Die neuen Väter und ihre Option auf Elternarbeit

(Dies ist ein Artikel in der Reihe „Letz talk about Schwangerwerdenkönnen)

Im Editorial der aktuellen brandeins schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer einen Satz, der mir zu denken gab. Er lautet:

Wolf Lotter unterbrach gern seinen Elternurlaub, um aus … zu erzählen.

Der Informationsgehalt ist ein doppelter. Erstens: Wolf Lotter ist im Elternurlaub (Kekse !!!). Und zweitens: Er ist gern bereit, seinen Urlaub zu unterbrechen, wenn es in der Firma etwas wichtiges zu tun gibt (Kekse !!!).

Unbeantwortet bleibt die dritte Frage: Und wer versorgt jetzt das Kind?

Einen Elternurlaub kann man ja nicht einfach so unterbrechen wie einen Mallorcaurlaub. Mallorca ist es egal, wenn man ihm den Rücken kehrt und zurück an den Schreibtisch eilt. Ein Kind hingegen muss trotzdem weiter versorgt werden, stündlich. Vermutlich hat Lotters Kind eine Mutter, die hier einspringt, oder es gibt andere Erwachsene, die das tun, oder Lotter schafft es, beides zu vereinbaren, ich weiß es nicht.

Aber die Frage zu stellen: Und wer versorgt das Kind? ist wichtig, weil sie zentral ist für die derzeitigen Debatten um Elternschaft.

In Bezug auf Vaterschaft hat heute das alte patriarchale Modell ausgedient, wonach ein Vater Familienoberhaupt ist, das Entscheidungen für Frau und Kinder trifft und Geld verdient, aber in die alltägliche Hausarbeit kaum involviert ist. Doch es ist noch nicht so genau klar, was Vaterschaft denn künftig stattdessen bedeuten soll.

Bei mir gehen bei Sätzen wie dem oben zitierten gewisse Alarmglocken an, weil dahinter die Idee steckt, dass Vaterschaft sich künftig zwar bis zu einem gewissen Grad am Modell von Mutterschaft orientiert (konkrete Fürsorge für das Kind im Alltag), allerdings nur als Option beziehungsweise auf Zeit. Zwei „Vätermonate“ eben, oder Elternurlaub, der unterbrochen werden kann. Ähnlich scheint es zum Beispiel auch Malte Welding zu gehen, der das Thema in seinem Blog ausführlich diskutiert hat.

Ich möchte deshalb den Gedanken in die Debatte bringen, dass das Modell „Kinderversorgen als Option“ nur denkbar ist, wenn es andere Menschen gibt, für die das Kinderversorgen eben keine Option, sondern undiskutierbare Notwendigkeit ist. Diese Menschen nenne ich einfach mal „Mütter“, weil genau das das traditionelle Modell von Mutterschaft war: „Mutter“ ist diejenige, die letzten Endes für die Versorgung des Kindes zuständig ist. Sie kann diese Arbeit delegieren, an Väter, Tanten, Großmütter, Nachbarinnen. Aber wenn sich niemand anderes findet, muss sie es selbst machen.

Diese Unterscheidung zwischen „Vätern“ (Fürsorgearbeit als Option) und „Müttern“ (Fürsorgearbeit als undiskutierbare Notwendigkeit) ist natürlich nicht unbedingt an das Geschlecht der betreffenden Personen gebunden, aber sie ist auch nicht völlig losgelöst davon. Denn hier setzt sich eine Realität fort, die die ungleiche Beteiligung von Elternpersonen vor der Geburt widerspiegelt: Die der Schwangeren und der Nicht-Schwangeren.

Solange ein Kind noch nicht geboren ist, ist es Teil des Körpers einer schwangeren Frau*. Im Zustand des Schwangerseins ist aufgrund purer biologischer Umstände Elternschaft keine Option, die zum Beispiel für einen Job mal eben unterbrochen werden kann. In diesem Zustand sind nur Tätigkeiten möglich, die mit der Elternschaft (dem Schwangersein) vereinbar sind, punkt, basta.

Und zwar im Unterschied zu den nicht-schwangeren Elternteilen. Sie sind in ihren sonstigen Aktivitäten durch die bevorstehende Geburt in keinerlei Weise körperlich eingeschränkt, sie können in der Woche vor dem Geburtstermin noch einen Marathon laufen oder sich bewusstlos saufen, ohne dass das – auf der körperlichen Ebene – irgend eine negative Auswirkung auf das Kind hat. Wenn sie darauf, etwa aus Solidarität mit der schwangeren Frau, verzichten, dann tun sie das aus sozialen Gründen, freiwillig: Für sie ist Option, was für die Schwangere undiskutierbare Notwendigkeit ist.

Die historisch überkommenen Geschlechterrollen verlängern diesen Zustand sozusagen in die Zeit nach der Geburt. Das hat nichts mit moralischer Schuld zu tun. Es ist auch nicht so, dass die Frauen* hier per se den schwarzen Peter haben, denn die Männer* bestehen auf der Optionalität ihrer Fürsorgetätigkeit in der Tat oft nicht einfach aus Faulheit, sondern durchaus aus Verantwortungsbewusstsein, nämlich dem, für die finanzielle Absicherung sorgen zu müssen, nicht  nur für sich selbst, sondern auch für ihre Kinder und deren Mütter (Vgl dazu auch meinen Post „Paarbildung“)

Worum es mir geht ist, dass die Symbolifigur „Elternarbeit als Option“, wie sie in dem brandeins-Zitat bekräftigt wird und auch im tatsächlichen Verhalten vieler „neuer“ Väter zum Ausdruck kommt, nicht zum neuen Interpretationsmodell für Elternschaft generell werden darf, denn dies widerspricht der Bedingtheit des Menschseins: In Bezug auf Babies und kleine Kinder ist Elternarbeit eben keine Option, sondern eine undiskutierbare Notwendigkeit, die erledigt werden muss. Von irgend jemandem. Dieser jemand ist dann die Mutter*.

Diese Person muss nicht identisch sein mit der Frau, die das Kind geboren hat, denn bei der Geburt wird der Körper des Kindes vom Körper der schwangeren Frau getrennt. Dass sie es aber auch heute noch, nach Jahrzehnten aktiver Gleichstellungspolitik nach wie vor fast immer ist, liegt meines Erachtens daran, dass wir die Nicht-Optionalität von Elternsein nicht genügend diskutieren und in unserem Handeln und Sprechen bewusst machen.

Wenn wir die traditionellen Bedeutungen von Mutterschaft und Vaterschaft ablehnen und an ihrer Stelle neue einführen möchten, müssen wir also unbedingt die Frage stellen und beantworten: Wie ist verlässlich dafür gesorgt, dass die früher den Müttern zugeschriebene Aufgabe, nämlich im Fall dass das Kind etwas braucht, alles andere ohne Wenn und Aber hinten anzustellen und die notwendige Arbeit zu tun, auch in Zukunft erfüllt wird? Optionale Vaterschaft ist da keine Lösung. Und solange wir keine Lösung haben, wird diese Funktion, von seltenen Ausnahmen abgesehen, bei den Frauen hängenbleiben, die ein Kind geboren haben.

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

82 Gedanken zu “Die neuen Väter und ihre Option auf Elternarbeit

  1. Wenn ich das richtig verstehe, geht es dir darum, Elternrollen so zu konstruieren, dass auch Väter (im „Erziehungsurlaub“ bzw. in der Elternzeit) dies als Notwendigkeit, nicht als Option sehen. Das klappt dann, wenn der Vater derjenige ist, der sich um das Kind kümmern muss – zum Beispiel deswegen, weil die Mutter des Kindes ebenfalls Verlässlichkeit erfordernde Verpflichtungen hat. Insbesondere Erwerbsarbeit hat diese Wirkung. Und ein „Unterbrechen des Elternurlaubs“ kann dann ein Telefonat sein, während das Kind schläft, beispielsweise. Oder, in einem egalitären Mix aus Teilzeit-Elternschaft und Teilzeit-Erwerbsarbeit eben eine Erwerbsarbeitsphase.

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  2. Danke für diesen Artikel.

    Ich würde der Kritik an dem Satz noch hinzufügen wollen, dass das Problem schon in dem Wort „Elternurlaub“ enthalten ist. Ich befinde mich gerade in Elternzeit und wenn das ein Urlaub sein soll, dann ist es der anstrengenste und bewegenste seit langen. Es ist aber kein Urlaub, ich nehme meine Verantwortung wahr! in dem vom Urlaub gesprochen wird, werden die bestehenden Verhältnisse ein weiteres Mal bestärkt: „Das der keine Erwerbsarbeit tätigt ist doch voll die Erholung, denn wir wissen ja, dass Sorgearbeit keine richtige Arbeit ist!“

    Es gilt also unter anderem auch, diesen Sprachgebrauch zu kritisieren. Ich gehe davon aus, dass du dir dessen bewusst bist und dass du diesen Aspekt aus Gründen der Leserlichkeit weg gelassen hast.

    Ich denke, dass wir die Notwendigkeit bei Vätern, analog zu der bei Müttern, über den sozialen Druck vermittelt bekommen. Das Ziel ist es, dass Sorgearbeit von Vätern so selbstverständlich ist, das Arbeitgeber*innen Väter bei Einstellungsgesprächen fragen, wie sie den Arbeit und Familie vereinbaren können.

    Das können wir zum einen durch aktive Dekonstruktion von männlichen Rollenbildern erreichen wie durch entsprechende Gesetzesinitiativen. So bin ich immer mehr dafür, dass wir den gesetzlichen Mutterschutz – also ein vorgeschriebenes Arbeitsverbot rings um die Geburt – auch auf Väter auszuweiten bzw. als Elternschutz neu zu definieren.

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  3. @acid – Ja, den Hinweis auf den falschen Begriff „Urlaub“ habe ich mir verkniffen, weil das inzwischen schon so daneben ist, dass ich den Leser_innen hier diese banale Erkenntnis nicht mehr zumuten wollte 🙂 _ Allerdings ist natürlich interessant, dass er selbst in einem guten Magazin wie brandeins (im Vergleich zum Rest der Medienlandschaft) immer noch völlig ironiefrei im Gebrauch ist. Daher durchaus Danke für die Klarstellung.

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  4. @Till Westermayer – Eigentlich geht es mir darum, sich bewusst zu machen, ob man sich beim Elternsein darauf verlässt, dass im Zweifelsfall jemand anderes einspringt, oder ob man damit rechnet, letzten Endes selbst die_derjenige zu sein. Zum Beispiel habe ich eine Freundin, bei der der Vater ihres Kindes (gemeinsames Sorgerecht, getrennt lebend) ziemlich häufig kurzfristig absagt, obwohl er eigentlich mit Kinderversorgen dran wäre, weil ihm etwas wichtiges dazwischenkommt. Er verlässt sich drauf, dass sie sich dann schon irgendwas einfallen lässt (zum Beispiel ruft er von weiter weg an, und es ist klar, dass er es gar nicht mehr rechtzeitig zum vereinbarten Zeitpunkt schaffen würde, wenn sie Nein sagt). Sie ist dann vor die Wahl gestellt, die Kinder unbeaufsichtigt zu lassen oder nicht, beziehungsweise ist es natürlich keine Wahl. Die einzige Möglichkeit, die sie hat, wäre ihrerseits ebenfalls unzuverlässig zu sein und die Kinder, wenn sie bei ihm sind, auch nicht zum vereinbarten Zeitpunkt abzuholen, was sie aber verständlicherweise auch nicht will. Das ist jetzt ein sehr klarer Fall von „optionaler Vaterschaft“ (er besteht nämlich gleichzeitig darauf, das Sorgerecht zu haben), die meiner Ansicht nach problematisch ist, und nicht unter „Privatproblem der Betroffenen“ abgeheftet werden kann.

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  5. Institutionen lenken Verhalten. Somit wäre es sinnvoll, beispielsweise die Institution „grundsätzliches Sorgerecht für beide Elternteile“ gesetzlich zu etablieren. Damit wäre formal klar, wer immer und grundsätzlich zuständig ist: beide. Das würde mit Sicherheit auch das Denken über die Kategorien Vater-/Mutterrolle langfristig beeinflussen. Alles andere (lies: die Ausprägung im Alltag) ist dann optional 🙂

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  6. Zum Beispiel habe ich eine Freundin, bei der der Vater ihres Kindes (gemeinsames Sorgerecht, getrennt lebend) ziemlich häufig kurzfristig absagt, obwohl er eigentlich mit Kinderversorgen dran wäre, weil ihm etwas wichtiges dazwischenkommt. (…)

    Das ist jetzt ein sehr klarer Fall von “optionaler Vaterschaft” (er besteht nämlich gleichzeitig darauf, das Sorgerecht zu haben), die meiner Ansicht nach problematisch ist, und nicht unter “Privatproblem der Betroffenen” abgeheftet werden kann.

    Du willst jetzt vermutlich darauf hinaus, dass das eine politische Frage ist. Man könnte sie aber auch ökonomisch betrachten: Wer könnte kurzfristig einspringen und sich den Express-Service entsprechend teuer vom Verursacher des Betreuungsaufwands bezahlen lassen? Optionale Väter, die sich kurzfristig ausklinken, tun das ja nur, weil es keine wirklichen Konsequenzen für sie hat.

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  7. @Till/Antje: Das ist uebrigens ein Dialog, den ich so oder so aehnlich haeufig sehe. Jemand macht auf Misstaende aufmerksam, und die erste Reaktion ist „Das heisst also du willst (X) abschaffen! Das finde ich (irgendwie)!“

    Meistens geht es jedoch um den ersten Schritt, naemlich das erkennen und das akzeptieren – das reicht meist schon. Wenn ein breiterer Konsens besteht muss man sich um Schritt zwei: die Konsequenzen kuemmern. Um die geht es hier aber eigentlich noch gar nicht.

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  8. @Antje: Gestatte einen Analogie-Versuch: Die Einführung des allgemeinen (Frauen-)Wahlrechts hat dazu geführt, dass ca. die Hälfte aller Frauen wählen. Weil sie es grundsätzlich dürfen. Rein formale „Zuständigkeit“ für den Wahlakt führte also zu selbstgewählter („optionaler“) Zuständigkeit.
    Warum sollte also nicht ein erklecklicher Anteil der Männer von dem rechtlichen Anspruch auf die Arbeit am/mit dem Kind Gebrauch machen?

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  9. @Papadopoulos – Weil nicht jede Analogie auch eine Kausalität ist. Zwei Unterschiede: Bevor Frauen das Wahlrecht hatten, konnten sie ja überhaupt nicht wählen, während auch Männer, die das Sorgerecht nicht haben, sich um ihre Kinder kümmern können, da es ihnen (anders als früher den Frauen das Wählen) ja nicht explizit verboten ist. Statt davon auszugehen, dass das Wahlrecht das Interesse von Frauen am Wählen kausal verursacht hat, könnte man also auch annehmen, was ich plausibler finde, dass der Wunsch der Frauen, zu wählen, die Ursache dafür ist, dass sie es auch tatsächlich tun, einen Wunsch, den sie vorher halt nur wegen gesetzlicher Verbote nicht ausleben konnten.

    Außerdem haben ja zum Beispiel Väter, die mit den Müttern ihrer Kinder verheiratet sind oder mit ihnen zusammenleben, das Sorgerecht, es führt aber offenbar nicht dazu, dass sie sich in dem von mir beschriebenen Sinne „zuständig“ fühlen.

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  10. „es führt aber offenbar nicht dazu, dass sie sich in dem von mir beschriebenen Sinne “zuständig” fühlen.“

    männer werden sich solange nicht zuständig fühlen, solange frauen ihnen die zuständigkeit abnehmen, nicht konsequent einfordern und den männern „zuschreiben“. solange frauen diese arbeit für sich nicht als optional ansehen, sondern sie selbstversrändlich erledigen.
    oder einfach gesagt: männer werden sich nicht ändern, wenn frauen sich nicht ändern.

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  11. @horst sabine – Das Problem ist aber: Diese Arbeit ist nicht optional. Anders als zum Beispiel Kloputzen. Da kann man es drauf ankommen lassen und abwarten, bis der andere es macht, wenn die eigenen Nerven stark genug sind. Bei Kindern geht das nicht, das ist der Punkt.

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  12. Das Beispiel, dass Frau während sie schwanger ist, nicht einfach so was trinken kann und der Vater es freiwillig, auch nicht tut, erinnert mich an meine eigene Schwangerschaft. nämlich an den Abend, an dem er die Ausnahme machte und ich mich heute noch erinnere, dass es mich wütend machte, aber ich konnte nicht erklären, warum… Es war vielleicht ein Vorgeschmack darauf, wer hier die optionale Elternschaft hat und wer die notwendige… ich kümmere mich auch um ein Kind, wo beide Elternteile sich entsprechende Optionen offen halten, es muss also nicht unbedingt um Männer gehen. Das Problem, das eineR dann da sein muss, wenn es notwendig ist, löst sich bei dieser Art Emanzipation nicht.
    @horst sabine:
    Wie meinst du das denn konkret? Soll dann einfach keineR das Kind vom Kindergarten abholen? Und ja, ich habe 3 Jahre gekämpft, dass die Verantwortung für die Kinder und wer im zweifelsfall da ist oder das dann organisiert nicht ich als „Mutter“ übernehme – das hat aber nichts genützt und heute habe ich einfach keine Lust mehr. auch wenn ich sagen kann, dass bei uns vieles besser verteilt ist, als in einer Kleinfamilie.
    Ich denke, es kann nur dann besser werden, wenn wir uns vom Ideal der Vollzeiterwerbstätigkeit verabschieden.

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  13. Vor einiger Zeit habe ich ein Brainstorming über Arbeit gemacht, wollte einen Artikel darüber machen, der noch in der Pipeline schlummert, und ich bekomme ihn einfach nicht fertig.

    Hier ist meine Mindmap:

    Irgendwo muss ich unbedingt noch „optional“ einbauen, genau…

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  14. Genau, Arbeit, die nicht einfach weggeht oder verschoben werden kann oder wo man ausprobieren kann, wer die stärkeren Nerven hat. Sorgearbeit eben. In Konsequenz der von dir genannten Umstände haben wir ja in Deutschland das häufige Modell: Vater arbeitet Vollzeit, Mutter Teilzeit – wegen Optional vs nicht-optional.

    Und meine Überlegungen dazu: Man kann natürlich sagen, dass beide die Möglichkeit haben sollten, Vollzeit zu arbeiten. Aber das verkürzt einfach die Zeit mit dem Kind/den Kindern und ab einer gewissen Quantitätsunterschreitung macht auch die größte Qualität der Restzeit vor dem Schlafengehen und morgens vor der Schule/dem Kindergarten das nicht so ganz wett. Und dann müssen sich die Eltern einfach überlegen, ob sie das wollen, ein Modell, wo die Sorgearbeit an familienfremde Personen (Kita, Schule, Hort, Tagesmutter, Kindermädchen, Au-Pair) ausgelagert wird. Gibt/gab ja früher das gehobene Bürgertum, wo das gang und gäbe war.

    Und möchte man das? Das ist die Frage, auf die ich tatsächlich immer noch keine rechte Antwort weiß.

    Bzw. wie machen die das nur in Frankreich/Schweden etc., all diesen immer wieder genannten Ländern mit den Ganztagsschulen, staatlich organisierter Kinderbetreuung

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  15. „Wie meinst du das denn konkret? Soll dann einfach keiner das Kind vom Kindergarten abholen?“

    @Beya
    für männer läuft es doch so. sie lernen es von klein auf: wenn ich mein zimmer einfach nicht aufräume, machts die mutter. wenn ich mich nicht um das kind kümmere, machts die mutter. männern wird selbstversrändlich die verantwortung abgenommen. wenn das nicht aufhört, und zwar bereits bei kleinen jungs, dann wird die zuständigkeit immer an frauen kleben bleiben.

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  16. @horst sabine, da kann ich auch ein Lied von singen. Ich habe zwei Söhne, bald erwachsen, und ich lebe mit ihnen seit drei Jahren allein nach der Trennung vom Vater der beiden. Ich versuche nachdrücklich, ihnen klar zu machen, dass wir zu dritt in einer Wohnung leben, dass jeder für diese zuständig ist und seinen Anteil zum Haushalt beizutragen hat. Trotzdem bleibt der Löwenanteil an mir hängen. Auch wenn ich ihnen alles beigebracht habe: sie wissen, wie man Wäsche wäscht, die Spülmaschine bedient, das Klo putzt, kocht und staubsaugt. Sie tun aber nichts von sich aus und freiwillig (fast, es wird langsam besser, da lässt sich doch schon mal jemand herab, die Spülmaschine ohne Aufforderung auszuräumen). Außer ihr Zimmer aufräumen, denn darin tue ich keinen Handschlag, auch wenn es oft messiemäßig aussieht. Und ja, ich habe auch schon einmal beide Zimmer wieder sauber gemacht, als sie mit dem Vater verreist waren. Es war einfach infernalisch, was für ein Dreck sich dort angesammelt hatte, schon vom hygienischen Standpunkt war das problematisch. Nach ihrer Rückkehr freuten sie sich darüber, doch ich habe ihnen eingeschärft, dass das das letzte Mal war, dass ich ihre Zimmer wieder auf Vordermann gebracht habe. Seit dem halten sie sich auch einigermaßen daran, es selbst sauber zu machen.

    Mein älterer Sohn sagte zu mir, dass er in seinem Freundeskreis der einzige sei, der sein Zimmer selbst aufräume. Bei allen anderen macht es immer noch die Mutter. Und nicht etwa der Vater!

    Als ich selbst in dem Alter war, war ich allerdings genau so unordentlich. Ich konnte tagelang das dreckige Geschirr in der Spüle stehen lassen, es fand sich immer irgendwo noch was sauberes, so dass ich mich vorm Abwaschen drücken konnte. Doch wer hat den Dreck am Ende beseitigt? Die Mutter. Mit Geschimpfe zwar, aber nie war es der Vater. Der hatte sich komplett heraus gehalten. So habe natürlich auch ich gelernt, dass die Frauen für Haushalt und Aufräumen zuständig sind.

    Es ist wirklich sehr schwer und erfordert ein ständiges sich-bewusst-machen, wenn solche verinnerlichten Verhaltensweisen aufgebrochen werden sollen. Eine Veränderung wird auch niemals von denen ausgehen, die von einer Situation profitieren, sondern von denen, die darunter leiden. Den Frauen also. Insofern ist meine Lebenssituation für meine Söhne eigentlich perfekt, damit sie lernen, selbst Verantwortung zu übernehmen: Der Vater glänzt zwar durch Abwesenheit, aber er kann auch nicht vorleben, im Haushalt nichts zu machen. Allerdings hat er ihnen prima vorgelebt, wie man sich aus der Verantwortung verpisst, in dem man eben einfach die selbst gegründete Familie komplett der Frau überlässt. Soll sie doch sehen, wie sie klar kommt. Nur alle zwei Wochen am Wochenende ist er für seine Jungs da, bei gemeinsamem Sorgerecht. Ich empfinde das als himmelschreiend ungerecht, bräuchte eigentlich meine ganze Kraft für mich selbst, um beruflich wieder auf die Beine zu kommen, doch die wird ständig unterwandert durch das Kümmern um meine beiden Söhne. Damit wird mein Beruf zur Option, aber die Sorgearbeit bleibt. Auch wenn sie schon „groß“ sind und hier und da einbezogen werden. Ich bin das Alltagselternteil, an mir bleibt es kleben, und ich kann nichts, wirklich gar nichts dagegen machen (ich wüsste jedenfalls nicht wie, hat vielleicht eine einen guten Rat? Ja, hier erbitte ich mir tatsächlich mal einen). Ich kann nur versuchen, meinen beiden Söhnen ein Bewusstsein für ihre eigene Verantwortung mitzugeben, und es sieht so aus, dass dies gut gelingt. Damit ist viel für diese Gesellschaft getan. Konnte schon der Vater seine Verantwortung nicht wahrnehmen, so lernen es wenigstens seine Söhne.

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  17. @horst sabine ok prinzipiell sehe ich das natürlich genauso und achte bei meinem Sohn schon immer darauf ihm bewusst zu machen, das Rollenklisches scheiße sind und er sowohl rosa anziehen kann, als auch den Tisch aufdecken oder seine Sachen aufräumen kann/muss, putzen bringt ihm der Vater bei. Und unter wirklich notwendiger Sorgearbeit verstehe ich gerade nicht das Zimmer aufräumen, sondern eben, wer ist da und holt das Kind ab, wenn es im Kindergarten erkrankt oder sowas.
    @sudelbien tja schwierig immer eine Abwägungs- und Durchhaltefrage, bei uns waschen alle ab 12 Jahren ihre Wäsche selber und dann ist es eben so, dass mal ein Korb nasser Wäsche eine Woche rumgammelt und nochmal gewaschen werden muss – guter lerneffekt ;-)… Auf jeden Fall mache ich es so, dass ich genau überlege, was ist mir wirklich wichtig und dann versuche Prioritäten zu setzen. Ich lebe allerdings mit mehr Erwachsenen Menschen, als dem Vater zusammen.

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  18. @Feathers MacGraw: Antje schreibt selbst am Schluss des Textes:

    Wie ist verlässlich dafür gesorgt, dass die früher den Müttern zugeschriebene Aufgabe, nämlich im Fall dass das Kind etwas braucht, alles andere ohne Wenn und Aber hinten anzustellen und die notwendige Arbeit zu tun, auch in Zukunft erfüllt wird?

    Mein Kommentar (und einer, der leider nicht hier aufgetaucht ist), sind ein Versuch, diese Frage zu beantworten: Wenn auch andere notwendig erscheinende Verpflichtungen und Zwänge egalitär verteilt sind, ändert sich diese Asymmetrie zwischen Vätern und Müttern.

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  19. „Ich würde der Kritik an dem Satz noch hinzufügen wollen, dass das Problem schon in dem Wort “Elternurlaub” enthalten ist. Ich befinde mich gerade in Elternzeit und wenn das ein Urlaub sein soll, dann ist es der anstrengenste und bewegenste seit langen.“

    Oh Gott ja! Das ist mir auch sofort aufgefallen!!
    Ich bin selbst gerade in Karenz. Also wer bis dahin nicht geglaubt hat, daß Schlafentzug Folter ist… also aus dem Urlaub kenn ich das aber anders!!!

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  20. „Und unter wirklich notwendiger Sorgearbeit verstehe ich gerade nicht das Zimmer aufräumen, sondern eben, wer ist da und holt das Kind ab, wenn es im Kindergarten erkrankt oder sowas.“

    @Beya
    wenn ein junge schon als kind lernt, dass die mutter immer einspringt, wird er das als erwachsener i.d.r. auch so praktizieren. verhaltensmuster und das bewusstsein für zuständigkeiten werden bereits von kleinen kindern verinnerlicht.
    oder siehst du das anders?

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  21. @horst sabine: deine Argumente bleiben allgemein, wenn auch richtig ist, was du sagst! Konkret MUSS aber jemand das Kind aus der Kita abholen, zuhause bleiben, wenn es krank ist, was zu essen besorgen, wenn der Kühlschrank leer ist, darauf achten, dass das Kind für Kita/Schule richtig angezogen ist und auch alles dabei hat, was es braucht.
    Das ist nun mal nicht „optional“. nichts, was man aussitzen kann, bis der Partner endlich auf die Idee kommt, dass es an ihm ist….

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  22. »Das ist nun mal nicht “optional”.«

    doch. für männer ist es sehr wohl optional. was meinst du, woran das liegt?

    »deine Argumente bleiben allgemein«

    die diskussion fiktiver situationen führt nur zu fiktiven einwänden, warum dies oder jenes nicht praktikabel ist:
    »jemand das Kind aus der Kita abholen, zuhause bleiben, wenn es krank ist, was zu essen besorgen«

    das ist zweifelsohne richtig, bringt uns der problemlösung aber keinen millimeter näher.
    jede mutter muss selbst herausfinden, wie sie ihren partner zuständig macht bzw. ihre zuständigkeit nicht selbstverstäntlich an ihre kinder „vererbt“.

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  23. Und da sind wir beim Problem: Mütter fühlen sich für ihre Kinder weitaus zuständiger als die Väter (ich spreche aus eigener Erfahrung, was Kinderlose oft nicht nachvollziehen können). Sie könnten niemals einfach so das Kind in der Kita alleine warten lassen, wenn sie beruflich vielleicht einen wichtigen Termin wahrnehmen muss. Für die Mutter ist der Termin zweite Priorität, das Kind immer erste. Sie lässt dafür um Punkt halb vier den Bleistift fallen. Der Vater nicht. Seine Priorität liegt selbstverständlich im Job. Auch dann, wenn er eigentlich „dran“ ist.

    Wenn da ein Umdenken stattfinden soll, so kann dies nicht nur den Frauen überlassen werden. Väter brauchen ein Bewusstsein für die dringende Notwendigkeit der Sorgearbeit. Wie bekommen sie es? Ok, denken wir das mal durch, dann lassen wir doch mal die Mutter hart bleiben: Sie hat einen wichtigen Termin, sagt dem Vater Bescheid, dass sie das Kind heute nicht abholen kann, er möge sich kümmern (mit kümmern ist auch gemeint, eventuell externe Hilfe zu organisieren). Damit ist das Gespräch beendet, sie schaltet das Handy ab und geht ins Meeting oder sonstwo hin, ohne noch einen einzigen Gedanken an das Kind zu verschwenden.

    Der Vater indessen sitzt jetzt auf Kohlen. Hat auch ein wichtiges Meeting. Das Kind ist in der Kita und wird nicht abgeholt, das ist Fakt, weil die Mutter nicht erreichtbar ist. Was wird er also jetzt tun? Wenn er ein empathischer Vater ist, sagt er das Meeting ab und holt das Kind ab oder organisiert andere Menschen, die das tun. Wenn nicht, tut er nix und geht ins Meeting. In jedem Fall ärgert er sich maßlos: „Ich lass mir doch von ihr keine Vorschriften machen“ könnte er jetzt denken. Und „Die kann was erleben!“ Das Kind indes sitzt in der Kita, als letztes, eine einsame Erzieherin macht Überstunden und wartet verzweifelt auf jemanden, der endlich das Kind abholt. Wer wird unter dieser Situation am meisten leiden? Das Kind. Nicht nur unter der augenblicklichen Situation, sondern auch unter dem noch folgenden Streit und Machtkampf zwischen den Eltern.

    Nun, das ist mein Kopfkino. Könnte natürlich auch ganz anders laufen. Ist diese Geschichte realistisch? Eher nicht. Die Mutter würde so nicht handeln. Selbst wenn sie es so konsequent durchziehen würde, würde sie in dem Meeting nicht einen klaren Gedanken mehr fassen können.

    Verabredungen treffen würde so eine Situation sicher abmildern, aber Antje hat ja selbst das Beispiel des Vaters gebracht, der in solchen Situationen von seiner Optionalität Gebrauch macht und er Mutter somit keine Chance lässt.

    Ich habe auch keine Lösung. Nur meine Geschichte (s. o.) und das, was mir jetzt noch dazu einfällt.

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  24. Die Lösung wäre ziemlich einfach:

    Man verzichte auf Betreuungsunterhalt und teile sich mit dem Gatten den Kindesunterhalt, sowie die Betreuungszeit, etwa auf monatlicher, wöchentlicher oder sogar jährlicher Basis.

    Danach werte man die elterliche Betreuungsleistung sowohl bei Männern als auch bei Frauen extrem auf, was heisst:

    Nimmt ein Elternteil schuldhaft bei seinem Kind die ihm zugedachte Betreuungszeit nicht wahr oder leistet Betreuung nur in schlampiger Qualität ( Kind kommt ohne Essen in die Schule, Kind wird immer zu spät beim Kindergarten abgeholt, ärztliche Versorgungstermine werden nicht eingehalten etc. pp. ), darf er auf die Betreuung des Kindes verzichten, muss dem aber zum Ausgleich für die fehlende Betreuung sagen wir zwei Drittel seines Gehaltes zahlen, mindestens aber 1000 im Monat.

    Das hätte auch den Vorteil, dass Kinder als Geldquelle einfach nicht mehr taugen – davon würde ich mir eine generelle Verbesserung der Lage von Kindern erhoffen, da sie nicht mehr geboren werden, damit ein Elternteil versorgt ist und weil der eh nichts besseres zu tun hat.

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  25. PS.

    Man könnte natürlich auch schlampige Eltern erstmal dazu verdonnern, externe Betreuung zu bezahlen, bevor man den Schluss zieht, dass sie eh nicht funktionieren.

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  26. PPS. Die vorgeschlagene Lösung hätte den Vorteil, auch „Traditonalisten“ (Mutti versorgt Kinder, Vati arbeitet ) ein Modell bieten zu können, ohne dieses traditonelle Modell aber als einzig mögliches oder auch nur zu favorisierendes Modell darzustellen. Vor allem gäbe es die traditionelle Lösung nur mit gegenseitigem Einverständnis, sie könnte nicht mehr, wie es heute üblich ist, ( und was ja hier beklagt wird ), dem einen Elternteil gerichtlich durch den anderen aufgedrückt werden.

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  27. Ahja. Eine Zwangs- und Kontrolllösung. Eltern sollen also funktionieren. Genau wie die Kinder.

    Wollen wir eine menschenfreundlichere und respektvollere Gesellschaft, müssen wir von dieser Denke, dass Menschen zu erziehen seien, endlich wegkommen. Mündige Menschen sind etwas anderes als zwangserzogene. Es sind bewusste und verantwortungsvolle Menschen, die von sich aus ihre Verantwortung wahrnehmen. Und nicht durch Order per Mufti.

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  28. Kinder werden also geboren, damit ein Elternteil versorgt ist und weil es eh nichts besseres zu tun hat. Ist ja auch eine schöne Sicht der Dinge.

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  29. „Es sind bewusste und verantwortungsvolle Menschen, die von sich aus ihre Verantwortung wahrnehmen.“

    wenn das so ist, warum nehmen väter ihre zuständigkeit für kinder nicht von sich aus wahr?

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  30. @Horst_Sabine:

    Die meisten nehmen sie ja wahr ( genauso gut und schlecht wie die meisten Mütter ) – nur nicht auf die Art, die Du anscheinend für richtig hältst.

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  31. @horst sabine: Ich schrieb „es sind bewusste und verantwortungsvolle Menschen […]“, nämlich die mündigen im Gegensatz zu den zwangserzogenen. Ich habe nicht behauptet, dass diese sehr zahlreich sind und dass sich unter ihnen viele Männer fänden.

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  32. @ horst sabine
    „verhaltensmuster und das bewusstsein für zuständigkeiten werden bereits von kleinen kindern verinnerlicht.
    oder siehst du das anders?“
    Ja, das stimmt – was mir allerdings aufstößt, ist jetzt noch den Müttern zusätzlich die Verantwortugn dafür aufzudrücken, dass Männer sich ändern oder Verantwortung zeigen. Ich muss ja nicht alle Strukturen benennen, die für bestimmte Rollenverteilungen zuständig sind. Es fängt ja leider schon bei der Ausbildungswahl und den Verdienstmöglichkeiten an. Leider war ich mit 19 noch nicht so vorausschauend, dass ich die mir angeratenen Ausbildungen (von Eltern, LehrerInnen usw.) auf Ihre Verdienstmöglichkeiten hin genau überprüft hätte. Und so eine „weibliche“ Ausbildung hinter mir habe, die leider nicht wirklich Geld abwirft, obwohl hohe Quali gefordert ist.
    Ich finde es aber wichitig diese Strukturen mitzuberücksichtigen, denn es sind eben keine rein privaten Probleme, wer wann und warum das Kind abholt.
    @ sudelbien ich teile deine Ansicht, dass eine Mutter per se in der beschriebenen Situation in einer Konferenz keinen klaren Gedanken fassen kann, ein Vater aber schon, nicht. Ich glaube auch nicht, dass es prinzipiell daran lieg, dass Männer keine oder zu wenig Empathie für ihre Familienmitglieder empfinden können. Die Strukturen machen es eben, den Menschen, die es irgendwie anders als traditionell wollen (und da gehört auch das loslassen und Vertrauen der Mutter dazu) nicht gerade leicht. Wer es sowieso nicht anders machen will oder nur ein bisschen, hat ja auch keine Probleme in dieser Gesellschaft.

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  33. “ jetzt noch den Müttern zusätzlich die Verantwortugn dafür aufzudrücken, dass Männer sich ändern oder Verantwortung zeigen“

    wer sonst soll es tun? meinst du, die männer werden ihr komfortable lage freiwillig aufgeben?
    warum sollten sie?

    „Es fängt ja leider schon bei der Ausbildungswahl und den Verdienstmöglichkeiten an.“

    nein, es fängt viel früher an, nämlich dann, wenn ein kleiner junge merkt, dass er seine pflichten und die seines vaters optional sind, weil mutti einspringt.

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  34. „meinst du, die männer werden ihr komfortable lage freiwillig aufgeben?“

    Sowas kann man doch nicht „verallgemeinert“ besprechen – deswegen braucht es ja auch eine Gesellschaft, die nicht einseitig nur ein Lebensmodell mit Standardpräfeerenzen erlaubt.

    Im übrigen ist gemeinsame Elternschaft nicht ein Krieg, wo es darum geht, den anderen möglichst in die Pfanne zu hauen. Weswegen ich mal einfach so sage, dass natürlich „Neuverhandlungen“, wenn sich die Lage des Partners zu dessen Ungunsten verschiebt, für die allermeisten anständigen Menschen eine Selbstverständlichkeit sind.vorausgesetzt, man kann sich mit den Änderungen, die diese Neuverhandlung für einen selber bedeuten, einbringen.

    Entsprechend kenne ich z.B. eine ganze Reihe von Männern, die auf den Berufswunsch ihrer Frau ganz selbstverständlich eingehen und z.B. ihre Arbeitszeit reduziert haben, die Kinder vom Kindergarten abholen oder hinbringen, Essen kochen etc.pp.

    Mein persönlicher Eindruck ist jedenfalls, dass viele Leute es viel besser hinbekommen, als die beschissene rechtliche Situation mit ihrem Focus, Menschen alternativlos in das traditionelle Modell zu drängen oder aber hängen zu lassen oder auch das Auftreten der Feministinnen vermuten lassen.

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  35. PS.

    Muss allerdings dazu sagen, dass ich auch Fälle kenne, wo die Wahlmöglichkeit eine Pseudowahlmöglichkeit war – was dann zur Scheidung führte. Kenne entsprechend sowohl zwei Frauen, die sich darüber beklagen, dass der Gatte nur noch ein wenig Kindesunterhalt zahlt, ansonsten aber alles an ihnen hängen bleibt, als auch einige – mehr – Männer, die aus allen Wolken fielen, als nach Scheidung ihre Ex, mit der sie sich vorher Kind und Job aufteilten, ihnen per Gericht nur noch den Job zusprechen liess, von dessen Gehalt sie nichts persönlich haben, weil eh alles weg ist.

    Leider kann eben solchen Menschen, ob Männlein oder Weiblein, momentan nicht das Handwerk gelegt werden.

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  36. @beya, es war einfach ein Kopfkino, meines. Konnte mich darin besser in die Mutter versetzen, weil ich es ähnlich erlebt habe. Meine Erfahrung eben. Ich hätte es aber niemals so durchgezogen wie ich weiter oben spekuliert habe. Den Spagat zwischen Job und Familie habe ich gemacht, nicht der Vater. Deshalb ist meine Mutmaßung, wie ein Vater reagieren würde, reine Spekulation. Allerdings kenne ich ja die Männer aus meinem Umfeld. Meine Einschätzung sollte nicht allzu daneben liegen, ich irre mich im zwischenmenschlichen nicht mehr sehr oft.

    Aber es war nur ein Beispiel und keine Verallgemeinerung. Ist das nicht deutlich geworden?

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  37. @antjeschrupp
    „Worum es mir geht ist, dass die Symbolifigur “Elternarbeit als Option”, wie sie in dem brandeins-Zitat bekräftigt wird und auch im tatsächlichen Verhalten vieler “neuer” Väter zum Ausdruck kommt, nicht zum neuen Interpretationsmodell für Elternschaft generell werden darf, denn dies widerspricht der Bedingtheit des Menschseins: In Bezug auf Babies und kleine Kinder ist Elternarbeit eben keine Option, sondern eine undiskutierbare Notwendigkeit, die erledigt werden muss. Von irgend jemandem.“
    ich habe noch länger über diesen Satz nachgedacht und merke, dass ich doch tatsächlich geglaubt hatte, „Elternarbeit als Option“ wäre für alle Eltern möglich – auch für mich. Ich glaube viele Frauen, meiner Generation (Mitte/ Ende 70ger geboren) dachten das. Bis dann mit dem kleinen Wesen die Bedingheit des Menschseins so deutlich geworden ist…
    Naja, klar war mir schon, dass das wohl eher nicht in Kleinfamilie gehen würde, einfach Mangels Masse. Aber dass es auch in einer Gruppe nicht so einfach ist hätte ich nicht gedacht.
    @ horstsabine „wer sonst soll es tun? meinst du, die männer werden ihr komfortable lage freiwillig aufgeben? warum sollten sie?“
    Weil es auch männliche Feministen gibt und die sollen sich mal genau darum kümmern – oder feminist*innen ohne Kinder… oder andere, die eine Welt mit weniger Geschlechterrollenzuschreibungen haben wollen.
    @suedelbien war mir nicht so deutlich, danke für den Hinweis 🙂

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  38. „Weil es auch männliche Feministen gibt und die sollen sich mal genau darum kümmern – oder feministen ohne Kinder… oder andere, die eine Welt mit weniger Geschlechterrollenzuschreibungen haben wollen.“

    das ist eine typische argumentation: es sollen die anderen machen.
    du willst vielleicht auch eine welt mit weniger geschlechtsrollenzuschreibungen haben, willst aber nichts dafür tun. irgend jemand soll dir die probleme aus dem weg schaffen.

    wenn ich mir jetzt überlege, warum z.b. ich dein problem lösen soll, und z.b. den vater deiner kinder (oder irgendwelche anderen väter) dazu bringen soll, verantwortung für seine kinder nicht als optional zu betrachten, dann fällt mir weder ein, wie, noch warum ich das tun sollte.

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  39. Wie hier am Rande erwähnt, hängt das Ganze letztendlich auch am Einkommen. Wenn die Mutter eines Kindes über 50 Prozent zum Haushaltseinkommen beiträgt, wird ihre Erwerbsarbeit undiskutierbar notwendig statt optional. Mein Freund und ich sind in dieser Situation. Noch haben wir zwar keine Kinder, aber uns beiden ist klar, dass, wenn wir denn mal eins haben, er einen großen Teil der Fürsorge wird übernehmen müssen – schlicht deshalb, weil ich als Akademikerin einen höheren Stundensatz verlangen kann als er.

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  40. @Windsbraut:

    Ist das so? Ich sehe das Einkommen als enabler an, und klarerweise wählen Frauen oft Jobs, von denen sie kaum selber leben können, weil in ihrer Erziehung der versorgende Mann und der Focus auf die Kindererziehung im Grunde ja immer noch eingeplant ist, weswegen sie mal gar nichts ermöglichen können, schon gar nicht einem Mann, der Kinder wegen auszusetzen oder auch nur den Beruf auf zweite Stelle zu setzen.

    Aber vorausgesetzt, mein Partner kann mich genauso finanzieren wie ich ihn, inkl. Kinder – würde ich vom weiteren Einkommen niemals die Frage abhängig machen, ob ich oder sie auf die Kids aufpasst; warum auch?

    Wenn dem Partner der Lebensstil, den ich mir leisten kann, nicht passt, ist er eh nicht der richtige für mich – was soll ich dann mit dessen Millionen, wenn ich selber meinen Beruf mag?

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  41. Klar, Frauen wählen Jobs, von denen sie selbst kaum leben können. Frauen sind halt so doof, @Andreas. Ich hab damals ja auch auf meine Millionen verzichtet, als ich meine vielversprechende Ingenieurinnenkarriere zugunsten meiner Familie herunter schraubte (nein, aufgab, ist mir aber erst später klar geworden. Versucht mal, mit Teilzeit Karriere zu machen).

    @Windsbraut: Hahaha! Erwerbstätigkeit ist NIEMALS undiskutierbar notwendig, egal, um wieviel höher dein Gehalt gegenüber dem deines Freundes ist. Warte es ab. Wenn ihr ein Kind habt, dann sagt es euch schon, was undiskutierbar notwendig ist und was nicht. Und wer sich dann die meiste Zeit um das Kind kümmert, wird sich zeigen. Wünsche jetzt schon viel Spaß beim Ausdiskutieren und vor allem beim Umsetzen in die Praxis (z. B. Milch abpumpen, einfrieren etc., damit du in den Job verschwinden kannst und er dem Baby die Flasche geben kann. Aber vielleicht stillst du ja auch gleich ab. Sowieso völlig überflüssig, die meiste Zeit herumzusitzen und einen Säugling an der Brust hängen zu haben. Da könnte man doch soviel Sinnvolleres tun, nicht wahr?).

    Ich bitte meinen Sarkasmus zu entschuldigen. Aber manche Dinge sind erst vorstellbar, wenn die konkrete Situation da ist, die kann man nicht planen. Und das ist auch gut so.

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  42. @Suedelbien

    Ich finde den Sarkasmus nicht angebracht. Muss nicht immer alles schwer und anstrengend werden, wenn zwei Leute (und NATÜRLICH das Kind) sich arrangieren müssen und auch mal was auszudiskutieren haben.

    Kann passieren, auch wenn man´s vorher nicht denkt, kann auch ausbleiben, dann hat man vielleicht Glück mit der Partnerin_nenwahl.

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  43. Meine Generation 20 plus will eher wieder die traditionelle Rolle, Mann geht arbeiten, Frau passt auf die Kinder auf.

    Es kann nicht angehen das Vater und Mutter je einen Job haben und trotzdem nicht über die Runden kommen, während früher der Vater allein verdient hat und das Geld gereicht hat.

    Irgedwas läuft hier ganz gehörig schief.

    Mir ist auch egal wer von den beiden arbeiten geht. Aber nur einer.

    Alles andere drückt die Löhne und macht Familien kaputt.

    Ich habe in der Lehrzeit 1800 Mark verdient. Jetzt soll ich für 1400 € arbeiten gehen?

    Hier sollten sich Feministinnen mal in Selbstkritik üben und darüber nachdenken wie man die Schäden wiedergutmacht.

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  44. Je mehr Frauen und Männer gleichermaßen in die Erwerbstätigkeit gedrängt werden, desto problematischer wird das Arrangement der Sorgearbeit.
    Weder in Schweden, Frankreich noch in Ostdeutschland – also in jenen Ländern in denen Frauen gewohnt sind voll erwerbstätig zu sein, beteiligen sich Männer gleichwertig an der Familienarbeit.
    Ganz im Gegenteil, im Vergleich West und Ostdeutschland schneiden Westmänner viel besser bei der Haus und Carearbeit ab.
    Warum dies so ist, ganz einfach weil bei einer paritätischen Aufteilung eben sehr viel konflikthafte Absprache und Organistationsaufwand anfällt. D.h. die Paare brauchen viel mehr Zeit – die sie gar nicht haben. Auch bei der außerhäuslichen Betreuung fällt viel Zeit für Absprache, gegenseitige Information und Organisation ab. Das Zeitproblem wird so zum Beziehungskiller Nummer 1, bekanntlich werden aber in schlechten Beziehungen ab einen gewissen Zeitpunkt gar keine Absprachen mehr getätigt.
    Ist man in der Partnerschaft am Anfang noch bereit Carearbeit als Arbeit anzuerkennen wird es mit der Zeit meist von männlicher Seite geleugnet.

    Bsp. hierfür : wenn die Mütter alle erwebstätig wären , wäre Carearbeit nicht optional …..
    Pustekuchen – das Gegenteil ist der Fall, da hier Carearbeit als untergeordnet und minderwertig gegenüber der Erwerbsarbeit dagestellt wird. In diesem Kontex werden Care-Arbeitende gerne als Heimchen am Herd oder unterbelichtete hormongesteuerte Wesen der Gattung Mensch dargestellt.
    Frage : Wenn aber Carearbeit als minderwertige Arbeit angesehen wird, wie soll man dann Väter davon überzeugen diese minderwertige Arbeit zu tun ? Werden da nicht neue Abhängigkeiten und Machtverhältnisse generiert ?
    Ist die Verweigerung der Care-Arbeit dann nicht Machtmißbrauch ?

    anderes Beispiel : Mütter erziehen ihre Kinder zur Unselbständigkeit
    Altbekanntes Phänomen – die Mutter ist an allem Schuld – denn wer macht den Mann zum Mann …
    Zudem verwöhnen Mütter zu lange ihre Kinder. „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ der Ratgeber für schwarze Pädagogik lässt grüßen.

    Solange die Aufteilung der Reproduktionsarbeit und Produktionsarbeit den kapitalistischen Interessen diente, wurde sie als geachtetes Gesellschaftsmodell akzeptiert und durch einen Ernährerlohn gestützt.

    Heute jedoch in einer globalisierten, technisierten Welt spielt die Reproduktion in der ökonomischen Verwertungskette kaum eine Rolle. Daher wird sie als unnötiger Balast über Bord gespült.
    Wie weit sich diese neoliberale Logik in unseren Alltag geschlichen hat und als alternativlos akzeptiert wird – ist den meisten nicht bewußt. Erschreckend !

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  45. Diese Zuschrift erhielt ich per Mail, da sie aber von allgemeinem Interesse ist (und Frau Lotter es mir ausdrücklich erlaubt), poste ich sie auch hier!

    Sehr geehrte Frau Dr. Schrupp,

    bitte gestatten Sie, dass ich im Folgenden auf Ihren Blogpost vom 31.07. eingehe („Die neuen Väter und ihre Option auf Elternarbeit“). Gerne dürfen Sie meine Email auch veröffentlichen, wenn Sie möchten – dann aber bitte nicht nur auszugsweise, sondern komplett.

    Sie zitieren einen Satz aus einem brand eins-Editorial von Gabriele Fischer, nach dem mein Mann seinen Elternurlaub unterbrochen hat, um eine Geschichte für das aktuelle Heft zu schreiben.
    Sie schließen aus diesem Satz, dass dahinter die Idee stecke, konkrete Fürsorge für das Kind durch den Vater sei nur eine Option beziehungsweise eine Angelegenheit auf Zeit, die auch noch jederzeit unterbrochen werden könnte.
    Und da schrillen bei Ihnen die Alarmglocken.

    Nun ist es ja so: Alarmglocken sind eine äußerst unangenehme Sache. Jeder halbwegs vernünftige Mensch würde versuchen, dieses schrille Geräusch schnellstmöglich wieder abzustellen – es sei denn, er hätte sich schon so daran gewöhnt, dass ihm ohne etwas fehlen würde. Im Fall Wolf Lotter und brand eins hätte dem Klingeln in Ihren Ohren ganz schnell und einfach ein Ende gesetzt werden können. Sie hätten dafür nur das tun müssen, was wir Recherche nennen – einfach mal nachfragen.

    Ich kann verstehen, dass sich dieser von Ihnen zitierte Satz ganz wunderbar als Aufhänger eignet für Ihre Geschichte, die danach kommt.
    Wenn Sie aber Gabriele Fischer und meinen Mann dadurch in die Nähe jener rücken, für die die Fürsorge für ein Kind eben keine – in Ihren Worten – „undiskutierbare Notwendigkeit“ auch für die Väter darstellt, dann sehe ich mich gezwungen, einiges klarzustellen. Denn Sie diskreditieren damit zwei Menschen, die für mich als werdende Mutter eine großartige Unterstützung waren und es heute, als frischgebackene Mutter, weiterhin sind.

    Sie wissen nicht, warum Gabriele Fischer den Begriff des „Elternurlaubs“ gewählt hat. Und – Sie schreiben es selbst – Sie wissen nicht, wie unser Kind versorgt war in der Zeit, in der mein Mann die aktuelle brand eins Geschichte geschrieben hat. So weit, so gut. Was mich daran stört: Sie wollten es offenbar auch gar nicht wissen. Denn weder bei uns noch in der brand eins Redaktion wurde diesbezüglich nachgefragt.
    „Man lässt sich doch eine gute Geschichte nicht durch ein bißchen Recherche wieder kaputtmachen.“ Ich hielt das immer für einen schlechten Witz, aber offenbar gibt es doch Kollegen, die genau das tatsächlich praktizieren.

    Und so kommt es, wie es kommen muss – Ihre Polemik (Kekse!!!) trifft leider genau die Falschen. Schade.

    Denn hätten Sie nachgefragt, wie das von Ihnen verwendete Zitat zu verstehen sei, dann hätten Sie erfahren, dass „Elternurlaub“ in diesem Fall der einzig richtige und treffende Begriff ist. Gabriele Fischer weiß, was sie schreibt und warum. Mein Mann hatte bei brand eins etwa acht Wochen Urlaub eingereicht, um für seine Familie vor und nach der Geburt rund um die Uhr da sein zu können. Dieser Urlaub hat nichts, aber auch gar nichts mit der gesetzlichen Elternzeit zu tun (die bei brand eins niemand für Erholungsurlaub hält), und enthielt übrigens immer die Option, jederzeit beliebig und unbürokratisch weiter verlängert zu werden – Geschäftspartner, mit denen das so einfach machbar ist, können Sie vermutlich an einer Hand abzählen.

    Hätten Sie nachgefragt, wie unser Kind versorgt wurde in der Zeit, in der mein Mann sich erlaubt hat, eine Geschichte zu schreiben, dann wüssten Sie: Unser Kind war noch gar nicht auf der Welt. Wir haben lange auf den Beginn der Geburt gewartet, und mein Mann hat deshalb seinen Urlaub irgendwann unterbrochen und eben gearbeitet, während ich mich ausruhte. Dass er zwei Wochen nach der Geburt noch einmal zwei Stündchen für den Feinschliff drangehängt hat und es ihn daher nicht am Wochenbett hielt, während Mutter und Kind schliefen und stillten – geschenkt. Dabei kam niemand zu Schaden.

    Unser Kind ist mittlerweile 7 Wochen alt. Und trotzdem ist mein Mann im Gegensatz zu den meisten Vätern, die ich kenne, nicht nach den obligatorischen zwei Wochen Elternurlaub (sic!) nach der Geburt zum Feierabend- und Wochenend-Papa mutiert, der sich während der sogenannten „Vätermonate“ für seinen tollen Einsatz feiern lässt, um danach wieder weiterzumachen wie zuvor. Im Gegenteil: Die oft und gern (und eigentlich immer nur im Zusammenhang mit Müttern – warum eigentlich?) zitierte Doppelbelastung trifft meinen Mann derzeit noch viel mehr als mich. Väter können alles, außer stillen. Mein Mann macht in diesem Sinne alles, was ich auch mache und leistet darüber hinaus noch eine ganze Menge mehr für seine Familie. Denn zusätzlich auch noch das Familieneinkommen alleine zu erwirtschaften, ist ebenso Fürsorge fürs Kind wie dessen Beaufsichtigung, Pflege und Förderung. Dieser Aspekt wird bei dem ganzen Geschrei und Gezeter rund um die Verantwortung der Männer für ihre Familien gern unterschlagen.

    Hätten Sie also nachgefragt, wie das wirklich ist mit den neuen Vätern, dann hätten Sie gerade mit meinem Mann ein wunderbares Beispiel dafür gefunden, wie es auch gehen kann. Denn dank unserer Selbständigkeit und damit der Möglichkeit, Familienleben und Beruf unter einem Dach zu verbinden (ein Modell, für das mein Mann seit vielen Jahren eintritt und streitet), sind für meinen Mann und mich die Fragen, die Sie sich noch stellen (was soll Vaterschaft zukünftig bedeuten, nachdem das alte patriarchale Modell ausgedient hat und wie sieht die Alternative zur optionalen Vaterschaft aus), längst ganz praktisch beantwortet. Wir halten die ständige Fürsorge und Verantwortung für unser Kind für selbstverständlich, oder, in Ihren Worten, für eine „undiskutierbare Notwendigkeit“ für beide Elternteile. Mein Mann erwartet dafür weder Kekse noch Applaus, und auch bei brand eins ist man nicht der Meinung, dass ihm dafür Kekse und Applaus gebühren sollten. Denn Kinder gehören zum Leben einfach dazu, und dass beide Elternteile gleichermaßen und immer – nie nur auf Zeit und nie nur, wenn es gerade sonst nichts Wichtigeres zu tun gib, für ihre Kinder da sind und da sein können müssen, ist für uns und für Gabriele Fischer überhaupt nichts Neues.

    Mit freundlichen Grüßen
    Katharina Lotter

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  46. Und dasselbe tue ich auch mit meiner Antwort…

    Liebe Frau Lotter,

    vielen Dank für Ihre ausführliche Reaktion auf meinen Blogpost. Ich mache gern von dem Angebot Gebrauch, sie in den Kommentaren zu veröffentlichen.

    Es freut mich sehr, dass Sie und Ihr Mann die Zeit rund um die Geburt Ihres Kindes so gut organisiert bekommen, und auch, dass Ihr Mann von brandeins dafür den notwendigen Freiraum bekommt, was in der Tat (leider) nicht selbstverständlich ist. Ich wünsche Ihnen dabei auch für die Zukunft alles Gute.

    Mir ging es in dem Artikel überhaupt nicht darum, Ihre Lebensweise oder die Ihres Mannes zu bewerten – dass ich darüber überhaupt nichts weiß, habe ich ja explizit geschrieben – sondern darum, zu bewerten, wie Diskurse zum Thema „Väter“ derzeit geführt werden. Es ging mir um die Bilder und Formulierungen im Editorial von brandeins. Und die dort gewählten Formulierungen stehen ja außer Frage.

    Jetzt, wo Sie mir die Hintergründe näher geschildert haben, entstehen bei mir aber neue Fragen: Wenn niemand der Meinung ist, Ihr Mann habe wegen seiner Sorge für Sie oder das Kind Kekse verdient – warum hat er dann in Form dieses Editorials dennoch welche bekommen? Wenn es zum Zeitpunkt seiner journalistischen Tätigkeit zuhause überhaupt nichts zu tun gab – warum ist es dann erwähnenswert, dass er seinen „Elternurlaub“ unterbrochen hat?

    Ich bin übrigens nicht Ihrer Ansicht, dass das Wort „Urlaub“ in dem Zusammenhang unproblematisch ist, denn egal ob es sich um staatlich finanzierte Elternzeit handelt oder um eine selbst gewählte Unterbrechung der Erwerbsarbeit – „Urlaub“ ist es so oder so nicht. Dass unbezahlte Fürsorgearbeit weithin nicht als Teil der Ökonomie gilt, sondern als etwas, das sich außerhalb ökonomischer Mechanismen abspielt (zum Beispiel bei der Definition von „Wohlstand“) ist meiner Ansicht nach das derzeit größte Manko vieler volkswirtschaftlicher Analysen.

    Ich stimme Ihnen hingegen ganz zu, dass auf die Frage, welches Vaterschaftsmodell zukünftig an die Stelle des alten patriarchalen Vaterbildes tritt, längst praktische Antworten gefunden werden, so wie zum Beispiel von Ihnen und Ihrem Mann. Ich glaube aber auch, dass solche Veränderungen auf einer symbolischen Ebene begleitet werden müssen, zumal wenn man sich wünscht, dass sie sich gesellschaftlich verbreiten, von anderen aufgegriffen werden und dann auch in entsprechende Rahmenbedingungen münden. Zum Beispiel in solche, bei denen man Arbeitgeber wie brandeins nicht mehr mit der Lupe suchen muss, sondern flexible Elternzeitregelungen selbstverständlich geworden sind.

    Und meine These ist eben, dass dies momentan durch die Art und Weise erschwert wird, wie und mit welchen Begriffen über diese Veränderungen gesprochen und geschrieben wird. Nämlich so, dass dabei der Eindruck der Optionalität entsteht, vor allem in Bezug auf Vaterbilder – und ich bin nach wie vor der Ansicht, dass die betreffenden Formulierungen im Editorial von brandeins ein Beleg dafür sind.

    Herzliche Grüße,
    Antje Schrupp

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  47. Liebe Antje,

    der Eindruck von Optionalität bei der Vaterschaft entsteht z.B. vor allem dadurch, dass Frauen nicht zur Zahlung eines Betreuungsgeldes an den Vater verpflichtet werden können und zum Kindesunterhalt finanziell nicht hälftig beitragen müssen.

    Da muss man gar nicht auf die böse Wirtschaft und die bösen Arbeitgeber verweisen – die setzen da nur um, was gesellschaftlich in den Familien gelebt wird.

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  48. @Andreas – Wie kommst du Idee, dass Frauen dazu nicht verpflichtet werden können? Wenn eine Frau Geld verdient und der Vater die Fürsorgearbeit leistet, muss sie natürlich Betreuungsunterhalt bezahlen. Außerdem müssen auch Väter nicht finanziell hälftig zum Kindesunterhalt beitragen, nämlich dann nicht, wenn sie kein Einkommen haben. Was ja hin und wieder vorkommen soll. Oder wenn sie sich ihr Einkommen von darauf spezialisierten Anwälten klein rechnen lassen.

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  49. @Suedelbien: Es fängt doch schon beim Anruf an. Hier hatten immer beide Kindergärten und beide Schulen alle Telefonnummern – Festnetz, Handys, Dienstnummer Vater, Dienstnummer Mutter. Preisfrage: Wer wird denn immer als Erstes bzw. sogar Einziges angerufen? Bingo: Die Mutter.

    Üblicherweise versucht es Schule/Kindergarten erstmal auf dem Festnetz. (Was an sich schon völliger Quatsch ist, denn die Einrichtungen wissen durch unsere Angaben zum Betreuungsbedarf, dass wir beide berufstätig sind.) Dann ist die Handynummer der Mutter dran, dann die Dienstnummer der Mutter. Ich habe es noch _nie_ erlebt, dass auch nur ein einziges Mal zuerst der Vater angerufen wurde.

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  50. @AntjeSchrupp:

    Du sagst es: „Wenn“ – der Vater braucht Einverständnis, um seine Versorgung durchsetzen zu können. Und wenn es die nicht gibt, kann er sich halt nicht um seine Kids kümmern, ganz einfach.

    Als Mutter brauche ich kein Einverständnis, sondern kann den anderen zwingen, meine Versorgung zu gewährleisten.

    Worin sich eben einfach die gesellschaftliche Haltung zur Optionalität von sorgender Vaterschaft ausspricht, wie sie von Frauen und Männer momentan gelebt wird.

    Das ist ja nicht „kausal“, natürlich kann man durch Privatinitiative einiges ändern – es ist nur einer von vielen Zaunpfählen, die sozusagen das Terrain eines Menschen abstecken. Aber eben im Zweifelsfall ein tragender Zaunpfahl *g*.

    Übrigens fällt auf, dass in solchen Diskussionen Männer sich bitte immer privat änder sollen – was Frauen angeht, soll aber bitte die Gesellschaft für Veränderungen sorgen.

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  51. ich habe dreimal „junge“ elternschaft erlebt:

    1. mit 21, studentin, teilerwerbstätig, vater 1. ernährer, verheiratet, 9 monate gestillt
    in dieser konstellation ging mir erstmalig auf, dass das was mich gymnasium und 68er-lehrereltern haben vermuten lassen über rollenverteilung, scheinbar nicht ganz der realität entspricht. große abbitte an die eigene mutter.
    2. mit 28, ich alleinverdienerin, freiberuflich, 9 monate gestillt
    ich wollte die verdammte ernährerolle, das „eigene geld“ und das von jemand anders gekochte essen auf dem tisch und nie wieder das „andere“, dafür habe ich den ernährerjob ergriffen, auch wenn ich die halbe-halbe-sache noch besser gefunden hätte. aber bleiben wir realistisch.
    diese konstellation geht, es lief nur nicht so wie geplant. „urlaub“ wurde sehr wörtlich genommen und wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, habe ich nicht den eindruck durch geänderte vorzeichen „optionaler“ geworden zu sein.
    3. mit 30, gleiche konstellation, 14 monate gestillt.
    erstaunlicher unterschied hier: ich habe nicht abgepumpt, weil ich mich nicht mehr dazu verpflichtet fühlte und die durchs konsequente beifüttern von anfang an erzielten caring-verpflichtungs-unterschiede auf seiten des vaters wurden von ALLEN als frappierend wahrgenommen. zufall?

    jetzt mit 33 bin ich allein mit drei kindern und habe zum ersten mal nicht das gefühl, weder den gesellschaftlichen, noch MEINEN, noch den erwartungen eines partners entsprechen zu können.
    optional ist keine option mehr. wenn ich ersetzt werden muss, MUSS ich mir was einfallen lassen und nicht enttäuscht sein, weil niemand anders das für mich organisiert, auch wenn er es könnte.
    alleinerziehende berufs- und erwerbstätige mütter mit drei kinder gibt es in meinem umfeld nicht, also misst mich auch niemand mehr an irgendwem. an rolle bleibt: ich bin die mutter, dieser drei. im bezug auf die kinder habe ich die rolle IMMER genossen. weil hey, das bin einfach ich und kein „bild“.
    das ist freiheit.

    ich kenne keinen einzigen fall in dem beide eltern, nach anfänglich ehrenwerten gedanken, wünschen und zielen eine gleichverteilung der aufgaben erreichen. selbst dann nicht, wenn sie rollenwechseln und/oder ihre zeit frei einteilen können.
    viele die nach außen hin die „gelingende NEUE familie“ darstellen, sagen mir, als eindeutig „dreifach gescheiterte“, dass mütter halt immer mütter bleiben.
    mütter, die ohne die optionale option, nicht mütter, die die schwangergewordensind.
    das ist ernüchterung.

    ich habe zwei jungs und ich wüsste zu gerne, wie ich ihnen NICHT beibringe, dass väter eine option sind.

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  52. @Andreas – oh, nee, die Frauen haben privat schon sehr viel geändert, das ist die Grundlage von allem. Die Gesellschaft vollzieht das jetzt nur nachträglich nach.

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  53. @Andreas: Die Frau muss deswegen keinen finanziellen Unterhalt leisten, weil sie ihn durch die Fürsorge erbringt. Wenn der Mann das Kind versorgt, muss die Frau den finanziellen Unterhalt leisten.
    Das Ist nicht geschlechterspezifisch.

    Warum unter einer solchen, durchaus sinnvollen Debatte, immer Stammtischparolen landen müssen…

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  54. @Andreas: Die Einkommensverteilung ist bei uns eben nicht ausgeglichen. Vom Einkommen meines Freundes (knapp über der Armutsgrenze) können schlicht keine zwei Leute leben, geschweige denn eine Familie. Das heisst, dass es zu meiner Erwerbstätigkeit eben keine Alternative gibt. Wir wissen das beide und planen dementsprechend. Allerdings überrascht mich Dein Sarkasmus, @Suedelbien. Hatte ich je behauptet, dass ich mir das einfach vorstelle? Oder das ich mich auf die Diskussionen, die es mit Sicherheit geben wird, freue? Dass ich keine Elternzeit nehmen würde? Dein Versuch, mich zum stillfeindlichen Karriereweib zu machen, geht fehl: es geht nicht darum, was ich „Sinnvolles tun“ will. Das wäre eine Option. Hier geht es um eine Notwendigkeit – nämlich einen Teil zum Haushaltseinkommen beizutragen, der in meinem Fall bei mehr als 50 Prozent liegt. Entsprechend stellt mein Freund sich darauf ein, langfristig mehr Fürsorgearbeit zu übernehmen. Auch das soll es geben. Oder lehnst Du solche Modelle pauschal ab?

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  55. @Anna: Dein „Wenn“ zeigt genauso wie bei AntjeSchrupp Deine eigene Verhaftetheit in der Vorstellung von bitte schön optionaler Vaterschaft, die Du genauso wenig aufzugeben bereit bist.

    Im übrigen siehe meine Antwort an AntjeSchrupp – die rechtliche Lage ist eindeutig und ja, sicher den Stammtischen geschuldet, an denen die Gesetzgeber ( unter ihnen viele Feministinnen ) sassen.

    @Windsbraut:

    Ja – ich habe Deine Erzählung auch mehr so zum Anlass genommen, mal darüber zu spekulieren, welche Kultur es braucht bzw. fehlt, wenn Leute mit deutlich unterschiedlichem Einkommen Partner sind.

    Das war nicht persönlich gemeint.

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  56. Vielen Dank für den Hinweis auf das – auch mit Elternzeit – vorherrschende Missverhältnis der Vorstellung von Vaterschaft im Gegensatz zu Mutterschaft. Mir fällt diese unterschiedliche Bewertung immer dann auf, wenn davon die Rede ist, dass sich Väter an der Familienarbeit „beteiligen“. Das ist zwar vermutlich gut gemeint, aber dass sich Mütter an der Familienarbeit (nur) beteiligen, habe ich noch nie gehört – es wird schließlich automatisch als ihre Aufgabe angenommen.

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  57. @Windbraut, nein, ich lehne solche Modelle nicht pauschal ab noch war es meine Absicht, dich zu einem stillfeindlichen Karriereweib abzustempeln. Mein Sarkasmus hat ja auch gar nichts mit dir zu tun, sondern vielmehr mit mir. Ich habe das alles schon hinter mir, habe es mir vorher auch schöner und leichter und geregelter vorgestellt, aber die Realität sah dann doch sehr anders aus. Vor allem eines: Man kann sie absolut nicht planen. Das Kind wird immer Prioritäten setzen, egal, was sich die Eltern ausdenken.

    @Antje: Ich kriege immer eine Fehlermeldung, wenn ich meinen Kommentar gepostet habe. Beim zweiten Versuch klappt es dann.

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  58. Du meinst also ein „Vater“ würde sein Kind einfach alleine zuhause lassen, wenn er keinen Babysitter findet, eine „Mutter“ aber nicht? Was für eine äussert seltsame Vorstellung. Wenn der Mann hier Zeit für ein Interview mit einer Zeitung hat, wird er wohl für die Zeit einen Babysitter gefunden haben.
    Manche Dinge sind gar nicht so kompliziert, wie manche Leute sie machen wollen…
    Ich denke eher es hat andere Gründe, warum Väter als Hauptkinderhüter sich nicht durchsetzen werden: Mütter haben einfach den grösseren Anspruch darauf – wie Du ja schon ausführst, während der Schwangerschaft und evtl. auch noch während der Stillzeit danach investieren sie einfach zwangsläufig viel mehr Kraft und Energie in das Kind als die Väter. Und dadurch haben sie eben auch den größeren Anspruch, die Zeit mit dem Kind verbringen zu dürfen – wenn sie es wollen, nicht alle wollen es, aber eben doch viele (die Mehrheit).
    Ein Mann der Hausmann ist ist letzlich nur sein sehr, sehr teurer Babysitter, geht man von einer Ehe aus in der das Einkommen zwischen den Ehepartnern geteilt werden muss. D.h. ein Babysitter, der die Hälfte des Einkommens kostet – kein Wunder das viele Frauen das nicht lange mitmachen. Zumal es ja oft eher nervig ist wenn der andere Elternteil in die Erziehung mit reinquatscht (ja, auch in guten Partnerschaften, über Kindeserziehung lässt sich super streiten).
    Ich finde die Vorstellung auch etwas absurd, daß eine Frau nachdem sie all die Mühen auf sich genommen hat ein Kind zu gebären, im nächsten Moment dieses Kind abgeben soll und wieder einem normalen Job nachgehen soll als wäre nichts gewesen. Mir fällt gar kein passender Vergleich ein, da es so etwas einzigartiges ist. Vielleicht könnte man sich vorstellen man hätte unter Einsatz seines Lebens und aller Kräfte ein Segelboot gebaut, und sobald es fertig ist steigt jemand anderer ein und segelt damit davon. Vielleicht ist das für manche Frauen das Richtige (die Natur hat ja irgendwie auch das Phänomän der Wochenbettdepression hervorgebracht, vielleicht genau deswegen), aber sicher nicht für die Mehrheit.

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  59. @antjeschrupp re Schuld des Feminismus daran, dass sich Erwerbsarbeit weniger lohnt: es geht doch beim Feminismus letzlich darum, die Lohnkosten zu senken, da mehr Arbeitskräfte in den Markt gedrückt werden. Das Privileg der Frauen Zuhause bleiben zu können wird abgeschafft, stattdessen darf man sein Kind mit 6 Monaten in eine Krippe geben, damit nun auch Frauen 60-Stundenwochen schieben können.
    Wie es dazu kam daß der Feminismus sich mit dem Neokapitalismus vereinigt hat weiss ich auch nicht (sicherlich war es nicht die ursprüngliche Intention der Feministinnen), aber ich finde das Resultat schon sehr erstaunlich.
    Wobei man sicherlich auch schauen muss, von welchen „Instanzen“ der moderne Feminismus Rückendeckung erhält, und welche Interessen diese Instanzen womöglich wirklich haben. Da ist es dann schon wieder weniger Überraschend.
    Ich finde auch die Kommentare hier lustig, Frauen wünschen sich ein Recht auf Vollzeitarbeit? Finde ich lustig, weil ich seit ich Arbeiten gehe lieber Teilzeit arbeiten würde. In meiner Branche (IT, Mathematik) hätte sich aber nur der Staat als Arbeitgeber darauf eingelassen. Und als Elternteil geht es nicht, weil das Geld nicht reichen würde. Teilzeit arbeiten zu können ist ein Privileg.

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  60. Sorry, noch ein Kommentar, aber ich frage es mich schon so lange und vielleicht kann mir hier einer Antworten: welche Jobs sind es eigentlich Beispielsweise, die Frauen lieber machen würden als Zeit mit ihren Kindern zu verbringen? Ich vermute immer daß die meisten Verfechterinnen davon zumindest Akademikerinnen sind und sicherlich nicht die Supermarktkassiererin im Sinn haben, wenn sie sich das Vorstellen.
    Für mich fällt mir nämlich nur wenig ein, was ich lieber tun würde. Vielleicht wenn ich gerade 1000e von Kinder in Afrika vor dem Verhungern retten könnte, oder kurz vor dem Durchbruch bei der Heilung von Krebs stünde. Aber sonst? Eine neue Werbekampagne für Nestle gestalten? Einen Zeitungsartikel über Big Brother schreiben? Die meisten Jobs sind doch eigentlich Bullshit Jobs (siehe den jüngsten Artikel von David Gräber zu dem Thema).
    Witzigerweise wären genau für die Dinge die ich persönlich am liebsten machen würde die Elternzeit ideal: z.B. ein Buch schreiben, oder eigene Produkte kreieren, ohne Chef im Nacken. Die Kleinen Schlafen ja auch viel und gehen irgendwann in den Kindergarten, so dass da durchaus viel flexible Zeit übrig wäre.
    Evtl. geht es bei dem Jobwunsch der Frauen einfach um den Status unter Kollegen?

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  61. Den XX-Faktor-Kommentar hatte ich noch nicht gelesen. Ich muss sagen, ich bin beeindruckt, das kommt dem was ich an Realität vermute schon sehr Nahe.

    Wegen „die Frauen“: mir geht es ja eben darum daß Frauen die für „jobbende Mütter“ plädieren eventuell ein sehr geringen Anteil von Frauen sind, die einen Job haben der Interessant genug ist um sein Kind dafür Links liegen zu lassen. Auch hier in den Kommentaren wieder werden ja teilweise Forderungen gestellt wie Pflicht für Väter, 6 Monate Elternzeit zu nehmen – Frauen sollen geradezu gezwungen werden zu arbeiten anstatt „Hausmütter“ zu sein, vermeintlich zum Wohle der Frauen. Dabei sieht die Thematik aus Sicht der Mehrheit der Frauen mit langweiligen Jobs (OK, aus meiner Perspektive, aber z.B. Supermarktkassiererin kann einfach nicht so toll sein) eben ganz anders aus.
    Ich habe mir sogar die Mühe gemacht beim statistischen Bundesamt die Aufteilung der Berufe unter Männern und Frauen herunterzuladen (sehr, sehr viele Frauen sind Krankenschwestern :-). Leider hat das statistische Bundesamt diese Daten sehr unpraktisch aufbereitet, so daß man sie nicht auf einen Blick erfassen kann. Ich plane demnächst daraus eine übersichtlichere Darstellung zu machen und diese zu bloggen. (Das Hauptproblem ist daß das Amt eine Tabelle mit Berufsschlüsseln – Nummern – anbietet, und in der Tabelle mit den Berufsanteilen nur diese Nummern verwendet, so daß auf einen Blick nicht zu sehen ist welche Berufe eigentlich dahinter stecken).
    Ich will noch Anmerken, falls sich meine Thesen teils provokativ anhören, daß ich mir sehr viel Zeit für mein Kind genommen habe und dies sehr schön fand und nicht missen wollen würde. Natürlich verstehe ich, daß es nicht jeder so empfindet und manche Eltern ihre Kindern anscheinend nur als Nervensägen empfinden. Ich beanspruche allerdings für mich das persönliche Recht, solche Fälle traurig zu finden.

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  62. @Björn – ansonsten ist das Problem an dem „Frauen bleiben Zuhause, Männer gehen arbeiten“ halt auch, dass auf diese Weise, Öffentliche Sichtbarkeit, Einkommen, Entscheidungsmacht zugunsten der Männer verschoben ist. Dass fast alle Feministinnen dieses klassische Arrangement kritisieren liegt nicht daran, dass sie finden, Frauen sollten dasselbe machen, wie Männer, sondern dass sie kritisieren, dass die „weibliche“ Seite dieser Aufteilung keinen gesellschaftlichen Einfluss hat und für unwichtig gilt. über die Lösungsmöglichkeiten für dieses Problem gibt es allerdings unterschiedliche Auffassung unter Feministinnen, wobei halt die, die die berufliche „Gleichstellung“ mit den Männern vorschlagen, in den Medien besonders viel vorkommen. Es gibt aber auch andere Überlegungen, die zum Beispiel das klassische System von Erwerbsabreit oder die Aufteilung in Produktions- und Reproduktionsarbeit kritisieren.

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  63. @Antje wenn ich die Daten aufbereitet habe werde ich hier kommentieren.

    Zur Männerarbeit – da kenne ich nun nicht die Untersuchungen, die die Sorgen des Feminismus belegen (also daß die Belange der Frauen ungenügend berücksichtigt werden). Z.B. beim Einkommen ist es doch so, daß zumindest Ehefrauen genausoviel verdienen wie ihre Ehemänner, was denke ich in den gängigen Artikeln nicht berücksichtigt wird. Single-Frauen hingegen verdienen ja oft ähnlich gut wie Männer. Ausserdem habe ich mal gehört daß Frauen über den Großteil des Kapitals verfügen, dazu suche ich aber noch Belege. Es erscheint mir nicht unwahrscheinlich, unter anderem da Frauen ja auch Erben und länger Leben als Männer. Entscheidungsmacht erscheint ähnlich schwierig – immerhin dürfen Frauen doch wählen und stellen mehr als 50% der Bevölkerung.

    Öffentliche Sichtbarkeit verstehe ich auch nicht wirklich, das kann man wohl so definieren wie es passt – ich sehe sehr viele Mütter mit Kindern auf der Strasse, wenn ich tagsüber spazieren gehe 🙂 Und die deutsche Bundeskanzlerin ist eine Frau.

    Ein Problem bei Führungspositionen ist ja wohl auch, daß sie häufig mehr Stress bedeuten als sie proportional mehr an Einkommen bedingen, und somit für Frauen mit Familie besonders unattraktiv sind.

    Ich finde übrigens auch daß schon die Messung des Einkommens ideologisch motiviert ist – würde z.B. „Zeit die mit Freunden und Familie verbracht wird“ gemessen, würden womöglich Frauen deutlich besser abschneiden. Bei Gesundheit und Lebenserwartung ebenso – mir persönlich wäre ein längeres Leben schon ein paar 1000er auf dem Konto weniger wert.

    Auf jeden Fall wäre es doch absurd als Lösung vorzuschlagen Frauen müssten die gleichen Jobs machen, wenn als Problem angenommen wird daß Männer die Belange von Frauen nicht genügend berücksichtigen. Denn dann wären die Frauen ja in derselben Situation und würden vermutlich die Belange der „ursprünglichen“ Frauen auch wieder nicht berücksichtigt.

    Zur Aufteilung von Produktions- und Reproduktionsarbeit habe ich ja meine Meinung schon geschrieben, nämlich daß hier nicht Frauen zur Reproduktion versklavt werden, sondern daß Frauen eben den höheren Anspruch haben die Zeit mit der Familie verbringen zu können, da sie biologisch mehr investieren. Bzw. da Frauen die Fortpflanzung kontrollieren habe sie die bessere Verhandlungsposition und können sich die angenehmeren Aufgaben aussuchen.

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  64. @Björn – nein, nicht nur bei Einkommen, auch beim Vermögen haben Männer mehr Geld als Frauen: http://www.boeckler.de/22646_22654.htm. Natürlich hast du Recht, dass in „guten“ Ehen auch die Frauen über das Geld der Männer teilweise verfügen können, aber sie sind dabei eben vom Goodwill des Ehemannes weitgehend abhängig. Ansonsten hast du recht: Die feministische Gesellschaftkritik hat schon immer zum Ziel gehabt, dass es hinterher Frauen und Männern besser gehen soll. Und natürlich stimmt es, dass Geld allein nicht glücklich macht. Aber ein Aspekt unter mehreren ist es halt schon.

    Zur öffentlichen Präsenz: Da hat ja Anne Roth das 50Prozent-Blog (http://50prozent.noblogs.org/), wo viele Beispiele dafür aufgelistet sind, die belegen, dass Männer sehr viel mehr öffentlich reden, z.B. bei Veranstaltungen. Das prägt dann natürlich schon das Gesamtbild. Es gibt auch ohne Ende Erhebungen dazu, wie viel Frauen und Männer etwa in den Medien vorkommen, und eine Bundeskanzlerin reißt das auch nicht raus. Würde man Merkel aus den Erhebungen rausrechnen, sähe das Ganze noch viel desolater aus.

    Dabei geht es nicht (nur) um die Frage, ob das den Frauen gegenüber ungerecht ist, viel wichtiger ist die Frage, ob das, was da öffentlich verhandelt wird, gut sein kann, wenn bestimmte Perspektiven systematisch außen vor bleiben, weil man sie für „privat“, also „unwichtig“ hält.

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  65. Nur kurz da ich weg muss: in Ehen gehört das Einkommen beider Partner zu gleichen Teilen beiden, also sind Ehefrauen nicht vom Goodwill ihrer Ehemänner abhängig. Es sei denn sie haben Sonderverrträge abgeschlossen, wobei ich nicht weiss inwieweit diese überhaupt rechtens sein können.

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  66. So hab nun weiter gelesen – Danke für den Link zur Einkommensverteilung. Sehr interessant, nur Schade daß man anscheinend nicht direkt an die Daten rankommt, sondern ein Buch kaufen muss (unklar inwieweit die rohen Daten darin enthalten sind).

    Das 50%-Blog finde ich ehrlich gesagt völlig albern. Erstens besagt so eine willkürlich ausgewählte Liste gar nichts (anekdotische Beweisführung), zweitens könnten Frauen ja einfach etwas daran ändern. Z.B. eine Konferenz für Strickmuster ausrufen (entschuldige das Klischee, mir fällt gerade kein gutes Beispiel ein), und Zack gäbe es ein weiteres Beispiel für ein Symposium mit > 50% Frauenanteil. Wurden bei der Medienpräsenz überhaupt auch Frauenzeitschriften ausgewertet (Brigitte, Cosmopolitan etc.)?
    Anstatt auf der Medienpräsenz herumzureiten (davon abgesehen daß wer etwas auf die Medien gibt sowieso schon verloren hat), wäre doch interessanter zu erforschen ob der befürchtete Effekt der Vernachlässigung weiblicher Belange überhaupt eintritt, und falls ja, wäre es doch sinnvoller direkt für diese Belange zu kämpfen anstatt für unsinnige Quotenregelungen.
    Letzten Freitag war ich übrigens auf einer IT-Konferenz mit nur 2 Teilnehmenden Frauen, ca. 4% Frauenanteil würde ich sagen. Es gab weder sexistische Bemerkungen noch sexistische Vorfälle soweit ich weiss (mit einer der Frauen saß ich die ganze Zeit am Tisch und hätte bemerkt wenn sie angemacht worden wäre). Daher wage ich zu behaupten daß Frauen sich einfach nicht dafür interessiert haben.

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  67. Sorry, wieder noch ein weiterer Kommentar, die Einfälle kommen oft erst beim Schreiben…

    Die Argumentation mit der Repräsentanz finde ich auch deshalb unsinnig, weil analog auch nicht automatisch meine Interessen als Mann dadurch vertreten werden, daß Männer Chefs sind oder in einem Panel sitzen. Ein Chef, z.B. vertritt seine Interessen und die seiner Firma, nicht die seiner Angestellten.

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  68. @Björn – rechtlich hast du recht, dass das Einkommen in Ehen beiden Partnern gehört, praktisch ist das Geld aber auf dem Konto desjenigen, der erwerbsarbeitet, deshalb hat er die faktische Möglichkeit, der anderen ihren Anteil vorzuenthalten, und es gibt auch gar nicht so wenige Männer, die das tun. Die Frau hat dann die Option, vor Gericht zu ziehen, aber wie realistisch ist das? Mein Vorschlag wäre ja, dass Arbeitgeber bei verheirateten Paaren das Geld von vornherein halbieren und auf jeweils beider Kontos eine Hälfte überweisen. So schwierig kann das ja nicht zu organisieren sein.

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