte. Letzlich war es mir aber auch lange Zeit sehr egal, was mir eigentlich egal ist, dass ich die korrekten Begriffe dafür nie aktiv gesucht habe. Auch gehe ich davon aus, dass nur „Atheistin“ allgemein verständlich ist und verwende daher die Bezeichnung.

    Zur Sprache kommt das aber meist nur auf Nachfrage oder wenn das Gespräch sowieso in die Richtung der Glaubensfrage läuft, ich trage meinen Atheismus normalerweise längt nicht so plakativ vor mir her wie andere Aspekte meiner Identität und Weltanschauung.

    2. “Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? …”

    Hier hat mich die Frage etwas zum Schmunzeln gebracht. Für mich ist Unglaube oder zumindest Unwissen über Gott / Götter / Religionen ein Urzustand, indem Menschen zur Welt kommen. Um „zum Atheismus zu kommen“ musste aus meiner Sicht also nichts positives passieren, sondern nur all das ausbleiben, was bei anderen Menschen zum Glauben führt. Ein wenig erinnert mich die Frage also an „Wann hast du dich dazu entschieden, heterosexuell zu sein?“ was ja gerne auf die analoge Frage zur Homosexualität erwiedert wird.

    Dennoch kann ich das natürlich konkreter Ausführen: meine Eltern sind Religions- bzw. Kirchenkritisch, auch wenn zumindest meine Mutter an Gott glaubt. Es gab somit die Übereinkunft, mich nicht aktiv an Kirche oder Glauben heranzuführen, sondern einfach zu schauen, ob so etwas von sich aus in mit aufkeimt. Und das blieb aus.

    Es gibt in meiner Kindheit kurze Abschnitte, in denen ich befürchtet habe, dass es einen Gott geben könnte und dieser es nicht gut findet, dass ich von seiner Existenz nicht überzeugt bin. Ich halte aber diesen Gedanken für angelernt, nicht etwas was tief in meinem Selbst verwurzelt ist.

    3. “Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?”

    Ich weiß es nicht genau, da es eben ganz oft kein Thema ist. Ich denke, fast alle sind getauft und zahlen ihre Kirchensteuer, viele (vieleicht etwa die Hälfte?) glauben an Gott oder etwas ähnliches, aber fast niemand in meinem Umfeld ist richtig religiös. Glaube ist für mich privatsache, solange der Glaube anderer Menschen mich nicht betrifft oder beeinträchtigt, halte ich mich da gerne heraus. Relevant wird es für mich nur da, wo Menschen mich oder meine Lebensweise (oder die von dritten) ablehnen und dazu religiöse Argumente anbringen. Da interessiert mich dann schon, wie es zu diesen Ansichten kommt und wie Religion für diese Menschen so prägend sein kann, vorallem wie Menschen religiöse Dogmen, sonstige moralische Vorstellungen und logisches Denken untereinander gewichten und in Einklang bringen.

    4. “Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?”

    Ich bin atheistisch (oder eben apatheistisch), und ich über Ablehnung bzw. Kritik an Religionen aus – aber das ist recht unabhängig. Ich würde auch dann nicht an die Existenz Gottes glauben, wenn Religionen so ausgestaltet wären, dass ich daran nichts zu kritisieren hätte. Und ich würde an der konkreten Ausgestaltung mancher Religionen Kritik üben, selbst wenn ich persönlich an Gott glauben würde. Trotzdem hängt beides natürlich zusammen – als Nichtgläubige kann ich alle Religionen immer nur distanziert von außen betrachten und kommentieren, und ich weiß darum Bescheid, dass ich mich nicht in die Denk- und Fühlweise gläubiger Menschen hineinversetzen kann. Daher sind viele meiner Aussagen evtl. nur aus (m)einer atheistischen Perspektive schlüssig.

    5. “Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?”

    Ich glaube an kein einfaches, konkretes, einzelnes Konzept. Ich glaube ein Stück weit an „das faktische“, also an Aussagen, Beobachtungen, Schlussfolgerungen, Modell, Theorien… Aber ich bin davon überzeugt, dass keine in sich stimmige, allumfassende, objektive Wahrheit gefunden werden kann. Es gibt praktisch nichts, dass ich uneingeschränkt und zu 100% sicher als wahr ansehe, sondern immer nur näherungsweise. Im Alltag handle ich dennoch so, als wären das objektive Wahrheiten, und diese lebensnotwendige Vereinfachung hat vielleicht eine ganz abstrakte Ähnlichkeit mit Glauben.

    Das problematische am Glauben, wenn ich das so sagen mag, ist dass er weder verifizierbar noch falsifizierbar ist. Und auch das wäre an sich kein Problem, wenn alle dementsprechend handeln würden. Sobald mit dem Glauben Handlungen begründet und gerechtfertigt werden, die nach anderen Kriterien als „schlecht“ gelten würden, und diesen Rechtfertigungen auch noch fruchten, stellt dies für mich ein Problem dar.

    6. “Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?”

    Schwer zu sagen. Mein Atheismus ist für mich derartig selbstverständlich und ursprünglich (ich hätte jetzt fast versehentlich „gottgegeben“ geschrieben, da es allg. oft synonym zu „selbstverständlich“ benutzt wird) dass es mir schwerfällt, einen Einfluss auf mein Handeln wahrzunehmen. Ich habe mich mit der möglichen Existenz Gottes in etwa so distanziert auseinandergesetzt wie mit der Existenz des globalen Klimawandels, also nicht als etwas primär persönliches. Bei letzterem könnte ich sogar in Worte fassen, wie es mein Handeln beeinflusst, aber bei ersterem würde ich wohl am ehestens zum Schluss kommen, dass der „Urzustand“ Atheismus dazu führt, dass auch mein Handeln im „Urzustand“ bleibt, also keine echte Beeinflussung stattfindet.

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  15. 1. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Kommt schon vor. Im persönlichen Gespräch („Mich als Atheist ärgert es ja, dass alle Erstklässer automatisch eine Einladung zum Gottesdienst bekommen haben.“ oder „Als Atheist muss ich jetzt mal sagen, dass wir bei diesem Stadtteil-Adventskalender nicht mitmachen.“) oder im politischen Kontext („Es braucht dringend eine atheistische Alternative zum AK Christen bei den Grünen, grade mit Kretschmann ganz vorne …“). Meistens nicht als Selbstdefinition per se, sondern themenbezogen – wenn ich meine Positionierung als Atheist hervorheben will/muss, um zu erklären, warum ich bestimmte Dinge anders sehe.

    2. Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Nicht sonderlich religiöses Elternhaus, die Feststellung als Kind, dass Beten nicht funktioniert, dann irgendwann in der Schule logische Probleme mit dem Reli-Unterricht (wenn es X Götter gibt, die alle der einzig wahre sein sollen, kann da was nicht stimmen …), im politischen Kontext (wenn ich mich richtig erinnere, waren das vor allem JD/JL in den frühen 1990ern, und dann diverse Grüne) Radikalisierung, in letzter Zeit Bestätigung vor allem im Scienceblogging-Kontext.

    Mit dazu beigetragen hat sicher auch mein Soziologiestudium, und die damit verbundene Haltung, „Wirklichkeit als Konstrukt“ zu sehen.

    3. Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Es gibt einige, gibt aber auch ChristInnen und Muslime, ist nicht unbedingt ein Thema (außer siehe 1); ist aber auch nicht so, dass ich meine Einstellung verheimlichen würde.

    4. Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Eine große. Eigentlich sind das zwei Ebenen, die da zusammenkommen: eine Kritik an den im Aufbau der großen Religionen (und im Vergleich zwischen den Religionen) inhärenten Widersprüchen, die diese in Frage stellen – und, verbunden damit, auf der zweiten Ebene die Auseinandersetzung mit der totalitären Geschichte der Kirche bis heute.

    5. Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Eher letzteres, aus einem weitgehend rationalistischen/scientistischen Weltbild heraus. Verbunden mit (auch wenn das jetzt nach einem Widerspruch klingen mag) gewissen Sympathien zu eher philosophischen/naturreligiösen „Religionen“. Natur als Kreislauf, Ursula K. Le Guins Interpretation des Taoismus, sowas.

    Soziologisch-konstruktivistisch gewendet: wenn klar ist, dass Götter und Göttinnen ein menschliches Konstrukt sind, das möglicherweise gewisse gesellschaftliche/psychologische Funktionen hat, dann wird es möglich, mit diesem Konstrukt zu spielen. Der selbstreflektiert-zynische postmoderne Bastelladen ist eröffnet.

    6. Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Definitiv in einer Reihe von Nichthandlungen: Nicht zur Kirche gehen, Weihnachten nicht religiös feiern, eine kirchliche Heirat noch viel weiter zurück weisen als eine standesamtliche, die mir auch schon suspekt ist. Kirchliche Kindergärten für das jüngere Kind gar nicht erst in Betracht ziehen, das ältere Kind nicht für den Religionsunterricht anmelden. Sowas.

    Früher: heftigste Streits mit meiner tiefgläubigen Großmutter.

    Und ja, auch drastischer: zu wissen, dass z.B. die Evangelische und die Katholische Fachhochschule hier in Freiburg für mich nie als Arbeitgeber in Frage kommt.

    Insgesamt würde ich Atheismus eher als Teil meiner politischen Haltung, die als solche auch mein alltägliches Handeln betrifft, sehen, denn als Religionsersatz.

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  16. Zu 1.) Ich mag keine Zuschreibungen, gleich welcher Art. Und keine Gelegenheit würde mich dazu bringen, diese an mir selbst vorzunehmen.

    2. Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    „Zum Atheismus zu kommen“ unterstellt, dass ich irgendwann einmal „Theist“ gewesen sei. Das war nie der Fall. Ich hatte insofern keine Wahl, auch keine schleichende, zu treffen. Vielleicht kann man diesen Umstand als Iniative der „Unterlassung“ bezeichnen. Die religiösen Märchen haben mich angeregt, sie als Literatur zu begreifen, als Fiktionen. Wenn diese Betrachtungsweise als Atheismus qualifizierbar scheint, so ändert das nichts an meiner Liebe zur Literatur.

    3. Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Zur ersten Halbfrage: Kann ich nicht beurteilen, dazu fehlen mir schlicht Fakten. Damit ist die zweite Halbfrage ebenfalls mit nein zu beantworten.

    4. Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Ich interpretiere Literatur, auch unter rezeptionsästhetischen Perspektiven. Das ist aber auch schon das einzige Bekenntnis, welches ich hierbei ablegen kann. Bei jeder Form von Literatur gibt es fanatische Anhänger, die daraus ihre literarischen Kulte schaffen. Ich bin kein Anhänger der wortwörtlichen Auslegung religiöser Narrative, erst recht nicht, wenn sie als Legitimierung faktischer Mord- und Totschlagszenarien herhalten müssen.

    5. “Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?”

    Ich glaube daran, dass Literatur, in der auschließlich das Fiktivum „Gott“ als Ziel von Glaubensanstrengungen dargeboten wird, als dauerhaft fade gelten wird. In literarischen Konzepten sollte sich der Glaube auch an andere Fiktiven orientieren. Mir fallen da zum Beispiel Liebe, Vertrauen und Treue ein. Menschengegeben und auch in realen Bezügen existent.

    6. “Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?”

    Diese Frage ist natürlich sinnfrei, aber sie konnte nicht wissen, wie ich auf ihre vorhergehenden Schwestern antwortete.

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  17. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?
    Ja. In Gesprächen über Religion, als einfache Art meinen Standpunkt zusammenzufassen… üblicherweise als Anfang, nicht Ende der Debatte.

    Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?
    Protestantische Kindheit, Eltern und Geschwister gläubig, ich also by default auch. Erstmals innerlich ausgestiegen etwa 10-12 Jahre alt. Die Erkenntnis, dass meine Eltern so unrettbar in der Religion verhaftet sind, dass ich es ihnen nicht antun kann da nicht mitzumachen ist mir noch deutlich im Gedächtnis. Ich hab damals ganz heldenhaft beschlossen, erst aus der Kirche auszutreten wenn sie tot sind. Ein paar Jahre später wieder voll dabei, mit 18 wollt ich sogar evtl. Pfarrer werden, 5 Jahre später Atheist und das hat sich seither nicht geändert und sieht auch nicht so aus, als wird es das noch.
    Bewußte Entscheidung nach einem längeren Prozess, allein. Schon immer nagte die Merkwürdigkeit, dass mit all den Religionen und Konfessionen auf der Welt ausgerechnet ich zufällig in die geboren sein soll, die das alles richtig macht? Also ausgeweitet dass vielleicht die exakten Abläufe in der Kirche und welche Teile der Bibel nun erstzunehmen, welche bloß allegorisch sind doch nicht so wichtig sein kann. Blieben andere Religionen. Also vielleicht das NT doch nicht so wichtig, irgendwelche Propheten schickt Gott manchmal, dann gibts halt ne neue Religion daraus. Und Religionen mit anderen Göttern als dem Europäischen? Ist halt ne andere Tradition, dem Gott wirds wurscht sein wie genau er nun verehrt wird, da steht der drüber. Auf die Art hab ich mir die Religion bis zur kompletten Beliebigkeit verwässert, lies-doch-selber-nach-und-denk-dir-was-aus-Protestantismus ist dafür ein prima Ausgangspunkt.
    Problem bei all diesen Überlegungen blieb der Gott, „in Gedanken, Worten und Werken“ überwachte er alles. Ich war mir bei jedem irgendwie religionsbezogenen Gedanken nur zu bewußt, dass da mitgehört wird und bewertet. Bloß nach welchen Kriterien geurteilt wird… nach der großen Beliebigkeit vom letzten Absatz noch schwerer zu Beurteilen als ohnehin. Der Moment als ich dachte „Vielleicht gibts den auch nicht“ „Scheiße sorry das hab ich jetzt nicht so gemeint, vergisses bitte“ „Hmm eigentlich hab ichs so gemeint, wenn das alles so egal ist gehts auch ganz ohne Götter“ war unglaublich befreiend. Der Zensor im Kopf war weg, ich bin verantwortlich für das, was ich sage und tue, aber wie ich dahin komme, was ich in Gedanken durchspiele geht niemanden mehr was an, dafür ver-/beurteilt mich keiner mehr! Zehn Jahre her, aber die Euphorie dieser Erlösung kam beim Aufschreiben gleich massiv wieder.

    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?
    Gemischt, hauptsächlich Familie ist gläubig, und ein paar alte Freunde. Kenne kaum Religiöse, die offen darüber zu diskutieren bereit sind, sobald sie wissen, dass ich die Grundannahme eines Gottes nicht teile. Schade, so bleibt es meist bei Randbemerkungen beiderseits wenn mal wieder was in den Medien war.

    Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?
    Atheismus ist der unmarkierte Normalzustand, er existiert für mich nur wenn ich mit dem Ausleben von Religion konfrontiert werde. Mir ideale Religionen vorzustellen käme mir nicht in den Sinn, daher ist der Bezug immer die mir bekannten existierenden.
    Mit diesem fast organisierten „Atheismus als Religion“ kann ich gar nichts anfangen, vielleicht ist das in Umgebungen sinnvoll, wo die Gläubigen aggressiver sind, die die ich kenne versuchen nie jemanden zu überzeugen.

    Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?
    Anstelle von Gott um sich die Welt zu erklären die Sachen, die man in der Schule gelernt hat, Physik und Bio und so. Glauben ist da für mich das falsche Wort, man schnitzt sich sein Weltbild zurecht, sicher stimmt da auch nicht alles und manchmal korrigiert man was. Da bleiben bei mir keine Lücken, die einen Gott brauchen um sie zu erklären, insofern stellt sich die Frage für mich selbst nicht. Ich halte es dennoch für generell problematisch, da Glauben ein rückwärtsgewandtes Konzept ist, man versucht die tradierten Geschichten mit dem modernen Leben in Einklang zu bringen was immer schlechter funktionieren kann je mehr man weiß.

    Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?
    Wenn ich mitkriege, dass Leute Kinder da reinziehen werd ich zum Missionar. Erwachsene können ja meinetwegen anbeten was und wen sie wollen, aber das ihren Kindern anzutun solang die emotional und überhaupt von ihnen abhänging sind ist ekelhaft. Mit zehn anfangen zu warten, dass die eigenen Eltern sterben prägt da wohl irgendwie (sie leben noch und habens dann doch mit Enttäuschung aber Gelassenheit aufgenommen).

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  18. – Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Ja, schon. Wenn ich gefragt werde aber auch, wenn mir jemand sehr gläubig kommt, dann leite ich schon mal mit „also ich als Atheist“ ein.

    – Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer?

    Meine Eltern sind beide Atheisten, obwohl sie beide kirchlich erzogen wurden, mein Vater kommt aus einer sehr evangelischen Familie mit Pfarrern und Fundis und so. Meine Eltern haben mir aber z.B. auch die Bibel vorgelesen, aber in einem Aufwasch mit den griechischen Sagen, das war dann auch so ungefähr das, wie ich die einsortiert hab.

    – War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Ich hab beide Seiten kennengelernt, sicherlich mit einem atheistischen Bias und irgendwann bewusst gewählt.

    – Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Überwiegend ja, aber ich hab auch sehr gläubige Freund_innen. Ja, ist immer mal wieder ein Thema. Ich rede auch gerne drüber.

    – Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Eigentlich keine. Für mich sind die Weltreligionen nicht mehr oder weniger glaubwürdig als andere Gespenstergeschichten.

    – Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Das hängt davon ab, was man damit meint. Wenn „glauben“ jedes nicht-wissen, dass ich aber trotzdem annehme meint, dann geht es selbstverständlich nicht ohne, weil man sonst handlungsunfähig wäre. Wenn damit die Anerkennung von transzendenten oder spirituellen Weltbildern gemeint ist, dann halte ich das tatsächlich für überflüssig. Manchmal wird mit „glauben“ auch noch etwas bezeichnet, was man besser als „hoffen“ charakterisieren könnte. Im großen und ganzen würde ich sagen, das Wort taugt nicht wirklich und hat zu viele religiöse Konnotationen um es sinnvoll verwenden zu können, wenn ich es dennoch umgangssprachlich verwende, dann eher im Sinne von „vermuten“.

    – Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Immer wenn man mit Theisten konfrontiert wird, aber im Grunde auch sonst im Alltag, weil man dadurch auf eine andere Art auf sich selbst und seine Mitmenschen zurückgeworfen ist, als wenn es halt doch „da draußen noch irgendetwas gibt“.

    Ergänzen möchte ich noch zwei wichtige Unterscheidungen (auch wenn es dir nicht um Definitionen geht, halte ich die für wichtig):

    – Atheismus muss nicht areligiös sein, es gibt auch einen religiösen Atheismus (im Buddhismus zB).

    – Atheismus und Agnostizismus schließen sich nicht aus, wie Du das oben andeutest. Ich zB bezeichne mich als agnostischen Atheisten, was die Haltung beschreibt, dass ich zwar nicht weiß, ob es Götter gibt, aber ich keinerlei Veranlassung habe an sie zu glauben, weswegen die einfachste Hypothese (nach Occams Razor) ihre Nicht-Existenz ist.

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  19. Vielen vielen Dank euch allen, das ist so toll, wie Ihr hier schreibt.

    @Ellen Löchner – Ich zumindest werde diese Antworten alle sicherlich nicht nur einmal, sondern mehrmals lesen. So viel Stoff zum Nachdenken.

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  20. Hallo,

    Atheismus ist das Gegenteil von Theismus; wer immer nineberry ist, er/sie/es hat mE Recht. Wirklich albern wird’s, wenn Atheismus als Religion bezeichnet wird, aber so schlimm isses hierzulande wohl noch nicht. ;=)

    Was bedeutet mir der Atheismus? (Und warum ist es einer der paar Ismen, zu denen ich ohne wenn und aber stehe): Weil ich an den ganzen religiösen und esoterischen Unsinn (sry for that) einfach nicht glauben kann; klappt einfach nicht, selbst mit viel Mühe geben und gut zureden.

    In Fantasy-Rollenspielen haben Götter ganz real Macht; weil die Spielleitung als mehr oder minder allmächtige Instanz diese macht darstellt und ausübt (im Rahmen des Spieles). In der Realität haben Götter/Religionen ganz real Macht; weil Menschen, Priesterschaften, Institutionen diese wahrnehmen und ausüben. Die (Nicht-) Existenz von Zeus, Jahwe, Rondra, oder Manwe.

    Spiritualität oder religiöse Erlebnisse (inkl meiner eigenen) spielen sich ausschließlich in diesem faszinierenden Prozess ab, den wir Geist, Bewusstsein oder Seele nennen, als den wir uns selber erleben, den wir aber nie wirklich verstehen werden (leider). All dies sind nichts als die Umstände, unter denen unser evolutionär entstandenes Hirn aus Neuronen, Chemikalien und Wasweißich eben funktioniert. Ist dieses Hirn gar nicht mehr aktiv, ist der Prozess und alles, was damit zusammenhängt, zu ende; der Geist ist verschwunden, der Mensch ist tot; traurig, aber mE zutreffend.

    Wenn ich mich irre, ist das eben so. Agnostiker bin ich nicht, weil ich die Frage nicht mit „Ich habe keine Ahnung“, beantworte, sondern mit: „Ich glaub nicht dran“. Zentral für meine kokrete Weltanschauung ist nicht, dass es Gott/Götter nicht gibt, sondern das sich die Welt ohne göttliches Wirken auf naturalistische Weise erklären lässt. Ein Gott, der nicht eingreift, würde mein Weltbild nicht erschüttern, weil es nicht berührt wird. (Bis zu dem Moment nach dem Tod evtl, aber da lass ich mich wie gesagt auch gerne überraschen).

    Wie ich dazu gekommen bin? Meine Erziehung als Kind (Siebziger, geboren in eine „68-WG“) war eigentlich völlig unreligiös und weitestgehend „gottesfern“. Das Thema spielte schlicht keine Rolle… bis mir meine Mutter eröffnete, ich MÜSSE entweder eine Konfirmation oder eine Jugendweihe machen, weil dann unsere Verwandten aus der DDR (bei denen ich praktisch jede Ferien als Kind verlebt habe) einen Grund hätten, mal uns in West-Berlin zu besuchen. Damals mit 13 hab ich mich für das nichtreligiöse Modell entschieden, und nur die Wende hat das mit der Jugendweihe überflüssig gemacht; was später mit einer Familien-und-Dessert-ideologischen „Kuchenweihe“ nachgeholt wurde, die beste aller Varianten… ;=)

    Zum „Glauben“: Was heisst das? Ich glaub an viele Dinge, ua an „die Menschheit“ (und ihre Fähigkeit, mit sich selbst in Frieden zu leben), und an „die Wissenschaft“ (und ihre grandiosen Erkenntnismöglichkeiten, aber auch an die Grenzen derselben). Außerdem glaub ich an die Großartigkeit von Absurdität, die Niedlichkeit von Katzen und dass dieser Beitrag schon jetzt viel zu lang geworden ist…

    Als Abschluss: Ich weiss außerdem, dass Terry Pratechtt mein Lieblingsschriftsteller ist, daher:

    Meine Lieblingsstellen: „We are monkeys! Our heritage in difficulties is climbing on a tree and throwing shit on other trees!“

    („Wir sind Affen! Unser natürliches Erbe ist es, in Schwierigkeiten auf einen Baum zu klettern und mit Scheiße nach anderen Bäumen zu schmeißen!“)

    und

    „Stars are not important, there’s nothing interesting about stars. Street lamps are very important, because they’re so rare! As far as we know there’re only a few million of them in the universe. And they were build by monkeys!“

    („Sterne sind nicht wichtig, es ist nichts interessantes an Sternen. Straßenlaternen sind sehr wichtig, weil sie so selten sind! So weit wir wissen gibt es nur ein paar Millionen im ganzen Universum. Und die wurden von Affen gebaut!“)

    So long

    Reineke

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  21. Keine Antworten parat. Ich glaube, ich bin wohl Atheist inzwischen. Aber der Ausdruck gefällt mir nicht, aus erwähnten Gründen (Einhörner) Besser ist : ungläubig. Ich glaube nicht an Leben nach dem Tod, an Götter, an Ufos, an Übersinnliches. Auch nicht an Gerechtigkeit im Kapitalismus. Aber an das Gute im Menschen, an eine bessere Zukunft, an die Möglichkeit eines sinnvollen Daseins. Und an die Vergeblichkeit der Hoffnung. Amen.
    Wenn Gott dasselbe ist wie Liebe, dann hab ich aber nix gegen sie.

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  22. Hm. Dinge, die ich nicht verstehe:

    Ich verstehe nicht so ganz, warum Du einen Fragebogen (?) machst, wenn Du den Atheismus verstehen (!) willst. Der Antwort auf die Frage, warum jemand an viele Götter / an einen Gott / an keinen Gott glaubt, dürfte weder in einen Fragebogen passen, noch dürften Fragebögen beim Verständnis helfen. Sind schließlich nur Ansichten drin. (2 cents)

    Wie dem auch sei: Der Atheismus ist keine Weltanschauung. Es gibt lediglich Weltanschauungen, die sich in ihrer Grundlage auf den Atheismus berufen. Das wird oft verwechselt. Unabhängig von irgendeiner Weltanschauung/Religion/Ideologie/wasauchimmer ist der Atheismus schlichtweg die „Voreinstellung“ in jeder religiösen Frage. Nicht mehr und nicht weniger. Sie bedeutet: Ich glaube nicht (ohne gute Belege!) an die außergewöhnliche Behauptung der Existenz eines Gottes. (Und nicht etwa: „Ich lehne die Möglichkeit der Existenz eines Gottes ab.“ oder: „Ich höre mir auf keinen Fall an, wenn jemand meint, die Existenz eines Gottes belegen zu können. Dann stecke ich mir die Finger in die Ohren und mache kindische Geräusche.“ Diese völlig anderen Haltungen werden von Gläubigen gerne mit Atheismus verwechselt.)

    Dinge, die ich verstehe:

    Ich verstehe, dass viele Leute an die Existenz von Göttern glauben. War ja früher bei mir selbst so.

    Und ich verstehe, dass Faust mit Gretchen eine wunderbare Nacht erleben wollte, weswegen er sie auf die berühmte Frage hin rhetorisch raffiniert so platt gequatscht hat, dass sie nur noch kapitulieren konnte. Auch eine Art, mit dem Problem umzugehen, wenn’s ernst wird. 🙂

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  23. Liebe Frau Schrupp,

    ich habe jetzt auch alle Kommentare gelesen und mit gefällt die Bandbreite und Offenheit. Mit „Wer liest die Antworten?“ zielte ich so ein bisschen auf die, an die wir uns gerne adressieren würden – wenn es sie denn interessierte, was wir denken. Aber so isses schöner, wenn die lesen und schreiben, die’s interessiert.

    Können Sie mir die im Netz übliche Anrede bei Kommentaren verraten? Ich habe mit Begeisterung Ihre Woodhull-Biografie gelesen und deshalb sind Sie für mich die „liebe Frau Schrupp“.

    Viele Grüße!

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  24. Sry, aber ich reiche für einen Absatz ein „berührt das nicht“, nach:

    „Die (Nicht-) Existenz von Zeus, Jahwe, Rondra, oder Manwe berührt das nicht.“

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  25. @Rainer – ist mir schon klar, dass das nicht in einen Fragebogen passt. Es waren halt nur die Fragen, die mir kamen, aber nicht im Sinn, dass das alles wäre, was man in dem Zusammenhang fragen könnte. Und es ist auch nicht mein Anspruch, DEN Atheismus umfassend zu verstehen, sondern ich möchte nur mal aus erster Hand etwas darüber hören. (was man so üblicherweise darüber liest, hat mich nämlich nicht zufrieden gestellt :))

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  26. @Ellen Löchner – die meisten Leute „im Netz“ duzen sich gegenseitig ungefragt, soweit ich das sehe, aber mit allem anderen lebe ich ganz genauso gut :))

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  27. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?
    — nein, eigentlich nicht. ich bin halt einer, von außen betrachtet, wenn man den begriff undramatisch versteht.

    Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?
    — ich war vermutlich immer schon jemand, in dessen leben der glaube an gott (einen gott, etwas göttliches) keine rolle gespielt hat. ich habe mich also nicht irgendwann losgesagt oder so. ich habe schlicht nie zu glauben begonnen. meinen beiden brüdern geht das, glaube ich, genauso.
    — meine eltern sind beide religiös, auch aktiv (Una Sancta bewegung), aber bei beiden ist das eher eine sehr persönliche, kaum nach außen gewendete sache. (wir habe darüber auch nie gestritten.)

    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?
    — meine frau: ja. die sagt es auch offensiver als ich. (sie war als kind jahrelang _sehr_ katholisch.) sonst rede ich eigentlich nie mit jemand darüber. wir würden uns aber eher wundern, wenn jemand ausdrücklich ins gespräch bringt, dass sie/er gläubig ist. dann würde ich nicht diskutieren, aber schon interessiert fragen.

    Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?
    — eigentlich keine besondere.

    Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?
    — ich habe mal meiner mutter gesagt, dass ich mich dem vage christlichen moralkodex verpflichtet fühle. ich würde, denke ich, kein besseres leben führen, wenn ich gläubig wäre. aber das ist eher so etwas wie apriorische ethische überzeugung, etwas das sich voraussetze, kein „glaube“.
    — ich halte es nicht für problematisch, wenn jemand glaubt. nur schwer nachvollziehbar.

    Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?
    — nein.

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  28. Nochmal nachgeschoben, Begründung warum ich Frage nach „Atheismus“ nicht richtig finde. Buddhisten die ich kenne glauben nicht an „einen Gott“, sind aber sehr intensiv religiös. Man kann an alles mögliche glauben, ohne daß das was mit Religion zu tun hat. Werbeversprechen z.B. und PS-Zahlen.
    Jeder zimmert sich seinen eigenen Gott zusammen. Wenn man die vorgefertigten Muster übernimmt, nennt sich das Religion. (Hab ich das nicht schon mal geschrieben?)
    Ich wünsche mir eine vernünftige Religion, ohne Hokuspokus und Angstmacherei, die an Reales und Mögliches glaubt und die Welt verbessern will. (Manche Evangelen kommen dem recht nahe.)

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  29. Bei Fragen zu meinem „Glauben“ oder „Nicht-Glauben“ weise ich darauf hin, dass es keinen Gott gibt, ich folglich auch an nichts glauben oder nicht glauben kann. Wenn das Interesse groß genug ist. Ansonsten beschränke ich mich darauf, zu sagen, dass ich nicht glaube. Laut Wikipedia scheine ich damit Atheist zu sein, ich sehe aber keinen Grund, mich (aktiv) so zu bezeichnen. Eigentlich sind Atheisten für mich auch genau so Gläubige wie Christen etc. Meist noch mit dem Makel, dass sie da nicht einfach reingewachsen sind und mir bei ihnen immer ein missionarischer Eifer mitzuschwingen scheint. Aber sicher gibt es für die ein anderes Wort, das ich nur nicht kenne.

    Ich bin konfirmiert und ich hatte als Jugendlicher auch enge Freunde, für die der Glaube auch eine wesentliche Rolle spielte – einer ist heute Pastor, zwei Diakon. Für mich war „Glaube“ aber nie zugänglich. Im Konfirmandenunterricht fand ich Spitzfindigkeiten wie Zweifel an der unbefleckten Empfängnis noch witzig, aber im Grunde ist es einfach so, dass in mir nichts glaubte. Ich habe die Bibel gelesen, finde ich leidlich auch dort in unserer Kultur zurecht, wo christliche Bilder verwendet werden, aber da Buch an sich bedeutet mir nicht mehr als die „Sagen des Klassischen Altertums“. Das war nie anders, es gab keinen Prozess und keine bewusste Entscheidung. Mein Elternhaus war nicht religiös.

    In meinem heutigen Umfeld spielt der Glaube entweder keine Rolle oder ich bekomme das nicht mit.

    Eine Abgenzung zu Religionen verbinde ich damit nicht. Ich war mal bei einem Neuapostolischen Gottesdienst, das hat mich ziemlich schockiert und daraus resultieren auch (Vor-)Urteile. Ansonsten kann ich Religiösität einfach nicht nachvollziehen und mische mich da nach Möglichkeit auch nicht ein. Ich finde nicht, dass man zu allem eine Meinung haben muss, und wenn die Religion beispielsweise bei Themen in den Medien eine Rolle zu spielen scheint, dann habe ich dazu eben keine. Außer der, dass man das als Außenstehender (= Durchschnittsdeutscher) eh nicht bewerten kann. Wenn ich erlebe, wie Menschen Trost oder Halt im Glauben finden, beneide ich sie gelegentlich ein wenig. Für mich ändert sich dadurch aber natürlich nichts. Ich schätze auch viele Ideen des Buddhismus und nehme sie als Anregung für eigene Gedanken und vielleicht auch für eine eigene Philosophie. Bei den vier edlen Wahrheiten und dem achtfachen Pfad etc. muss ich aber passen.

    Ich glaube an nichts (anderes) und ich halte das Konzept des Glaubens auch nicht grundsätzlich für problematisch. Problematisch finde ich vielleicht, wenn man sich das Denken durch seinen Glauben abnehmen lässt. Ich denke aber eigentlich, dass ein vernünftiger Glaube auch das selber Denken zulässt. Dummheit finde ich problematisch, die scheint mir aber Gleichverteilt unter allen Menschen. Nur manchmal besser organisiert.

    Mein Atheismus spielt in meinem Alltag keine Rolle. Da ich dort lebe, wo ich lebe, gibt es bei mir Weihnachten und Ostern. Würde ich anderswo leben, gäbe es vielleicht Chanukka. Wenn mal jemand fragt, wofür diese Tage stehen, muss ich aber jeweils passen.

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  30. 1. Agnostiker

    2. Logik

    3. Überwiegend Agnostiker und Atheisten

    4. Religion dient überwiegend als zentralistisches Herrschaftsinstrument das Gehorsam einfordert um soziale Kontrolle auszuüben, und ist daher abzulehnen. Erkenntnis ist nur durch Logik möglich nicht durch Glaube.

    5. Ja. An Vernunft und Empathie. Das Prinzip des Glaubens ist dann problematisch wenn es schlüssigere Erklärungen gibt (nach der Logik) die wahrscheinlicher sind, die im Konflikt zum Glauben stehen und ihm untergeordnet werden (sollen). Warum? Der religiöse Glaube bietet keine konstruktiven Handlungskonzepte für die Zukunft, da er einem nicht abänderbaren Dogma unterliegt.

    6. Kritikfähigkeit.

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  31. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?
    Ich käme nicht auf die Idee, aus der Tatsache, dass ich an keinen Gott glaube, eine Identität zu bauen. Daher habe ich noch nie ein Label gebraucht. Wenn ich mit anderen einen weltanschaulichen Club gründen wollte, um gemeinsam an keinen Gott zu glauben, wäre „Atheismus“ sicher kein gemeinsamer Begriff, weil „Atheismus“ in dieser Gesellschaft vor allem an christlichen Religionsgemeinschaften (und der Distanzierung von ihnen) geprägt ist. Ich kenne wenig muslimische, jüdische, hinduistische, buddhistische Menschen, die frei von Gottglauben sind und sich deswegen/dazu des Begriffs „Atheismus“ bedienen.

    Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?
    Die Frage impliziert, dass es eine Entwicklung zur Abwesenheit eines Gottes (oder mehrerer Götter/Götter und Göttinnen) gegeben haben muss. Ich musste mich nie von einer Religion lösen, um „dahin zu kommen“. Eher haben gottgläubige Menschen immer versucht, mir damit zu kommen. Bisher ohne Erfolg.

    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?
    Da es nur mit praktizierend religiösen Menschen ein Thema ist, ob jemand gottgläubig ist oder nicht, weiß ich nicht, wie es sich im Freund_innen/Bekannten-Kreis aussieht. Meine Vermutung ist, dass etwa 80% de facto nicht gottgläubig sind. Ob sie sich deswegen als „atheistisch“ bezeichnen würden, weiß ich nicht.

    Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?
    Kritik an Theologie fällt mir nur beim Christentum ein (Vermenschung Gottes, Vergottung von Menschen, Menschenopfer, Vorstellung von Trinität etc.). Vor allem – und das gilt in Bezug auf alle Religionen, die ich kenne, ist es die religiöse PRAXIS, die mich „stören“ würde, wäre sie ein Teil meines Lebens.

    Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?
    Ohne Metaphysik lässt sich keine Moral legitimieren. Insofern halte ich „Glauben“ wohl für Notwendig. Aber das bezieht sich eher auf ein Vertrauen auf die Richtigkeit von Moral und nicht auf den Glauben an die Existenz eines/mehrerer Wesen/s.

    Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?
    Spielt keine Rolle. Zu einer Anti-Papst-Demo beispielsweise würde ich auch mit Bekenntnis gehen.

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  32. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Nein, nicht mehr. Außer vielleicht bei Gelegenheiten wie dieser…

    Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Über Wikipedia hab ich erfahren, dass Nichtglauben auch eine Bezeichnung haben kann. Nicht geglaubt, hab ich schon länger. Und danch hab ich mich auch länger mit verschiedenen Auffassungen beschäftigt. Bis zu meinem offiziellen Austritt (also war lange Taufscheinkatholik) hat’s aber länger gebraucht (weil Schritt zum Magistrat mühsam und ich faul), da gab’s ne bewusste Entscheidung (die ich aber schon länger getroffen hatte) als die Forderung kam, den Kirchenbeitrag zu zahlen.

    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Ich hab lange Zeit angenommen, dass in der heutigen Zeit sowieso alle Menschen aufgeklärt und deshalb atheistisch sind. Zumindest mein Bekanntenkreis hab ich für das gehalten, weil es halt nie Thema war oder ist. Mittlerweile bin ich mir nicht sicher, ob das noch der Fall ist. Nachdem ich aber aus politischen Gründen das gesellschaftlich aufgedrückte Konzept von Freundschaft für bedenklich halte, ist zur Schau getragene Religiösität (aka. das Glauben und Bestreiten irrsinniger Positionen) für mich genauso ein Ausschlussgrund wie antifeministische, sexistische oder rassistische Meinungen (alá http://www.youtube.com/watch?v=GLTdMEP2vxI).

    Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Keine. Ich verstehe Atheismus als etwas Grundsätzliches, wenn auch nicht zentrales in meiner Weltanschauung. Es kann nur säkuläre Erklärungen der Welt geben, wobei ich mir bewusst bin, dass ich alleine nicht die Deutungshoheit darüber haben kann, was jetzt säkulär ist und was nicht und dass es auch nicht meine Aufgabe ist, eine bestimmte Auffassung von Atheismus (z.B. meine) anderen aufzudrücken (ähnlich wie „Feminismus“).

    Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Nein. Ich halte „Glauben“ für prinzipiell problematisch. Kommt aber auch drauf an, wie es definiert ist. Wenn die Alternative ein kritisches Denken ist, dass nicht alle gesellschaftlichen Vorgaben, Normen, etc. übernommen, sondern hinterfragt werden, dann ist die Antwort eindeutig. Allerdings gibt’s bei vielen (und wahrscheinlich auch bei mir) ein „Glauben“ an ein vereinfachtes Bild der „(Natur-)Wissenschaft“, das es so nicht gibt, bzw. halt auch Probleme schafft. (z.B. wird feministische Kritik – egal wie sinnig oder empirisch belegt sie ist – oft reflexhaft abgewürgt, obwohl sie oftmals „wissenschaftlicher“ ist, als z.B. viele populärwissenschaftliche Verkürzungen).

    Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Ich fühl mich freier. Auch wenn es mich manchmal stutzig macht, wenn intelligente Menschen sich identitär als religiös geben (oder schlimmer: wie in http://xkcd.com/774/ ). Das ist für mich immer so als ob sie sich als „sexistisch“ oder „antifeministisch“ outen, wo doch keine_r das tut. btw: agnostisch wär in dieser Analogie sowas wie „post-gender“. (Die Analogie schlägt halt für mich da fehl, wo so eine Weltanschauung für meinen Aktivismus eine eher untergeordnete Rolle spielt, aber von vielen oft männlichen Atheisten oft als das non-plus ultra für rationalen Diskurs dargestellt wird, ohne zu berücksichtigen, was für ein oftmals „bürgerlicher“ Diskurs dadurch vorgegeben wird. Was ich für extrem problematisch halte. Weshalb ich es cool finde, wenn es auch im oftmals als homogener wahrgenommen angelsächsischen Bereich sich Atheist_innen dieser Problematik bewusst sind und sowas wie „Atheism+“ ins Leben rufen.)

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  33. 1. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Ja, wenn meine Position zu dem Thema gefragt ist.

    2. Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Ich habe ca. 15 Jahre lang ergebnisoffen über die Frage nachgedacht und „erforscht“ wie sich verschiedene Antworten auf mich auswirken. Danach fühlte ich mich in der Lage, die Frage mit großer Klarheit zu entscheiden.

    3. Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Der weit überwiegende Teil ist zumindest nicht-religiös. Auf genaue Begrifflichkeiten kann ich mich nicht festlegen, weil das unter Nicht-Religiösen selten ein ernsthaftes Thema ist.

    4. Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Gar keine. Die Religionen sind noch ein eigenes, aber viel einfacheres Problem.

    5. Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Religiösen Glauben halte ich prinzipiell für problematisch, weil er Hoffnung, Sinn oder sogar Handlungsanweisung etc. vorgaukeln mag, wo nichts dergleichen begründet ist. Wir Menschen sollten den Dingen lieber ins Angesicht schauen, dann können wir besser begreifen, was wir am Anderen haben.

    6. Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Vermutlich ja, aber das zu beschreiben führt zu weit.

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  34. 1. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Der Begriff „Atheist“ wird von außen aufgezwungen. Einem jungen Menschen, der sich der Illusion und der Machtspiele der Religion bewusst wird, übernimmt ab und an aus der argumentativen Not in dieser Lebensphase diese Bezeichnung für sich. Mir ging das damals auch so.
    A-theismus – das Wort allein zeigt an, wie stark die Religion ihre Existenz in die Gesellschaft getrieben hat. Selbst diejenigen, die religionsfrei sind, werden gezwungen, sich über das Fehlen eines Gottes zu definieren.

    Wenn du jetzt fragst, wie mich in diesem Kontext selbst definiere: Ich bin religionsfrei. Meine Moral, meine Ethik und mein Wertebild brauchen keine überirdischen Übermalungen.

    2.Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Der eigenständige Loslösungsprozess vom bei mir katholischen Glauben und der Weg in eine aufgeklärtere humanistische Lebensweise erfolgte sowohl mit in sich verlaufenden Übergängen und also auch deutlichen Momenten des Bruches.

    Den drängenden Nietzsche las ich genauso wie ich in spannenden nächtelangen Küchensitzungen mit unserem Pfarrer den Streit über die Bibel und die christliche Realität führte. Erst die Wissenschaft und die Schriften der Aufklärung öffneten mir die Augen auf einen genaueren, streitbaren aber auch friedlicheren Blick auf die Menschen.

    3. Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Ich frage selten nach der Religion meines Mitbürgers. Wer es mir aufzwingt, über Religion zu reden, muss damit leben, dass ich sie kritisch hinterfrage, wenn es die Umstände erzwingen. Meine engen Freunde sind in der Mehrzahl säkulare Christen, Juden und Moslems. Ich frage nicht mehr so häufig wie früher, wie sie diesen Spagat hinbekommen.

    Ich nehme aus Respekt für meine Freunde oder konkrete Mitmenschen im weiteren Umfeld an religiösen Riten teil, wenn ich dazu eingeladen werde. Riten sind kulturelle Momente der Gemeinsamkeit, als solche sind sie achtenswert. Sollte allerdings in ihrem Namen gegen die Aufklärung, die Menschenrechte oder den Humanismus Stimmung gemacht werden, ist meine Standpunkt klar.

    4. Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Für meine persönliche emotionale (manche mögen es spirituelle) Arbeit an mir selbst brauche ich keinen negativen Rekurs auf Religion. Mein Verständnis von aktivem „Seelenfrieden“ liegt nicht in der Kritik von Religiösen. (siehe hierzu auch Antwort zu 5.)

    Ich kritisiere Machtverhältnisse. Religionen dienen gesellschaftlich der Kontrolle von Massen. Der Sonderstatus der Religion muss peu a peu abgeschafft werden. Die Themen sind bekannt: Finanzierung durch den Staat, Sonderrechte in der Behandlung von Arbeitnehmern, Scharia als Rechtssystem, Gottesstaaten generell uvm.

    Ich anerkenne die historische Rolle der Religion, leite daraus aber kein ewiges Existenzrecht ab. Religion existiert, solange Menschen diese Illusion als Stütze brauchen, um in ihrem gelebten Alltag zurechtzukommen. Dem Individuum ist sein Glaube nicht zu nehmen, die Ausführung religiöser Kulthandlungen ist problemlos, solange sie nicht gegen grundlegende Menschenrechte verstossen.

    5. Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Der Mensch, die Erde, das Weltall sind so unendlich schön und aufregend, dass ich nur den Blick heben muss, um mich in einem guten Grundgefühl wiederzufinden.
    Ich anerkenne mein Staunen, das Geist und Körper erfüllt, indem ich mich der Tatsache, dass wir nie alles wissen werden („ignorabimus“) hingebe.

    Die Menschheit ist verbunden mit allem Lebenden und Nichtlebenden im Universum, steht aber nicht in dessen Zentrum. Die für das Bewusstsein unerträgliche Abwesenheit eines vorgegebenen Sinns ist eine der wichtigsten lebenslangen Prüfungen, die es gilt auszuhalten und, wenn möglich, positiv zu beantworten.

    Carl Sagan schrieb einmal: „We are a way for the cosmos to know itself.“ – Wir sind eine Methode, wie sich das Universum sich selbst (ein Stück) bewusst wird. Das Staubkorn Mensch kann und sollte mit dieser Herausforderung ebenso verantwortungsvoll wie spielerisch umgehen. Wir müssen uns vor niemandem außer uns selbst „beweisen“, aber wir sollten versuchen es solange wie möglich zu machen.
    Das ist meine emotionale wie geistige Leistung, der ich mich regelmässig stelle. Diese Regelmässigkeit der Vergewisserung ist für mich so zentral wie es das Glaubensbekenntnis für den Religiösen ist.

    Ob ich Glauben für prinzipiell problematisch halte, kann ich so beantworten: Glaube, hier nicht verstanden als Hoffnung, ist stark missbrauchsgefährdet und deswegen von mir als immer potentiell gefährlich eingestuft. Wobei die „Gefährlichkeit“ variiert, inwieweit die Aufklärung der jeweiligen Religion bereits ihren Blutdurst nehmen konnte. Die Christen sind da gefühlt ein wenig weiter als die Moslems, wobei das auf individueller Ebene natürlich stark variiert.

    6. Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Ich liebäugele schon länger mit der Bright-Bewegung, die sich unteranderem zum Ziel gesetzt hat, säkulare Riten des Alltags zu pflegen, zu formen und auszugestalten. Bis jetzt habe ich meine persönlichen säkularen Riten nicht der Familie oder Freunden „aufgedrängt“. Ich bin mir aber bewusst, dass es einer kulturellen Ausgestaltung der gelebten Moral und Werte bedarf, um sie im gesellschaftsbildenden und -bindenden Alltag zu verhaften.

    Das Böckenförde-Diktum, also dass eine offene Gesellschaft und der freiheitliche, säkularisierte Staat von Voraussetzungen lebt, die er selbst nicht garantieren kann, teile ich in seiner Endgültigkeit nicht. Religionsgemeinschaften stellen eine große Quelle von sozialem Kapital dar, die uns im Alltag oftmals nicht auffällt. Das soziale Kapital der Arbeiterbewegung zeigt, dass auch aus säkularen Beweggründen eine nachhaltige Wohltätigkeit und Solidarität entstehen kann. Die starken emanzipatorischen Potentiale einer vernetzteren Gesellschaft, zeigen das Teilen und Empathie eine grundlegende Eigenschaft des Menschen ist, die auch ohne einen Gott funktioniert. Ich bin dort gerne ein Teil davon.

    Ergänzend ist es bemerkenswert, dass wir die Arbeit der Kirchengemeinden als wichtig anerkennen, gleichzeitig aber viele hier die Augenbrauen zusammenziehen, wenn sie hören, wie Muslimische Bruderschaften bei sozialer Hilfe den Menschen den Glauben gleich mitvermitteln. Ich denke, dass die Schaffung Sozialen Kapitals jenseits einer Gottesmaschinerie eine der wichtigsten Leistungen ist, denen der Humanismus sich in diesem Jahrhundert stellen muss. Bright-Rituale können hier ein kultureller Beitrag sein.

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  35. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Nein, warum? Das ist doch ein Normalzustand, der keine Beschreibung benötigt. Jemand, der an irgendwelche übernatürlichen Wesen glaubt – die im Realleben nicht vorhanden sind – fühlt sich genötigt dies erläutern. Er muss dies sogar tun, da Mitmenschen ihn sonst nur verwundert ansehen und nicht wissen, worüber er redet.
    Daher spielt der Begriff „Atheists“ im normalen Leben keine Rolle. Warum sollte man ihn benutzen? Ich komme gar nicht darauf.

    Wenn mich jemand fragt, ob ich an Gott oder Götter glaube, sage ich natürlich direkt nein. Damit ist das Thema aber auch erledigt.

    Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Das würde ja bedeuten, dass irgendein Theismus ein Normalzustand ist, etwas wo man sich auch ohne äußere Einflüsse hinentwickeln würde. Als Kind bekommt man natürlich irgendwelche Geschichten erzählt von Osterhasen, Drachen, sonstigen Märchen und so. Für Kinder ist das fantasieanregend, dient dazu Grundprinzipien wie Gut und Böse zu verstehen usw. Das ist alles sinnvoll und in Ordnung.
    Aber irgendwann fängt man an selbst zu denken. Man erfasst die Umwelt, beobachtet und schließt Rückschlüsse. Da kommt man dann darauf, dass es keinen Osterhasen gibt. Genausso wie mit einem Gott oder Göttern. Ob Osterhase oder Gott, das Prinzip ist das gleiche. Es gibt keinerlei Anhaltspunkt, dass so etwas existieren sollte. Es wäre unsinnig, so einen Gedankengang weiter zu verfolgen.
    Man lernt, dass Götter und ähnliches benutzt werden, um komplexe Botschaften auf einfachen Weg zu visualisieren und zu diskutieren. Wenn man aber gewohnt ist, analytisch vorzugehen und Annahmen durch Bebobachtung und Experimente zu überprüfen, verfolgt man so einen Ansatz automatisch nicht mehr weiter. Es ermüdet mich eher, das Leben über ein umständliches Konstrukt wie Fabelwesen zu erklären. Das ist nicht befriedigend. (Ich glaube ja auch nicht daran, dass Thor noch Blitze schleudert und mit dem Hammer donnert.)

    Aus Sicht der Kindheitsentwicklung also ein schleichender Prozess. Aber mit dem Erwachsenwerden ein zwingender.

    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Ja, die überwiegende Mehrheit. Es ist kein Thema (siehe erste Frage). Das wird allgemein als natürlicher/normaler Zustand angesehen.

    Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Wie schon dargestellt, ist dies kein Bekenntnis. Andere Religionen stehen automatisch auf der Stufe des Osterhasen. Man setzt sich mit ihnen auseinander. Es gibt auch gute Grundideen und Lebensweisen, die aus gesellschaftlicher Sicht zu begrüßen sind. Aber letzten Endes sind es (subjektiv von mir wahrgenommene) umständliche Erläuterungsversuche, die nicht direkt den Kern und die Grundkonzepte ansprechen.

    Aber jeder kann sich einen Gott/ein Lebensmodell zusammenstellen wie er will. Das kritisiere ich nicht. Der Osterhase ist aber nicht mein Ding. Wer Spaß daran hat, warum nicht.

    Ich lehne das nicht ab; ich beachte es schlicht nicht. Wenn jemand sagt, es gibt einen Gott, hat das für mich den gleichen Stellenwert, wie jemand, der sagt, dass seine Frau die schönste auf der Welt ist. Das ist seine Sicht, das ist in Ordnung. Er empfindet so. Aber niemand kann verlangen, dass ich diese Meinung für mich übernehme.

    Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Nein. Ich lebe und versuche natürlich die Welt zu verstehen. Man lernt jeden Tag mehr. Natürlich versucht man, den Gesamtprozess Universum zu verstehen und sich ein Bild zu machen. Das ist aber aus meiner Sicht kein Glaube. Ich „glaube“ also nicht.

    Problematisch ist das Konzept des “Glaubens” aus meiner Sicht, da es den Prozess der Analyse irgendwo abbricht. Es kommt der Punkt, wo man unmittelbar keine Erklärung hat. Das wird dann mit einem Fabelwesen versucht zu erklären. Das halte ich nicht für zielführend. An einem solchen Punkt stelle ich persönlich einfach nur fest, dass ich keine Lösung habe, es nicht weiß. Das mag unbefriedigend sein, ist aber so. Ich habe nicht das Bedürfnis diese Lücke mit Phantasierklärungen zu füllen. Ich weiß nur, dass ich weiter forschen muss.

    Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Vordergründig: Nein. (siehe Frage 1)

    Im zweiten Schritt: Ja. Ich lehne pauschale, vereinfachende Erklärungsversuche ab. Bin gewohnt der Sache auf den Grund zu gehen und lasse mich nicht mit Doktrinen oder vorgefertigten Modell abspeisen. Es muss einen Sinn machen. Das ist eine grundsätzliche Lebenseinstellung. Es wird dazu.

    Eine direkte Beeinflussung ergibt sich daraus, dass ich den Kontakt zu Religionsgemeinschaften meide (institutionelle Feste, Veranstaltungen usw.). Das sollen die Gemeinschaften unter sich ausmachen. Mich stört meist, dass so etwas immer mit dem Versuch der Missionierung verbunden ist. Je nach Gemeinschaft mehr oder weniger stark. Missionierung empfindet ich als herablassend und respektlos (ja sogar verachtend). Wenn jemand versucht mir die Welt mit mystischen Wesen zu erklären, empfinde ich das als Beleidigung meines Intellekts. Nach dem Motto: „Hält der mich für so blöd, dass ich darauf herein falle?“
    Ich tausche mich gerne auf philosophischer Eben aus. Das ist in Ordnung. Nicht das das falsch verstanden wird.

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  36. Huch, klingt hier vieles protestantisch. Bist Du sicher, dass es sich bei Religion um eine Weltanschauung und nicht um eine Kultur handelt, Antje?

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  37. Danke für die Diskussion zum Thema.
    Je nach Stimmungslage (Diskussionsfreudigkeit) bin ich Agnostiker oder Atheist. Die Scheidelinie verläuft allerdings nicht zwischen religiösen Menschen und Antheisten, wenn es um die Frage nach „freien“ Menschen geht. Es gibt wundervolle „freie“ religiöse Menschen und „unfreie“ Atheisten. Rudolf Rocker bemerkte einmal, „das der Atheismus im landläufigen Sinne durchaus nicht von freiheitlichen Ideen getragen sein muss …“ und O.K.Flechtheim meinte, dass in der damaligen Sowjetunion eine Sozial- und Säkularreligion herrschen würde.
    Meine Kritik beginnt dort, wo religiöse Kategorien Herrschaftsformeln werden, z.B. Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen. Eine Verweigerung in Deutschland geht nur, wenn sie von einem Gewissen getragen wird und dieses öffentlich erklärt wird, nach GG Art. 4/3. Dieses Thema und die Problematik „Leiden“ in der gewaltfreien Aktion diskutiere ich in meiner Einfühurng in die Ideengeschichte: Pazifismus und Antimilitarismus (Schmetterling Verlag).
    Wolfram Beyer

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  38. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Nein, eigentlich ist es keine Etikette, die ich vor mir hertrage. Es kann jedoch vorkommen, dass man sich im Gespräch in eine Schunlade setzen möchte und deshalb – je nach Tagesform – die es Atheisten oder Agnostikers wählt.

    Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Meine Mutter ist Historikerin (und vermutlich sehr bewusst aus der Kirche ausgetreten) und hat mich „dementsprechend“ erzogen. Es gab für mich nie wirklich eine Alternative, auch wenn meine strenggläubige katholische Oma den ein oder anderen Abwerbungsversuch (Beten und schlussendlich das verheißungsvolle Geldgeschenk bei der Kommunion) startete. Mit anderen Worten, ich fühle mich in der Ecke gut aufgehoben, auch gerade weil die Kirche für mich in historischer als auch alltäglicher Hinsicht nichts zu bieten hat, was über sehr irdische Dinge/Bedürfnisse/Intentionen hinausgeht.

    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Nein, es ist kein Thema. Ich denke auch, es ist gefühlt Standardbauweise, auch wenn noch einige Kirchensteuer zahlen. Mir wäre nicht bekannt, dass in meinem Freundeskreis jemand seine Religion praktiziert.

    Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Ich rege mich gerne auf, ja.

    Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Ich glaube natürlich an Dinge. An den BVB, daran mal wieder einen Geldschein auf dem Gehsteig zu finden, daran, dass meine nächste/aktuelle Beziehung die Wahre ist. Ich glaube aber nicht, dass das von irgendwem oder irgendetwas gesteuert wird. Ich glaube viel mehr, dass etwas Zuversicht gepaart mit Irrationalität ab und an nicht schaden kann.

    Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Es spielt höchstens in seiner Unterscheidung zum Gläubigen eine Rolle. Davon merke ich aber selbst nichts bzw. nehme ich eher den Gläubigen als denjenigen wahr, der sich durch sein Handeln unterscheidet. Insofern: nein, alles ganz normal. Ich kann nicht sagen, dass es mir als Konzept (Ideologie) im Alltag so präsent ist, dass ich bewusst Entscheidungen darauf aufbaue. Es kann aber natürlich durchaus sein, dass das Konzept so verinnerlicht ist, dass es meine Entscheidungen beeinflusst.

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  39. Ich bin Atheist,GOTT, sei Dank.

    Auf die Frage nach dem „Glauben“, antworte ich immer, dass ich einen anderen „Religionsdiensteanbieter habe. Ich bin Pastafarianist,ich glaube an das fliegende Spagetti Monster, ihr an sprechende Schlangen. Der Unterschied ist auch nicht soo groß.

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  40. 1. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Selten. Irgendwo (Quelle vergessen) habe ich mal die Formulierung aufgeschnappt, dass Leute, die sich von einer Religion abwenden, ein gottförmiges Loch in ihrem Weltbild haben. Mir fehlt nun sogar dies. Das heißt auch, dass die Frage, ob es einen Gott gebe, für mich nicht in irgendeinem Zentrum meiner Aufmerksamkeit steht. (Das Fehlen höherer Wesen ist ein Lemma, kein Axiom oder wichtiges Theorem.)

    2. Wie seid ihr zum Atheismus gekommen?

    Dritte Generation Atheist. Bei uns stand die Bibel neben Grimms Märchen und den Sagen aus dem Harz.

    3. Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Oft atheistisch; vor allem aber ganz überwiegend diskussionsoffen – d.h. kaum jemand leidet sehr darunter, wenn man mal auf seinem Weltbild herumklopft (ich auch nicht).
    Praktisch sind solche Diskussionen aber selten.

    4. Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Keine. Ich habe großes ethnologisches Interesse an Religionen. (Wenn sie als politische Kraft aufzutreten suchen, halte ich sie für gefährlich.)

    5. Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Hm. Ich benutze das Wort „glauben“ kaum, um mich zu beschreiben (wenn, dann eher negativ, „ich glaube nicht, dass ..“). Glauben – so ist doch die übliche Benutzung des Wortes – ist etwas, was man entweder tut oder eben nicht. So gehe ich mit Ideen einfach nicht um. Ich finde Ideen und Ideengebäude uninteressant bis interessant, sowie unpraktikabel bis praktikabel. Diese zwei Kontinua haben mit dem schwarzweißen „glauben“ nur bedingt etwas zu tun. Ideen sind dazu da, um an ihnen zu arbeiten, sowie um mit ihnen zu arbeiten. Insbesondere mag ich es, viele verschiedene von ihnen zu haben. Das Wort „glauben“ greift da einfach nicht.
    „Glauben“ als Substantiv scheint mir anzunehmen, dass es nur einen davon geben sollte – das scheint mir eine sehr unpraktische Idee; gefährlich gar.

    Manchmal behaupte ich, an den Doppelblindversuch zu glauben; aber das ist natürlich ein Scherz.

    6. Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Die Frage sollten eigentlich besser meine Mitmenschen beantworten; aber während ich dies tippe, sind die übrigen Erwachsenen des Haushalts grade einkaufen, ich bin also auf Vermutungen angewiesen 🙂

    Ich erwische mich regelmäßig beim Predigen von gegenseitigem Verständnis und Toleranz. Da ich Denkweisen und Verhalten, so sie niemanden schädigen, erstmal interessant finde und nicht ablehnenswert.
    Ansonsten muss ich über diesen Punkt noch nachdenken. (Da, wie gesagt, das nicht-Vorhandensein von Göttern mir nicht zentral ist; wichtig, aber nicht zentral; fällt es mir kaum auf, wenn sich Handeln daraus ergibt.)

    Guten Rutsch, z.

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  41. Ich bin Atheist,

    und ich habe das Gefühl, dass religiöse Menschen das Atheistsein an sich nicht verstehen können, ebenso wie im Gegenzug Atheisten Gläubige nicht durchblicken.

    Stellen Sie sich doch einmal vor, dass alle Ereignisse kausal zusammenhängen und unser Wahrnehmungshorizont beschränkt ist. Sie können jetzt das uns verborgene Gott nennen oder es auch einfach sein lassen. Das allein führt aber nicht zu den hitzigen Diskussionen zwischen Gläubigen und Atheisten, denn ein Atheist akzeptiert in der Regel den Zustand der unvollständigen Information. Der Gläubige hingegen nennt den verborgenen Verursacher nicht nur Gott, sondern dekoriert diesen oft auch noch mit Intentionen, die sich erstaunlicherweise mit den Moralvorstellungen seiner eigenen Peergroup decken.

    Ein Freund sagte mir einmal, Gott sei die Projektion unserer Wünsche (Intentionen) an den Himmel. Ich glaube, das trifft es ziemlich gut.

    Nun zurück zum Atheismus: Wenn man sich mit dem Zustand der unvollständigen Information zufrieden gibt, dann ist einem in der Regel auch egal, wie andere Menschen mit dieser Situation umgehen; mehr oder weniger rückt die Fragestellung selbst aus dem Wahrnehmungshorizont den Atheisten. Er ist darum nicht sorglos oder meidet die Sinnfrage des Lebens, er hat die Unvollkommenheit einfach akzeptiert, demütig gar wie es der christliche Glauben fordert.

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  42. Moin.

    Ich finde diese Definition des Atheismus „Leute, für deren Weltanschauung die Überzeugung, dass es Gott NICHT gibt, zentral ist“ ziemlich einengend, zumal die angesprochenen ja auch nur glauben können, daß es einen Gott nicht gibt. Es bedarf nur einer einfachen logischen Überlegung um zu erkennen, daß die Nichtexistenz von etwas nicht beweisbar ist und deshalb ein Glaube bleiben muß.

    Mir persönlich ist es egal, ob es Gott gibt oder nicht. In meinem Weltbild und in meiner Wertevorstellung gibt es keinen Bedarf für einen Gott und weitere Überlegungen dazu finde ich müßig, weil sie zwangsläufig unbeantwortbar bleiben müssen. Streng genommen bin ich auch ein Atheist, denn ich halte die Existenz eines Gottes für überflüssig. Da ich aber nicht wissen kann, ob es Gott gibt oder nicht, habe ich auch die Frage danach als überflüssig verworfen.

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  43. Bei mir ist das alles eigentlich umgekehrt: ich bin im Sozialismus groß geworden und familiär a-religiös. Aber manchmal habe ich als Kind gebetet, wie man so als Kind betet „Lieber Gott, mach…“ Das hatte ich vielleicht im Märchen gelesen.

    Erst seit meinem 40. Lebensjahr in etwa bin ich von ganz allein und allmählich zum Glauben gekommen. An Gott zu glauben, gibt mir Trost, ohne den ich alles, was so in der Welt passiert, was die Menschen so anstellen, nicht aushalten könnte. Könnte ich nicht an Gott glauben, würde ich wohl in Depressionen versinken.

    Dennoch gehe ich nicht in eine Kirche. Vor drei Jahren in etwa bin ich mal Heiligabend in die Kirche gegangen. Anschließend musste ich eine große Runde um den Block laufen, weil ich wahnsinnige Kopfschmerzen hatte von dem blöden Gelaber des Pastors. Das war ja nicht auszuhalten gewesen! Nichtsdestotrotz finde ich es bspw. sonntags anheimelnd, wenn um 10 Uhr die Glocken läuten. Weil es was Beständiges ist, das mich auch tröstet. Manchmal stelle ich mir vor, ich würde in eine Kirche gehen, aber dann stellt sich jedes Mal die Befürchtung ein, da steht jemand und erzählt mir, im Himmel ist Jahrmarkt und ich soll das glauben, was der- oder diejenige sagt und das geht mir schon allein in der Vorstellung gegen den Strich.

    Einmal war ich in einem Kloster. Da habe ich dann auch mal einen Gottesdienst besucht. Das fand ich äußerst befremdlich, wie die Leute ständig aufgestanden sind und sich wieder hingesetzt haben, so folgsam und beflissentlich, das hat mich auch abgestoßen. Es war mir einfach unangenehm, weil komplett fremd.

    Als ich anfing zu beten, habe ich gemerkt, dass ich nicht beten kann „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir…“ Ich dachte, nein, das geht nicht, dass ich so bete. Ich kann nicht für alle beten. Ich kann nur für mich beten. Also „Und vergib mir meine Schuld, wie auch ich…“. Das war wiederum tröstlich. Immer wenn ich bete, hinterfrage ich das aber auch, ob es gerade so stimmt. Seit neuestem habe ich folgende These: Ich bete inzwischen mit „wir“, also „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ und dann ergänze ich, dass es als erstes darauf ankommt, dass wir vergeben (lernen), so dass wir eines Tages frei von (größerer) Schuld sterben können und unsere Seelen nicht wieder und wieder auf die Erde kommen müssen, um einen erneuten Versuch zu starten. Und wenn wir lernen zu vergeben, dann wird uns selbst vergeben und dann könnte Frieden in der Welt sein.

    Die aktuelle Frage lautet für mich, was eigentlich damit gemeint ist „und führe uns nicht in Versuchung“ – aber das frage ich mich selbst, bis ich eine Antwort habe.

    Neulich war ich zu einer Beerdigung von einem Nachbarn. Es waren keine Familienangehörigen da, nur ein Nachbar und ich, ein enger Freund und ein Freund vom Nachbarn. Es war ein Sozialbegräbnis. Wir überlegten, ob wir was sagen sollten am Grab und wenn ja, was. Der Freund hatte eine Bibel bei, so eine kleine Taschenbuchausgabe. Er hatte gemeint, er hätte nichts Passendes gefunden. Also versuchte ich es mal auf gut Glück: einfach den Finger irgendwo reinstecken und dann mal schauen. Ich machte es dreimal, aber alles war so finster und gruselig, dass wir es dann gelassen haben.

    Einmal war ich mit einem Freund und seiner kleinen, vierjährigen Tochter in einer Kirche. Eine Frau erklärte die Bilder usw. Da war ein riesiges Bild mit dem Auge Gottes. Und das kleine Mädchen fragte – mit Blick auf das eine, große Auge: „Ist Gott ein Monster?“

    In meiner eigenen Vorstellung ist Gott alles andere als ein Monster. Er ist ein Vater. Und an ihn zu glauben, spendet mir, wie gesagt, Trost.

    Ansonsten habe ich in meiner näheren Umgebung eher wenig mit religiösen Menschen zu tun. Eine Freundin ist katholisch und wir sprechen oft über Gott. Wir lernen voneinander.

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  44. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Ja, wenn es passend erscheint.

    Wie seid ihr zum Atheismus gekommen?

    Kraft empirischer und logischer Argumente.

    Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt?

    Gibt mein Lesen und Schreiben hier Anlaß zur Vermutung noch vor einer Stunde hätten mich Wölfe im Urwald großgezogen? Ich halte nix von psychologischen tabula rasa Modellen.

    Wer?

    k.A. ’ne Menge vermutlich.

    War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Es war überhaupt keine Entscheidung für den Atheismus, sondern für die Rationalität (soweit man überhaupt von einer Entscheidung reden kann s.o. Romolus-Remus-Mogli-Modell).

    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch?

    Ich kenne praktisch nur Odinungläubige.

    Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Ab und an.

    Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Die Abgrenzung Atheismus/Theismus ist sinnfrei ohne einen Bezug auf einen konkreten Gott.

    Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”?

    Ich glaube, es ist noch Senf im Kühlschrank

    Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    „The various modes of worship, which prevailed in the Roman world, were all considered by the people, as equally true; by the philosopher, as equally false; and by the magistrate, as equally useful.“ Edward Gibson http://en.wikiquote.org/wiki/Edward_Gibbon

    Seit der Beschneidungsdebatte habe ich mir angewöhnt darauf hinzuweisen, dass mir der Konsum pornografischer Werke eine religiöse Pflicht ist. Eine sehr nützlich Erleuchtung, die mir da Nächtens kam, gekommen ist, immer noch kommt, kommen wird und gekommen sein wird.

    Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Bei der Einweisung in’s konfessionelle Krankenhaus.

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  45. Ich bezeichne mich als Atheist. Im wesentlichen war das schon immer so, bis auf eine relativ kurze Zeit als Teenager, wo ich eine verquaste Form von selbstgebastelter Spiritualität hatte, in der es allerdings auch keinen Gott gab.

    Im Scherz habe ich mich auch eine Zeitlang als Anhänger eines „Pocket Gods“ bezeichnet, also ein Gott, der nur existiert wenn man ihn braucht. (Was ja wohl für einen allmächtigen Gott mal die leichteste Übung sein sollte.) wie sich herausstellt gab es nie eine Gelegenheit wo ich eine Verwendung für einen Gott hatte, also hab ich das wieder sein lassen.

    Eine Zeit lang hab ich mich als Agnostiker bezeichnet, bin allerdings dann doch zu dem Schluß gekommen, dass das nicht zutrifft: ich wäre schon sehr überrascht, nach meinem Tot nicht einfach zu verrotten sondern mich mit Flügelchen auf einer Wolke sitzend wiederzufinden.

    Ich halte Religiösität nicht für etwas schlimmes, sondern in erster Linie für etwas überflüssiges: warum sollte ich mir einen alles überlagernden Gott in mein Weltbild hineinzimmern, wenn es doch ein so viel einfacheres, eleganteres, schlüssigeres Weltbild gibt, das komplett ohne Götter auskommt? Ich vermisse in meinem Dasein nichts, wofür ich einen Gott gebrauchen könnte.

    Ich wollte mich jahrelang mal mit jemandem unterhalten, der das ganze Glauben-Ding so richtig ernst nimmt, weil ich in meinem Freundeskreis niemanden kenne, der aus Überzeugung in der Kirche wäre.

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  46. 1. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Ich selbst würde mich eher als ungläubig oder religiös-untalentiert bezeichnen. Atheismus ist eine Gegenposition zu etwas und nur von Bedeutung, wenn es um diese Position geht. Erst dann nenne ich mich Atheistin, um meine Nein-/Gegen-/A-Position zu verdeutlichen. Ansonsten ist dieser „Status“ irrelevant.
    Atheismus ist natürlich auch eine sozial-politische Bewegung, die auch Anhänger und Protagonisten hat. Sie ist aber keine Religion, da es ihre Aktionen eben nicht mit einem Glauben an irgendwas verbindet, sondern klar „diesseitige“ Ziele hat, z.B. strikte Trennung von Kirche und Staat oder, keine Diskriminierung von Nicht-Gläubigen etc.

    2. Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Nun, ich wurde so geboren! Wurde aber religiös (protestantisch) erzogen und meine Eltern gaben sich redlich Mühe, aber keines ihrer vier Kinder ist wirklich so religiös geworden, dass es im Alltag eine Rolle spielen würde. Sehr zum Leidwesen meiner Eltern sind aus uns nur ein Schein-Christ, eine Agnostikerin und zwei Atheistinnen geworden.
    Ich bin also nicht irgendwie zum Atheismus gekommen, es war genau anders herum: die Religion hat mich nie erreicht. Ich war zwar brav und artig, bin auch konfirmiert worden, aber ich war innerlich immer unbeteiligt. So war mein „Austritt“ nur eine Richtigstellung und nicht etwa eine persönliche Krise, wie unser Pfarrer meinte. Das ist ohnehin das wunderlichste an Gläubigen: sie denken, ihre Position wäre das Normale, die Norm, die Ungläubigkeit und der Atheismus dagegen nur ein Phänomen. Zweifellos eine etwas verzerrte Wahrnehmung.

    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Religion spielt keine sehr große Rolle in meinem Bekannten- und Freundeskreis. Es wird nur in Zusammenhang mit sozial- politischen Fragen oder auch bei der Abwehr von Verleumdungen gegen die Atheisten wichtig. Es gibt durchaus eine gesellschaftliche Diskussion um dieses Thema. Seltsamerweise werden diese im engeren Kreis, zum Beispiel mit den Eltern, vermieden. Weil man hier ohnehin auf verschiedenen Welten lebt und eine Diskussion oder ein Streit nur zu einer strikteren Distanzierung führen würde. Wäre eine Seite zu dogmatisch zu fundamentalistisch, käme es zu einer Trennung und nicht etwa zu einer Bekehrung. Deshalb wird dieses Thema in der Familie eher gemieden und ein hohes Maß an Toleranz praktiziert. Im Freundeskreis sind ohnehin nur die verwandten Seelen 😉
    Diskutiert wird vor allem in der Anonymität und der persönlichen Distanziertheit des Internets und auf der politischen Bühne, wo institutionelles ausgehandelt werden muss.

    Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Nun ja, ich kann Religionen nur von außen betrachten und ich muss sagen, ich finde sie schon etwas merkwürdig.

    Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Nein, ich bin ungläubig in dem Sinne, dass ich Dinge für nicht wahr halte, für die es nicht mindestens starke Hinweise gibt.
    Es macht mir keine Angst, Dinge die ich nicht begreifen kann auch so zu benennen: Unbegreiflich. Phantastisches ist phantastisch, und kein göttliches Wunder. Wir können nie alles wissen, nie alles verstehen. Warum sollte ich einen Gott brauchen und das Ultimative, das Unbeschreibbare zu beschreiben? Ich verstehe da vor allem die naturwissenschaftlich gebildeten Gläubigen nicht, die genau dort – an der Grenze des Wissen-Könnens – ihren Gott verorten. Dieser Gott ist dann völlig unkonkret und dafür umso phantastischer, und wenn sie dann am Sonntag (vielleicht) in die Kirche gehen, wird dieser Gott plötzlich zu jemandem, der Frauen im Priesteramt verbietet oder Kondome. Der Unkonkrete wird auf oft bizarre Weise konkret und wenn man sie auf diesen Widersprüche hinweist, hat mir noch keiner eine befriedigende Antwort geben können. Nein, Religion ist für mich ohne Zweifel ein von Menschen gemachtes soziales Konstrukt, das Abgrenzungsmittel und Machtinstrument war und ist. Und ich wünsche mir in den Religionen, auch wenn ich niemanden grundsätzlich von seinem Glauben abbringen will, weil ich einfach keine Missionarin bin, doch eine weitere Modernisierung; so dass sie zum Beispiel nicht mehr an den Geschlechtsteilen von Kindern herumschnippeln müssen, um die Verbundenheit zu einem wie auch immer gearteten Gott zu bekräftigen.

    Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Nur wenn es darum geht, eine nicht-religiöse Position zu stärken und ich mache halt bestimmte Dinge nicht, die Religiöse tun. Ich feiere an Weihnachten eben keine Geburt Jesu, sondern die Familie und die schönen Lichter in der dunklen Jahreszeit, gerne auch anheimelnd und gefühlvoll, aber eben ohne Weihnachtlieder und die Heuchelei meiner Kinder- und Jugendzeit.

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  47. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Ich sehe mich in einem Grenzbereich zwischen Agnostizismus und Atheismus, nach der Dawkins-Scale auf Stufe 6 (De-Facto-Atheist). Ich bezeichne mich weniger aktiv als Atheist als ich mich z.B. als Demokrat oder Liberaler oder Humanist positiv und bewusst bekennen würde.

    Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Ich halte Atheismus für den Normalzustand, der bei den Menschen i.d.R. durch frühkindliche Indoktrination verändert wird. Diesen Versuch hat eine Kirche bei mir auch unternommen, wobei mir schon damals die Logik-Defizite dieser Ideologie nicht recht einleuchten wollten. Abgesehen davon kamen die mir zu offensichtlich heuchlerisch und bigott daher. Ausserdem kam mir verdächtig vor, dass die unterschiedlichen, sich gegenseitig widersprechenden religiösen Weltanschauungen auffällig nach Geographie verteilt waren, was eben gerade kein Beleg für eine überlegene Theorie sein konnte.

    Andererseits war es in den Achzigern selbst in meiner norddeutschen Heimat noch einigermaßen üblich, sich konfirmieren zu lassen und man kann auch nicht sagen, dass die Kirche keine gesellschaftliche Rolle spielte. Nicht zuletzt wurde konfessionelle Religion in öffentlichen Schulen unterrichtet, und denen möchte man eine gewisse Glaubwürdigkeit ja nicht grundsätzlich absprechen. Man kam letztlich also nicht umhin, die eigene Gottlosigkeit aktiv zu hinterfragen, was zur Folge hatte, dass ich mich mit Religionen und der Bibel ein bisschen auseinander gesetzt habe. Es heisst ja, dass Atheisten und Agnostiker im Schnitt über eine deutlich höhere Bildung in Bezug auf Religionen und religiöse Schriften verfügen, als Religiöse. Es zeigte sich schnell, dass jemand, der sich mit dem Christentum auseinander gesetzt hatte, wohl kaum dessen durch und durch unsympathischen Gott als Grundlage für irgendeine Ethik heranziehen konnte.

    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Die Mehrheit in meinem Bekanntenkreis ist zumindest nicht Mitglied einer Kirche. Unter jenen, die es sind, würde ich keinen Theisten vermuten, allenfalls Deisten und Pantheisten. Viele sind wahrscheinlich eher Kulturchristen ohne Glauben an einen Schöpfergott. Kürzlich hatte ich einen von ihnen gefragt und er begründete seine Mitgliedschaft mit einer vermeintlichen christlichen Ethik, die interessanterweise meinen überschaubaren religionswissenschaftlichen Kenntnissen keine drei Minuten stand hielt. Ich denke, viele von denen wissen einfach instinktiv, dass Geschichten über Geister, die Jungfrauen schwängern, einfach Quatsch sind, man hat es aber irgendwie so gelernt und zu einer aktiven Auseinandersetzung ist es nie gekommen. Da nimmt man dann wahllos vier oder fünf der 10 Gebote als Grundlage für eine Ethik, und fertig ist der spirituelle Baukasten.

    Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Religionsfreiheit ist keine Erfindung der Religionen. Bezeichnenderweise sind es tendenziell eher die Humanisten und die Atheisten, die aktiv für die Religionsfreiheit eintreten, während Religiöse dieses Menschenrecht gerne entweder als exklusive und überlegene Freiheit der eigenen Religion sehen, oder sie gar als universelle Handlungsfreiheit begreifen, wie sich in der Debatte um männliche Genitalverstümmelung gezeigt hat.

    Religionsfreiheit beinhaltet aber eben immer auch die negative Religionsfreiheit. Und das heisst eben, dass ich nicht behelligt werden möchte durch schulischen konfessionellen Religionsunterricht. Ich möchte nicht mit meinen Steuergeldern Priester bezahlen, will den öffentlich-rechtlichen Rundfunk neutral und nicht unter dem Einfluss von Kirchenvertretern sehen. Es geht meinen Arbeitgeber nichts an, welcher Kirche ich mich (nicht) zugehörig fühle, warum also findet sich diese Angabe auf meiner Lohnsteuerkarte? Und ich möchte nicht, dass der Deutsche Bundestag mehrheitlich der Ansicht ist, die Religionsfreiheit einer Gruppe würde die verfassungsmäßigen Grundrechte einer Gruppe Dritter aufheben.

    Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Polemisch sage ich gerne, Religion sei die Ethik der Nihilisten. Tatsächlich entbindet Glaube viele davon, sich mit ethischen Fragen ernsthaft auseinander zu setzen. Das zeigt sich u.a. auch darin, dass starke Religiosität in Gesellschaften auffällig mit deren Unvermögen korreliert, soziale Probleme in den Griff zu bekommen. Religion gibt dogmatisch vor, was richtig und was falsch sei, und nicht nur, dass ich die christliche USP von der Erbsünde für ethisch höchst fragwürdig halte, ist Religionen zu allem Überfluss zu Eigen, das Hinterfragen solcher „Werte“ zu sanktionieren. Den Menschen wird ethisches Denken demnach nicht nur abgenommen, indem man ein einfältiges Weltbild als Ersatzethik anbietet, ihnen wird oft eigenes und kritisches Denken sogar noch als Blasphemie verboten.

    Woran glaube ich statt dessen? An den Humanismus, an den Forschritt durch (keineswegs unfehlbare) Wissenschaft, und an Werder Bremen (auch wenn es oft schwer fällt).

    Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Nicht in konkreten Situationen. Insgesamt dürfte aber ein Mensch, der sich der Endlichkeit des Lebens (ohne ein postmortales Leben im Paradies) bewusst ist, der sich durch einen wütenden und rachsüchtigen Gott unbeobachtet fühlt, und der über klare ethisch fundierte Normen und Werte verfügt, ein Leben mit weitaus mehr Freude führen, und seine Mitmenschen in entsprechender Weise behandeln.

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  48. 1. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Eher selten – nur wenn wir auf das Thema kommen, ob und wie ich religiös bin. Oft sage ich dann aber „ich glaube nicht an gott“ anstatt „ich bin atheistin“.

    Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Eher letzteres. Ich bin evangelisch erzogen worden, habe biblische Geschichten als Kind als Geschichten wie alle anderen vertanden. Das erste mal, dass ich mich bewusst gefragt habe, ob ich eigentlich an Gott glaube, war kurz vor meiner Konfirmation. Meine damalige Antwort war „ich weiß es nicht, aber eher nicht“. Ich konnte das Glaubensbekanntnis nicht mehr guten Gewissens sprechen, hatte aber nicht den Mut, die Feier abzusagen, war ja schon alles geplant. Und habe mich wegen meiner Unehrlichkeit, dies Bekenntnis trotzdem zu sprechen und die ganze Zeremonie mitzumachen, schrecklich unwohl gefühlt.
    Danach habe ich mich von der Kirche mehr entfernt, ohne nach einem spirituellen Ersatz zu suchen. Ich hatte nie spirituelle Bedürfnisse – ich glaube das ist der Knackpunkt, warum ich nicht glaube.
    Ich habe mich erst als Erwachsene bewusst als Atheistin bezeichnet.

    2. Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Viele, aber nicht alle. Bei vielen weiß ich es auch nicht. Nein, Religion ist nicht ständig Thema.

    3. Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Hm, ich würde nicht sagen, dass ich mich zum Atheismus bekenne. Ich glaube nicht dass es eine Weltanschauung ist, aus von Antje im Text erwähnten Gründen.
    Aber nein, Kritik an einigen real existierenden Religionen habe ich, aber das ist nicht mein Hauptmotiv dafür nicht an Gott zu glauben. Ich habe kein Motiv dafür, nicht an Gott zu glauben. Ich habe kein Motiv dafür, an Gott zu glauben. Weder halte ich es für nötig seine Existenz zu postulieren um irgendwas zu erklären (die Existenz der Welt oder so), noch gibt mir der Glaube spirituell-emotional etwas, etc. Und meine Werte kann ich auch ohne Gott haben.

    4. Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? –

    Nein, nicht anstelle von Gott. da gibt es für mich keine Leerstelle, siehe meine Antwort zu 3. Ich würde zB nie sagen, dass ich an die Naturwissenschften glaube, obwohl ich glaube, dass die Naturwissenschaften im großen und ganzen erfolgreich Erkenntnisse über die Natur enwickeln. Aber das scheint mir ein anderer Sinn von ‚glauben‘ zu sein.

    5. Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    das nun auch wieder nicht. Kommt natürlich drauf an, wie man dass Konzept des ‚Glaubens‘ versteht. „ich glaube x“ ist für mich ungefähr gleichbedeutend wie „ich bin der Überzeugung dass x“, und dies Konzept halte ich für völlig unproblematisch.
    Natürlich habe ich zudem ein Überzeugungs- und Wertesystem, dass sich nicht so einfach belegen oder falsifizieren lässt wie meine Überzeugungen über das Wetter. so etwas wie eine Weltanschauung (wobei ich das Wort nicht schrecklich mag, das hört sich nach einem System an, das geschlossener ist als das System meiner Werte usw.). Auch dass Menschen so etwas haben, halte ich für unproblematisch und notwendig.

    6. Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Selten, im Grunde nur bei religionspolitishcen Fragen. Zum Beispiel bin ich für konfessions- und „Weltanschauungs“übergreifenden Ethikunterricht an Schulen, statt dem konfesoinsgebundenen Religionsunterricht. Allerdings beruht mein Hauptargument dafür darauf, dass wir in einer pluralistischen Gesellschaft leben. Und dies Argument könnte ich ja auch als religiöse Person haben. Ich denke schon, dass meine Überzeugung, dass Staat und Kirche stärke getrennt sein sollen, als es in Deutschland der Fall ist, etwas mit meinem Atheismus zu tun haben.
    Atheismus ist in meinem Umfeld völlig akzeptiert. Wäre das anders, wie zB in den ländlichen USA, wäre er sicher stärker Thema im Alltag für mich.

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  49. 1. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Die meisten meiner Freunde sind auch Atheisten, ebenso meine ganze Familie. Da ist es nicht nötig. Ansonsten meide ich das Thema im Bekanntenkreis eher. Nur wenn Leute aus ihrem Glauben heraus argumentieren und damit gesellschaftliche oder politische Verhältnisse begründen oder fordern, mache ich mir den Stress.

    2. Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Ich habe nie an Gott geglaubt. Meine Eltern und meine Großeltern glauben auch nicht an einen Gott. Meine Eltern haben mich zwar kurz vor der Einschulung getauft – ich wäre sonst der einzige nicht getaufte in meiner Klasse gewesen – aber ich hatte bis dahin nicht gewusst, dass es einen Gott geben soll. In der Schule hatte ich Religionsunterricht, habe den aber nicht sehr ernstgenommen, sondern das ehe so als Sagen und Märchen verstanden. In der Grundschule wollte ich die Geschichten nachlesen und habe daher die Bibel gelesen. Ich werde nie vergessen, wie enttäuscht ich war, vor allem vom alten Testament: alles grausam, böse, unfair und unlogisch. Meine Mutter hat immer gelacht, wenn ich ihr wieder was erzählt habe, und meinte, das wären Märchen so wie Hänsel und Gretel. Meine Oma erzählte mir immer, dass man den Menschen so Angst machen wollen.

    Ich denke, wir wäre in jedem Land unter jeder Religion Atheisten. Vielleicht dürften wir es nicht sagen und müssten fleißig heucheln.

    Die meisten Menschen haben übrigens die Religion, die ihre Eltern haben. Wären ihre Eltern Moslems, so wären sie auch welche. Das ist es, was mich an vielen Menschen, die auf ihre Religion wert legen, am meisten erstaunt: wieso sehen sie nicht, dass sie vielleicht nur so überzeugte Christen sind, weil ihre Eltern welche sind und ihr Umfeld christlich ist. Wären sie in Ägypten als Kinder muslimischer Eltern geboren, würden sie dann nicht genauso überzeugte Moslems sein?

    3. Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Ja, die meisten.

    4. Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Ich akzeptiere nicht, wenn etwas nur oder in erster Linie aus einer Religion heraus begründet wird, vor allem dann, wenn es direkte oder indirekte Konsequenzen für mich oder andere nicht-gläubige hat.

    Kein Problem habe ich dagegen mit der „Einbindung“ der Religionen in Staat und Gesellschaft. In einer Demokratie muss man letztlich alle Kräfte, so irrational sie auch sein können, irgendwie einbinden, deren Kräfte bändigen und eng kontrollieren. Dass der Staat z.B. die Gehälter von Bischöfen, Pfarrern etc. zahlt und die Kirchen wirtschaftlich abhängig hält, halte ich für gut. Denn solange diese viele Gläubige haben, haben Sie sowieso automatisch Einfluss auf den Staat. Ihre Abhängigkeit vom Staat verschafft diesem wiederum auch Einfluss auf die Kirchen. Das funktioniert zumindest in Deutschland ganz gut, weil Deutschland zwei fast gleich große Konfessionen hat, die der Staat gegeneinander ausspielen kann.

    5. Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Ich glaube an nichts im Sinne von Religion oder Ideologie. Natürlich muss ich vieles glauben, denn ich kann ja nicht alles selbst prüfen. Aber Wissenschaft (und damit meine ich erst mal Naturwissenschaften und Mathematik) ist keine Religion oder Ideologie.

    Ich halte Religionen und Ideologien aber für prinzipiell gefährlich, weil sie einen Anspruch auf absolute Wahrheiten erheben. Sie sind Keime der Unmenschlichkeit. Sie sind wie Kerzen, die jederzeit die Bude anzünden können.

    Ich halte die Aufklärung für einen der ganz großen Meilensteine der Menschheit.

    6. Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Ja.

    Ich glaube, dass sehr viele Leute in Deutschland inzwischen nicht mehr wirklich an einen Gott glauben, auch wenn viele es vielleicht nicht begründen wollen. Daher unterscheidet sich aber mein Handeln nicht so sehr von dem vieler anderer, was das angeht. Ich bin auch optimistisch, dass die meisten Gesellschaften den Weg der Aufklärung gehen und ihre Religionen verblassen.

    Ich kann aber wenig mit Menschen anfangen, die Thesen und Theorien vertreten, die unseren naturwissenschaftlichem Wissen widerspricht.

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  50. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Ja.
    Gelegenheiten: Wenn ich gefragt werde, oder wenn ich glaube, dass diese Info hilfreich ist, um meine Ansichten zu verstehen.

    Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Bin in politisch konservativer Familie aufgewachsen, dort waren Kirchenbesuche oder gemeinsame Gebete aber eher so eine Art Pflichtveranstaltung ohne besondere Hingabe. Fromm war allerdings meine Großtante (übrigens die erste deutsche alttestamentl. Professorin), die ich als Jugendlicher fast täglich besuchte, weil ich mich gern mit ihr „über Gott und die Welt“ unterhielt. Allerdings fehlte mir immer eine persönliche Gottesbeziehung. Ich war zwar fasziniert von meiner Großtante – sie eine sehr nachdenklicher, aber auch engagierter Mensch – und ich war auch mal in Taizé, wo mir diese Kettengesänge und das spirituelle Drumherum von ihrer Ästhetik her sehr gefallen haben (für mich als protestantisches Nordlicht ja eher ungewohnt). Aber ich bin eigentlich kein suggestibler Mensch, deshalb war ich auch immer etwas kritisch-distanziert. Ein „Gebet in der Stille“ während des Gottesdienstes hat bei mir eher Beklemmung ausgelöst, für andere wahrnehmbare, aktive Beteiligung an Gebeten außer dem üblichen gemeinsamen Nachplappern habe ich tunlichst vermieden (Gottesdienstbesucher wurden manchmal z.B. ermuntert, eigene Gebete laut zu vorzusprechen, natürlich auf freiwilliger Basis). Ich muss dazu sagen, dass ich auch ein etwas verschlossener Mensch bin. Mit Integration in Menschengruppen tue ich mich etwas schwer. Allerdings fand ich die Ruhe und tolerante Atmosphäre in kirchlichen Gruppen immer relativ angenehm.

    Nach dem Abi bin ich dann von Zuhause ausgezogen, was ich extrem genossen habe. Ich wurde selbständiger, war mehr allein (ich liebe Einsamkeit), habe mich im Rahmen des Studiums viel mehr mit Dingen beschäftigen können, die mich wirklich interessieren (immerzu wissenschaftliche Dinge, manchmal Künstlerisches). Sehr spät begann mein Interesse für Politik (angeregt z.B. durch Lektüre von Ulrike Meinhofs Konkret-Kolumnen), ich war fast 30, als ich mich von meinen konservativen Vorurteilen losmachte. Mit meiner – eigentlich sehr geliebten – Großtante (der Theologin) konnte ich da nicht mehr richtig reden, sie war eigentlich die Konservativste in meiner Familie.

    Meine Lieblingsintellektuellen – ob nun aus wissenschaftlicher Literatur oder kluge Leute im Netz – waren fast immer Atheisten (soweit sie sich dazu äußerten). Ein für mich nicht unbedeutender Text war dieser hier: Theodor Ickler: Geborgter Reichtum – ehrliche Armut, den ich Ende der 90er in einer wissenschaftlichen Zeitschrift entdeckt habe. Eine Kritik am Mentalismus
    Ist hier online: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1240#15236
    Ich wollte weg von diesem unwissenschaftlichen Geblubber, das habe ich mir sozusagen geschworen. Meine letzten Reste von Agnostizismus habe ich damit begraben.

    Meiner Großtante hätte ich das nie sagen können, war ja ihr Lieblingsneffe, aber sie ist nun seit sechs Jahren tot, und der Rest meiner Familie hat kein Problem damit, dass ich Atheist bin.

    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Ich bin ein zurückgezogener Mensch, mein Bekanntenkreis ist eher klein, und Glauben ist da eher selten ein Thema. Ich kenne niemanden persönlich, der sich zum Atheismus bekennt. Außer ein paar oberflächlichen Bekanntschaften: Ich war aber mal bei ein paar Treffen einer atheistischen Gruppe. (Hat mich etwas gelangweilt, weil da ständig andere Religionen thematisiert wurden, hinsichtlich ihrer Mängel. Ich will aber nicht zum Religionsfachmann werden.)

    Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Keine. Die realen Gläubigen oder deren Institutionen könnten noch so toll sein. Ich lehne eine Gottesvorstellung prinzipiell ab. Meines Erachtens ist nicht einmal vernünftig definierbar (oder beschreibbar), was „Gott“ überhaupt sein soll.

    Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Glauben im religiösen Sinn: nein. Aber in einem banalen Sinn schon. Ich glaube z.B., dass die Erde rund ist. Natürlich habe ich auch eine „Weltanschauung“. Das meine ich aber nicht in einem irgendwie metaphysischen Sinn. Ich finde, man kommt auch um gewisse, schwierige philosophische Fragen nicht herum. (Z.B. Wie erklärt sich Bewusstsein?) Ich möchte gern Dinge verstehen, soweit wie irgend möglich. Aber ich habe wenig Motivation, etwas zu glauben, wenn es mit dem Verständnis mal hapert. Es gibt wohl auch Axiome des logischen Denkens, an die man in gewisser Weise „glaubt“. (http://de.wikipedia.org/wiki/Grundlagen_der_Mathematik). Das Thema ist mir aber zu hoch.

    Spielt das Atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Was für eine Frage, da könnte man wahrscheinlich Bücher drüber schreiben, man kommt ja häufig genug mit Glaubensinhalten in Berührung. Aber spontan fällt mir wahrscheinlich nur Offensichtliches ein. Ich würde gern aus der Kirche austreten, sehe aber nicht ein, dass ich dafür eine Gebühr beim Standesamt bezahlen soll. Mich stören staatliche Subventionen der Kirchen. Das Feld “Religionszugehörigkeit” in Formularen. Gesetze, die Religionsangehörige privilegieren. Die political correctness gegenüber Religionen in den Medien. Die mangelnde politische Interessenvertretung der Atheisten.

    Mich nerven Filme, in denen unterschwellig Botschaften vermittelt werden, dass es gut ist, wenn man sich christlich geprägten Normen unterwirft. (Müsste ich genauer ausführen, vielleicht später.) Mich stört schon der mystifizierende Unterton des viel zu oft gebrauchten Wortes “böse”. Oder filmische Darstellungen des Bösen™. Da steckt ’ne Menge Religion im Alltag. Wahrscheinlich sind es vor allem Abwehrhaltungen gegen religiöse Beeinflussung, gegen Bevormundung, gegen Erwartungshaltung. Eine Reaktion auf das religiöse Verhalten anderer. Ein spezielles “atheistisches Handeln” gibt es für mich nicht. Macht ja auch keinen Sinn.

    Ich könnte auch Pseudowissenschaften zu den Religionen zählen. Wie oft musste ich meiner Mutter schon erklären, dass ich prinzipiell nichts von Alternativmedizin halte.

    Vielleicht schreibe ich noch was, wenn mir bessere Gedanken kommen. 😉

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  51. Ich verstehe mich zwar eher als Agnostiker, tendiere jedoch zum Atheismus. Denn: ich bin der Meinung, Glaube jeglicher Art dient nur dazu sich selbst zu betrügen. Es ist eben einfacher, manche Dinge nicht akzeptieren zu müssen, oder aber es hilft Schmerzen oder ähnliches zu überstehen.

    In meinem Umfeld sind wenige meiner Meinung, ich diskutiere es dennoch sehr gerne.

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  52. @Wolfgang Erdbeerbaeumle

    „In einer Demokratie muss man letztlich alle Kräfte, so irrational sie auch sein können, irgendwie einbinden, deren Kräfte bändigen und eng kontrollieren.“

    Ach? Ich dachte, sowas nennt man Ständestaat (vgl. Austrofaschismus)

    „Dass der Staat z.B. die Gehälter von Bischöfen, Pfarrern etc. zahlt und die Kirchen wirtschaftlich abhängig hält, halte ich für gut.“

    Ihr Ausgaben zu sparen hält die Kirche jetzt wie genau abhängig? Z.Z. würden die Katholiken mit Freuden Priester (vollständig, denn den Großteil zahlt da schon jetzt die Kirche, lokal unterschiedlich) zahlen, wenn es nur mehr geben würde.

    „Denn solange diese viele Gläubige haben, haben Sie sowieso automatisch Einfluss auf den Staat.“

    Aber auch nicht mehr, als ihnen diese Gläubigen geben. Es hat heutzutage nicht jeder Gläubige in jeder Frage automatisch die Überzeugung, die die Kirche empfiehlt.

    Bei anderen großen Gruppen (z.B. Gewerkschaften, Sportvereine) beruhen deren (gegenüber Kirchen viel eingeschränkteren Priviligien) meisten auf im Einzelfall konkreten Gegenleistungen. Schon mal in einem Verein die Kasse übergehabt, was da los ist, wenn das Finanzamt die Gemeinnützigkeit prüft? Die Kirche ist eine Gemeinschaft von Gläubigen. Fertig. Damit ist sie 1) KdöR 2) Tendenzbetrieb und 3) Tendenzbetrieb besonderer Art. Unterschied zwischen 2 und 3? Z.B.: Die SPD muss sich nicht rechtfertigen, wenn sie ein CDU-Mitglied vom Posten als Geschäftsführer ausschliesst, aber Reinigungskräfte nach Parteiaustritt rauszuschmeißen geht dort nicht. Die Kirche kann das bekanntlich sogar in ihr „bloß“ hörigen Verbänden, die grossteils vom Staat bezahlt werden.

    „Ihre Abhängigkeit vom Staat verschafft diesem wiederum auch Einfluss auf die Kirchen.“

    Der worin genau besteht? Wo zeigt sich das konkret?

    „Das funktioniert zumindest in Deutschland ganz gut, weil Deutschland zwei fast gleich große Konfessionen hat, die der Staat gegeneinander ausspielen kann.“

    N‘ paar Beispiele wo das gemacht wurde?

    Nach diesen Theorien hätten sich eigentlich in den letzten Jahrzehnten die guten Gaben der Politik an die Kirchen derem schwinden Einfluss folgend verringern müssen. Kann ich nicht erkennen. Tatsächlich stellt man fest, dass der praktisch am durchgreifenste Widerstand gegen die kirchliche Macht aus nicht unbedingt der linksradikalen Revolution verdächtigen Institutionen kommt: es sind die Gerichte.

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  53. Mein Atheismus ist natur- und gesellschaftswissenschaftlich begründet, d.h. hat mit Religion zwar den Gegenstand gemein, aber von mir ausschließlich als menschliches Konstrukt erfaßt. Als Erscheinung der objektiven Realität existiert kein „höheres Wesen“ in welcher Form auch, aber insbesondere auch als allmächtige und dennoch menschenähnliche Figur kann es so etwas nicht geben – das kann man wissen, wenn man will …

    Jeder Mensch handelt im Alltag als Atheist, d.h. das gottlose Leben ist eine Tatsache, die mühsam übertüncht werden muß, wenn die Hektik des alltäglichen Lebens abends aufhört und die natur- und gesellschaftswissenschaftlich ungebildeten Menschen beginnen, sich Gedanken über ihr Leben, die Welt zu machen, und warum alles so ist wie es ist. Ungebildet ist jemand, der an ein Leben danach glauben kann, an eine unbefleckte Empfängnis und all die Wunder, von denen die Religionen voll sind. Dabei wußten die Menschen immer schon zwischen Glaube und Wissen zu unterscheiden, aber es ist ihre Bequemlichkeit, in der sie sich selbst täuschen und von professionellen Täuschern betrügen lassen.

    Ich bin zwar getauft, doch danach traten meine Eltern aus der Kirche aus und ich wurde auch nicht religiös erzogen. Aufgewachsen bin ich zudem in der „DDR“, wo Religion auch keine Rolle mehr spielte. Als junger Erwachsener übernahm ich zunächst Marx‘ „Thesen über Feuerbach“ kritiklos, weil ich aufgrund fehlender modern religiös denkender Gesprächspartner keinen Widerpart hatte, um die noch offene Frage nach dem physikalisch individuellen Bewußtsein stellen und beantworten zu können.
    Die Frage nach der Physik des Bewußtseins wurde aufgrund eines Verbrechens notwendig, das vom konspirativen Stasi-Untergrund in der „DDR“ begonnen wurde. Was für die meisten Menschen heute immer noch ein Rätsel ist, war schon in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts enträtselt von den Naturwissenschaften: Das Bewußtsein, das Denken und Träumen – also wie das alles im wesentlichen funktioniert. Über diese damals in den 40er Jahren noch neuen Erkenntnisse wurde die Öffentlichkeit aber hüben wie drüben nicht informiert, denn es kam sofort zu technischen Konsequenzen, d.h. zu technischen und vor allem auch politischen Entwicklungen, die unsere Freiheit bis heute immer bedrohlicher einschränken, ohne daß der Mehrheit der Menschen klar ist, wo unsere Gesellschaft heute schon steht, wie der Entwicklungsstand der Abhör-und Spionage- und Foltertechnik aussieht, wie unsere Gesellschaft in Schach gehalten wird …

    http://demgeneralbundesanwalt.wordpress.com/

    http://wartenaufdiegrosseliebedotcom.wordpress.com/

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  54. 1. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Ungern, nur wenn ich keine Diskussion über die Definition führen möchte. Denn auch Homöopathiegläubige oder Scientologen können Atheisten wie ich sein. Und mit denen will ich mich nicht in einen Topf werfen lassen. Doch ich sehe mich eher als Ungläubigen oder Skeptiker.

    2. Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Wie bin ich wieder dazu gekommen, nachdem ich schon als Atheist geboren wurde? Hier die Kurzfassung: Ich bin ev.-luth. getauft und konfirmiert worden. Habe kirchliche Jugendarbeit gemacht, Kirchentage besucht und fünf Semester ev. Theologie studiert. Habe den größten Teil des Alten Testaments gelesen, bin ungläubig geworden und aus der Kirche ausgetreten.

    3. Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Ich habe ein paar gläubige Verwandte, mit denen ich das Thema aber meide. Auf der Arbeit habe ich viel mit Physikern zu tun, unter denen es nicht ganz so viele Gläubige gibt. Ansonsten suche ich mir vermutlich meine Bekannten (auch unbewusst) passend aus.

    4. Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Das geht Hand in Hand, wobei ich nicht nur Religionen ablehne, sondern auch alle Formen von Esoterik. Was nicht heißen soll, dass ich sie verbieten möchte, denn ich bin ja für Glaubensfreiheit. Aber ich möchte sie aus der Öffentlichkeit fernhalten, und dahin zurückdrängen, wo sie meiner Meinung nach hingehören: ins Private.

    5. Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Ich glaube an das, was ich für wahrscheinlich halte. Aber einen „Gottersatz“ brauche ich nicht. Ich kann auch nichts mit den Konzepten der Seele und der Spiritualität anfangen.

    6. Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Es spielt nur dort eine Rolle, wo Gläubige jeglicher Art versuchen, mir oder anderen die Regeln ihres Glaubens aufzudrängen. Soll sich doch jeder an das halten, was er glaubt. Aber bitte nicht Andere damit belästigen!

    Das ist so ähnlich wie mit der Feuerwehr: Die spielt im Alltag auch keine Rolle, die braucht man nur, wenn es brennt.

    Ich sehe weder Atheismus noch meinen Unglauben als Weltanschauung oder Grundlage eines solchen. Die Grundlage meiner Weltanschauung sind vielmehr die (Natur-)Wissenschaften. Und da spielt Glaube keine Rolle, vielmehr eine gehörige Portion Skepsis. Ich denke, auch Rationalist würde meine Einstellung sehr gut treffen, wenn der Begriff nicht so sperrig wäre.

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  55. Pah, ich fühle mich als atheistischer Agnostiker gemobt. 😉 Denn ich glaube(!), daß es keinen Gott gibt (=> Atheist?), für mich ist das eine innere Wahrheit (Gläubiger Atheist?) aber denke, daß es eben niemand über die innere gefühlte und gelebte Wahrheit hinaus für andere mit wissen kann. Weil es ja niemand wirklich wissen kann. (Agnostiker?). Sobald Gläubige ihre innere lebenswichtige Wahrheit mit der „für alle „verwechseln, wird es für mich meist gefährlich.

    Daher bezeichne ich mich als Atheist (glaube, das es keinen Gott gibt, stehe aber wohl auf einem agnostichem Fundament. (Weder das eine noch das andere kann einer wissen..) und beantworte frech dennoch Deine Fragen ;-):

    1) ich bezeichne mich nur als Atheist, wenn ich in Gesprächen, wie hier, mich (doch ;-)) angesprochen fühle. Oder bei meinen vielen Hilfeleistungen in der hiesigen Gemeindearbeit gefragt werde, wieso ich bei Gottesdiensten nie dabei bin. („Bin kein Christ“ – „och, was dann?“ – „Atheist (glaube, daß es keinen Gott gibt)“)

    2) Nach und nach hab ich mich vom durchaus gläubigen Christ zum gläubigen Atheist gewandelt. Das war schleichend, ohne Gram und hat nichts mit der Kritikwürdigkeit der Kirche(n) zu tun gehabt.

    3) Die meisten meiner Bekannten und Freunde und Kontakte sind Christen.

    4) Für mein Bekenntnis zu meinem Glauben spielen die anderen Religionen keine Rolle, also auch nicht die schon genannte Kritikberechtigung.

    5) ich glaube wie erwähnt, daß es keinen Gott gibt. Wie wir aber funktionieren, weiß ich nicht, ich versteh ja nicht mal wirklich (mit dem Herzen sozusagen), wie Strom oder Anziehungskraft funktioniert und öfters auch nicht, wie meine Kinder funktionieren. 😉 Wie also der Kosmos aufgehängt wurde… entzieht sich meinem Glaubenhorizont.

    Alles ausserhalb meines kleinen Glaubens bin ich wohl zu schlicht für einen weiteren Glauben. Insgesamt halte ich das Konzept „Glauben“ aber für das einzige richtige. Alles was wir meinen zu wissen, steht auf tönernen Füssen für mich. (gleichwohl nutze ich das Wort „Wissen“ natürlich auch innerhalb meines kleinen Horizontes…)

    6) Das atheistische Sein beeinflusst mein tägliches Leben eigentlich nicht wirklich. Vielleicht suche ich mehr „Familie“ und Bindungen, weil mir „die Gemeinde“ fehlt, ich lebe gerne „zusammen“.

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  56. „Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist”?“

    Ich halte diesen Begriff für normativ. Er definiert „Atheisten“ vom Standpunkt des Gläubigen aus. Gläubigkeit wird als Norm gesetzt, der Atheist als Ausnahme im Bezug auf die Norm des Gläubiseins, als würde man Frauen Nichtmänner oder Ohnepenis nennen.

    Vermutlich hast du, Antje, auch aus diesem Grund nur Gläubige befragt. Weil du Religion für die Norm und Atheismus für etwas irgendwie Unerhörtes, Exostisches hältst.

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  57. 1. Neuerdings ja, also seit ich begriffen habe, dass das außerhalb Ostdeutschlands nicht die normalste Sache der Welt ist. Und aus Spaß am Unsinn bezeichne ich mich gelegentlich als Pastafari (>> Fliegendes Spaghettimonster).

    2. siehe 1: Wo ich aufgewachsen bin, war es völlig normal, nicht an Gott zu glauben. Ich habe aber – was unnormal war – die Bibel gelesen. Das hat mir Gott nicht sympathischer gemacht.

    3. Die meisten Bekannten sind schlicht Heiden, die über Gott nie nachdenken. Aber ich habe einige Freunde, die Christen sind. Wir versuchen nicht, einander zu missionieren.

    4. Dass ich Atheist bin, trompete ich normalerweise nur heraus, wenn mir die Religiösen gerade auf die Nerven gehen, etwa mit einem Papstbesuch, Missionierungsversuchen, Gesetzen zur straffreien Verstümmelung von Kindern … oder einem Gottesbezug in der Landesverfassung, der da nicht hineingehört.

    5. Ich glaube an den gesunden Menschenverstand und Naturgesetze, auch daran, dass man sich anständig verhalten soll. Und an Nudeln mit roter Soße natürlich, was ziemlich einfach ist, weil ich schon mehrfach welche gesehen und gegessen habe.

    6. Sicher, auch wenn ich viele Dinge nicht tue, weil ich Atheist bin, jedenfalls nicht bewusst. Aber ich kann mich nie mit „Gottes Wille“ rausreden, bestenfalls noch mit Zufall. Ich tue Dinge nicht, weil das irgendein Gebot verlangt, sondern weil ich sie richtig finde (analog für Verbote). Ich kann die Zeit, in der alles schön und sorgenlos ist, nicht auf irgendein Leben nach dem Tod verschieben, also gebe ich mir Mühe, aus den 70 oder 80 Jahren Leben etwas zu machen. Ich neige weniger dazu, mich mit Ungerechtigkeiten abzufinden, weil ich nicht glaube, dass Gott das irgendwann in der Ewigkeit zurechtrücken wird.

    http://heidrunjaenchen.wordpress.com/2012/11/03/respektiert-meine-areligiosen-gefuhle/

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  58. Die Fragen zielen direkt auf die Haltung des Atheismus. Ich finde das allein nicht sinnvoll, weil es immer eine bestimmte Form von Antwort provoziert: Die der Abgrenzung. Nach meiner Erfahrung stellen sich bei Gesprächen mit freidenkenden Leuten andere Vergleichspunkte ein, wenn man nach Erlebnissen und deren Deutung fragt. Wie eine Trennung verwunden und erklärt wird oder ein besonderes Glück. Wie man eine Geburt deutet oder einen Unfall. Da schauen nicht ‚Gläubige‘ auf ‚Nicht-Gläubige‘ und umgekehrt, sondern beide schauen gemeinsam in Richtung Leben – und vergleichen ihre Antworten. Das finde ich spannender als nur zu erforschen, wie sich atheistische Leute abgrenzen.

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  59. Ich fühle mich als Atheistin, aber wenn ich gefragt werde, nenne ich mich „frühere Protestantin“.

    Mein Elternhaus war glaubensfrei. Wie hier schon öfter genannt, war das in der DDR Normalität. Ich bin zufällig in die Kirche „gestolpert“, da meine Mutter den Gemeindebrief erhielt und die Katechetin, die ihn mir einmal persönlich in die Hand drückte, mich voller Eifer für den Katechetenunterricht begeisterte.

    Weil ich damals schon neugierig war, ging ich hin und wunderte mich über eine neue andere Welt, über bunte Sammelbilder und Geschichten, von denen ich bisher nichts wusste, noch ahnte. Ich ließ mich taufen, was in meiner Familie keine Freude hervorrief, aber es wurde toleriert, was auch nicht so selbstverständlich war. Die Großeltern betitelten mich mit „fromme Helene“, ich fühlte mich unverstanden.

    Trotzdem ging ich später zur „Jungen Gemeinde“ – lernte diskutieren, die Welt hinterfragen und verbotene Bücher kennen. Es wurden alle Themen besprochen von Umweltfragen über Politik bis hin zu Religionen und Glauben. Wir unterstützten uns gegenseitig, wenn Abitur- oder Studienplätze trotz guter Noten anderen zugesprochen wurden, die parteipolitisch auf der „richtigen“ Linie unterwegs waren.

    Vor langer Zeit habe ich mal einen Pfarrer gefragt, was für ihn Gott ist, er antwortete mir: „Die wärmende Sonne im Rücken.“ Mit diesem „Gottesbild“ konnte ich mich gut anfreunden.

    Nach der Wende ging mein Abnabelungsprozess von der Kirche los. Ich wurde nie warm mit Religionslehrer_innen und Militärpfarrer_innen und deren Auftrag. Auch ärgerte mich, dass die Themen Liebe und Erotik fast vollständig ausgeklammert waren. Der Umgang mit gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften brachte das Fass zum Überlaufen. Ich trat aus der Institution aus.

    Bis dahin hatte ich fast nur religiöse Freund_innen.

    Das ist heute anders. Die meisten sind „Ausgetretene“ oder hatten noch nie in ihrem Leben etwas mit Kirche zu tun.

    Der Schlussstrich damals tat weh, heute bin ich so glücklich, dass ich diesen Weg gegangen bin.

    Ich glaube an die Menschen, an Empathie, an die Kraft und die heilende Wirkung der Natur.

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  60. Frau Schrupp sie glauben nicht an Einhörner – so wie ich nicht an Götter und andere Zauberwesen glaube – deshalb finde ich die Umkehrung zur Veranschaulichung ganz praktisch:

    Bezeichnen sie sich als „A-einhornistin“? Bei welchen Gelegenheiten?

    Wie sind sie zum Aeinhornismus gekommen? Haben sie sich aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben andere dazu angeregt? Wer?
    War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Sind die Leute in ihrem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend aeinhornistisch?
    Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Welche Rolle spielt bei ihrem “Bekenntnis” zum Aeinhornismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Würdet Ihr sagen, dass sie anstelle von „Einhörnern“ an etwas anderes “glauben”? Woran? – Oder haltet sie das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Spielt das aeinhornistisch-Sein in ihrem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das ihr Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Voila – sie sehen wie absurd ihre Fragen einer Atheisten/ einem Atheisten erscheinen… sie stehen völlig quer im Raum und man weiss gar nicht recht ob es sich um ernsthafte Fragen handelt.

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  61. @raskalnikow – Nun, Sie haben völlig recht, dass meine Fragen kontextuell sind. Würden wir in einer seit Jahrtausenden vom Einhornismus maßgeblich geprägten Kultur leben, wären die von Ihnen polemisch gestellten Fragen vollkommen sinnvoll und längst nicht so quatschig, wie sie sich hier lesen (nämlich in eine Kultur, in der der Einhornismus nur ein theoretisches Konstrukt ohne jeden Realitätsbezug ist). Überzeugungen und Ansichten entwickeln sich immer in einer gegenseitigen Beeinflussung mit anderen Überzeugungen und Ansichten, das gilt für den Atheismus genauso wie für alles andere. Und deshalb finde ich meine Fragen gar nicht so absurd – wobei es ja schon reicht, dass ICH an Gott glaube, und mich deshalb interessiert, warum andere das nicht tun, wohingegen der Einhornismus mir persönlich vollkommen egal ist.

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  62. @Schrupp – Vollkommen einverstanden, ob des gängigen Einhornbeispiels habe ich den real existierenden kulturellen Aspekt vergessen – und ihr echtes Interesse an der Frage habe ich mehr versehentlich, denn mit Absicht in Frage gestellt – ich bitte um Verzeihung diesbezüglich.
    Um das Gedankenexperiment dennoch nicht gleich zu verwerfen: Anstelle des unstimmigen Einhorns kann natürlich jede beliebige auf Erden verehrte – aber von ihnen geschmähte – Gottheit (mit entsprechendem kulturellem Wirkungskreis) gesetzt werden.

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  63. @Antje
    „Was man so üblicherweise darüber liest, hat mich nämlich nicht zufrieden gestellt“

    Kannst du das näher ausführen? Und sind hier schon Antworten gepostet worden, die über das bisher Gelesene hinausgehen? Vielleicht meinst du das, was du im Artikel schreibst:

    „Sondern mich interessiert die Bedeutung, die der Atheismus konkret für das persönliche Leben einzelner Menschen spielt, wie sie dieses Denken füllen, was ihnen wichtig ist und so weiter.“

    Da habe ich schon Schwierigkeiten mit deiner Formulierung „dieses Denken füllen“. Als Mensch denke ich natürlich. Aber ich fülle nicht das Denken. Deine ungewöhnliche Metapher scheint mir schon spirituell angehaucht.

    Ann hat es ganz schön auf den Punkt gebracht: „Ich hatte nie spirituelle Bedürfnisse – ich glaube das ist der Knackpunkt, warum ich nicht glaube.“ Gut möglich, dass Glauben mit persönlicher Veranlagung zu tun hat.

    Wahrscheinlich ist dir die letzte Frage die wichtigste:

    Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?“

    Viele haben angegeben, dass das schwer zu beantworten ist, dass es ein speziell atheistisches Handeln nicht gibt, dass die Frage nur in einer Welt Sinn macht, wo man mit Religionen konfrontiert ist. Das konkrete Verhalten, dass angegeben wird, ist eher Reaktion auf das religiöse Verhalten anderer.

    Ich nehme mal an, dass das gar nicht das ist, was dich interessiert. Aber das, was du wissen willst, gibt es vielleicht nicht. Das Atheistisch-Sein muss nicht erklärt werden. Da ist einfach nichts dahinter. Da wirst du nichts herausfragen können. Einfach nichts, nichtmal Leere. 😉

    Du musst den Spieß leider umdrehen: Wozu Gott, und was soll „Gott“ überhaupt sein? Du hast dich in eine Weltsicht begeben, die irrational ist. Du gibst dich Illusionen hin. Das ist meine Sicht. Ich kann diese grundsätzlich irrationale Sicht für mich nicht akzeptieren, es erschiene mir geradezu würdelos.

    Aber eine Welt, in der nichts Übernatürliches ist, kannst du dir wohl nicht vorstellen. Du wirst Atheisten wohl erst dann verstehen können, wenn du selbst einer bist.

    Auf Frage 4
    Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?
    haben die meisten geantwortet, dass der Bezug auf andere Religionen keine Rolle spielt. Ich vermute mal, dass du das nicht erwartet hast.

    Was ich sehr interessant fand an den vielen Beiträgen: Immer wieder wurde auf die Schwierigkeit hingewiesen, über das Thema mit Religiösen zu sprechen. Das Thema ist regelrecht tabuisiert, man schweigt lieber als dass man sich zerstreitet. Das ist ja auch etwas, dass in der Bright-Bewegung angeprangert wird. Die Atheisten machen sich unsichtbar.

    Beispiele:
    maja4:
    Ob es ein Thema ist im privaten Kontakt: Mit anderen Atheisten ja. Also man unterhält sich z.B. darüber, wie es sich lebt als Atheist mit einer christlichen Familie und so weiter. Mit Gläubigen ist es eher kein Thema. Man will den anderen schließlich nicht verletzen, und eine Diskussion wäre wohl sowieso eher sinnlos. Vereinzelt habe ich schon mit Leuten, die mir nahe stehen, und die Christen sind, darüber diskutiert, aber das führt zu nichts und hinterlässt nur Frustration auf beiden Seiten, meiner Erfahrung nach. Also lassen wir das lieber.

    Lichtecho:
    Kann ich nicht sagen. Man versucht das Thema eher zu meiden, da viel Konfliktpotenzial darin steckt.

    Ich hatte deine Fragen weiter oben ja schon beantwortet. Möchte noch was ergänzen. Lena Schimmel schrieb:
    „Es gibt in meiner Kindheit kurze Abschnitte, in denen ich befürchtet habe, dass es einen Gott geben könnte und dieser es nicht gut findet, dass ich von seiner Existenz nicht überzeugt bin.“
    So habe ich es auch erlebt. Der Gedanke an Gott hat bei mir eher Angst erzeugt.

    Geradezu genial fand ich das Posting von Christian:

    „Ich bin Atheist, und ich habe das Gefühl, dass religiöse Menschen das Atheistsein an sich nicht verstehen können, ebenso wie im Gegenzug Atheisten Gläubige nicht durchblicken.

    Stellen Sie sich doch einmal vor, dass alle Ereignisse kausal zusammenhängen und unser Wahrnehmungshorizont beschränkt ist. Sie können jetzt das uns verborgene Gott nennen oder es auch einfach sein lassen. Das allein führt aber nicht zu den hitzigen Diskussionen zwischen Gläubigen und Atheisten, denn ein Atheist akzeptiert in der Regel den Zustand der unvollständigen Information. Der Gläubige hingegen nennt den verborgenen Verursacher nicht nur Gott, sondern dekoriert diesen oft auch noch mit Intentionen, die sich erstaunlicherweise mit den Moralvorstellungen seiner eigenen Peergroup decken.

    Ein Freund sagte mir einmal, Gott sei die Projektion unserer Wünsche (Intentionen) an den Himmel. Ich glaube, das trifft es ziemlich gut.

    Nun zurück zum Atheismus: Wenn man sich mit dem Zustand der unvollständigen Information zufrieden gibt, dann ist einem in der Regel auch egal, wie andere Menschen mit dieser Situation umgehen; mehr oder weniger rückt die Fragestellung selbst aus dem Wahrnehmungshorizont den Atheisten. Er ist darum nicht sorglos oder meidet die Sinnfrage des Lebens, er hat die Unvollkommenheit einfach akzeptiert, demütig gar wie es der christliche Glauben fordert.“

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  64. Dir mögen die Einhörner egal sein, andere hingegen…

    „Unsichtbare, rosafarbene Einhörner sind Wesen mit großer spiritueller Macht. Wir wissen dies, da sie fähig sind, gleichzeitig rosafarben und unsichtbar zu sein. Wie alle Religionen basiert der Glaube an das Unsichtbare rosafarbene Einhorn auf Glauben und Logik: Wir glauben, dass es rosafarben ist, aber logisch betrachtet wissen wir, dass es unsichtbar ist, da wir es nicht sehen können.“

    Steve Eley

    http://de.wikipedia.org/wiki/Unsichtbares_rosafarbenes_Einhorn

    … nutzen das Beispiel seit langem. Eine der besseren Satiren, mE… ;=)

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  65. Kann sich ein Ungläubiger besser vorstellen, wie es ist, an etwas Übernatürliches wie einen Gott zu glauben, als sich ein Glaubender vorstellen kann, es gäbe seinen Gott nicht? Ich glaube schon…

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  66. > Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?
    Ja, wann immer ich nach meiner Weltanschauung gefragt werde.

    > Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative
    > dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine
    > bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein
    > schleichender Prozess?
    Wie kommen Menschen zur Religion? Bei mir war es so, bin unbestimmt aufgewachsen, in meinem Umfeld hat keine_r religiös praktiziert, aber ich konnte, wenn ich wollte. War dann ein paar Jahre zur Kirche, fand es erst ganz nett (Menschen und so), aber inhaltlich eher dünn und schwach argumentiert. Also irgendwann nicht mehr hin.

    > Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend
    > atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?
    Ja. Nein. (Missionare werden keine Freunde.)

    > Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung
    > bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?
    Nur insofern, wo meine moralischen Grundsätze verletzt werden. (Diese sind, naheliegender Weise, christlich geprägt, aber vom humboldschen Bildungsideal und der Aufklärung dominiert.

    > Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”?
    > Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell
    > problematisch? Warum?
    Glauben ist für mich alles, was ich nicht beweisen kann. Insbesondere etwa die Tatsache, das die Natur Gesetzen folgt. Insofern ist ein gewisses Maß an Glauben wohl notwendig, aber stets das Rasiermesser von Ockham schärfend. Und gerade Zufall ist häufig zwar wenig befriedigend, aber hinreichend, um „unerklärbares“ zu fassen.

    > Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer
    > Handeln? Wann/wo zum Beispiel?
    Ja, ich ignoriere Autoritätsargumente, so denn die Autorität theistisch begründet wird. Lieber bin ich da utilitaristisch und geneigt Religion evolutionär zu erklären, da sie eine gewisse soziale Kontrolle ausübt.

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  67. @Stephan Fleischhauer
    Schöne Zusammenfassung. Mir ging es auch so, dass ich die Fragen nicht verstanden habe. (Nicht verstanden, da sie für mich gar keinen Sinn machten.) Es macht wirklich nur Sinn, wenn man den Spieß herum dreht. Atheismus is der Normalzustand, da er auf Denken beruht und Glauben folgt dem Bedürfnis irgendetwas spirituelles in Wissenslücken hineinzuinterpretieren. Da stellt sich dann die Frage, warum ein Mensch so was macht.

    Mir ging es als Jugendlicher und später in den Anfängen des Berufslebens auch so. Ich habe nicht verstanden, warum Menschen – die eigentlich eine umfassende Bildung haben und sonst klar denken und schlüssig argumentieren – diese irrationalen spirituellen Gedankenmodelle aufbauen. Ich dachte immer, dass die daran zerbrechen müssten, dass die diesen Zustand des permanenten Widerspruchs nicht aushalten. Aber es scheint nicht so zu sein. Die halten das tatsächlich aus. 😉

    Das würde mich mal interessieren, wie man das vor sich selbst in Einklang bringt. Aus meiner Sicht absolut unerklärbar. (Ich würde wahnsinnig werden.) Irgendetwas müssen Gläubige haben/benötigen, dass bei „Atheisten“ nicht existiert. Ich habe mir laienhaft folgenden Erklärungsversuch zusammengebastelt: Die Gläubigen sind nicht ganz aus der kindlichen Märchenwelt, dem einfachen Gut-Böse-Schema, ausgestiegen. Sie wollen sich diese idealisierte Umgebung aufrechterhalten, auch wenn sie sich empirischen Beobachtungen der realen Welt und logischen Schlussfolgerungen nicht in Einklang bringen lässt. Der Preis den man dafür zahlt ist, dass man nie eine offene (schonungslose) Konfrontation mit sich selbst und der Umgebung eingeht. Man verstrickt sich dann immer mehr in Widersprüche und muss sein Gedankenmodell immer wieder neu adaptieren und intepretieren. Ein aus meiner Sicht unendlicher und zutiefst unbefriedigender Prozess, so nehme ich das zumindest bei den Gläubigen im Bekanntenkreis war.

    Ich folge da eher „Occam’s Razor“ und verwerfe das Gedankenmodell, dass sich vordergründig nur mit umständlichen Erklärungen – bei Christen mit unzähligen Interpretationsversuchen von Bibelpassagen – aufrecht erhalten lässt. bei längerem Betrachten komme ich aber zum Schluss, dass das Gedankenmodell vollkommen inkompatibel zur realen Welt ist.

    Übrigens, bei Diskussionen benutze ich auch gerne das unsichtbare rosafarbene Einhorn. Ich finde, dass es sehr gut geeignet ist. Und wer hat nicht schon auf unerklärliche (mystische) Weise einen einzelnen Socken in der Waschmaschine verloren. 😉

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  68. 1: Ich bezeichne mich als agnostischen Atheisten. Agnostisch bezüglich der Erkenntnismöglichkeit von Gott und atheistisch bezüglich des Glaubens an irgendetwas transzendentes jenseits unseres innerweltlichen Erfahrungsbezugs.
    Unsere Begriffe machen nur Sinn im Bezug auf immanente Erfahrungen, darum ist nicht nur die Frage nach Gott nicht zu beantworten, sondern man kann nicht einmal sinnvoll diese Frage stellen.

    2: Das war kein schleichender Prozess, sondern Festellung die ich gezogene habe, seit ich nach meiner Geburt eine Welt vorgefunden habe, die für viele bloß Leid, Schmerz & Elend bereithält.

    3: Keine Ahnung und Nein.

    4: Die philosophische Kritik an den idealistischen Grundannahmen und der idealistischen Ontologie spielt für mich eine sehr große Rolle und war letzlich mitentscheidend dafür, mich als Atheisten zu bezeichnen.
    Ein wissenschaftliches, damit meine ich ein ontologisch-Naturalistisches Weltbild läßt sich nun mal nicht mit einem idealistisch religiösen vereinbahren.
    Ohne den Naturalismus bzw. Materialismus ist keine NaturWissenschaft möglich.

    5: Den ontologischen Naturalismus aufgrund dessen weitergehende Naturalismen formuliert werden.

    6: Ich kann natürlich als Atheist kein psychologisches Grundvertrauen mehr aus der Existenz Gottes ziehen. Religion als praktizierte Heilstechnologie ist auch keine Alternative, wobei einzelne Techniken sich auch ohne den metaphysischen Hintergrund anwenden lassen, z.B. im Rahmen einer Acceptance & commitment Therapie.

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  69. @BasementBoi
    „Unsere Begriffe machen nur Sinn im Bezug auf immanente Erfahrungen, darum ist nicht nur die Frage nach Gott nicht zu beantworten, sondern man kann nicht einmal sinnvoll diese Frage stellen.“

    Volle Zustimmung. Da ist jedoch etwas, das ich bei Agnostikern nicht verstehe (und du bezeichnest dich ja als solchen): Wie kann man sagen, dass es „wahrscheinlich“ keinen Gott gibt, wenn man nicht sinnvoll von Gott (oder einem Gott oder Göttern) reden kann. Man muss sich doch erstmal darüber im klaren sein, wovon man überhaupt redet. Sonst macht das Reden keinen Sinn.

    Da bin ich lieber Atheist. Gott gibt es einfach nicht, nichtmal in Gedanken. Es gibt wohl so fehlgeleitete Projektionen, wie wenn man den krummgeschlagenen Nagel verflucht, als würde er dadurch menschenähnlich reagieren.

    Du schreibst: „Agnostisch bezüglich der Erkenntnismöglichkeit von Gott und atheistisch bezüglich des Glaubens an irgendetwas transzendentes jenseits unseres innerweltlichen Erfahrungsbezugs.“

    Was ist Gott anderes als „etwas Transzendentes jenseits unseres innerweltlichen Erfahrungsbezugs“? Die Unterscheidung kann ich nicht nachvollziehen. Ich weiß auch nicht, was etwas Transzendentes ist. Alles für mich nicht sinnvoll definierbar.

    Man kann schon deshalb nicht über das Thema reden. Abgesehen von dem Verletzungspotential.

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  70. @Stephan Fleischhauer

    Für etwas das jenseits unseres Erfahrungsbezugs liegt können wir natürlich ein Bild, einen Begriff verwenden, wir wissen dann aber nicht wofür unsere Bilder & Begriffe dann überhaupt Bilder & Begriffe sind.
    Es ist natürlich denkmöglich das es etwas gibt, das diesen Begriffen entspricht, das ist aber kein Grund diese Alternative ernstzunehmen.

    Meines Wissens gibt es noch eine negative Theologie, die nicht darauf abziehlt Gott begrifflich fassen zu können. Der verborgene Gott ist dann etwas worüber man eben nicht reden kann.

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  71. Sagen wir mal so: Man kann ’ne Menge Schaum schlagen.

    In dem Moment, wo man versucht, mit Gott zu argumentieren, zu streiten, wird es aber sehr, sehr schwierig, findest du nicht? Ich würde sogar sagen, unmöglich.

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  72. @Stephan – Das kommt drauf an, ob andere selber mit dem Wort „Gott“ argumentieren. Also wenn ein Christ herumläuft und Leute umbringt, dann kann ich schon ihm gegenüber schon behaupten, dass Gott das Töten eigentlich verboten hat (jedenfalls laut christlicher Lehre). Wenn ein Atheist herumläuft und Leute umbringt, sollte ich mir aber natürlich besser andere Argumente überlegen. Aber im Prinzip hast du Recht „Gott“ ist für sich genommen kein Argument, da niemand letztlich wissen kann, was Gott will, das ist ja der Witz an der Sache (und Leute, die behaupten, sie würden den Willen Gottes durchsetzen wollen, sind für mich die schlimmsten Gotteslästerer überhaupt).

    Ich benutze übrigens in atheistischen Kontexten manchmal den Ausdruck „gutes Leben für alle“ an Stelle von Gott. Das funktioniert erstaunlich gut. Ebenso wie man nicht wissen kann, was „Gott“ ist, kann man auch nicht eindeutig definieren, was „gutes Leben für alle“ ist. Und man kann auch nicht „beweisen“, dass es existiert bzw. möglich ist (ebenso wenig wie das Gegenteil). Aber man kann sich trotzdem daran orientieren. Und man kann grobe Regeln aufstellen, die für ein gutes Leben für alle förderlich sind (nicht töten, nicht stehlen, nicht über andere lästern, lol). Und ob jemand in einer bestimmten Situation dem guten Leben für alle schadet, ist auch in vielen Fällen ziemlich leicht zu entscheiden. „Gott“ ist als Denkfigur natürlich nochmal komplexer als „gutes Leben für alle“, aber bei 95 Prozent aller Alltagsfälle ist es meiner Erfahrung nach deckungsgleich.

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  73. @Antje
    „Ich benutze übrigens in atheistischen Kontexten manchmal den Ausdruck “gutes Leben für alle” an Stelle von Gott.“

    Klingt ja fast humanistisch. Weißt du was, bleib doch einfach dabei, ersetze Gott durch gutes Leben für alle, und gut is‘.

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  74. Man kann schon über alles reden mit Sprache, aber das Bezugssystem beeinflußt das Resultat und auch den Weg dorthin. Das Wort „Atheist“ bedeutet ja schon, daß ich mich über etwas definieren soll, das andere proklamiert haben. Da geht es einem ähnlich wie einem „Nichtraucher“. Ersetze in Deiner Fragestellung oben „Atheist“ durch „Nichtraucher“. Nichtraucher/Raucher sind Propagandabegriffe der Tabakindustrie, ein Paar wie „Schulmedizin“ vs. „alternative Heilmethoden“. Auch der Gott-Propaganda kommt man nicht aus; die verfolgt mich bis ins Heiabett, wo ich von 7 morgens bis 10 abends jede Viertelstunde die Glocken läuten hören muß.

    Ich bin auch Nichtskifahrer, Nichtsudokulöser und Nichtmörder. Werde aber nie so angesprochen oder nach dem Warum gefragt.

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  75. Wie schon von manchen erwähnt wurde: Die Eigenschaften Agnostikerin und Atheistin schließen sich nicht gegenseitig aus.

    Ersteres ist eine mögliche Antwort auf die (eher wissenschaftliche oder philosophische) Frage „Gibt es einen Gott?“ und das zweite auf die (sehr persönliche) Frage „Glaubst Du an Gott?“. Das sind zwar zwei verwandte Fragen, aber ein Nein bei der einen schließt ein Nein bei der anderen selbstverständlich nicht aus.

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  76. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?
    Ich stehe für eine agnostische Position der Art, dass die Frage nach der Existenz Gottes nicht wichtig, den Streit nicht wert ist. Denn meiner Meinung nach stellen Anhänger_innen der monotheistischen Religionen viele Fragen oder machen Sachen, die ich sehr interessant und wichtig finde, und die über diesem platten Streit in den Hintergrund rücken, was schade ist. Z. Bsp. bin ich Fan von Dorothee Sölles Arbeiten. Oder ich habe einen Dokumentarfilm über einen Imam in Marokko gesehen, der mich sehr berührt hat, und der in seinem Dorf, wo die Mehrheit kaum lesen und schreiben kann, auf eine unglaublich kluge und angemessene Weise eine Art Ethikunterricht gibt. Daher mag ich diese Sorte vorlauter Atheisten, die alle Religion verteufeln, nicht besonders. Meiner Meinung nach schütten sie das Kind mit dem Bad aus.
    Auch wenn es ein bisschen komisch ist, mehrere hundert Jahre europäische Geschichte normativ zu bewerten: ich denke, die Christ_innen habe es ein Stück weit verpasst, früher und bestimmter den Streit mit den empirisch ausgerichteten Wissenschaften abzubrechen und sich auf ihre eigenen Kernkompetenzen zu besinnen…
    Zweitens vertrete ich dann doch eine atheistische Position, denn ich glaube nicht an Gott bzw. die Existenz Gottes. Ich denke aber, dass viele Leute, die an Gott glauben, dies ja gar nicht in der Art tun, wie ich nicht daran glaube, also dass sich ihre Religiosität nicht darin erschöpft, die Aussage “Gott existiert” für wahr zu halten. Und andererseits führt mich mein Nicht-an-Gott-Glauben ja nicht zu Meinungen, wie, dass es wir Menschen seien, die immer alles im Griff haben können. Insofern finde ich Haltungen, wie sie im Christentum vorkommen, wie eine wohlverstandene Demut oder Dankbarkeit, für das, was ist, überhaupt nicht abwegig.
    Wenn sich alle Schaltjahre ein solches Gespräch ergibt, dann vertrete ich sehr bestimmt meine agnostische Spezialposition von oben, und dann mag ich mich nicht gleichzeitig zum Atheismus bekennen, weil mit diesem Begriff ja gerade der Graben aufgemacht wird, den ich nicht für den wesentlichen halte, und dies mein Argument unterlaufen würde.
    Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?
    Bei mir muss die Frage eher lauten, wieso ich nicht Christin geworden bin, denke ich. Also, da waren zwei protestantische Religionslehrerinnen in der Grundschule, die eben nicht so gut waren, wie der Imam aus dem Film. Die haben nicht an mein Herz gerührt, die Geschichten aus dem alten Testament mit den vielen verstossenen Kindern haben mich eher verstört, und intellektuell hat es mir auch nichts geboten. Zwar ist mein Grossvater Pfarrer, aber mit Kindern konnte er auch nicht viel anfangen. Meine Mutter schliesslich hat ihren losen christlichen Glauben nie thematisiert und mit uns auch keine kleinen Rituale wie ein Gute-Nacht-Gebet oder ähnlich eingeübt. Als es dann um meine Konfirmation ging, bin ich aus dem Unterricht ausgestiegen. Wieder hat mir – diesmal der Pfarrer – nichts gesagt, und so habe ich entschieden am Sonntagmorgen lieber auszuschlafen. Wir Kinder haben eingeführt, dass wir an Weihnachten vor dem Tannenbaum einige christliche Lieder singen. Wir finden das alle sehr schön.
    Meine Positionen von oben haben sich dann so nach und nach ergeben. Einerseits mit meinem geisteswissenschaftlichen Studium und dem Denktraining, das dort geschieht. Mit Sölle habe ich kurz nach ihrem Tod zufällig ein Interview im Fernsehen gesehen, und war so angetan von den klugen Sachen, die sie sagte und von ihrer angenehmen Art, dass ich mir zwei Bücher gekauft habe, in die ich immer wieder mal reinschaue. Kürzlich bin ich über Theresia von Àvila gestolpert und werde sicher bald ihr Hauptwerk lesen, allerdings in erster Linie aus historischem Interesse.
    Ich mache seit ein paar Jahren Yoga und buddhistische Meditation. Und im Grunde habe ich jetzt eine Art religiöser Praxis, ohne dass ich das gezielt gesucht hätte. Ich habe wegen seinen gewissermassen seelsorgerischen Aspekten damit angefangen, und beides Praxis und Theorie finde ich bislang enorm förderlich für mich.
    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?
    In meinem Freundeskreis gibt es so gut wie keine Debatten zu diesem Thema. Ich habe einen guten Freund, der sich seinen christlichen Kinderglauben bewahrt hat, und den ich sehr respektiere. Aber so können wir im Grunde kein interessantes Gespräch über Religion führen, ich habe mich als “Ungläubige” gründlicher mit Religion auseinandergesetzt als er, habe ich den Eindruck. Bekennende Atheisten habe ich keine in meinem Freundeskreis. Einige Leute haben mir erzählt, dass sie nicht direkt an den christlichen Gott, aber an etwas Ähnliches, eine grosse Kraft, glauben. Darüber tauschen sie sich meines Wissens aber mit niemandem aus, und beschäftigen sich wohl auch alleine nicht weiter damit, es sei denn sie sind von so New Age Sachen ein bisschen angetan. Das finde ich eine interessante Entwicklung, die haben nämlich jetzt den Glauben wirklich zu etwas ganz Privatem gemacht. (Über die musst du mal was in Erfahrung bringen, Antje!)
    Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?
    Soweit mir das bewusst ist, spielt das jetzt keine Rolle. Auf dem Weg zu meiner jetzigen Haltung hat die Bigotterie, die manche Fromme an den Tag legen, sowie die patriarchalen Strukturen der Glaubensgemeinschaften aber vermutlich früher mitgespielt.
    Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?
    Nein, anstelle von Gott und mit dieser gleichen Idee des Glaubens gibt es nichts, also nichts, was ich als “Glaube” (absichtsvoll) hege und pflege.
    Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?
    Ich ziehe auf der Ebene der Lehre den Buddhismus dem Yoga vor, auch darum, weil da drin kein Gott vorkommt.

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  77. @Antje Schrupp
    „Also wenn ein Christ herumläuft und Leute umbringt, dann kann ich schon ihm gegenüber schon behaupten, dass Gott das Töten eigentlich verboten hat (jedenfalls laut christlicher Lehre).“

    Natürlich kann man das behaupten, aber wahr ist es nicht. Auch nicht nach christlicher Lehre. http://de.wikipedia.org/wiki/Gerechter_Krieg

    Man sieht daran, dass auch dieses „eindeutige“ Beispiel sofort in die Hose geht, dass mit einem allg. Gott eben nix zu bewerkstelligen ist. Man muss sich auch mit den tötenden Christen erst genau befassen, was den Christsein für ihn konkret heißt. Wenn man das dann alles erschöpfend aus ihm rausgekitzelt hat, kann man anfangen darzulegen, was er als Konsequenz seiner offenbarten Überzeugung eigentlich tun müsste. Da kommt dann raus, was eben konkret rauskommt, nicht zwangsläufig dass das Töten nicht zu dessen Christsein passt. Aber egal wie es ausgeht, man weiß schon vorher: dazu bracht man den soeben mühsam ermittelten Gott des Anderen auch nicht mehr.

    „Christliche Lehre“ ist genauso ein Leerbegriff wie „Gott“. Was es gibt ist das http://www.oekumene-ack.de/ Konkrete Gemeinschaften – konkrete Machtverhältnisse. Wie die Welt jenseits momentaner Befindlichkeiten tatsächlich funktioniert. Die Zeit zur popphilosophischen Nabelschau ist letztlich ein Luxusgut, das man sich leisten kann oder nicht.

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  78. Es gibt auch atheistische Religionen wie z.B. den Jainismus, den Taoismus oder den Buddhismus.
    Insofern ist Atheismus kein Indikator für die Absenz von Glauben.

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  79. Deine Fragenliste hat die erste Respondentin schon ganz gut in meinem Sinne abgearbeitet; ich hätte inhaltlich ähnliche Antworten geschrieben. Also nur ein paar Ergänzungen:

    – Atheismus vs. Agnostizismus: Aus erkenntnistheoretischen Gründen kann man ja vielleicht überhaupt nichts ausschließen. Ich könnte ja z.B. irgendwo ein Konto haben, von dem ich nichts weiß (von einer mir bislang nicht bekannten, aber nun verschiedenen Erbtante überschrieben, und dann ist die Post vorerst verlorengegangen). Das kann ich nicht mit absoluter Gewißheit ausschließen, auch wenn nichts dafür spricht. Dennoch kann ich aus dieser Logik keinen Agnostizismus ableiten: als logisch konsequenter Konten-Agnostiker müßte ich mich weigern, meine Steuererklärung abzugeben, weil ich je nicht weiß, was ich eintragen muß.
    Theisten sind Leute, die nicht nur von der Existenz so eines Kontos ausgehen, sondern selbstverständlich auch noch davon, dass es im Plus ist. Auch das dürfte dem Agnostiker klar sein: wenn es sein kann, daß Gott existiert, dann bedeutet das nicht, daß ihm zu trauen wäre. Die Pascalsche Wette ist logisch gesehen Bullshit: die Wahrscheinlichkeit, dass ich bei Befolgung religiöser Vorschriften _genau deswegen_ in die Hölle komme, ist gleich groß.

    – Mir fällt auf: ich finde Deine Fragestellung unwillkürlich lustig. Sie klingt für mich, als würdest Du die Leute fragen: „Osterhasenungläubigkeit finde ich furchtbar spannend, so als Phänomen. Sie glauben also nicht an den Osterhasen? Wie ist das denn so, wenn man nicht an den Osterhasen glaubt? Glauben Ihre Bekannten etwa auch nicht dran? Und wenn Sie schon nicht an den Osterhasen glauben, dann doch aber bestimmt an eine andere Märchenfigur?“

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  80. Die meisten hier bezeichnen sich als Atheist. Das hat aber nichts sagen. Denn jeder, der auf Frau Schrupps Fragen ernst antwortet, ist kein Atheist. Zu einer solchen Erkenntnis ist ja schon der olle Dostojewski gekommen.

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  81. @Joscha Bach „Das kann ich nicht mit absoluter Gewißheit ausschließen, auch wenn nichts dafür spricht.“

    Das ist näher an einem Verständnis des Atheismus, als vieles hier, trifft es aber noch nicht ganz, denn es ist falsch. Offensichtlich spricht etwas für die Möglichkeit des unentdeckten Kontos: solche Fälle hat es in der Vergangenheit unstreitig gegeben, das kann also im Prinzip jedem passieren. Einen unstreitig existierenden Gott hatten wir noch nicht.

    Da es mit dem Versuch verstehen zu wollen, aber sowieso schon in der Paralelldiskussion sein Ende damit gefunden hat, das einfach behauptet wird, stoischen Atheismus könne es nicht geben, wird das „Verständnis“ wohl für immer oberflächlich bleiben müssen.

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  82. @Joscha Bach

    Als Agnostiker kannst Du Dich ja jederzeit davon überzeugen ob das mit dem Konto stimmt. Du bist also offen für Gegenargumente und Beweise. Das Jenseitige übersteigt aber prinzipiell (darum heißt es ja auch so) die Wahrnehmung, darum denke ich nicht das man Gott beweisen oder widerlegen kann..

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  83. @Antje Schrupp: das tolle an menschlicher Sprache ist, dass man damit über ALLES reden kann 🙂

    Die Gefahr bei der menschlichen Sprache ist aber auch, daß sie ausserordentlich gut geeignet ist, jeglichen Unsinn zu verschleiern 😉
    (Ich möchte hier z.B. auf den Artikel „Transgressing the Boundaries: Towards a Transformative Hermeneutics of Quantum Gravity“ von Alan Sokal verweisen, der zur sogenannten „Sokal-Affäre“ geführt hat)

    PS: das Thema hier find ich interessant, bin aber noch nicht durch alle Kommentare durch. Vielleicht schreib ich noch was zum Thema, auch wenn vieles was ich zum Thema „Atheismus“ denke, schon andere hier geschrieben haben …

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  84. Ich bin Anhänger des Wittgensteinschen Prinzips „Worüber man reden kann, davon kann man klar reden“ (weiss nicht mehr, wie der Spruch korrekt lautet).
    Dazu gehört m.M.n., daß man sich über die Bedeutung der Begriffe, die man verwendet im Klaren ist, und diese zur Not kommunizieren kann (wie oft hab ich schon erlebt, daß man sich streitet, und zum Schluß kommt raus, daß man „nur“ diverse Begriffe unterschiedlich verstanden hat …).
    Was bedeutet nun die Begriffe „Atheist“, „Gott“ oder „Agnostiker“? Es gibt da unterschiedliche Definitionen und Ausprägungen (es wurde auch schon versucht, z.B. „starker Atheist“ und „schwacher Atheist“ zu unterscheiden). Grundlegender Begriff hier auf den sich die anderen beziehen ist natürlich „Gott“, aber gerade von diesem Begriff gibt es keine allgemein anerkannte feste Bedeutung. Natürlich bin ich „Atheist“ in Beziehung auf Odin, Zeus, Jupiter, Allah, Jahwe oder dem christlichen „Lieben Gott“ des Kinderglaubens, ebenso wie ich auch „Atheist“ in bezug auf Osterhase, unsichtbares rosanes Einhorn, Weihnachtsmann und Christkind bin. Aber bin ich auch „Atheist“ wenn ich pantheistische Vorstellungen oder ein „jeder hat sein göttlliches Selbst“ berücksichtige? Weiss ich nicht …
    Genauso „Agnostiker“. Ein „wir können nicht alles wissen“ (was eine der Definitionen für Agnostiker ist) halte ich für so trivial daß es mir gar nicht Wert erscheint dafür einen eigenen Begriff zu verwenden. Andererseits: der „allmächtige, gütige Gott“ (dessen mögliche Existenz logisch durch die Theodizee widerlegt ist), von dem weiss ich, daß er gar nicht existieren kann 😉
    Deshalb ist ein Sprechen über Gott, wie ja schon ausgeführt wurde, eigentlich völlig sinnleer, mit diesem Begriff tarnt man eigentlich unsinniges Geplapper 😉
    NB: deshalb sind für mich Satiren wie der Pastafarianismus, der Diskordianismus oder die Le(e|h)re vom „unsichtbaren rosaroten Einhorn“ sehr reizvoll.

    Bezeichne ich mich selbst als „Atheist“? Je nach Kontext, natürlich! Dann nämlich, wenn ich eine Stellungnahme darüber abgebe(n muss), ob ich eine „übernatürliche Wesenheit“, auf die viele Vorstellungen projiziert werden, für möglich halte. Aber als „Label“, oder gar als „mich definierendes Label“ trage ich „Atheist“ natürlich nicht vor mir her.

    Wie bin ich zum Atheismus gekommen? Man lebt ja nicht im luftleeren Raum, und ich wurde im katholischen Bayern sozialisiert. Als Kind habe ich die Geschichten als „wahr“ akzeptiert und später nie mehr darüber nachgedacht. War ja „normal“.
    Bis ich halt aus privaten Gründen gezwungen war, mich mit den religiösen Lehrinhalten (insb. der kath. Kirche) zu beschäftigen. Irgendwann kam ich dann zu der Entscheidung, daß ich diese Lehrinhalte als Zumutung für meinen Verstand ablehne.

    Natürlich spielt das „atheistisch-Sein im Alltag“ eine Rolle, da ich in einer Gesellschaft lebe, in der viele religiöse Ideen unhinterfragt als gegeben betrachtet werden, was mich gelegentlich in Opposition zur Gesellschaft bringt (z.B. sehe ich weder ein, daß ein Tanzverbot am Karfreitag hier in Bayern gerechtfertigt ist, noch daß Religionsgemeinschaften das Recht haben, sich über Grundrechte wie die körperliche Unversehrtheit hinwegzusetzen (siehe Beschneidungsdebatte)). Im übrigen betrachte ich Religionen nur als Spezialfall von Ideologien (die es mit und ohne „Gott“ (der manchmal auch nur irgendein menschlicher „großer Meister“ bzw. Führer, wie z.B. Stalin, ist) gibt, oder mit und ohne Jenseitsvorstellung, aber wohl immer dazu angelegt, das Leben der Menschen zu bevormunden).

    Natürlich habe ich auch einen „Glauben“, nämlich daran, daß sich die Welt „rational“ verhält, also durch Logik und „Naturgesetze“ genügend korrekt beschreibbar (und damit auch in gewisser Weise vorhersagbar) ist, und damit einer (natur-)wissenschaftlichen Erforschung offen steht. (es gibt genügend „magische Weltbilder“, wo das anders ist 😉 )

    PS: für alle (christlichen oder muslimischen) Missionare habe ich noch die Warnung: Du wirst dich nochmal anschauen, wenn du nach dem Tode vor Odin stehst, und der dich fragt, warum du einem vorderasiatischen Wüstendämon nachgefolgt bist 😉 😉

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  85. Ohne obenstehende Kommentare vollends durchgelesen zu haben:
    1. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Ich bezeichne mich praktisch nie öffentlich als Atheist, weil ich keine Lust auf Diskussionen der Art „Ich hab da mal nen Wikipediaartikel drüber gelesen, jetzt muss ich ellenlang mein Halbwissen teilen“ mit meinem Gegenüber habe. In den seltenen Fällen, in denen Religionszugehörigkeiten eine Rolle spielen sage ich meist einfach, dass ich nicht an ein(sic!) Gott glaube. Auf weitere Nachfragen wiederhole ich diesen Satz.

    2. Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Ich wurde gemäßigt, christlich-protestantisch sozialisiert (nicht erzogen) und habe bis zum Alter von ungefähr 16 Jahren an die Existenz des christlichen Gottes geglaubt. Ich bin gern zur Kirche gegangen (hauptsächlich wegen dem Liedersingen^^) und mich gerne mit religiösen Themen beschäftigt. Irgendwann habe ich mich über die Vielfalt von anderen Schöpfungsmythen gewundert und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich nicht sagen kann, warum gerade das christliche Gott von mir bevorzugt wird. Irgendwann bin ich tief in mich gegangen und habe mir eingestanden, dass mich die religiöse Mythologie zwar fasziniert, aber ich nicht wirklich an die Wahrheit derselben glaube. Die Bibel ist für mich heute nur noch ein Buch mit interessanten Geschichten.

    3. Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Als Student einer Naturwissenschaft erlebe ich in meinem Bekannt_innenkreis viele Menschen mit einer atheistischen/agnostischen/antikirchlichen Einstellung. Allerdings ist das nie ein großes Thema, da die meisten das als Privatangelegenheit handhaben, über die man zwar reden kann, die aber niemand zu bewerten hat (ähnlich Gesprächen über das persönliche Sexualverhalten).

    4. Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Mein „Bekenntnis“ zum Atheismus ist vor allem der Austritt aus der evangelischen Kirche. Dies war ein Schritt, mit dem ich verhindern wollte, weiterhin Mitglied in einem Klub zu sein, der leider viel zu oft idiotisches Gedankengut nach oben befördert. Gemeint sind damit immer wieder auftretende _ismen, nicht der Glaube an Übernatürliches selbst.

    5. Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    Das Konzept „Glauben“ dient meiner Erfahrung nach Menschen dazu die Welt, die komplex, ehrfurchtgebietend, verwirrend und beängstigend ist zu erklären. Das kann ihnen Angst nehmen, Kraft geben; was an sich ja eine gute Sache ist. Problematisch wird dieses Konzept für mich, wenn es alltägliche Erfahrungen/Wirklichkeiten nicht mehr integrieren kann (Bsp. Katholische Kirche und Homosexualität). Dieses Konzept von Glauben steckt leider auch hinter vielen Verschwörungstheorien.
    Ich glaube nicht an etwas „anderes“ sondern bin mir bewusst, dass ich die Welt in ihrer Vielfalt, Größe, Komplexität nicht verstehe. Vielleicht werde ich irgendwann auf ein Denkmodell stoßen, mit dem ich das kann, wer weiß.

    6. Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Kaum. Ich besuche Kirchen nur noch zu Beerdigungen.

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  86. Frage: Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Nach meinen Erfahrungen gibt m. E. sehr viel mehr Menschen, die sich – oft ungefragt – als Anhänger eines religiösen Bekenntnisses outen, als solche, die sich in gleicher Weise als Atheist oder Agnostiker bezeichnen. Da ich andere nicht davon überzeugen will, dass ihr Glaube an göttliche Wesen albern ist, trage ich kein Banner des Atheismus vor mir her. Aber wenn über Glauben gesprochen wird, dann sage ich den Gesprächspartnern schon, dass ich weder an einen Gott noch z. B. ein Leben nach dem Tode glaube.

    Frage: Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Meine Eltern waren nicht Mitglied einer Kirche und haben mich und meine Geschwister weder taufen lassen noch dazu animiert an einen Gott zu glauben. Während der Schulzeit habe ich gelegentlich am Religionsunterricht teilgenommen, es sei denn, die Stunden lagen am Rand und ich hatte besseres vor. Dass später der Religionsunterricht in Hamburg verpflichtend und benotet wurde, meine Kinder also nicht nur die Zeit absitzen sondern sich daran beteiligen mussten, erbost mich heute noch. M. E. ist religion Privatsache und hat in der Schule nichts verloren.

    Frage: Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Mir sind die religiösen Überzeugungen meiner Freunde und Bekannten in der Regel bekannt. Sie sind daher selten Thema, zumal weil meine Ansichten dazu ebenfalls kein Geheimnis sind. Nach meinen Beobachtungen bedeutet die Mitgliedschaft in einer Kirche auch keineswegs, dass derjenige an einen Gott glaubt.

    Frage: Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Da in der Frage die Intention erkennbar ist, ob ich wohl an Gott glauben würde, wenn nur die Kirchen/Glaubensgemeinschaften nicht so wären, wie sie sind: ich bin der festen Überzeugung, dass in den psychiatrischen Anstalten der Welt Menschen für deutlich geringer wahnsinnige Ideen eingesperrt sind. Ich denke, das ist – in aller Kürze – deutlich genug.

    Frage: Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    „Fliegendes Spaghetti-Monster?“ Nein, es bedarf keiner Ersatzreligion. Religion wird m. E. vor allem zur Machtausübung benutzt. Das ist im Grunde bis heute so, nicht nur in Staaten mit einer Staatsreligion. Kirchenfürsten waren früher teilweise identisch mit Landesherren. Der Einfluß auf die Politik zieht sich durch die Jahrhunderte und ist bis heute problematisch. Wir führen im 21. Jahrhundert noch Glaubenskriege; wie unsagbar dumm ist das?
    NB: Putzig finde ich, wenn sich Politiker und andere, in der Öffentlichkeit stehende Personen, zu ihrer Religion und ihren Erfahrungen „mit Gott“ auslassen. Oder wenn Kirchenobere sich nicht entblöden die Probleme der Welt mit einem Mangel des Glaubens an Gott zu erklären. Ich frage mich dann oft: glaubt der das selbst, was er da sagt, ist er also tatsächlich blöd?

    Frage: Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Wäre das so, würde ich mir praktisch eine Ersatzreligion basteln. Also nein.

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  87. Q: Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?
    A: In den aktuellen Atheismus-Debatten, vor allem in den USA, gilt mittlerweile der Konsens: Atheismus=fehlender Götterglaube; Agnostik=fehlende Gewissheit über Gottes (Nicht-)Existenz. Theismus/Atheismus bezieht sich auf Glauben, Gnostik/Agnostik auf Wissen. Die allermeisten Atheisten sind gleichzeitig Agnostiker. Ich auch. Und ich bezeichne mich nur dann als solcher, wenn das in einer konkreten Situation zur Klärung beiträgt. Im Grunde finde ich es aber eher unsinnig, überhaupt eine Bezeichnung für fehlenden Götterglauben zu verwenden. Es gibt ja auch keine extra Bezeichnung für den fehlenden Glauben an das Ungeheuer von Loch Ness.

    Q: Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?
    A: An der Frage stört mich, dass hier der Atheismus als Phänomen gesehen wird, wo doch das eigentlich rätselhafte Phänomen eher die Religion ist. Jedes neugeborene Kind ist zunächst Atheist, und erst die z.T. skandalös früh ansetzende Indoktrinierung durch Erwachsene erzeugt dann nach und nach religiöse Vorstellungen.
    Man müsste die Frage eher so stellen: Wurde Dir eine Religion beigebracht? Wenn ja, wann und wie hast Du diesen Glauben wieder verloren?
    Auch ich bekam religiöse Vorstellungen beigebracht, wenn auch halbherzig. Auch die Konfirmation habe ich mitgemacht, und war danach sogar in einer christlichen Jugendgruppe. Ich weiß nicht mehr wann mir aufgefallen ist, dass ich keine Zeile des Glaubensbekenntnisses tatsächlich glaube; das muss ein schleichender Prozess gewesen sein. Selbst als Atheist bezeichnet hätte ich mich ab ca. 25.

    Q: Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?
    A: In meinem Bekanntenkreis (ich zähle mal Ex-Bekannte und Ex-Kollegen mit) sind nur 2 Personen, bei denen ich den Verdacht habe, dass sie tatsächlich an Gott glauben. Und ja, wir Atheisten reden oft über Religionen anderer Leute. Allerdings immer mit einer gewissen Ratlosigkeit. Wir wissen nicht, warum und wie man an einen (oder mehrere) Götter glauben kann.

    Q: Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?
    A: Die bestehenden Religionen spielen überhaupt keine Rolle. Höchstens insofern: Von den ca. 5000 auf der Welt verehrten Göttern schließen sich manche gegenseitig aus; sie können nicht alle gleichzeitig wahr sein. Sie können aber alle gleichzeitig falsch sein. Es lassen sich auch beliebig viele neue Religionen ausdenken, die genauso haltlos sind wie die bestehenden. Die bestehenden haben sich aus lauter historischen Zufällen zu dem entwickelt was sie sind. Hätte sich Konstantin entschieden, nicht das Christentum zu fördern, sondern den Mithras-Kult, wären wir heute vielleicht alle Mithras-Jünger. Wenn die Menschheit plötzlich wieder bei Null anfangen müsste, würden sich die Naturwissenschaften nach und nach wieder korrekt entwickeln (die Naturgesetze sind ja noch dieselben), aber auf religiösem Gebiet würden wir irgendeinen völlig neuartigen Kram glauben.

    Q: Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?
    A: Nochmal: Für Leut wie mich ist es rätselhaft, an welcher Stelle in unserem Kopf wir diesen „Gott“ einbauen könnten. Es gibt keine passende Stelle. Demzufolge kann ich auch nichts anführen, was „da“ anstelle von Gott sitzt. Glaube an sich ist nichts ungewöhnliches, Glauben und Wissen sind Bereiche auf derselben Skala. Nur sollte man so viele wahre Dinge und so wenige falsche wie möglich glauben, und man sollte gute Gründe haben, wenn man etwas glaubt. Glaube ohne gute Gründe dürfte gefährlich sein. „faith is the smart excuse for believing things out of non-smart reasons“ (Urheber vergessen)

    Q: Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?
    A: Im Alltag spielt es keine Rolle. Höchstens dadurch, dass ich keine höhere Gerechtigkeit erwarte. Wenn mir was schiefgeht, dann habe ich es verbockt, oder es war ein blöder Zufall. Und ich muss weiter ausholen, um meine Standpunkte zu begründen. Ein Christ muss nur zur Bibel greifen.

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  88. 1. “Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?”

    Aktiv? Nein, wieso auch? Wenn ich jemanden kennenlerne und derjenige erwähnt ungefragt seine Weltanschauung, dann werde ich misstrauisch und wittere einen „Missionar“.

    2 “Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? …”

    Über die gute alte katholische Erziehung, da bin ich hier ja nicht der Erste. Die ist perfekt geeignet, aus jungen Menschen Atheisten zu machen (man muß nicht einmal intelligent sein, gesunder Menschenverstand reicht). Noch heute hasse ich Orgelmusik jeder Art, sie war die Untermalung für viele vertane Stunden.

    3. “Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?”

    Ob die Mehrzahl atheistisch ist, weiß ich nicht. Aber es sind verdammt viele. Ich frage ja nicht aktiv, aber wenn man genau hinhört kriegt man das schon mit.

    4. “Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?”

    Keine. Die Ablehnung der katholischen Kirche in ihrer ganzen Verlogenheit ist ja heute gesellschaftlicher Konsens.

    5. “Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?”

    Etwas anderes? Nein, was sollte das denn sein? Zwischen Bibel (oder Koran) und den Büchern der modernen Ersatz-Welterklärer ist doch kein Unterschied. Egal wie sie heißen – Ron Hubbard, Rudolf Steiner, Sigmund Freud, Joseph Smith oder Marx-Lenin (um mal die schlimmsten Figuren aufzuzählen). Ganz zu schweigen von den po-po-post-modernen wie M. Käßmann und M. Zuckerberg.

    6. “Spielt das Atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?”

    Nein, definitiv nicht. Ich betrachte Atheismus nicht als Weltanschauung. Manchmal erfordert die gesellschaftliche Konvention einen Kirchenbesuch, das versuche ich dann diskret über die Bühne zu bringen. Mir gingen früher diese irdischen Heiligen auf den Zeiger. Deshalb will ich doch jetzt nicht die Umwelt mit meinem Atheismus beglücken.

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  89. 1. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen
    Gelegenheiten? Ja. Wenn mich jemand darauf anspricht oder wenn es
    sich im Gespräch ergibt. Ich spreche das weder aktiv an, noch
    vermeide ich das Thema oder eine Antwort darauf. 2. Wie seid ihr
    zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu
    entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine
    bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein
    schleichender Prozess? Ich habe vermutlich schon immer gezweifelt.
    Ich habe mich als Jugendlicher trotzdem aktiv dazu entschieden mich
    taufen und konfirmieren zu lassen – ohne dabei meine Zweifel
    aufzugeben. Interessanterweise hat mich gerade mein engerer Kontakt
    mit der Kirche weiter von dieser entfernt. Begonnen mich aktiv als
    Atheisten zu bezeichnen habe ich in der Oberstufe, während des
    Studiums bin ich dann auch wieder aus der Kirche ausgetreten – ohne
    einen konkreten oder akuten Anlass gehabt zu haben. Ich wollte
    damit einfach für mich einen logischen Schritt vervollständigen. 3.
    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch
    überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt? Ein
    Großteil meiner Freunde sind Atheisten, einige aber auch mehr oder
    weniger streng gläubig. Meine Freundin ist bekennende Katholikin
    und auch sehr aktiv in einem kirchlichen Jugendverband und hatte
    ein kirchliches Stipendium für ihr Studium. Dadurch ist das
    durchaus auch immer wieder ein Thema, auch im Freundeskreis. In
    aller Regel auf eine für mich (und ich glaueb auch insgesamt) sehr
    befruchtende Art und Weise. 4. Welche Rolle spielt bei eurem
    “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den
    “real existierenden” Religionen? Für mich ist die Kritik an
    Religionen unerheblich für mein „Bekenntnis“ zum Atheismus. Ich
    glaube nicht an einen Gott. Punkt. Ih glaube sogar aktiv an die
    Nichtexistenz von Göttern. Ich bin gegenüber den „real
    existierenden Religionen“ auf Grund vieler ihrer Handlungen,
    Strukturen und Leitsätze sehr kritisch eingestellt, mit meinem
    eigenen Glauben hat das aber nichts zu tun. Wären die Religionen
    oder eine von ihnen im Ergebnis perfekt humanistisch, modern,
    weltoffen, kritisch und wissenschaftsfreundlich – ich würde immer
    noch nciht an eine übergeordnete Existenz glauben und wäre weiter
    Atheist. 5. Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas
    anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des
    “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum? Ich „glaube“ nicht
    an etwas anderes. Es gibt Dinge, die ich nicht erklären kann. Diese
    wecken bei mir wissenschaftliche Neugier, nicht das Bedürfnis eine
    Art Residual-Erklärung in Form eines Gott-Wesens zu haben, die
    sozusagen den Rest „erklären“ kann. Ich verstehe aber den Wunsch
    eingier Menschen nach so einer solchen Erklärung und nach einer Art
    „Hoffnung auf ein weiteres Leben“ o.Ä. – auch um Verluste zu
    verschmerzen. Ich finde den Gedanken nur ein Leben zu haben und
    dieses deshalb für alle Menschen möglichst gut gestalten zu müssen
    aber logischer und auch zielführender. 6. Spielt das
    atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer
    Handeln? Wann/wo zum Beispiel? Ich bin zu jedem Zeitpunkt meines
    erwachsenen Lebens Atheist gewesen und gehe logischerweise davon
    aus, dass es so bleibt. Ob das eine „Beeinflussung“ ist kann ich
    daher schwer sagen – es ist quasi mein erwachsener Urzustand. Eine
    Beeinflussugn wäre von daher aus meiner Perspektive logischerweise
    das Gegenteil – also der Glaube an Götter.

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  90. Die erste Frage finde ich direkt schon sehr seltsam.

    Als ob Menschen per Definition gläubig (im Sinne von „belief in the absence of evidence“, weiss gerade nicht wie man das am besten übersetzt) wären und man schon einen speziellen Grund bräuchte um das für sich abzulehnen.

    Kommt mir so ähnlich vor wie wenn man einen Schwulen fragt „Was wieso das denn? Seit wann denn?“

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  91. 1. Nicht mehr, und wenn dann in eher offiziellen Kontexten.

    2. Ich bin in der DDR geboren, das sagt da eigentlich meist alles. Ich hab mich eher von einem formalen Atheismus hinbewegt zu einer Art atheistischen Spiritualität, die aber primär atheistisch ist. Der Schritt war bewusster als das atheistisch sein, weil das der Standard in Ostdeutschland war.

    3. Die meisten sind atheistisch oder Token-religiös. Das Thema ist da eher selten.

    4. Ablehnung von Religionen spielt für mich keine Rolle. Das ist ja auch dämlich. Nur weil ich nicht denke, dass es dort einen Gott gibt, ist es arrogant anzunehmen, dass die Annahme eines anderen Menschen, dass es ihn gibt weniger valide ist. Am Ende haben wir ja beide keine Ahnung.

    5. Ich glaube daran, dass jede Stückchen unserer Welt wertvoll ist, aber ansonsten kann man glauben woran man will, es ist ja am Ende immer wahr. Wenn ich mir einen spirituellen Ritus aussuche und an dessen Wirkung glaube, dann funktioniert dieser, unabhängig an was man da glaubt. Das sind alles nur Symbole. Wir glauben soundso an etwas und das ist dann real für uns. Gut die Hälfte unserer Lebenswahrnehmung ist glauben und Pfeifen im Wald. Dabei ist es halt egal, die agnostische Menge heute glaubt dafür an den Kapitalismus als Heilreligion. Ist halt am Ende egal, außer dass man an etwas glauben sollte, was positive Effekte für die Welt hat.

    6. Nö, generell nicht. Sie beeinflusst maximal meine Argumentationen…

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  92. 1. Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”?
    Meine Frau nennt mich einen Atheisten. Ich halte es mit Max Weber für den der Glauben ein Haben ist, das ich nun mal nicht habe, warum auch immer. Ich gehöre der katholischen Kirche an, stehe dieser jedoch kritisch gegenüber, den evangelischen Freikirchen allerdings noch viel mehr. Ich würde mich als Atheisten gegenüber der real existierenden Religion bezeichnen und bekennen.

    2. Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?
    Ich beschäftige mich aus Leidenschaft mit Religion und daher auch mit Atheisimus. Für mich besteht der medial auftauchende, bekennende Atheismus darin, dass er Positionen der Kirche angreift, zu mehr reicht es ihm nicht, siehe dazu die Giordano Bruno Stiftung. Der bekennende Atheismus ist für mich eine Erscheinungsform der „kybernetischen Religion“ (Fromm, Haben oder Sein), bzw. eine „verkappte Religion“ im Sinne von Carl Christian Bry. Den bekennenden Atheismus halte ich für eine gefährliche Entwicklung, gefährlicher als alle Religionen zusammen. Daher würde ich mich nie einen Atheisten nennen.

    3. “Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?”
    Die meisten haben kein wirkliches Interesse an religiösen Fragen, fühlen sich eher belästigt. Ob Kirchgänger oder nicht, die meisten sind indiffernet bis gleichgültig. Ich glaube nicht, dass es überhaupt echte Atheisten gibt, die meisten glauben doch an den einen „Gott dieser Gesellschaft“, das Geld. Setzt man das Geld als den wahren Gott, an den die im mainstream mitschwimmenden Gläubigen und Gläubiger, Schuldner und Unschuldige, glauben, dann bin ich Atheist und die meisten meiner Umgebung sind Theisten. An diesem echten Atheismus aber habe ich noch schwer zu arbeiten. Er ist mein Ziel. Man wird leicht ein Ketzer, Aussenseiter und verfolgt. Der andere sogenannte Atheismus, der als solcher angesehen wird, ist doch locker flockig, keiner tut ihm weh, denn er ist mainstream und hip und huldigt doch dem Geld, wie alle anderen.

    4. “Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den “real existierenden” Religionen?”
    Die „kybernetische Religion“, deren Evangelium der Evolutionismus wie der Kreationismus zugleich ist, deren Kardinäle in den Kathedralen des Geldes thronen und nicht wirklich fehlbar sind, denn sie werden noch für den größten Bockmist mir Boni überhäuft, das ist die real existierende Religion. Die katholische, lutherische Kirche, die Juden und der Islam, nicht die Islamisten, sind nur noch Randerscheinungen und zum Teil längst schon eingenommen von der „kybernetischen Religion“. Die Kritik an Ihnen verschont die real existierende kyberntische vor Kritik an sich und deren Gott, das Geld.

    5. “Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?”
    Wir Menschen glauben notwendig, dann unser Alltag ist durch Überzeugungen (beliefs) geleitet. Ohne Überzeugungen können wir nicht sein. Es wäre so, als wolle man das Konzept Luftsauerstoff oder Trinkwasser in Frage stellen. Der religiöse Glaube (faith) ist ein anderer und sehr komplex. Der monotheische Glaube (Judentum, Christentum, Islam) sinnt auf die Freiheit und Gleichheit aller Menschne, bei aller Kritik an den Istitutionen. Die kybernetische Religion will Unfreiheit, Singer streitet die Willensfreiheit ab, und Ungleichheit, Leistungsträger müssen belohnt werden, Mindestlohn, Hartz 4 pp;

    Wir, auch ich, haben die Dogmen der kybernetischen Religion, längst verinnerlicht und tragen sie als Marketingcharakter in uns wie Aliens, die nur darauf warten als eine Art Slime aus uns herauszukrichen. Natürlich glauben wir allen den Verkündigungen dieser kybernetischen Religion. Wir opfern den Götzen, das Kalb steht immer noch als Gottesbild in Frankfurt vor der Börse, unser Eigentum, wie die Israeliten ihren Schmuck vom Leib rissen und sie dem Aaron zum Einschmelzen darreichten, dass er das Kalb gieße. Nein: an den Gott des Mose, der verspricht uns in die Freiheit zu führen, glaubt keiner wirklich mehr, weil keiner wirklich mehr echte Freiheit will, sondern die Sicherheit der (ägyptischen) Fleischtöpfe. Der Gott des Alten Testamentes ist ein gescheiterter Gott, ein an seiner Schöpfung gescheiterter Gott. Nur weil er scheitern kann, kann er mitfühlen, kann uns ein transzendentales DU sein, das seine Schöpfung liebt und darunter leidet. Und weil die Bibel nicht verhehlt, dass ihr Gott ein personenhafter Gott des Scheiterns und der Freiheit ist, ist zumindestens diese darin glaubhaft und ihr Gott allemal sympathischer und glaubhafter als alle anderen Heilsversprechungen zusammen. Alle großen Religionen haben einen einzigen Fokus, einen Brennpunkt, in dem alles zusammentrifft und das die Veden „Tat Twam Asi“, das bist Du, oder „Liebe deinen Nächsten, wie auch du ich selbst zu lieben hast“.

    6. “Spielt das Atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?”

    Da ich hier in Frankfurt arbeite, bestimmt das Atheistisch-Sein mein Sein, denn es bestimmt im Schatten der Kathetralen des Geldes all unser Sein. Es bestimmt mein und unser aller Handeln total. Die Giordano Bruno Stiftung, die für den Atheismus den Status einer anerkannten Religion beansprucht, stellt den Versuch dar, diese real existierende Religion zu institutionalisieren. Sollte dieses Unrterfangen gelingen, werden sich die Tore des „eisernen Gehäuses der Hörigkeit“ (Max Weber) schließen und tiefer Frost wird sich auf den Freien Geist setzen.

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  93. „tiefer Frost….“ oh ja, das ist (nicht nur d)ein passender Ausdruck:

    >Die Giordano Bruno Stiftung, die für den (Lusru: für deren) Atheismus den Status einer anerkannten Religion beansprucht, stellt den Versuch dar, diese real existierende Religion zu institutionalisieren.<

    Eventuell schaust du auch mal hier hinein (dito auch bei Jörg Rupp):
    Lusru sagt: 21. Februar 2013 um 11:57
    "Gott" soll Geist sein, so die (daran) Gläubigen. "Geist" kann aber nur "Information" sein, es gibt keinen Begriff, kein Verständnis, mit dem "Geist" sonst erklärbar oder vermittelbar wäre.

    Was ist nun "Information"? Information ist primär UNTERSCHIED, und zwar wahrgenommener, erkannter, erfahrener oder erfaßter, sowohl in allen organischen wie in allen anorganischen Systemen, wo die Erfassung von Unterschieden im Inneren und nach außen existentielle "Systemarbeit", sprich Daseinsweise ALLER Systeme ist, bei Strafe ihres Zerfalls, ihres Unterganges.
    Kein UNTERSCHIED: Keine Information (was übrigens besonders auch nicht nur im philosophischen Verständnis von "Information" sondern ganz speziell auch im IT-technischen oder im journalistischen wie im Physikalischen oder biologischen Verständnis usw. so gilt, auch Daten sind nicht GLEICH Information, wenn sie z.B. keinen Unhterschied aber Ströme von Signaleteien herumschubsen als Redundanz).
    Das Einzige, was erfahrbar, erlebbar, meßbar oder wahrnehmbar ist, ist UNTERSCHIED, also Information.
    Wozu das alles?
    Es wird nach der Zuordnung von "Geist" (versus "Gott") gesucht, nach seiner Wahrnehmung, und der durch ihn usw….

    Wenn wir sagen, daß nun jedes System, organisch oder anorganisch, materieller oder ideeller (z.B. sozialer) Beschaffenheit, also vom Atom, Molekül, Material (Stoff) zum Organ, Organismus oder System von Gruppen seine ureigene Existenz daher bezieht, daß es durch permanente Systemtätigkeit der Erfassung und Erhaltung der eigenen Beschaffenheit, der eigenen Struktur in der Form von UNTERSCHIEDEN sprich INFORMATION (Allein bereits Struktur ist nur Information) eine derart systemgesteuerte innere und äußere Dynamik entwickelt, dann ist Information grundsätzlich eine Immanenz, die im (jeweiligen) Ganzen integriert existiert – oder nicht vorhanden.

    Nun wieder zu Geist und Gott ….
    Halt, das wäre zu einfach.
    Die Wissenschaft meint heute:
    Alles ist Materie, es gibt nur Materie (sowohl IN einem Vakuum, wie im Weltenraum wie in und auch zwischen den Elektronen im Mikrobereich usw.), es gibt nur Materie mit Ihren 3 Hauptelementen:
    Masse, Energie und – Information.
    Erinnerung:
    Selbst Struktur (z.B. von Energie oder Masse) ist Information. Damit ist Information für ein jedes Ganzes die Identität, ohne die es nicht existiert.
    Folgt:
    Materie ist Masse plus Energie plus Information (in Zeit und Raum).

    Was ist dann bitte "Geist"? Geist als Information?
    Es ist unwichtig, da wir nun wissen, wo er steckt und als "Information" "allgegenwärtig" ist, ja sein muß, denn:
    keine Information – keine Materie, dgl. gilt, wenn keine Energie oder keine Masse.

    Damit ist er "angebunden", besser "eingebunden", auch "Einbindender", der Geist in die Materie, einen "geistlosen" Materialisten (kommt übrigens von Materie, nicht von Material!) kann es nicht geben, einen von Materie freien Geist natürlich ebenso nicht.
    Und nun ist das wie mit dem halbvollen und dem halbleeren Glas Wasser:
    Allein der Standort, sprich der Standpunkt entscheidet, wie ein jeder diese Situation sieht und benennt – halbvoll oder halbleer, geistvoll oder geistleer, unterscheidbar oder nicht.

    Um dieses auch außerhalb eines jeden Bewußtseins permanent wirkende Gefüge kann man entsprechen seiner Herkunft, Entwicklung und Neigung nun die herrlichsten Geschichten, auch aus der "Geschichte" ranken, die Realität damit verkleiden, kaschieren oder "überbrücken" zur Gegenwart – es ändert nichts an dieser Realität, der grundsätzlichen, ob ich nun "Gott" statt Geist oder "Information / Unterschied" statt Geist benenne – alles muß so oder so dem systemischen Charakter unserer Existenz Rechnung und damit Unterschied tragen.

    UNTERSCHIEDLICH sind jedoch die Konsequenzen, nicht die, ob "gläubig" (woran?) oder nicht (auch der Atheist glaubt nur, zu wissen daß er Atheist sei), sondern im Akzeptieren und Ausrichten diverser eigener systemischer Handlungen: Alle, die versuchen, sich an der Lage
    Materie = Masse plus Energie plus Information
    vorbei zu schummeln oder zuwider zu "glauben" oder "gläubigen", versuchen grundsätzliche Natürlichkeit mit Kultürlichkeit zu "lenken", zu täuschen, aufzuheben usw., sorgen für Untergang für Lebensuntüchtigkeit des eigenen Systems.

    War da gerade irgendwo etwas mit Mißbrauch?

    Es ist egal, welchen Gott Mensch sich macht, solange dieser Mensch nicht ernsthaft erwartet, daß es umgekehrt auch ginge.

    Ob das nun Atheismus ist, weiß ich nicht.

    Eingefleischte (!) Atheisten warfen mir dafür schon mal den Versuch vor, mit dieser Betrachtungsweise allem Unatheistischem eine begehbare Brücke aus der Gegenwart in die Zukunft bauen zu wollen (was sich eigentlich allein beim mitdenkendem Lesen von selber auflöst), aber selbst wenn, wem würde das schaden?

    Einige etablierte Religionsenthusiasten witterten kreationistische Morgenluft darin – nun, solange sie DIESEN Ansichten folgen, hebt sich ihre unbestreitbare gesellschaftliche Gefährlichkeit von selber auf.

    Einige theologisch "gestandene" Denker machen mir den Vorwurf, den "Atheismus damit kirchentauglich" (auch sogar: neo-religionstauglich oder esotherisch) machen zu wollen, gewissermaßen ihn der "Gleichberechtigung neben der Religion" zuführen zu wollen – ja und? Welcher Atheist wollte denn das nicht?

    Einer war jedoch der Meinung, solange jeder auf seinem "Weg" dieses Bild im Hintergrund hat, ist es vorbei mit den Fundis, die meinen, gegeneinander jeden erdenklichen Krieg zur Sicherung ihres Systems" führen zu dürfen oder zu müssen.
    DENEN wurde damit der Anlaß und die Plattform gestrichen.
    Na und, und?

    Genug "Verständnis für meinen Atheismus" erlesen?

    Es hat einiges mit einigen religiös lebenden (!) Menschen, mit denen ich nicht trotz meines Bildes sondern wegen diesem bis heute gut bekannt bin, jedoch nichts, aber auch nicht das Geringste mit dem Pfarrer zu tun, der mich mit 14 Jahren aus der Kirche und aus der Religion prügelte, da war ich schon längst weg …<

    Man kann jemandem allerdings auch "aus dem Atheismus prügeln", was Giordano Bruno nie getan hätte …
    ("fast kirchlicher" Mißbrauchsversuch – dieses Namens – mal auf ganz anderer Seite? Offenbar Ein ziemlich plumper, grober sumpfiger Weg)

    "kybernetische Religion" – oder Sekte? – allein Daten wider dem ausdrücklichen Hinweis des Shannon (zu seiner "Kommunikationstheorie", deren Bezeichnung als "Informationstheorie" er bis zum Schluß verbot und begründete) bereits als Information zu bezeichnen, ist bereits "religiöse Lehre" (der Kybernetik) geworden, damit eine wissenschaftlich nicht begründbare …
    Kybernetische Esotherik jedoch weder Religion noch Lehre, erst recht kein "Atheismus"…

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  94. Ich persönlich besitze keine Religion, sprich ich glaube nicht daran, dass das Leben nach dem Tod durch Wiedergeburt, Auferstehung oder sonstiges weitergeht. Außerdem glaube ich auch nicht dass ein (allwissendes oder allmächtiges) Wesen die Welt oder das Universum erschaffen hat oder beeinflusst. Diese Einstellung bekam ich (nachdem ich 15 Jahre meines Lebens katholisch aufgewachsen bin) durch eine Einsicht: Die Menschheit hat sich Religion aus biologischen Gründen ausgedacht!
    Zunächst stellte ich mir die Frage, was alle Lebewesen verbindet – Die Antwort lautet Artergaltung. Jedes Lebewesen versucht, seine Art möglichst gut zu erhalten. Alle Tiere versuchen möglichst lange zu leben, und da man nich ewig leben kann, pflanzt man sich fort um die Art zu erhalten. Dann kam (Evolutionstheorie) der Mensch! Dieser zeichnet sich durch sen Großhirn aus, dank welchem er klüger ist als die meisten anderen Tiere. Das Großhirn neigt aber auch dazu, sich alles mögliche auszudenken. So begann der Mensch sich vorzustellen, dass die Erde untergehen wird! ( Was nicht einmal so falsch ist) Durch diese Vorstellung wird dem Menschen aber auch bewusst: Moment mal. Ich kann meine Art gar nicht ewig erhalten! Doch dann geschah etwas großartiges: Das Großhirn begann erneut zu denken. Und diesmal dachte es: Es wäre doch schön, wenn meine Seele nach dem Tod weiterleben könnte. Denn wenn die Seele unsterblich ist, kann meine Art nicht aussterben. Und das ist die Geschichte der Entstehung von Religion!

    Zu den anderen Fragen: Ja ich besitze ein Weltbild oder.eine Weltanschauung, allerdings basiert diese auf Naturwissenschaften und nicht auf einen Glauben. Meine Weltanschauung vom Universum und Kosmos entstand, als ich mich fragte was vor dem Urknall war. Ich denke dasselbe. Da die Zeit endlos ist, allerdings nicht die Geschehnisse im Universum , müssen die Geschehnisse endlos gemacht werden. Wie mache ich etwas endliches unendlich? Ich lasse es immer wieder wiederholen! Somit haben wir meiner Meinung nach unser Leben schon unendlich mal durchlebt und werden es auch noch unendlich mal durchleben. Der Kosmos ist eine sich endlos widerholende Schleife mit vorherbestimmten Schiksal. Allerdings bin ich mir natürlich nicht sicher ob meine Weltanschauung die richtige ist. Sie erscheint mir lediglich…..logisch.

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  95. Es gäbe viel zu sagen – neben dem, was eifrige Leser der blogthemen von Antje Schrupp auch zu mir als atheistisch lebender Mensch bereits dazu kennen sollten oder könnten.
    Im Moment erst einmal dies
    „Wie seid ihr zum Atheismus gekommen?“
    Ganz einfach: Durch den Geburtskanal meiner Mutter, wie alle Kinder wurde ich als Atheist geboren.
    Es erhebt sich daher eher die Frage, ob das erst später mögliche Erwerben oder Annehmen oder Finden Erfahren einer Religion nicht vielmehr fordert zu fragen:
    „Und wie bist du zu einer Religion gekommen?“
    Denke mal. daß diese erste Fragestellung (um die wohl hier gemeinte Zielrichtung dabei zu bewahren)
    sinnvollerweise unbedingt umzuordnen sein müßte in:
    „Wieso kamst du als Atheist nicht zu einer Religion“ – und das gesamte Fragengebilde würde sich eine neue verwertbarere Struktur nehmen.
    Begründung:
    Ich beginne (!) immer am Anfang, und dann frage ich nach dem, das eventuell hinzutreten oder hinzugetreten sein könnte, wie z,B. das auf Religion zutreffen würde …
    Niemand wird ALS Christ geboren, als Hindu, als Moslem (wie das bei Juden ist, ist hier schwer zu sagen, denn sie behaupten, sie missionieren nicht – nur wie wird man Jude? Durch Geburt …?), aber irgendwo hinein wird jeder Mensch geboren, und wie wird er nun zu dem, wohinein man ihn gebar? – Wohl eher nicht durch Geburt.
    Wäre vielmehr nicht dieses zu erfragen?

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  96. Wie seid ihr zum Atheismus gekommen?

    Die Frage basiert auf der unlogischen Prämisse, daß Theismus zeitlich vor Atheismus kommt:
    Homo Sapiens gibt es ja schon seit ganz viel lange.
    Die “Bibel-Welt” existiert allerdings erst seit 6000 Jahren.
    Ergo: Atheisten gibt es auf der Erde sehr viel länger als Theisten.
    So wie es NICHT-RAUCHER länger gibt als RAUCHER.
    Es muß doch irgendwer zuerst auf die Idee gekommen sein, daß man Tabak paffen kann.
    Es muß doch irgendwer zuerst auf die Idee gekommen sein, daß der Blitz von Zeus kommt.

    Halt Stop! Adam und Eva sind möglicherweise bereits MIT dem Wissen um Gott geschaffen worden.
    OK! Nun gut! Fiktiv Adam und fiktiv Eva wurden offensichtlich (fiktiv) als ERWACHSENE geschaffen.
    Und sie sind (anders als real existierende Menschen) ja auch erst vor 6000 Jahren geschaffen worden.
    Zu dieser Zeit rannten schon ganz, ganz viel zu viele andere Menschen weltweit durch
    die Gegend, die von Jawe nicht die Bohne Ahnung hatten.
    Europa wurde vor 35 000 Jahren besiedelt, von Leuten, die nun echt keine Ahnung von Jawe haben konnten, weil der ja erst 29 000 Jahre später die Erde erschaffen würde.

    Vermutlich ist der Mensch auf Erden die einzige Kreatur, die überhaupt zu
    Theismus fähig ist.
    Ein religiöser Dackel ist schwer vorstellbar – aber nicht ausgeschlossen.
    Möglicherweise, wenn man gezielt weiterzüchtet (der Evolution ein wenig auf die Sprünge hilft, wie Mensch es ja schon zuvor beim Wolf getan hat)…

    Mit anderen Worten: Jedes Baby (egal ob Krokodil oder Mensch) ist zunächst Atheist.
    Dann wird dem Menschenkind (bei Eseln ist das eher vergeblich)
    irgendwann einmal mitgeteilt, daß es einen Gott gäbe.

    Die Anwort auf die Frage, wie ich zum Atheismus komme, ist also die:

    Bei mir ist unterlassen worden, mir die Existinz eines Gottes
    weiszumachen und/oder ich bin ein Esel (zu Theismus mangels Intellekt nicht fähig).

    Die anderen Fragen sind ziemlich “komisch”. Aber ich versuche es mal:

    Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in” ? Bei welchen Gelegenheiten?

    Wenn ich in Dortmund-Fan wäre, würde ich vor Dortmundfans eine Dortmund-Fahne ausrollen.
    Vor Schalke-Fans eher nicht.

    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch?

    Früher ja.

    Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Gegenüber meinen (erst in jüngster Vergangenheit “gemachten”)
    christlichen Bekannten habe ich nicht vor, mich zu outen.

    Welche Rolle spielt bei eurem “Bekenntnis” zum Atheismus die Ablehnung bzw. die
    Kritik an den “real existierenden” Religionen?

    Damit keine Mitverständnisse darüber aufkommen,
    was ein “atheistisches Bekenntnis” sein könnte, mal meine Version:

    Ich glaube daran, daß:

    -> unsere Galaxis sich (momentan) entfernt vom Zentrum des “Big Bang” (der überhaupt nichts geschaffen hat, weil gemäß dem 1. Gesetz der Thermodynamik die gesamte Materie, die da expolodiert ist, bereits zuvor vorhanden war);
    Wahrscheinlich wird unser klitzekleines Universumchen (lumpige 13 700 000 000 Lichtjahre Radius oder so) dereinst wieder in sich zusammenfallen (Gravitation) und es gibt den nächsten BIG BANG – übrigens hochwahrscheinlich keine exakte Wiederholung der unendlichen Zahl von zuvor standgefunden habenen Big Bangs, weil: die Zeit ist nur “einfach” unendlich aber für die unterschiedliche Anordnung der Elementarteilchen in “unserem” Universum gibt es soviel unendlich mal mehr Möglichkeiten als Zeit, daß eine pure Wiederholung praktisch ausgeschlossen ist, von der noch um viele Unendlich-hoch-Unendlichkeiten höheren Zahl der möglichen Konfigurationen durch Interaktion mit anderen Universen ganz zu schweigen);
    ich glaube weder an die Existenz von (“anfaßbarem”) Raum noch (“anfaßbarer”) Zeit.
    Nebenbei: Mit der Vorstellung, daß ein Haufen Sand eine Masse hat, können sich selbst Theisten anfreunden.
    Wie wäre es mal damit: Die “Fähigkeit-zum-Ich-Bewußtsein” ist eine Eigenschaft der Materie kaum anders als deren Temperatur. Sie ist als gegeben hinzunehmen und nicht zu mystifizieren.

    -> es in unserem Universum grob gerundet 150 000 000 000 Galaxien gibt
    (die jeweils round about 150 000 000 000 Sterne haben);

    -> es mathematisch unwahrscheinlich ist, daß wir das einzige Universum sind, mithin
    das ALL höchstwahrscheinlich UNENDLICH ist -> ergo gibt es unendlich viele Universen -> ergo
    finden pro Nanosekunde UNENDLICH VIELE BIG BANGS STATT!!!;
    -> es unwahrscheinlich ist, daß jemand diese Unendlichkeit an 1 Tag geschaffen hat
    (Genesis behauptet, daß Jawe 3 Tage für die Erde, aber nur 1 Tag
    für DIE GESAMTE RESTLICHE UNENDLICHKEIT benötigt hätte);
    -> es unlogisch ist, daß ein Allmächtiger sich der Mühe unterziehen würde, diese UNENDLICHKEIT vollständig erfassen zu wollen (Allwissenheit);
    -> wenn ich allmächtig wäre, andere Sachen im Sinn hätte; Fernsehgucken oder so…;
    -> es ABSOLUT ausgeschlossen ist, sich selbst zu erschaffen!!!
    Ein allmächtiger Gott, müßte sich allerdings selbst erschaffen haben!!!
    Hätte er sich nicht selbst geschaffen, hätte er nicht einmal die Macht über seine eigene Existenz!!!
    -> selbst, wenn es einen unwiderlegbaren BEWEIS für vermeintlich ÜBERNATÜRLICHE Vorgänge gäbe:
    Die nachfolgende Phantasterei ist um das Unendlichfache wahrscheinlicher als ein sich
    selbst erschaffener Gott:
    Erklärung für “intellegent design” oder “echte Wunder” könnte sein, daß wir in einer Art Computersimulation leben.
    Als Programmierer halte ich es (zumindest im GEDANKENEXPERIMENT) für möglich, den BigBang zu simulieren.
    Also ein paar Gazillionen Elementarteilchen, die jeweils Masse (oder auch nicht – bei Lichtquanten),
    Geschwindigkeit und was nicht alles haben oder Strings (was immer tatsächlich angesagt ist),
    in einem virtuellen Raum auf einen Haufen geklatscht und schauen, was passiert.
    Selbst, wenn (sofern die Simulation die realen Gegebenheiten hinreichend korrekt simuliert)
    sich in der Simulation “echtes” Ich-Bewußtsein bilden sollte, wäre man deshalb noch lange kein Gott, sondern allenfalls ein Arschloch, weil man die Leute, die man geschaffen hat, nicht gefragt hat, ob sie geschaffen werden wollen;
    Ja, ja. Ich weiß. Aber solche Ideen hatte ich damals noch nicht, wo ich meine Kinder geschaffen habe.
    Am langen Ende muß aber dieser SuperComputer (bzw. der, der diesen Computer simuliert hat…) in einer “realen” Welt stehen, für die die weiter oben postulierten Glaubensgrundsätze gelten.
    -> ein WOHLWOLLENDER Allmächtiger nicht zulassen würde:
    Seit Christi Geburt hat sich die Zahl der Menschen rund ver-35-facht. Nunmehr gehen Energie- und Rohstoffreserven zur Neige. Statt es nun bei 2 Kindern pro Frau genug sein zu lassen, werden immer mehr mehr mehr mehr künftige Energieverbraucher und Parkplatzwegnehmer geboren.
    Wenn nicht mit sofortiger Wirkung weltweit ein Keuschheitsgürtel vor diesen Wahnsinn geschoben wird
    (zuallermindest Kondome und sexuelle Aufklärung für alle! Gehet hin, seid unfruchtbar und hört auf, euch so idiotisch zu multiplizieren), gibt es ein nie da gewesenes Blutbad.
    Fangen wir gar nicht erst an mit den vielen Millionen (insbesondere Kindern, die überhaupt noch keine
    Gelegenheit zum Sündigen hatten), die jetzt schon bestialisch krepieren.
    Zum Beispiel sterben pro Minute rund 17 Leute an den Folgen von Unternährung.

    So! Das ist mein Credo. Inwieweit das eine “Ablehnung bzw. Kritik an
    den ‘real existierenden’ Religionen” ist, soll sich jeder selbst beantworten.

    Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran?

    siehe obiges Credo

    oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?

    ???

    Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle?
    Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Momentan behindert mich meine Unfähgikeit, an das christliche Credo zu glauben.
    Übrigens: Wie kann Jesus zur rechten Gottes sitzen,
    wenn Jesus und Gott ein und dieselbe Person ist???

    Ich habe in jüngerer Vergangenheit eine Vielzahl Personen christlichen Glaubens kennengelernt.
    Für meine “Andersgläubigkeit” kann ich mir nichts kaufen.
    Ich würde gern zur Christenheit gehören.
    Wie werde ich diesen Atheisten-Quatsch los?
    Angesichts dessen, was der Menschheit bevorsteht, hilft ja eh nur beten!!!

    Und unbeschadet dessen, “wie es der Welt geht”: Jeder muß ins Gras beißen! Und der Vorgang des Sterbens kann sich hinstrecken (über Jahre/Jahrzehnte).
    Da bringt einen Atheismus nicht wirklich nach vorn.

    +++ so hier ist finisch

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  97. @Peter schreibt: 6. Juli 2013 um 04:35
    Dich habe ich mit viel Vergügen gelesen, denke mal, nun habe auch ich meinen Atheismus richtig verstehen und – genießen können, ohne daß mir jemand den Vorwurf machen kann (wie übrigens dir wohl auch nicht), daß mein Genuß auf Kosten von anderen Unskeptikern oder Andersgläubigen und deren Schmähung oder Verurteilung beruhen könnte. So fühle ich mich wohl, es wäre wünschenswert, daß dieses Kleine Wohlfühl-Etwas nach tausenden von Jahren nun auch mal amtlich Eingang in die offiziel existierenden Glaubensbehauptungen (Religionen) finden würde: Die grundsätzliche Achtung, Aufgeschlossenheit (Neugier) und Toleranz zu ALLEN Andersdenkenden, Andersgläubigen, den Gläubige sind wir alle, auch die Atheisten, egal wem das nicht paßt.

    Was nun du alles, lieber Peter, da so schön aufgelegt hast, läuft wohl – wenn ich es recht verstehe, auf das hinaus:
    ALES ist Materie, kompromißlos.
    Materie ist (grob gesagt): Masse + Energie + Information (M = Ma + E + I)
    Wer hier Protest anmeldet, sollt zuvor beachten: Es gibt bkeine Masse ohne Struktur, keine Energie ohne Struktur und keine Materie ohne Struktur, und Struktur ist das Selbsverständnis und Erkennungsmerkmal aller Dinge, und: Struktur ist INFORMATION.
    Was ergibt, daß auch Geist „etwas sein muß“ – oder eben nicht existiert.
    Ist Geist Struktur??
    Dann wäre Geist INFORMATION (Unterschied) und damit Bestandteil von Materie, besser: von allem.
    Wer nun diese Art von Struktur, von Information als Geist besonders achtet und hervorheben möchte, soll das tun, er verstößt damit nicht im Geringsten dem Grundverständnis veines Atheisten, sofern ihm der Gedankengang bis hierher klar ist.
    Vom Bewußtsein wollen wir nicht erst reden, das hat sich bishierher bereits selst eingeordnet als struktureller eigenschaftlicher Bestandteil biologischer Materie, eben als Teil INFORMATION.

    Und auf diesem Wege bin ich gern neben meinen so gut verstandenen religiösen Nachbarn und Freunden praktizierender Atheist, denn was anderes sollte in letzter Konsequenz ein Christ wohl wollen sollen und verstehen, als genau das.
    Möchtest du noch immer „Christ werden“, Peter, oder bist du es in DIESEM Sinne nicht schon längst und mehr als andere?
    (So sprach mein Mutter stets).

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  98. @antje Eigentlich ist das ja hier kein Diskussionsforum.
    Aber vielleicht als Exempel dafür, „wie Atheisten wirklich ticken“

    @michaela

    Ich wollte eigentlich nur den Kommentar posten. 1 Mal und hoffentlich abschließend nehme ich Stellung zu Deiner Frage:

    Ja! Im Augenblick kann ich mir durchaus vorstellen, den Rest meines Lebens als (Pseudo)Christ zu verbringen.
    Und – nein: Ich bin kein Christ.
    Ich komme nicht einmal über das logische Paradoxum hinweg:
    Ein ALLMÄCHTIGER Gott muß selbst die Entscheidung getroffen haben:“Ich sei“.
    Nur so kann er Macht über seine Existienz haben.
    Er muß sich also geschaffen haben, ohne dabei existiert zu haben!!!

    Und ein mehr „anfaßbarer“ Beweis für mein Nicht-Christ-Sein: Ich bin nicht getauft.

    Warum will ich eigentlich „echter“ Christ werden:

    Egoistische und pragmatische Gründe.
    Ich sehe etwa 20 lange Jahre in Einsamtkeit vor mir. Ein Tag quallvoller als der vorherige. Leicht hatte ich es eigentlich noch nie. Aber es sind seit ca. 2006 gesundheitliche Beschwerden hinzugekommen, die mein Chi auf nahe Null ‚runtergefahren haben. Ich wußte gar nicht, wieviel Lebenskraft man noch verlieren kann, obwohl man schon fast keine mehr hat.

    Wohin soll ich mich wenden? http://www.youtube.com/watch?v=t5cFcFXXQnU ( Deutsche Messe Schubert).
    Wenn ich dann mit dem Flennen fertig bin (setzt körpereigene Morphine frei), geht es mir etwas besser.

    Ich mag RICHTIGE Musik. Heutzutage hat atonaler Krach die Musik weitestgehend verdrängt.
    Daß es eine Steigerung zu Techno gibt: „Adya Classic“ hat es bewiesen.
    Natürlich waren Nazareth, Black Sabbath und Konsorten seinerzeit auch laut – aber da gab es Melodien, Harmonien, Rhytmus und man konnte mitsingen.
    Nur still dasitzen und „konsumieren“, ist nicht mein Ding.
    Karaoke gibt es jeden Sonntag fast zum Nulltarif in der Kirche. Und wem das nicht reicht, der kann sich eine Posaune schnappen…
    Beten, besonders: „Kyrie eleison“ – Herr, erbarme Dich, lindert vorübergehend den „Schmerz“.

    Selbstredend könnte man das Christ-Sein faken. Also: Sich taufen lassen und zu allem Ja und Amen sagen.
    Ich fake jetzt schon ausgiebig.
    Das ständige Lügen könnte sich allerdings negativ auf meinen – ohnehin schon desolaten – Gemütszustand auswirken…

    Aus „Der Mond ist aufgegangen“:

    Laß uns einfältig werden
    Und vor dir hier auf Erden
    Wie Kinder fromm und fröhlich sein!
    Wollst endlich sonder Grämen
    Aus dieser Welt uns nehmen
    Durch einen sanften Tod!

    Ach so: Ich glaube nicht, daß ich Nihilist bin. Ich finde nur: Wenn man auf einem Stück Land endlicher Größe lebt, sollte man auch nur endlich viele Nachkommenschaft hervorbringen.
    Als ich geboren wurde, gab es „nur“ knapp 4 Miilliarden Menschen. Jetzt sind wir bei 7 Milliarden.
    In den letzten 100 Jahren hat sich die Zahl der Menschen ca. verdoppelt.
    Hätte sie sich seit Christi Geburt (ca. 0,2 Milliarden Leute damals) alle hundert Jahre verdoppelt, wären wir heute 1048576-mal soviel Menschen wie damals. Das macht 29 959-mal soviel Leute wie wir jetzt sind. Mit anderen Worten: Der Wahnsinn ist erst in jüngerer Vergangenheit wahnsinnig wahnsinniger geworden…
    Und, bevor die Leute mit dem Finger auf Indien zeigen: Deutschland hat seine Population in den letzten 130 Jahren ca. verdoppelt (trotz von Krieg zu Krieg kleiner werdender Fläche). Deutschland hat jetzt 15-mal mehr Einwohner pro Fläche als Norwegen!!! Gerade für deutsche Kondome gibt es viel zu tun, besonders in den Ballungsgebieten!!!
    So es heißt, daß der Energiebedarf zu 25 Prozent aus regenerativen Quellen gedeckt werden könnte, würden daraus 100 Prozent werden, wenn die Bevölkerungszahl auf 25% sinken würde.

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  99. @Peter schreibt:7. Juli 2013 um 14:47
    Bei meiner Feststellung (der meiner Mutter) war nicht vom (Pseudo)Christ die Rede, das mögen viele sein, die sich als Christ verstehen, bei mir (und bei meiner Mutter) war von CHRIST die Rede, nicht von den Pseudos.
    Weder ein „halbwertiger“ Christ noch ein solcher „Atheist“ sind gemeint, sondern das eine weil vollwertig im anderen (bitte beachte, daß ich von der jeweiligen WERTIGKEIT im jeweiligen Selbstverständnis rede)

    „Ich komme nicht einmal über das logische Paradoxum hinweg:
    Ein ALLMÄCHTIGER Gott muß selbst die Entscheidung getroffen haben:”Ich sei”.
    Nur so kann er Macht über seine Existienz haben.
    Er muß sich also geschaffen haben, ohne dabei existiert zu haben!!!“ –

    Ja, müßte er, nur daran halte ich mich nicht auf, da das ja zu den UNTERSCHIEDEN gehört zwischen Christ und Atheist – was ich lebe.
    Was nun doch wiederum gewisse Ähnlichkeiten hochkommen läßt (abgesehen von der jeweils verwendeten Begrifflichkeit), ist wohl dieses beiderseits (!!) bestaunte und empfundene „Allmächtige“, das ich (!) in der Autopoiese lebender Systeme (als autonome dynamische Einheiten), in ihrer heute schon recht weit wissenschaftlich bearbeiteten Fähigkeit der Selbsterschaffung (z.B. von Zellen) auf ganz andere Weise finde, als der, der diese Fähigkeit zwar auch erfährt, sie aber einer ihm unbekannten anonymen äußeren Kraft zuschreibt und sich mehr oder weniger „genügsam“ damit zu Frieden (!) gibt.

    Autopoiese ist schon etwas, das sich von Mensch, als einfaches Gemüt mit wenig Spezialwissen dazu, sehr schnell auch als eine Art von Allmacht, als Allmacht eines Anderen, erfahren läßt.
    Autopoiese sollte eine solch herrliche (!) Fähigkeit der (naturwissenschaftlichen!) Selbsterschaffung auch als Attribut „Herrlichkeit“ behalten, und sei es im Verständnis einer uns erscheinenden gewissen Allmächtigkeit

    „Ich mag RICHTIGE Musik.“ – Ja, es gibt in jedem Genre („richtige“) MUSIK, und auch solche, die sich zwar Musik nennt, aber dennoch keine ist.
    „RICHTIGE Musik“ – Das trifft z.B. auch zu auf „Queen“, „Wagners Werden“, „Elisabeth“, metallica oder Helene Fischer bis hin zur „amtlichen“ Volksmusik oder den 12 Tönen …

    Wer „Glück“ hatte und dazu kam, konnte allein am gestrigen Tag eine TV-Containerladung davon mitnehmen (2 mdr-Produktionen „Wagner 200 Jahre…“ als öffentliches PopklassikDanceRockmetallichouseArtistikSchauspielOperEvent höchster musikalischer und optischer Gestaltungskraft auf mdr, und davor Helene Fischer (auf rbb – Wdhlg.), die ähnliche verbindende musikalische Konglomerate der „guten“ Beispiele vieler Genre, aber von der „anderen Seite“ her kommend, präsentierte, indem sie selber nicht nur das Liebeslied, den Schlager und zusammen mit Freddy Mercury auf der Bühne (!!) die Menschen mit ihren vielen Gesangspartnern zusammen berauschte, wie auch als eine von 8 „Elisabeths“, mit russischer (Pop)Folklore der alten Omas oder mit Rock – aber auch als Spitzenartistin im Schwebenetz an der Hallenkuppel und durch den riesigen Saal sausend atemberaubend die Musik akrobatierend. – „Nur still dasitzen und konsumieren” – das war da wohl angesagt und so schon mein Ding.
    „Gute Musik“ ist – wie alles auf der Welt – gut gemachte Musik.
    So gedacht, habe auch ich dann allerdings zwar noch immer – aber eben nicht mehr so große – Mühe, etlichen heutigen Geräuschemachern einen Sinn oder Effekt des musikalischen Genusses abzugewinnen.

    „Ich bin nicht getauft“ sagt Peter – ich sehr wohl, und?
    So ist es halt immer, wenn zwei (z.B. Christ und Atheist, aber auch Atheist und Atheist) das Gleiche tun, erfahren, erleben, muß nicht das Gleiche entstehen …
    Was ändert die Taufe – außer im Wissen der Anwesenden, daß da ein Menschlein, meist frühkindlich, vor(beugend)sorgend missioniert worden sein soll?
    Was daraus wird, historisch jeweils wurde, kann höchst fraglich und fragwürdig sein, das liegt im Werden des Menschen selber.
    Egoistische und pragmatische Gründe verändern stets die Positionen, die eigenen wie die der anderen – und keine davon ist allein deshalb schon oder nur ein fake.

    Wenn du du selber bist, bleibst und lebst, ist es relativ egal, ob du das als Glaubender an das Wissen des Atheismus oder an das christliche Verständnis tust, wobei es sicher noch ein Dutzend andere achtbare Möglichkeiten gäbe …

    Ob dies nun den „kleinen Versuch, Atheismus zu verstehen“ hier ausreichend mit voran gebracht hat?

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  100. Ich würde nicht sagen, dass der Atheismus eine Weltanschauung in dem Sinne ist. Das würde ich nur so nennen, wenn sich meine Werte und Lebensweise direkt aus der atheistischen Überzeugung ergeben würden. Das ist aber denke ich nicht der Fall. Die meisten Menschen heutzutage in Westeuropa leben nicht religiös und wurden auch nicht sehr religiös erzogen. Ob man nun die Wahrscheinlichkeit der Existenz eines höheren Wesens als hoch oder gering einstuft, dürfte die persönlichen Werte und die Verhaltensweisen eines Menschen nicht mehr so stark beeinflussen.

    Zu den Fragen:
    „Bezeichnet ihr euch aktiv als “Atheist_in”? Bei welchen Gelegenheiten?“

    Nein, eigentlich nicht. Wenn man mich fragen würde, ob ich Atheist bin, dann würde ich das wohl bejahen. Aber ansonsten ist es für mich kein Thema, zumal ich kein Problem damit habe, wenn andere an Gott glauben.

    „Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?“

    Ich hatte schon als Jugendlicher über manche Dinge nachgedacht. Warum gibt es soviel Leid auf der Welt, wenn ein gütiger Gott existiert? Warum halten alle ihren Glauben für den einzig wahren, wenn es doch soviele Religionen gibt? Und was für ein Wesen soll das überhaupt sein, was so ein riesiges, komplexes, aber weitgehend leeres Universum erschaffen kann? Ein Universum, dass uns Menschen ja erst nach Milliarden Jahren hervor gebracht hat. Und was für ein Ort soll angeblich dieser Himmel sein? Sämtliche zig Milliarden Menschen, die je auf der Welt waren müssten dann ja dahin kommen. Und ab wann genau in der Evolution war man eigentlich Mensch? Letzteres spricht natürlich nicht zwingend gegen Gott, sondern gegen die religiösen Lehren auf der Erde.
    Jedenfalls habe ich mir solche Gedanken früher gemacht. Heute sage ich auch ganz klar, dass ich nicht an einen Gott glaube. Das hat keine ideologischen, aber rationalen Gründe. Mich persönlich würde es ja auch freuen, wenn es sowas wie ein Jenseits und ein Leben nach dem Tod gäbe, aber ich kann da nicht dran glauben. Und Glauben ist nun mal (für mich zumindest) etwas anderes als Wünschen.

    „Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?“

    Meine Familie ist größtenteils gläubig, wenn auch nicht streng religiös. Viele Menschen wollen wahrscheinlich auch glauben, dass das Leben mehr beinhaltet als wir direkt wahrnehmen können. Viele glauben an Geister, UFOs, Horoskope usw. So habe ich auch im Bekanntenkreis viele, die an Gott glauben. Ein großes Thema ist das aber nicht.

    „Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von “Gott” an etwas anderes “glaubt”? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des “Glaubens” für prinzipiell problematisch? Warum?“

    Schwer zu sagen. Ich „glaube“ nicht an übernatürliche Sachen. Darüber hinaus kann man den Begriff des „Glaubens“ natürlich vielseitig verwenden.

    „Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?“

    Ja, das habe ich ja eigentlich schon beantwortet. Ich habe nicht den Eindruck, dass es mich beeinflusst. Ich lebe auch so nach bestimmten Grundsätzen, trinke kaum Alkohol, lehne unverbindlichen Sex und Fremdgehen gedanklich ab. Und das auch ohne Gottglauben. Persönlichkeitsentwicklung dürfte heutzutage weitgehend unabhängig vom Glauben an Gott sein.

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  101. Dann will ich mal versuchen die Fragen so gut wie möglich zubeantworten.

    Ja, ich würde mich als Atheist bezeichnen, wenn man mich fragen würde. Ich bin mitlerweile von Gottes nicht Existens überzeugt.

    Gab es eine Persohn, die mich zum Atheismus angeregt hat? Oh ja, Georg W. Bush, war sehr wichtig in dieser Beziehung. Vorher war ich das, was man einen Agnostiker bezeichnen würde: Jeder glaube an das was er will und dann sind alle zufrieden. Ich hätte nie geglaubt, dass in unserer heutigen Zeit, in einem westlichen Land, ein Präsident zum Krieg aufrufen würde, weil Gott es ihm befohlen hat. Da hab ich angefangen darüber nachzudenken, was eigentlich Gott ist und Seiten wie diese zu lesen (ich hab allerdings die anderen Antworten zu dieser Frage noch nicht gelesen)

    Die allgemeine Kritik an Religion ist somit nur ein Anstoß gewesen meine Überzeugung zu festigen. Aber selbst wenn Es nicht so viele Verfehlungen der Kirche gäbe, würde das nichts an der Tatsache ändern, dass es Gott nicht gibt.

    In meinem Freundes und Bekanntenkreis sind die meisten Evangehlen. Allerdings spielen Religion und Atheismus in meinem Leben keine große Rolle. Es interessiert mich einfach dieses Thema.

    Bei uns ist zum Glück Religion etwas harmloses. Aber leider gibt es auch heutzutage noch genügend Beispiele, wo karismatische Anführer mit ihren wortgewandten Missionaren, den Glauben an Gott dazu ausnutzen um ihre Ideologien durchzusetzen, denn wenn man die eigenen Ideen alls Gottes Wort ausgibt, dann ist alles erlaubt und man ist nicht mehr durch die Moral gebunden.

    Sicherlich, es gibt auch andere gefährlich Ideologien, wie wir gerade im zwanzigsten Jahrhundert leidvoll erfahren mussten, aber das entlastet ja nicht die Religionen.

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  102. @Milan und @Stefan:
    zwar hatte ich mich schon geäußert, fühle mich jedoch nun wieder indirekt angesprochen, und das geht so:
    – Atheist bin ich, seitdem ich mit 14 der nicht im geringsten als „lieber“ Gott erkennbaren Ausrede der ausschließlich selbst ernannten erdlichen Stellvertreter diesen ordentlich und – wie ich meine noch fristgemäß – offiziell kündigte und beschloß, künftig nicht mehr auf der Unklarheit anderer Leute, die mehr oder weniger offen (Kirchen)Staat im Staate spielen, sondern auf eigene (Un)Klarheit fußend meinen weiteren Lebensweg zu formen, das halte ich sowohl für einen (meinen) Glauben und damit gleichzeitig für die dazugehörige Ideologie.
    Ideologie gehört zu jedem Glauben, da das die formulierte Strategie und Taktik zur Erhaltung, Mehrung und Verwirklichung gläubigen Lebens ist.
    Glauben ohne Ideologie gibt es nicht, desweiteren ist Ideologie selber auf (gazugehöriges) Glauben angewiesen, da sie sich ohne dem nicht verstehen kann.
    Ich glaube also, im Gegensatz zu großmäulig angeblich „nur wissenden“ Atheisten, an die Ideologie des Atheismus und bin damit – neben abderen Gläubigen – gleichberechtigter aber eben Anders-Gläubiger.

    – Ich habe nicht das geringste Problem mit Andersgläubigen, es sei denn, diese haben das mit mir – insofern funktioniere ich wie alle Gläubigen in unserer Welt: Es wird nur das toleriert, was selber toleriert und daher tolerierenswert ist. Mission (heißt bei mir Klärung, Aufklärung) gehört bei mir wie bei anderen zur Selbstbehauptung dazu, allerdings auf der Basis der Freiwilligkeit und Toleranz des Tolerierenswerten selber Tolerierenden – alles andere halte ich für undemokratische Formen der Restriktion und für fundamentalistische Störungen des Gemeinwesens.

    – Es ist ein grober Fehler und Zeugnis der Ignoranz des Anderen, wenn man davon ausgeht, daß nur „anstatt“ an (einen oder mehrere) Gott zu glauben, (an) etwas anderes glauben könnte. Vielmehr wird umgekehrt ein Schuh daraus: Die Evolution und die Erforschung unserer Geschichte zeigt uns, daß bevor Mensch an einen oder mehrere Götter glaubte, er auch schon MENSCH war und (etwas) glaubte, demnach also der „Gottgläubige“ der spätergekommene „anstatt“-Glaubende sein muß.

    – Die Frage „“Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?” ist daher zunächst zurück zu geben, da ihre einzige Antwort als „ja“ die Daseinsweise der Atheisten ist, was nicht unbedingt in gleichem Maße die der jeweils anders (Gott)Gläubigen sein dürfte. So ist z.B. die Frage nach der Erlangung der Dominanz, Allein- oder Vorherrschaft und Deutungshoheit zu unserem Leben und des Fortganges der Welt oft eine vorgeblich religiös verbrämte Begründung für alle kriegerischen Auseinandersetzungen der Vergangenheit und Gegenwart, das „ethische“ Mäntelchen für eigene Bereicherung zu Lasten Andersgläubiger. Nähmen wir alle religiösen Konflikte aus der Welt, müßte schlagartig Weltfrieden herrschen, müßte der mandelasche Wille zum Ausgleich zur Religiösen Deutungshoheit über alle Religionen werden.

    – So betrachtet ist es fgefährlich, so einfach daher zu reden, daß „Bei uns ist zum Glück Religion etwas harmloses.“ sei – nein! das ist es nicht! Es bestimmt und begründet sich selbst gegenwärtig noch immer auch Weltgeschichte und damit das gesamte Leid dieser Welt, auch wenn blumig und vollmundig anders geredet wird dazu: Religion ist spätestens beim „Verlassen“ des Persönlichen, des Familiären, alles anders als „harmlos“ – und DAS genau das sollte zu Positiven geändert werden, was nur mit und für alle geht …
    Und DAS gehört in jede Religion und deren Ideologien gegen jeden Fundalismus und Extremismus vornan, dann hätten die Menschen von ihrem Glauben, was sie erwarten und vermuten …

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  103. 1. Wie seid ihr zum Atheismus gekommen? Habt Ihr euch aus eigener Initiative dazu entschieden oder haben euch andere dazu angeregt? Wer? War es eine bewusste Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess?

    Ich wurde christlich erzogen. Schon von Kindheit an wollte ich jeden allen Dingen auf den Grunde gehen und als ich merkte, dass Weihnachtsmann und Osterhase nicht existierten, habe ich auch an Gott gezweifelt, denn dessen Existenz erschien mir unlogisch. Der Prozess war insoferne schleichend, als er mich nicht nur immer mehr dem religiösen Gedankengut entfremdete, sondern ich auch aktiv Argumente gegen Religion sammelte und ich immer mehr mich auch aktiv zum Atheismus bekannte.

    2, die Leute in eurem Bekannten-/Freund_innenkreis auch überwiegend atheistisch? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Es ist kaum ein Thema.

    3. Welche Rolle spielt bei eurem „Bekenntnis“ zum Atheismus die Ablehnung bzw. die Kritik an den „real existierenden“ Religionen?

    Es gibt viele Menschen, die an irgendetwas Höheres glauben; ganz vage und weil sie vielleicht darin den Sinn des Lebens finden. Ist für mich ok, aber diesen Hang zum Glauben an so etwas zu fördern und auszunützen, wie es Religionen tun, halte ich für schädlich

    4. Würdet Ihr sagen, dass Ihr anstelle von „Gott“ an etwas anderes „glaubt“? Woran? – Oder haltet Ihr das Konzept des „Glaubens“ für prinzipiell problematisch? Warum?

    Ich halte es für prinzipiell wichtig, zu erkennen, dass die Beschäftigung mit etwas Transzendentem die menschlichen Erfassungsmöglichkeit an seine Grenzen bringt. Wenn dann nur noch der Glaube bleibt, so ist das für mich sinnlose Spekulation. Und dass das Wort „Glauben“ in der Religion umgedeutet wird in Wissen, ist für mich indiskutabel.

    5. Spielt das atheistisch-Sein in eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst das euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Ich verlasse mich auf mich selbst und sonst nichts.

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  104. @Käferlein Johann schreibt: 17. November 2016 um 22:03
    Du sagst, du „wurdest christlich erzogen“ – und was bitte warst du davor?
    Ein atheistisches Baby!
    Alle Menschen werden als Atheisten geboren und erst danach zu religiösen Betrachtungen er- oder verzogen – bis auf eine Ausnahme, ein gewisser Michael Bittner zählt sich nicht dazu,
    – Michael Bittner (* 25. Dezember 1980 in Görlitz) ist ein deutscher Autor, Schriftsteller und … wuchs in dem Dorf Diehsa in der Oberlausitz auf „als Kind der Arbeiterklasse“ – wie er selbst von sich sagt. –
    Dieser Mann schrieb ursprünglich (!) in seine Seite (und in Wikipedia) „Ich wurde als Sohn der Arbeiterklasse geboren“.
    Nun, ich meine, so weit verqueer und fanatisch kann es wohl auch im Atheismus gehen – wenn denn das noch einer war …

    Deine Antwort zum „Konzept des Glaubens“, das für mich kein Konzept sondern eine Verlegernheit ist, finde ich hochinteressant:
    „Ich halte es für prinzipiell wichtig, zu erkennen, dass die Beschäftigung mit etwas Transzendentem die menschlichen Erfassungsmöglichkeit an seine Grenzen bringt. Wenn dann nur noch der Glaube bleibt, so ist das für mich sinnlose Spekulation. Und dass das Wort „Glauben“ in der Religion umgedeutet wird in Wissen, ist für mich indiskutabel.“

    Ja, weit weniger indiskutabel sind für mich bestimmte Traditionen, die sich im christlichen Glaubensspektrum entwickelt haben. Jedoch nicht wegen ihrer Religiösität, sondern wegen Ihres tiefen praktischen Sinns für die menschliche Gesellschaft.
    Nicht alles, was „gestern“ verkörpert, ist „veraltet“, und liebe Menschen habe ich nicht nur unter meinen AtheistInnen sondern auch unter Christen und anderen Religionen erfahren dürfen, völlig ohne an Derartiges dabei zu glauben.
    Glauben – das tue ich sehr wohl, wenn es um die Perspektive der Menschheit geht: I
    ch glaube an den Menschen, den konkreten.
    Auch wenn ich manches dazu besser weiss, und lasse mich nicht darauf ein, dass dies eine Spekulation sei.

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  105. Einige Links unter der Überschrift „Trackbacks“ funktionieren leider nicht. Eine ordentliche und sachgerechte Betreuung dieser Webseite würde das selbst bemerken.

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  106. 2, 15). Aber es mu auch betont werden, da es der wahren Entwicklung widerspricht, die Natur f r wichtiger zu halten als die menschliche Person. Diese Einstellung verleitet zu neu-heidnischen Haltungen oder einem neuen Pantheismus: Aus der in einem rein naturalistischen Sinn verstandenen Natur allein kann man nicht das Heil f r den Menschen ableiten. Allerdings mu man auch die gegenteilige Position zur ckweisen, die eine vollst ndige Technisierung der Natur anstrebt, weil das nat rliche Umfeld nicht nur Materie ist, ber die wir nach unserem Belieben verf gen k nnen, sondern wunderbares Werk des Sch pfers, das eine „Grammatik“ in sich tr gt, die Zwecke und Kriterien f r eine weise, nicht funktionelle und willk rliche Nutzung angibt. Viele Sch den f r die Entwicklung r hren heute aus diesen verzerrten Auffassungen her. Die Natur vollst ndig auf eine Menge einfacher Gegebenheiten zu verk rzen, erweist sich schlie lich als Quelle der Gewalt gegen ber der Umwelt und motiviert zu respektlosen Handlungen gegen ber der Natur des Menschen. Da diese nicht nur aus Materie, sondern auch aus Geist besteht und als solche reich an Bedeutungen und zu erreichenden transzendenten Zielen ist, hat sie auch einen normativen Charakter f r die Kultur. Der Mensch deutet und bildet die nat rliche Umwelt durch die Kultur nach, die ihrerseits durch die verantwortliche, auf die Gebote des Sittengesetzes achtende Freiheit bestimmt wird. Die Projekte f r eine ganzheitliche menschliche Entwicklung d rfen daher die nachfolgenden Generationen nicht ignorieren, sondern m ssen

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