Die neue Lust auf Patriarchat

Inszeniertes Patriarchat in der Uhrenwerbung. Danke für den Hinweis an Anke Domscheit-Berg.
Inszeniertes Patriarchat in der Uhrenwerbung. Danke für den Hinweis an Anke Domscheit-Berg.

Seit einiger Zeit hörte ich immer mal wieder hier oder da nebenbei von dieser TV- und Buchserie namens „A Game of Thrones“. Als ich im November dann vor der Frage stand, was ich mir als Urlaubslektüre auf den Reader laden soll, dachte ich: Les ich das doch mal.

Seither denke ich nun über etwas nach, das ich vorläufig mal „Die neue Lust auf Patriarchat“ nenne.

Denn obwohl das Buch die rechte Strandlektüre war – liest sich so ratzfatz weg – wurde ich doch immer verwunderter darüber, dass jemand heutzutage, am Anfang des 21. Jahrhunderts, so ein Setting wählt: Tiefstes Patriarchat im Stile des europäischen Mittelalters. Und dass das dann auch noch so ein Publikumserfolg wird.

Ich mag sowas nämlich eigentlich gar nicht lesen, ich bin doch froh, dass diese Zeiten hinter uns liegen. Nicht, dass wir heute im Paradies der weiblichen Freiheit angekommen wären, es gibt ja immer noch vieles zu tun und viele Probleme im Verhältnis der Geschlechter, mit denen wir uns rumplagen müssen. Aber sowas doch eben nicht mehr.

Warum also soll ich mich in meiner Freizeit, wenn ich mich einfach nur mal mit einer actionreichen Story unterhalten will, mental in eine Umwelt begeben, in der Frauen rechtlos sind? In der sexistische Gewalt nicht nur zum Alltag gehört (das tut sie weithin heute auch noch), sondern auch noch allen ganz richtig und wie die natürliche Ordnung der Dinge erscheint?

Ich meine: Wenn wir schon Geschichten erfinden, warum dann nicht lieber Utopien davon entwerfen, wie die Welt anders aussehen könnte? Gerade im Fantasy-Genre eröffnen sich doch Trillionen von Möglichkeiten!

Mit solchen Fragen im Kopf sah ich mich dann in den vergangenen Wochen, zurück aus dem Urlaub, vom Patriarchat geradezu umzingelt. Anke Domscheit-Berg twitterte zum Beispiel eine Serie von Bildern, in der der männliche gewaltsame Gestus Frauen gegenüber zur Werbung für Männeruhren dient. Dann kam die Nachricht, dass Tele 5 allen Ernstes eine Serie namens „Who wants to fuck my girlfriend?“ ausstrahlen will. Lucie hat drüben auf kleinerdrei grade noch mehr Beispiele.

Hallo?

Ich denke nicht, dass dieser Trend zur Patriarchats-Inszenierung ein Beweis dafür ist, dass die Verhältnisse immer noch genauso schlimm sind wie damals im Mittelalter. Vielmehr glaube ich, dass wir es hier mit einem Phänomen am Ende des Patriarchats zu tun haben. Denn diese Geschichten und Motive würden so wie sie sind natürlich nicht funktionieren, wenn die Verhältnisse tatsächlich noch so wären, wie sie hier dargestellt werden.

Als „witzig“ oder „spannend“ kann zu Bildern oder Geschichten verdichteter Sexismus nur vor dem Hintergrund durchgehen, dass er symbolisch bereits ad acta gelegt ist (jedenfalls nach Auffassung derer, die sich sowas mögen). Patriarchale Gesellschaften alten Stils feiern und zeigen Männergewalt selten so offen, denn das würde sie ja entlarven, indem es die Ungerechtigkeit sichtbar macht. Klassisch patriarchale Gesellschaften rechtfertigen ihre Zustände im Allgemeinen mit dem Verweis darauf, dass die weibliche Unterordnung doch der natürliche Zustand der Dinge sei, dass er gerade dem Schutz der Frauen diene und so weiter.

Post-Patriarchale Gesellschaften hingegen können sich sowas gewissermaßen leisten, denn sie verweisen dann darauf, dass doch in Wirklichkeit  Frauen längst gleichgestellt sind. Das, so behaupten sie, sei doch gerade der Witz dabei – mehr Humor, einself!

Dass die weibliche Gleichstellung bisher nur bestimmte privilegierte Gruppen von Frauen umfasst (und solche Motive und Geschichten daher verletzend sind für diejenigen Frauen, die im Alltag hierzulande auch heute noch ganz real geschlagen, vergewaltigt, benachteiligt und so weiter werden) ist das eine.

Das würde schon reichen, um so etwas abzulehnen. Aber auch wenn es stimmen würde, auch wenn die Gleichheit der Frauen tatsächlich bereits erreicht wäre, finde ich solche Motive und Geschichten schädlich. Denn sie halten uns fest in einer Symbolwelt, die die weibliche Freiheit negiert, und verhindern auf diese Weise, dass wir andere Bilder und Alternativen entwickeln und erfinden.

Denn es reicht ja nicht, das Patriarchat zu überwinden, sondern es ist notwendig, dass dann auch etwas anderes da ist, das an dessen Stelle treten kann. Ansonsten entsteht nämlich genau die symbolische Unordnung, die derzeit in Punkto Geschlechterverhältnis herrscht: Wir haben und wollen das Alte nicht mehr, aber was wir denn stattdessen wollen, bleibt unklar und undiskutiert.

In dieses Muster passt übrigens auch Tarantinos neuer Film „Django Unchained“. Auf den ersten Blick könnte man ihn für einen Film über Rassismus und Sklaverei in den USA halten. In Wirklichkeit ist es aber ein Film, der das Setting der Sklaverei nur als Hintergrund benutzt, um die Frage zu diskutieren, unter welchen Umständen Männer andere Männer erschießen können, dürfen oder müssen. Der Film ist eine luprenreine Revisualisierung des Patriarchats, dessen Kern ja eben nicht darin liegt, was Männer und Frauen voneinander halten oder miteinander tun, sondern darin, dass die einzigen Beziehungen, auf die es ankommt, die der Männer untereinander sind.

Die Reinszenierung des Patriarchats bringt es unweigerlich mit sich, dass im Zentrum der Konflikte die der Männer untereinander stehen und Frauen dabei nur die Rolle männlicher Statussymbole spielen: Who want’s to fuck my girlfriend, wer hat die fetteste Uhr.

Es wäre aber natürlich ganz falsch, anzunehmen, dass nur Männer dieser schädlichen Lust am Patriarchat verfallen würden. Häufig sind es genauso Frauen, die diese Geschichten lieben und diese Motive „witzig“ finden.

Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass sie sich gerne der Freude darüber hingeben, dass es ihnen heute besser geht als unter den damaligen Verhältnissen. Zum Beispiel waren in den achtziger und neunziger Jahren unter Frauen Bücher sehr populär, die Geschichten erzählten von mutigen Frauen, die sich gegen das Patriarchat auflehnen und ihm ein Schnippchen schlagen. Die Päpstin Johanna zum Beispiel, oder eben alle möglichen Heldinnen, die gegen die Regeln ihrer Zeit Erfolg hatten. Die ganze „Starke-Frauen“-Literatur eben.

Diese Geschichten konnten als Folie dafür dienen, mutige Frauen zu feiern, sich als Vorbilder zu wählen, und das war vielleicht anfangs auch notwendig. Und auch in „Game of Thrones“ gibt es ja solche „starken Frauenfiguren“, die ihr Ding machen, obwohl die Verhältnisse so krass patriarchal sind. Mit denen mitzufiebern, sich mit ihnen zu identifizieren, hat durchaus etwas Stärkendes.

Ich meine aber, dass wir inzwischen darüber hinaus sind, dass wir dringend andere Bilderwelten in unsere Köpfe bringen müssen. Ich wünsche mir Geschichten, die eine andere Art von „starken Frauen“ featuren: Frauen nämlich, die unter den Bedingungen des Post-Patriarchats ihren Weg gehen, die in dieser Hinsicht phantasiereich sind, Szenarien und Strategien entwerfen.

Denn ja: Wir sind noch nicht im Paradies der weiblichen Freiheit angekommen. Es gibt noch vieles zu tun. Aber dabei kommen wir nicht weiter, wenn wir uns symbolisch ständig in den alten patriarchalen Szenarien bewegen.

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

64 Gedanken zu “Die neue Lust auf Patriarchat

  1. Wenn ich das so lese, denke ich an Verantwortlichkeit. An die Bereitschaft Verantwortung auf sich zu nehmen- oder sie eben auch abzugeben.
    Solche Strukturen (egal welche Patriarchat wie Matriarchat) stützen ja nicht nur diesen aus-er-schliessend-ent- be-machtenden Schutz-Haftraum für Menschen untereinander sondern bedingen auch eine gewisse Infantilität oder vielleicht eine generelle Unreife, die „Lass mich mal machen“ zur Folge hat.
    „Lass mich dir mal sagen, was du gut konsumieren/ mögen/ entscheiden/ aushalten kannst..“ (Ich zeige dir das in Werbung, Büchern, Filmen, Gesetzen…)

    Insofern stimme ich Ihnen also sehr zu, wenn Sie schreiben, dass Sie eine Formulierung des Ergebnisses vom Abbau dieser von Dominanz beherrschten Strukturen wünschen. Doch eine Geschlechterexklusivität kann ich persönlich nur bezogen auf die heutige Zeit (bzw. die derzeitige Verhaftung in der Entwicklung der weiblichen Emanzipation) erkennen.
    Grundsätzlich sollte es wohl um eine humanistische Emanzipation gehen.

    Mit freundlichen Grüßen

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  2. Ich sehe das ähnlich wie du. Es gibt meiner Meinung nach gerade in der amerikanischen Kultur einen regelrechte Retrowelle bzw. Trend zur Nostalgie, in Filmen, Serien, Musik, die sich mal mehr, mal weniger reflektiert darstellt.
    Das kann etwas Kathartisches haben (es geht uns jetzt so viel besser) oder etwas Nachdenkliches (vieles hat sich geändert, aber es gibt immer noch Probleme). In den meisten Fällen ist es aber wohl eher ein Sehnen nach einer gewissen (falschen) Stabilität, da sich die Welt in vielerlei Hinsicht im Umbruch befindet. Klar wäre es schöner, sich vorstellen zu können, was vielleicht danach kommen könnte, aber ich glaube, dass viele das eben einfach nicht können. Dieses Ersinnen von Alternativen ist nämlich gar nicht so einfach. Selbst im Science Fiction Genre, wo man das ja vermuten könnte, gab es in letzter Zeit nichts Aufregendes.

    PS: Hinzu kommt natürlich das Problem, dass in Filmen und Serien, die im Patriarchat spielen (Mad Men, Boardwalk Empire, Django Unchained…) fast zwangsläufig mehr Männer überhaupt eine Rolle spielen. Die paar Frauen, die es dann gibt, müssen dann leider oft auch für eine ganze Reihe von Frauenklischees herhalten, bevor sie überhaupt als Identifikationsplattform dienen.

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  3. Ich möchte was einbringen, was mich nicht beliebt machen wird, das aber vielleicht dem Verständnis hilft: Gewalt und Macht sind grundlegende Bestandteile männlicher Sexualität, deshalb tauchen sie so prominent in der Fiktion auf. Dieses Verhalten findet sich ohne Frauen nicht nur genauso, sondern sogar noch viel extremer, wie man recht einfach an Gefängniskultur nachvollziehen kann.

    Weiters: Die genannten Beispiele sind Fiktion männlicher Autoren. Die machen eben, was sie für interessant halten. Dass der historische Roman auch anders geht, haben unzählige Frauen in der Literatur gezeigt, am vielleicht extremsten erlebte ich das bei der Lektüre von Marion Zimmer Bradley. “Die Nebel von Avalon” sind aus einer derart weiblichen Sicht erzählt, dass ich sie langweilig fand. Beispiel: Ich wollte wissen, was in der großen Schlacht passiert, in die Arthus zieht. Marion bleibt im Krankenzimmer bei der Königin, wo sie eine Flagge bestickt, die sie ihm zur Rückkehr schenken möchte. WTF? Laaangweilig! Aber das ist eben Fiktion und was Marion interessiert hat.

    “Wir brauchen” ist bei Fiktion eine Argumentation, die nicht standhält. Es gibt sehr viele sehr anstrengende Bücher, die Menschen umsichtiger, menschlicher machen. Keine Sau liest die. Stattdessen feiert “Shades of Grey” Triumphe ohne Ende, und ich persönlich halte diese Reihe für das Gegenteil von Starke-Frauen-Literatur.

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  4. Sehr schön zu lesen. Und naja, das ist wohl der Reiz der „guten alten Zeit“ (die wohl oft selbst eine romantisierte Fiktion ist): Eine Welt, in der alles seinen Platz hatte und in der ein paar einfache Regeln alles beherrschten, ob es nun das Recht der Stärkeren war oder eine klare Einteilung von Menschen in Klassen anhand irgendeines Merkmals oder irgendwas anderes einfach zu begreifendes.

    Zu verlockend, wie ich oft befürchte, als das ein „Paradies der weiblichen Freiheit“ jemals sicher vor der Faszination für solche ach so ‚rustikalen‘ Bilder wäre. Aber das soll jetzt nicht zu pessimistisch klingen, im Gegenteil. 🙂

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  5. Liebe Antje,
    jeder Deiner Beiträge ist für mich eine immense Freude, nicht nur eine geistige.

    Zum heut!igen Thema möchte ich als ältere, bewusste Frau anmerken, dass ich der Ansicht bin, dass meine Generation, weniger zur sexuellen Freiheit/Freiheiten bei trug, mehr zur Perversität/Perversitäten!
    Die wenigsten Mitmenschen bemühen sich geistig wie körperlich um sexuelle Freiheit. Ich behaupte sogar, dass die Wenigsten wissen, was das ist!
    Wenn die Gesellschaftsform von mir verlangt, dass, ich in „ihrem“ Sinne möglichst optimal funktioniere
    der Anerkennung‘ etc. wegen, dann interessieren mich – nicht anerkannte – „Freiheiten“ weniger oder gar nicht.
    Es ist auch viel interessanter an der Bar oder sonst wo, über seichte ‚ bzw. weniger seichte Perversitäten zu parlieren. Männlein wie Weiblein.
    Wehret nicht nur den Anfängen, denn diese haben schon lange begonnen!

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  6. Das wäre super, wenn es einen weiblichen Quentin Tarantino gäbe. Fände ich überaus spannend. Gibt’s aber nicht. Wie es eben sooft auch keine weiblichen Bewerber für Jobs, politische Mandate usf. gibt. Pragmatischer Feminismus scheitert nicht selten an der Nirvana-Fallacy.

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  7. @H.D. – „Hinzu kommt natürlich das Problem, dass in Filmen und Serien, die im Patriarchat spielen (Mad Men, Boardwalk Empire, Django Unchained…) fast zwangsläufig mehr Männer überhaupt eine Rolle spielen. Die paar Frauen, die es dann gibt, müssen dann leider oft auch für eine ganze Reihe von Frauenklischees herhalten, bevor sie überhaupt als Identifikationsplattform dienen.“

    Das glaube sehe ich nicht so, denn auch in diesen Zeiten haben ja Frauen gelebt und irgendwelche Dinge gemacht, die kann man ebenso gut erzählen. Das ist ja, was in der von mir erwähnten „starke Frauen“-Literatur passiert ist und es gibt viele Beispiele. Eine neue Version ist etwa der Film „Leb wohl meine Königin“, der die franzöische Revolution anhand der Geschichte einer Kammerzofe von Marie Antoinette erzählt. Und mir übrigens ganz gut gefallen hat.

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  8. @Clemens Gleich – Das war der Grund, warum ich „Django Unchained“ auch eigentlich mit Interesse geschaut habe, weil ich es interessant finde, wie ein Mann wie Tarantino die Geschichte ihrer Konflikte untereinander heute darstellt. Klar, auf der einen Seite finde ich es „langweilig“ so wie du die Nebel von Avalon (weil ich immer denken muss: Das betrifft mich nicht, das geht mich nichts an), aber so als Einblick in eine andere Kultur, kann ich dem schon was abgewinnen. Schade dass du dich umgekehrt nicht für das interessierst, was Frauen sich so denken.

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  9. @marcusbitterlich – Oh, weibliche Tarantinos gibt es jede Menge, aber ich vermute, es ist bei dir so ähnlich wie bei @Clemens, dass dich das halt nicht interessiert.

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  10. @Antje: Kleines Missverständnis: Mich interessiert durchaus, was die Frauen in meinem sozialen Umkreis denken. Ich finde nur den weiblichen Standpunkt in einer Fiktion weniger unterhaltsam als den männlichen. Das halte ich allerdings für gut nachvollziehbar.

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  11. @Clemens Gleich:“Gewalt und Macht sind grundlegende Bestandteile männlicher Sexualität“ kann ich als Mann in dieser Pauschalität keinesfalls unterschreiben.

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  12. @ Antje Schrupp: „Das glaube sehe ich nicht so, denn auch in diesen Zeiten haben ja Frauen gelebt und irgendwelche Dinge gemacht, die kann man ebenso gut erzählen.“

    Ja klar. Ich wollte damit nicht ausdrücken, dass das nicht möglich wäre, sondern dass es eben oft, wie in den von mir genannten Beispielen, nicht gemacht wird, weil die Macher anscheinend der Ansicht sind, dass es weniger interessant wäre. In Boardwalk Empire z.B. wurde u.a. auf die „temperance“ Bewegung und die Abtreibungsproblemtik in den 20ern eingegangen. Das fand ich total spannend, aber leider blieben es Nebenplots. Ich hätte nichts gegen eine Retroserie, bei der der Fokus auf solchen Themen liegt.

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  13. Du hast aber nicht alle fünf Bücher gelesen, die zu „Game of Thrones“ (bzw. „A Song of Ice and Fire“) derzeit existieren? Das wäre in einem einzigen Urlaub recht beeindruckend 😉

    Ich muss sagen, dass ich dem Abschluss der Serie entgegen fiebere, weil es mich einfach fesselt und mir vor allem die „starken weiblichen“ Charaktere am Herzen liegen. Daenarys, Brienne von Tarth, Arya, in gewisser Weise auch Sansa, weil ich von der noch viel erwarte… Aber ich kann auch durchaus mit den Männern mitfiebern.

    Fantasy ist immer Eskapismus in eine einfachere Zeit. Wenn man in der Wahlkabine steht und nicht weiß, wo man das Kreuzchen machen soll (oder ob man es überhaupt machen soll), wenn wir täglich mitansehen, wie unsere gewählten Führer Scheiße bauen, dann ist der sehnsuchtsvolle Gedanke an ein Modell, in dem an der Spitze ein gerechter König steht, dem man sich gerne unterordnet und für den man auch gegebenenfalls in die Schlacht zieht und stirbt, ein verlockender.
    Demokratie ist das Gesellschaftsmodell, das bisher am besten funktioniert hat, aber das ändert ja nichts daran, dass es mitunter so SCHWIERIG ist oder scheint. Gerade in dieser Welt, in der plötzlich jede Geschichte nicht zwei, sondern hundert Seiten hat und Gut und Böse oft nicht mehr zu trennen sind, ist der Wunsch nach einfachen Lösungen eigentlich nachvollziehbar.
    Es ist halt viel aufwendiger (und nutzloser), mit einem Bully in der Schule alle Meinungsverschiedenheiten auszudiskutieren, als ihm einfach eine zu scheuern… oder ihn eben zum Duell auf Leben und Tod zu fordern. Dann ist die Sache beendet, der Gerechtigkeit ist Genüge getan, es kann weiter gehen!

    Gerade für Männer, die es schwer haben, sich in der modernen Gesellschaft zu behaupten, kann es erleichternd sein, sich in Welten zu flüchten, in denen sie allein aufgrund ihres Geschlechts am oberen Ende der Nahrungskette rangieren. Ich möchte damit auf gar keinen Fall sagen, dass sich nur in der Schule gemobbte Nerds mit Fantasy beschäftigen, aber meiner Erfahrung nach besteht die Fangemeinde eben doch zu einem Gutteil aus eben diesen Menschen. Und das schreibe ich als Nerdgirl.

    Interessant fand ich die Umsetzung des Buches in der Serie. Man darf sich, glaube ich, schon fragen, warum die Serienautoren es für nötig halten, mindestens eine nackte Brust pro Folge einzubauen…

    Übrigens kann der Konsum solcher Geschichten, die in streng patriachalen Welten spielen, äußerst erhellend sein. Ich sah mir zum Beispiel die ersten beiden Folgen von „Mad Men“ (eine, wie ich finde, völlig überschätzte, da langweilige und unlogische Serie) mit meinem Mitbewohner an. Darin war eine Szene, in der sich die neue Sekretärin eindeutig an ihren Chef anbiedert, sich ihm praktisch anbietet.
    „Schon schlimm damals, oder?“ sagte ich. Ich meinte damit die Umstände, die manche arbeitende Frau damals zwang, sich praktisch zu prostituieren, nur um ihren Job nichts zu verlieren. Das ging in meinen Augen aus dem Gezeigten bisher klar hervor.
    „Die will sich halt hochbumsen,“ lautete das Kommentar meines Mitbewohners…

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  14. @Antje: „Jede Menge“ weiblicher Tarantinos? Her damit! Ein paar Namen, bitte.
    In Sachen Performanz ist es mir vollkommen schnuppe, ob diese von Männchen oder Weibchen geliefert wird. Insofern geht Deine Vermutung bezüglich Desinteresse ins Leere.

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  15. @Robin Urban – „Fantasy ist immer Eskapismus in eine einfachere Zeit.“ – Ja, das ist es ja: Ich finde diese Zeit, die dort gezeigt wird, total anstrengend 🙂 _

    Nein, ich habe nur die ersten beiden (Halb)-Bände gelesen. Die Serie kenne ich gar nicht. Was du als Sehnsucht nach „einfachen Lösungen“ beschreibst, kann ich nachvollziehen, und das ist ja letztlich auch die Moral von der Geschicht bei Django. Vielleicht langweilt mich daran auch nur, dass ich einfach nicht vergessen kann, dass ich ja weiß, dass es so einfach halt im wahren Leben niemals ist.

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  16. @AntjeSchrupp:

    „Der Film ist eine luprenreine Revisualisierung des Patriarchats, dessen Kern ja eben nicht darin liegt, was Männer und Frauen voneinander halten oder miteinander tun, sondern darin, dass die einzigen Beziehungen, auf die es ankommt, die der Männer untereinander sind.“

    Der Schriftsteller Vladimier Nabokov hat eine Folge von Romanbesprechungen geschrieben, die toll zu lesen sind – unter anderem schreibt er eine Besprechung eines Romans von Jane Austen, bei der klar wird, wie sehr er sie bewundert.

    Die nächste Besprechung ist die von Charles Dickens – und die beginnt er mit den Worten, dass man (er) sich bei Austen ja bemühen müsse, ihrem Werk gerecht zu werden, weil sie halt eine Frau sei und wie eine schreibe; man müsse sich mit den „bemalten Eiern“, die dieser Stil produziere, halt anfreunden.

    Nun aber könne er in den Stil von Dickens eintauchen, sich baden, aalen …

    Frage mich, ob diese Haltung nicht viel eher beschreibt, was so passiert – Männer unter sich werden ihre Welt wohl nie so organisieren, dass eine Frau da einfach ankommen kann und „gleich“ wäre – ermöglichen Frauen untereinander Männern ja auch nicht.

    Gäbe es keine sexuelle Anziehungskraft, würden Männer und Frauen doch ziemlich unterschiedliche Habitate bewohnen, glaube ich, und es gäbe wenig Grund zum gegenseitigen Interesse.

    Deswegen stelle ich mir „positive Utopien“ auch ziemlich langweilig vor. Entweder alles ist auf gleich gemacht, oder jedes Geschlecht hat seine eigene Lebenswirklichkeit.

    Wo soll da die Spannung herkommen?

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  17. „…es gäbe wenig Grund zum gegenseitigen Interesse.“

    Bzw., man müßte sich bemühen, so wie Nabokov …

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  18. PPS. Noch eine Bemerkung vielleicht – ich glaube, die beobachtbare „Lust am Patriarchat“ stammt unter anderem auch daher, dass dieses wenigstens eine Utopie hatte, nämlich die, dass sich Männer und Frauen in einer sinnvollen Weise einander ergänzen bzw. das andere brauchen, um vollständig zu werden.

    Das hat sich ja als Illusion erwiesen. Kopulation meint heute nur noch Kopulation, aber keine gesellschaftliche Ordnung.

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  19. Ich denke, es war Martins Absicht, eine Welt und eine Kultur zu zeichnen, die roh, brutal, in vielen Aspekten primitiv ist. Da wären egalitäre oder matriarchale Gesellschaftsstrukturen vielleicht fehl am Platz. Welche Aussage hätte es denn, wenn man eine moralisch relativistische Gesellschaft mit oben genannten Attributen zeichnet, wo Frauen wahlweise gleichberechtigt oder gar dominant wären? Ein Autor müsste besonderes Augenmerk darauf richten, die Kultur entsprechend herüberzubringen _und_ seine Geschichte erzählen. Ja, die Idee selber ist nicht neu und verdient sicher auch eine ordentliche Ausarbeitung, aber das Lied von Feuer und Eis ist das sicher nicht und wollte es auch nie sein. Wie schon geschrieben wurde, es gibt eine ganze Handvoll starker Frauenfiguren in dieser Buchreihe. Man kann bemängeln, dass sie dadurch stark sind, dass sie in Männerrollen gedrängt wurden oder solche gar freiwillig wählten. Aber wenn man diese archaische Rollenaufteilung zwischen Männern und Frauen hat und eine epische Geschichte über eine fiktive Welt schreiben will, kann man das nicht nur aus der Perspektive weiblicher Dienerschaft machen.

    Als Gegenbeispiel von Fantasy, wo Frauen auch zahlenmäßig bedeutend mehr wichtige Rollen spielen, wäre Robert Jordans Rad der Zeit zu nennen, wo die Gleichwertigkeit und anfängliche Dominanz der Frauen in der Buchreihe sogar in die Weltphysik hineingeschrieben wurde (Magieformen, die jeweils nur einem Geschlecht zugänglich sind, und die männliche Magie wurde vom Bösen schlechthin™ korrumpiert). Das nimmt dann mitunter schon schwer aushaltbare Zustände an, weil andauernd, aber auch wirklich andauernd auf die Gegensätzlichkeit von Frau und Mann eingegangen wird.

    Aber ja, ich als Mann hätte auch nichts gegen ein Fantasy-Setting einzuwenden, wo Frauen eine andere als benachteiligte Rolle einnehmen. Wobei aber in dieser klassischen Verteilung selten zur Sprache kommt, dass auch nicht alle Männer immer ihres Lebens froh werden mit den Ansprüchen am Mann-Sein. Ich denke, da kann auch eine Genderaktivistin mal in die Falle ihrer Rollenvorstellungen tappen.

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  20. @Andreas – Ich habe nichts von „Positiven“ Utopien gesprochen, sondern von anderen, die nicht immer die tempi passati wiederkäuen. Ich glaube halt, dass es eine Menge andere Konflikte gibt, die wichtiger und interessanter sind.

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  21. Ich bin durchaus der Ansicht, dass sich Männer und Frauen auch heute noch sinnvoll ergänzen in einer gesunden Gesellschaft. Ich möchte keine Welt ohne Frauen, und eine ohne Männer wäre auch nix. Diese unsere Zeit ist durch einige Umbrüche gekennzeichnet, und deshalb gibt es aktuell diesen erhöhten Redebedarf. Aber da würde ich jetzt nicht rhetorisch alles hinschmeißen, sondern in der konstruktiven Diskussion gibt es doch gerade die Chance, eine Zukunft zumindest grob anzusteuern, in der die gegenseitige Ergänzung fairer für alle ist.

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  22. Ja, genau! Der Artikel beschreibt genau, was ich gerade bei der Suche nach neuer Literatur und Filmen erlebe. Das ist der Grund, warum ich mir den Trailer von „Django Unchained“ anschaute und dachte: Diese Geschichte zeigt nichts Neues. Und ich habe keine Lust mich in dieses Setting von Gewalt, Rassismus, Sexismus und Sklaverei zu begeben und als einzigen Ausgleich dafür für die gute Seite votieren darf. Und ich frage mich, warum so viele Geschichten in solchen Settings spielen.
    („Mad Men“ fällt meiner Meinung nach raus, weil es so viele Perspektiven hat und spannende Erzählstränge vorkommen, die außerhalb des Systems liegen bzw. sich nicht ständig daran abarbeiten.)

    Die „starke historische Frauen“-Literatur, die ich dann ab und zu lese, langweilt mich aber auch langsam, vor allem weil da gegen Vorurteile und Hindernisse gekämpft wird, bei denen ich froh bin, selbst nicht mehr damit konfrontiert zu werden. Dann will ich auch nicht ewig darüber lesen. Neue Geschichten braucht das Land!

    @ Clemens Gleich: Ich finde nicht, dass die Gefängniskultur als Nachweis für eine angeblich allgemeine Gewaltätigkeit männlicher Sexualität herhalten kann. Die „Prisonisierung“ d.h. Anpassung an eine im Gefängnis herrschende Subkultur mit anderen (antisozialen) Normen als im Rest der Gesellschaft ist ein eigenes Phänomen, das übrigens interessanterweise genau so auch in Frauengefängnissen beobachtet wird.

    PS: Antje, ich bin schon länger „stille“ Leserin deines Blogs und möchte mich endlich mal für die vielen genialen Gedanken und Artikel bedanken, die so oft auf den Punkt bringen, was ich auch in bestimmten Situation denke aber nicht formulieren kann. Danke auch dafür, dass du die Verbindung zwischen verschiedenen Generationen Feminist_innen herstellst!

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  23. Vielleicht stecken viele Frauen wirklich und selbst gewählt bis zum Bauchnabel in diesen alten Regeln und ja, es fehlt an Vorbildern. Aber das Frauenbild, dass in diesem Jahrhundert aufkommt, hat es vorher nicht gegeben. Und kreativ über dieses Thema nachzudenken wird für beide Geschlechter bedeutsam, weil sie es beide betrifft. Wie vereinbart man die völlige Auflösung geschlechtsbasierter Musterrollen mit unserer Selbstdefinition als Mann oder Frau. Was ist tatsächlich und natürlich weiblich bzw. männlich.

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  24. *seufz* Danke für den post.
    Hatte mich schon gefragt, ob’s nur mir so ging mit Game of Thrones. Zumal mein Umfeld so unkritisch drauf abfuhr. Fing schon an an meiner geistigen Gesundheit zu zweifeln…

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  25. „…sondern von anderen, die nicht immer die tempi passati wiederkäuen. Ich glaube halt, dass es eine Menge andere Konflikte gibt, die wichtiger und interessanter sind.“

    „Aber da würde ich jetzt nicht rhetorisch alles hinschmeißen…“

    Das ist der status quo. Männer jammern noch Verhältnissen hinterher, die Frauen schon lange nicht mehr interessieren *g*.

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  26. Aus meiner Sicht hat es viel mit der Stimmigkeit von Charakteren zu tun. Was daran liegt, dass Männer und Frauen im Schnitt unterschiedlich sind und wir daher auch andere Vehaltensweisen bei ihnen stimmig finden.
    Ein Tywin Lannister muss anders geschrieben sein als eine Cersei Baratheon (Lannister). Ein einfacher Geschlechtertausch funktioniert nicht. Was Cersei ja auch selbst anspricht in dem Buch.

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  27. Auf Clemens‘ These, dass Gewalt und Macht Teil männlicher Sexualität seien, möchte ich auch kurz noch antworten.

    Zum einen, und das kann ich hier an vielen Stellen im Blog und auch in den Kommentaren noch feststellen, wird männliche Sexualität als etwas Hässliches betrachtet, als etwas, das zu meiden sei. Ungefähr mit diesem Bild wachsen Jungen auch auf. Deswegen sind zwei küssende Lesben tendenziell erträglicher als zwei küssende Schwule.

    Zum anderen, und da spielt ersterer Punkt rein, sind Gewalt und Macht nicht Teil männlicher Sexualität sondern Teil des männlichen Rollenbildes. Hinzukommt, dass Gewalt auch oft Resultat des Gefühl des Hilflosigkeit und Ohnmacht sind. Wir haben also Jungen, die zeitlebens lernen, dass ihre Sexualität abgelehnt wird, und Männer, die nie oder erst sehr spät einen gesunden Umgang mit Sexualität gefunden haben.

    Ich glaube, es braucht nicht viel Phantasie, um sich die Konsequenzen auszumalen.

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  28. Okay, ich führe das etwas genauer aus. Sexualität an sich, auch die weibliche hat etwas mit Macht und Gewalt zu tun. Diese Worte sind negativ belegt, das ist glaube ich das Problem, denn gemeint sind sie neutral. Sie machen den Verkehr für beide Seiten spannend. Frag eine Frau, ob sie sich Aggressivität herausvögeln kann. Die Antwort ist meistens „Ja“. Oder weiter: Warum krallt und kratzt man? Warum hält man die andere Person bei starkem Trieb grob fest? Warum gibt es so viele, denen ein Klaps derart gefällt? Warum gibt es SM als Fetisch-Szene? Warum empfinden die meisten Blümchensex auf Dauer als unbefriedigend bis ungenügend? Solche Muster sind definitiv keine Erziehung, sondern in ihrer Universalität Hinweise auf Veranlagung.

    Weiters wird männliche Sexualität bestimmt nicht allgemein als „hässlich“ angesehen. Als „grob“ vielleicht, aber viele Männer (ich schließe mich da ein) sind gern grob, derb, einfach. Diese (imo) Mehrheit wird nur hier nicht mitdiskutieren. Und „abgelehnte“ Sexualität gibt es zwar im christlichen Abendland viel, aber doch viel stärker bei Frauen. Nach der Bibel sind sie an ALLEM schuld, deshalb schiebt christliche Kultur sexuelle Schuldgefühle zu Frauen ab: „Ich bin schuld, dass er mich gegen meinen Wunsch angefasst hat.“

    Küssende Schwule sind imho nur deshalb befremdlicher als Lesben, weil sie schlechter ins Rollenbild ihres Geschlechts passen.

    Das Argument mit der Anpassung an eine Gefängnis-Subkultur kann ich auch nicht unwidersprochen stehen lassen. Es gibt mittlerweile einige Experimente, die von null auf diese Atmosphäre mit Probanden schaffen. Es emergiert immer diese brutale, sadistische Sozialstruktur. Das ist Veranlagung. Jede Herde hat eine Hierarchie und Menschen sind Herdentiere. Und ja: Das ist auch in Frauengefängnissen … nicht gleich, aber zumindest vergleichbar. Siehe Eingangsargumentation.

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  29. @ MasinAD: „Gewalt und Macht sind nicht Teil männlicher Sexualität sondern Teil des männlichen Rollenbildes“ – das finde ich gut differenziert. Und ich wuerde mich sehr freuen, wenn das mal endlich dekonstruiert wird. Maennliche Sexualitaet, mal bereinigt von diesen ganzen albernen Gewaltphantasien und gleichberechtigt mit weiblicher Sexualitaet, kann doch auch etwas sehr schoenes und inspirierendes sein 🙂

    Ausserdem eine Frage: Ist es bei dem „Rad der Zeit“ nicht so, dass man die ganze Zeit auf den maennlichen Erloeser wartet, welcher dann doch die maennliche Magie endlich wieder benutzen kann? Sorry, ich hoffe ich verwechsele gerade nichts..

    @ Antje: Ich versuche, zu verstehen, was fuer dich der Unterschied zwischen Game of Thrones und Meek’s Cutoff ist (sie spielen ja beide in einer patriarchalen Welt, wenn ich Dich richtig verstehe, und im Fall von Game of Thrones findest du es nicht gut und bei Meek’s Cutoff aber zumindest kein Problem). Ist der Punkt, dass in Meek’s Cutoff „weibliche“ Loesungsansaetze gezeigt werden, waehrend in Game of Thrones zwar viele starke Frauenfiguren vorkommen, diese aber alle typisch „maennliche“ Strategien verfolgen? (Ich finde es uebrigens eigentlich irrefuehrend, von „weiblichen“ und „maennlichen“ Loesungsansaetzen zu sprechen, das klingt immer so, als ob Frauen sich ausschliesslich „weiblich“ verhalten wuerden und vice versa. Also, Frauen und Maenner sind sicher unterschiedlich, aber man hat doch auch viele Gemeinsamkeiten.. Aber wie kann man es besser beschreiben? )

    @Andreas: „Gäbe es keine sexuelle Anziehungskraft, würden Männer und Frauen doch ziemlich unterschiedliche Habitate bewohnen, glaube ich, und es gäbe wenig Grund zum gegenseitigen Interesse.“
    Solche Ansichten finde ich aergerlich und bloed. Offensichtlich interessieren sich Frauen fuer Maenner, unabhaengig von sexuellem Interesse. Filme, die quasi ausschliesslich von Maennern handeln (s. zB Der Hobbit) werden doch auch von Frauen mit Interesse geguckt, und ich glaub nicht dass die alle heimlich die Zwerge anhimmeln 😉 Und ich glaube, andersherum koennte es auch so sein, wenn man mal solche arroganten Ansichten begraben wuerde und zB aufhoeren wuerde, Frauen ausschliesslich als „love interest“ darzustellen.
    Wenn ich mich zB fuer Klavier spielen interessiere, dann tausche ich mich gerne mit anderen daran Interessierten aus, nicht ausschliesslich mit Frauen und sexuell attraktiven Maennern. Sich aus Prinzip nicht fuer Menschen vom anderen Geschlecht zu interessieren finde ich sexistisch.

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  30. Ich hoffe, das derailt jetzt nicht zu sehr.
    @MasinAD: „Zum einen, und das kann ich hier an vielen Stellen im Blog und auch in den Kommentaren noch feststellen, wird männliche Sexualität als etwas Hässliches betrachtet.“
    Das empfinde ich überhaupt nicht so und Clemens‘ These wurde oben glaube ich auch schon zurückgewiesen.
    „Deswegen sind zwei küssende Lesben tendenziell erträglicher als zwei küssende Schwule.“
    Aber auch nur unter homophoben Männern.
    „Wir haben also Jungen, die zeitlebens lernen, dass ihre Sexualität abgelehnt wird.“
    Wenn überhaupt, haben wir Jungen und Männer, die lernen, dass sie sich eben nicht jederzeit nehmen können, was sie wollen. Dass das frustrierend sein muss, kann ich mir vorstellen, rechtfertigt aber keine Gewalt. Und um mal zum Thema zurückzukehren: Dass Männer oft mit Gewalt in Verbindung gebracht wird, ist ja nun mal leider so, und solche Serien reproduzieren solche Rollenbilder eben. Genau das kritisiert der Text doch auch.

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  31. @Clemens: „Sexualität an sich, auch die weibliche hat etwas mit Macht und Gewalt zu tun“
    Mag sein, dass es sich fuer dich so darstellt. Ich will mich aber davon distanzieren. Die Sexualitaet, die ich kennenlernen durfte, hat ueberhaupt gar nichts mit Macht und Gewalt zu tun. Ganz im Gegenteil. Sie hat mit gegenseitigem Respekt, Interesse fuereinander, manchmal etwas Abenteuerlust, Neugierde, Kreativitaet, Vertrauen, Spass zu tun. Wenn ich jemanden grob festhalte/festgehalten werde, dann weil ich gleichzeitig ganz sicher weiss, dass es in gegenseitigem Einvernehmen geschieht. Ich kann mich an der Kraft des anderen in dem Moment erfreuen. Aber ich uebe keine Gewalt und auch keine Macht aus.
    Sex benutzen, um meine Macht zu staerken/anzuwenden/erhalten? Finde ich widerlich.
    Deine Beispiele, die zeigen sollen, dass es bei vielen Menschen so ist, belegen nicht, dass es allgemein gueltig sein muss.

    Das Gefaengnis-Beispiel finde ich arg konstruiert. Ein Gefaengnis ist doch nicht vergleichbar mit unserem alltaeglichen Leben, und Verhaltensweisen, die im Gefaengnis entstehen, muessen deswegen nichts ueber unsere Veranlagungen aussagen, und schon gar nicht ueber unsere Sexualitaet.

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  32. „Aber ich uebe keine Gewalt und auch keine Macht aus“ Jetzt sind wir an dem Punkt, wo es um REINE Begriffsdefinitionen geht. Für meine Begriffsbelegung tust Du das sehr wohl, für Deine nicht. Auch zum Machtbegriff: Oralverkehr macht vielen Kopfkino, weil es Machtaspekte hat. Aber ich streite mich bestimmt nicht weiter über Begriffe. Genauso könnten wir über den Liebes- oder Kunstbegriff streiten.

    Gefängnisse gehören im Übrigen zu unserem alltäglichen Leben als Gesellschaft, und für meine Begriffe zeigen sie sehr wohl Extreme auf, die im menschlichen Grundverhalten begründet liegen.

    Let’s agree to disagree. Dieser Diskussionspfad führt nirgends mehr hin, wenn wir auf Begrifflichkeiten rumkauen.

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  33. @Clemens: okidok! Hatte auch nicht den Eindruck, dass Du nach meiner Begriffsdefinition Gewalt ausueben willst 🙂 Hast Du ja im Prinzip auch schon geschrieben, dass Du die Woerter anders verstanden haben willst: “ Diese Worte sind negativ belegt, das ist glaube ich das Problem, denn gemeint sind sie neutral“.
    Im Uebrigen hab ich den Eindruck, das wir uns durchaus auch ueber die Begriffsdefinition hinaus nicht einig sind – ist aber voellig in Ordnung!

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  34. @Clemens Gleich:

    Interessante Meinungen,die Du hast – ich habe hier im Blog das eine oder andere mal auch schon ähnliches geschrieben.

    Was ich mich frage – die ziemlich tiefe Verwandtschaft von Gewalt und Sexualität halte ich nun auch für eine Konstante bei Menschen.

    Aber genau vor dem Hintergrund frage ich mich auch, ob Antje’s Blog oben bei der Interpretation des vorgestellten Phänomens halt nicht völlig fehlschlägt – das Patriarchat ist in meinen Augen mitnichten der Ort, in welchem Frauen unterdrückt und rechtlos sind, sondern ein Versuch, die genannte Verwandtschaft zu überwinden bzw. unschädlich zu machen, indem der Sexualität eine kulturelle und gesellschaftliche Heimat gebeben wird.

    Seinen ja nun überwältigenden Erfolg und auch seinen Charakter als Utopie verdankt es in meinen Augen der Tatsache, dass es dies einigermassen erfolgreich geschafft hat.

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  35. @Andreas – ob die enge Verwandtschaft zwischen Gewalt und Sexualität eine Konstante bei männlichen Menschen ist, mögen die Männer entscheiden. Bei Frauen ist sie es nicht, weshalb sie dem Patriarchat auch die Gefolgschaft gekündigt haben. Deal with it 😉

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  36. Ich klinke mich an dieser Stelle aus. Ich möchte mich für die überaus zivilisierte Diskussion bedanken. Ich lese hier gelegentlich genau deswegen. Es wäre für mich sehr einfach, das ganze Genderzeug als Quatsch anzutun, aber ich stelle fest, dass mir Seiten wie diese durchaus einen kulturellen Gewinn bringen.

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  37. @AntjeSchrupp:

    Sicher, Antje. 70.000 Jahre Gefolgschaft und Gewaltduldung sind ja nun auch einfach genug. Irgendwann muss Schluss sein.

    Nur eine Frage noch: Hätten nicht eigentlich Männer als hauptsächliche Ziele weiblicher Sexualität die DefMa bzgl. der Gewaltverwandtschaft?

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  38. mich erstaunt, dass das stichwort “shades of grey” hier so selten, also nur in einem kommentar vorkommt. eines der erfolgreichsten bücher der letzten jahre. von einer frau geschrieben, die eine zutiefst unterwürfige weibliche protagonistin beschreibt. und von millionen frauen verschlungen wird. was mag das motiv dafür sein?

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  39. *Evtl leichte Spoiler*

    Hmm das mit Game of Thrones finde ich etwas schwierig. Dass du das nicht lesen willst kann ich verstehen – gleichzeitig wird die Rolle der Frau in den Buechern (ob das schon im ersten so ist weiss ich nicht mehr) natuerlich problematisiert. Es kommen halt langsam mehr weibliche Charaktere hinzu, die das ganze System so ein bisschen aufmischen. Die Handlungsstraenge derjenigen interessieren mich entsprechend am meisten, und die sind eigentlich alle zur Zeit (Band 5) relativ fern von klischeeproblematischen Figuren entfernt (RItterin/Alleinherrscherin mit Drachen/Assassin-Trainee) – und die Maenner, die das ganze in der Hand zu halten schienen stellen sich nach und nach als schwaecher als vermutet heraus.

    Naja wie gesagt, ist nicht jedermanns Geschmack, aber die Buecher haben meiner Meinung nach zu viel Entwicklung drin um sie so einfach abzuschmettern. Kanns aber auch wie gesagt gut verstehen wenn man keine Lust hat sich so lang durchzuquaelen – die sind halt echt lang, und der Anfang ist Frauentechnisch womoeglich wirklich fast nur unangenehm.

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  40. Ein Phänomen des Post-Patriarchats?

    Ich gehe nicht mit, die „neue Lust am Patriarchat“ zu erklären, indem das Phänomen in einen engen Zusammenhang mit dem „Entwicklungsstand“ des Feminismus gestellt wird. Ich finde die Begründung zwar interessant, dass sich ein nicht herausgefordertes Patriarchat nicht zum Abfeiern der Männergewalt gegen Frauen hinreissen lässt, mir fällt dazu aber folgender Umstand aus der Geschichte ein:

    Wenn wir uns die soziale Umbruchszeit des französischen 18. Jahrhunderts anschauen, dann wurde dort die allgemeine Männerherrschaft auch dadurch angebahnt, dass für die „Frau an sich“ (Sade und andere) und die Königin Marie Antoinette im Speziellen das Konzept der Fotze theoretisiert wurde. Über die Königin wurde eine Unzahl von Karikaturen in Umlauf gebracht, die vielleicht am meisten dazu beigetragen haben die Monarchie zu diskreditieren, weil dies implizierte, dass der König seine Frau nicht unter Kontrolle habe, folglich kein Mann mehr sei und abdanken müsse. Mit dieser Idee wird die „Frau“ als – hm – „dreckiges“, „niederträchtiges“ Sexobjekt entworfen, das es verdient mit unermesslicher, insbesondere sexualisierter Gewalt beherrsch und legitimerweise vernichtet zu werden. Ungefähr so etwas wird meiner Meinung nach auch auf dieser Uhrenwerbung als Hochglanzabklatsch dargestellt.

    (Kleiner Exkurs: Ich halte es für einigermassen fahrlässig mittelalterliche Gesellschaften als eine Art prototypische Verkörperung des Patriarchats darzustellen. Auch wenn dies oben vielleicht nur spasseshalber geschah… sie zeichneten sich doch vielmehr dadurch aus, dass gesellschaftliche Schichtung eben nicht zuerst über das Geschlecht sondern über den Stand etabliert war. So stand eine Königin turmhoch über einem Soldaten. Er war ihr Diener. So wie wir die Geschlechterverhältnisse heute kennen, sind sie zwar seit der Anbruch der Neuzeit im Bürgertum vorbereitet worden, aber erst die Frz. und die industrielle Revolution und Folgen setzten sie dann nach und nach durch. Sie sind jung, wenn auch teilweise ein Revival antiker Philosophie, aber sie sind nicht 70’000 Jahre alt, wie es oben in irgendeinem Kommentar heisst. : )

    Diese Zusammenhänge bringen mich auf die Idee, dass wir das Widererstarken des Fotzendiskurses in der Öffentlichkeit eher mit einer allgemeinen Krise der weissen Männerherrschaft in Verbindung bringen sollten. Was aber gar nichts oder nur am Rande etwas mit tatsächlichen Frauen zu tun haben muss. Das jüngste Wiederaufleben der Fotze könnten wir um 1968 ansetzen und konkret mit Beispielen wie dem Erfolg von „Deep Throat“ in Zusammenhang bringen. Und mit Krise meine ich jetzt nicht einfach die 70er Frauenbewegung. Diese Zeit besiegelte zum Beispiel auch das endgültige Scheitern des Kolonialismus, es gab den teilweise erfolgreichen Kampf gegen den Rassismus, ausserdem geriet das erste Mal seit dem zweiten Weltkrieg die wirtschaftliche Konjunktur bedrohlich ins Stocken. Die westliche Geldaristokratie war ratlos, wo sie ihr Kapital noch weiter gewinnbringend investieren könnte. Und eben diesem letzten Problem verdanken wir im Übrigen den neoliberalen Umbau, die Boom-and-Bust-Zyklen, und vielleicht am allerärgerlichsten, die Ökonomen, die behaupten, es wäre alles viel zu kompliziert, als dass ein normaler Mensch da noch durchblicken könnte.

    Was sich also an der Konjunktur des Fotzenkonstrukts vielleicht eher ablesen lässt, ist die Wut eines Teils der weissen Männer über das aus dem Ruder geratene System, das sie nicht mehr verstehen, und in dem sie ausserdem noch mit der Bedrohung ihrer früheren Privilegien konfrontiert werden. Und die Fotze wäre dann etwas woran man sich gemeinschaftlich abreagiert, weil die meisten Männer über zu wenig Durchblick verfügen um zu verstehen, was genau schief läuft, und sie Kritik überdies in eine vermeintliche schwache Position bringt.

    Fazit: Mit dem, was die realen Frauen* tatsächlich machen, hätte dieses Phänomen dann nicht sehr viel zu tun. Und wir würden einen Fehler begehen, es in einen zu engen und exklusiven Zusammenhang mit den Teilerfolgen des Feminismus zu stellen.

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  41. lies doch bitte nächstesmal SF-Romane von Iain Banks (Kultur-Zyklus), um dich an einer grossartigen gesellschaftlichen Utopie zu erfreuen, incl gelegentlichem Wechseln des Geschlechts, der Erfahrung wegen. Plus Intrige, Sex und Gewalt.

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  42. Hallo Antje,

    sei mir nicht böse, aber ich glaube, die „klassische Fantasy“ ist nicht so Dein Fall; in dem Fall kann es sogar verstehen… ;=)

    Zitat Antje Schrupp: „Ich mag sowas nämlich eigentlich gar nicht lesen, ich bin doch froh, dass diese Zeiten hinter uns liegen.“

    und: „Ich meine: Wenn wir schon Geschichten erfinden, warum dann nicht lieber Utopien davon entwerfen, wie die Welt anders aussehen könnte? Gerade im Fantasy-Genre eröffnen sich doch Trillionen von Möglichkeiten!“

    Du verkennst den wichtigsten Punkt an allen Märchen, Helden-, Action- und Abenteuergeschichten: Es geht um die Überwindung von Monstern, was immer die jetzt auch im einzelnen versinnbildlichen oder repräsentieren sollen. Das ist gut, das spricht Menschen an, denn es GIBT Monster. Nicht in Form von Personen (wobei sich Hitler da immer gut macht…), sondern in Form von Verhältnissen, die Menschen zu Unmenschen machen, und die es zu bekämpfen gilt. Doch man kann die Geschichte, wie der Drache erschlagen wurde, erst dann erzählen, wenn das verdammte Biest tot ist. Jede gute Fantasy-Geschichte verlagert das Geschehen an einen irrealen Ort oder in eine irreale Zeit; eine der besten beginnt bspw: „Long, long ago, in a galaxy far, far away…“

    Das ist zumindest meine Herangehensweise an Fantasy, Sagen, Märchen etc pp. Und jetzt kommen wir konkret zum Lied von Eis und Feuer (dt Titel der Roman-Reihe): Zuerst hat es mich ziemlich angesprochen: Fantasy, ziemlich bodenständig, aber mit den Versprechen auf mehr (wiederkehrende Drachen, seltsame Untote, aber alles zunächst „weit weg“). Auch das mittelalterliche gesellschaftliche Umfeld hab ich hingenommen, das gehört bei der Art Fantasy dazu. Inzwischen (viele Jahre und einige Bücher später) hat sich das geändert.

    Erstens: Weniger ist mehr; es gibt kein Buch bzw Bücherreihe, bei der ist das mehr empfinde, und es umfasst alles: Zu lang, zu ausufernd, zu viele Charaktere (100 Seiten Anhang als reine Personenliste!), zu große Heere (1oo.ooo Mann?), zu lange Zeitmaßstäbe (vor 12.ooo Jahren?), zu viel konkret unnötige und ausgemalte Brutalität, zu viel unnötiger Sex bzw eine unnötige Sexualisierung ganzer Abschnitte der Geschichte, und als Konsequenz daraus zu viel sexuelle Gewalt, die irgendwann nicht mehr abstößt, sondern nur noch anödet.

    Und zweitens, das es dabei nicht darum geht, diese Fantasy-Welt als besonders „realistisch, weil grausam“ darzustellen, das wäre nachvollziehbar, weil es zum Genre und der entsprechende Spannungskurve dazu gehört. Es geht scheinbar nur um eine Darstellung um der Darstellung willen, und das ist letztendlich auf der Ebene von Voyeurismus oder Pornographie. Können ja auch nette Sachen sein, aber dazu muss man keinen tausendseitigen Fantasy-Wälzer schreiben…

    Total fehlen tut mir bisher ist die Reflexion, die ethischen Motive, die Zusammenhänge, die zum weiterdenken anregen; außer, dass es halt scheiße ist, als Knecht oder Sklave oder sexuelles Objekt zu leben (was ich schon vorher wusste), und das es „die da oben“ auch voll schwer haben, va wenn sie kleinwüchsig geboren wurden (was mich nur eingeschränkt interessiert). Eine Vorstellung von irgendeinem übergeordneten „Guten“ gib es nicht (außer dem Blut-und-Ehre-Geseiere, was um seiner selbst Willen zu existieren scheint), und das „Böse“ zeichnet sich dadurch aus, dass es durch nichts charakterisiert ist als durch „den Winter“. Aber ich lese Fantasy-Literatur nicht, um Jahreszeiten anzuprangern!

    Gegen J.R.R. Tolkien, den „alten Reaktionär“, kann man viel sagen, aber sein „Böses“ kann man auf die reale Welt übertragen, ebenso wie die Grundmotive seiner „Guten“. Man kann seine Geschichten so lesen und anwenden, um die moderne Welt auf eine gewisse Weise zu sehen, zu verstehen und zu kritisieren; selbst wenn man in vielem anderer Ansicht ist und ein völlig anderes Weltbild hat. Bei G.R.R. Martin klappt das mE nicht, oder zumindest noch nicht (die Reihe ist ja noch nicht zu Ende geschrieben). Es bleibt bei mir nur das Bild von einer brutalen, mittelalterlichen Welt mit Magie und Drachen und beeindruckenden Momenten, aber ohne tieferen Sinn der Aussage. Sehr, sehr schade, ich hab auf mehr gehofft; zumal ich den ersten Band dieser Serie gelesen habe, weil ich Martin als Autor eines sehr interessanten Romanes über „die 68er“ in den USA kannte (quasi ein Rückblick, auch mit Fantasy-Anteilen), und da einfach viel, viel mehr erwartet habe.

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  43. Wenn Du die ZDF-TV-Produktions-Autoren fragst, ob sie Frauen darstellen, „die unter den Bedingungen des Post-Patriarchats ihren Weg gehen, die in dieser Hinsicht phantasiereich sind, Szenarien und Strategien entwerfen“, würde sie das sicher für sich beanspruchen.

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  44. Ich glaube nicht, dass „Das Lied von Eis und Feuer“, so heißt nämlich diese Fantasy Saga eigentlich, ein gut gewähltes Beispiel für die „neue Lust“ am Patriachat ist. Und „Game of Thrones“ ist nur der erste Band von bisher fünf englischen Büchern.

    Man kann an dem Buch viel kritisieren, im Beitrag von Reineke steht ja schon einiges. Aber gerade in diesem Buch gibt es ja eine Reihe von starken Frauen, die sich in einer patriarchalischen Welt behaupten (müssen). Allerdings muß man dazu dann mehr als den ersten Band lesen. Auch sei die englische Ausgabe emfohlen.

    In einem Interview (http://io9.com/5822939/george-rr-martin-explains-why-well-never-meet-any-gods-in-a-song-of-ice-and-fire) sagt der Autor:

    „Your books, especially recently, are full of women trying to exert power in a male dominated world who have to compromise themselves along the way. Are you trying to make a feminist statement?

    You could certainly interpret it that way. I don’t presume to say I’m making a statement of this type or that type. But it is certainly a patriarchal society, I am trying to explore some of the ramifications of that. I try to write women as people, just as I try to write any other characters. Strong and weak, and brave and cowardly, and noble and selfish. It has been very gratifying to me how many women read my work and how much they like at least some of my female characters.“

    Das Buch ist sicher kein feministischer Roman, aber in wenigen Fantasy Sagas kommen so viele starke Frauen vor wie in dieser. Was HBO in der Verfilmung bis jetzt aus der literarischen Vorlage gemacht hat kann ich allerdings nicht beurteilen, da ich noch keine der Folgen gesehen habe.

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  45. @neovatar – dennoch bleibt die Frage, Warum sich ein solch patriarchales Setting aussuchen? Was macht den Reiz aus? (Das eben als echte, nicht rhetorische Frage, weil es mir eben so reizlos scheint).

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  46. Wenn man eine düsteres Fantasy Szenario voller tragischer Schicksale will, bietet sich das patriachale, mittelalterliche Szenario doch geradezu an. Was macht den Reiz einer Tragödie aus und warum lesen und schreiben Menschen diese?

    Und für die Leserin wie auch einen Autor ist es einfacher, sich an Bildern zu orientieren, die „bekannt“ wirken. Somit bedient sich der Autor hier an einer „mittelalterlichen“ Welt. Ich denke aber nicht, dass für die meisten der Reiz im patrichalischen Szenario besteht. Sondern vielleicht eher in der wechselnden Erzählperspektive des Autors. Wenn man dann die Welt aus den Augen eines „bösen“ Protagonisten sieht und dann versteht, warum er/sie so handelt wie er eben handelt, bzw. was dazu führt, dass sie/er „böse“ ist/wurde. Diesen „Dreh“ bekommt der Autor in den Büchern meines Erachtens nach auch immer wieder gut hin.

    Warum kommt das Buch so gut an? Vielleicht, weil sich dort doch einiges aus unserer Welt wiederspiegelt. Verschwimmende Grenzen und Unsicherheit zwischen „Gut“ und „Böse“ zu unterscheiden, eine drohende dunkle Zukunft, „der Winter“. Und doch die Hoffnung, dass irgendwie das Gute obsiegt und es weitergeht. Auch wenn das für ein Fantasywerk hochgegriffen scheint, ziehen unter Umständen viele Leserinnen und Leser diese Parallelen.

    Vielleicht findest Du in der Science Fiction Literatur eher Geschichten die Dir zusagen und die von alten Denkmustern entkoppelt sind. Autoren probieren da öfter mal etwas „komplett“ neues.

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  47. Ja. Die Gesellschaft von Game of Thrones ist in der Tat ziemlich patriachal. Da gibt’s nichts dran zu beschönigen. Die Frage, warum man sowas schreibt und warum es so viel gelesen wird kann ich nur begrenzt beantworten. Vermutlich hat es schlicht nichts damit zu tun. Es ist ja nicht so, als wäre man patriachale Erzählmuster nicht gewöhnt. Ich glaub ich hab in den letzten zwei Jahren keinen Hollywoodblockbuster gesehen, der nicht ein schreckliches Rollebild hätte.

    Game of Thrones muss ich aber doch etwas zur Seite springen. Schaut man sich die List der Protagonisten und Protagonistinnen an, fällt doch sehr deutlich auf, dass die Frauen fast auf eine 50% Quote kommen und überdies praktisch durchweg starke Frauen sind. Das hast Du ja auch erwähnt hier. Oft genug sind sie den Männern, denen sie gegenüberstehen oder an deren Seite sie sich finden „sogar“ überlegen. Das finde ich gerade für das Genre und das Niveau auf dem Martin eigentlich erzählt schon ziemlich bemerkenswert.

    Davon abgesehen nutzt den Männern ihr Patriachat herzlich wenig. Martin wirft alle seine Figuren in tiefste Abgründe, Verzweiflung, Verrat, Verlust, Niederlage, Verstümmelung, Ausgrenzung und Tod, wirklich völlig ungeachtet des Geschlechtes.

    Viel verwerflicher finde ich, dass das ganze verfluchte Ensembel aus Aristorkraten besteht. Man muss schon mit der Lupe suchen, um eine relevante Figur zu finden, die nicht von hoher Geburt, nicht „etwas besseres“ ist. Martin schert sich einen Dreck um die „normalen“ Menschen und eine Welt ist eine zwei Klassengesellschaft. Eine Tendenz, die sich ja in unserer Gesellschaft – und drastischer noch in Amerika – auch finden läßt. Die häßliche Fratze des verfluchten Calvinismus.

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  48. Hatte ich nicht vorhin einen Kommentar hier hinterlassen? Hab sogar noch die ID: 46775. War der schon mal live oder noch gar nicht erst? Sorry, für’s Meta. Bin nur neugierig.

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  49. Zu Game of Thrones kann ich zwar nix sagen aber wenn Du mal gute Fantasy in einer größten teils mittelalterlichen Welt ohne größere patriachate Einschübe lesen willst, kann ich die Düstere Ruhm Reihe von Michael A. Stackpole empfehlen.

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  50. „Als “witzig” oder “spannend” kann zu Bildern oder Geschichten verdichteter Sexismus nur vor dem Hintergrund durchgehen, dass er symbolisch bereits ad acta gelegt ist (jedenfalls nach Auffassung derer, die sich sowas mögen). Patriarchale Gesellschaften alten Stils feiern und zeigen Männergewalt selten so offen, denn das würde sie ja entlarven, indem es die Ungerechtigkeit sichtbar macht. Klassisch patriarchale Gesellschaften rechtfertigen ihre Zustände im Allgemeinen mit dem Verweis darauf, dass die weibliche Unterordnung doch der natürliche Zustand der Dinge sei, dass er gerade dem Schutz der Frauen diene und so weiter.“

    taming of the shrew???

    @Clemens Gleich: kopfkino beim der vorstellung schwanzlutschen? und deswegen hat das was mit gewalt zu tun? kopfkino, wenn jemand was eklig findet, genauso wie man schneckensuppe eklig finden kann.
    dein versuch gewalt als neutralen begriff darzustellen ist ein bisschen gefährlich.

    deine definition von gewalt als neutraler begriff passt aber nicht zu deiner rechtfertigung (bitte nicht mit rausrederei verwechseln) von einem setting, in dem, wenn ich es richtig verstanden habe, willen brechen total ok ist. wenn du das als gewalt bezeichnest und gleichzeitig als etwas neutrales ansiehst, na dann gute nacht, wenn sich diese ansicht mal durchsetzen sollte.

    btw. wenn du gewalt auch zur weibl. sexualtität gehört, wieso werden dann nicht öfter gewaltseetings dargestellt, in denen weibchen männchen vergewaltig (nicht das ich das besser fände als andersrum. rein theoretische frage)

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