Trolle und ihre Absichten

Gestern habe ich drüben in meinem Gottblog christliche Fundamentalisten mit Trollen verglichen, weil auch sie eine sinnvolle Diskussion unmöglich machen.

In der Kommentardiskussion wurde als Einwand gegen diesen Vergleich vorgebracht, dass religiöse Fundamentalisten meist keine böse Absicht haben, sondern ehrlich überzeugt sind, „im Namen des Herrn“ unterwegs zu sein. Die böse Absicht jedoch sei das wesentliche Charakteristikum von Trollen. Trollen ginge es nicht um die Sache, sondern sie würden Diskussion absichtlich stören bzw. hätten unlautere Motive wie Spaß am Stören, Suche nach Aufmerksamkeit, den Wunsch, Schaden anzurichten.

Mit dieser Definition von Trolltum bin ich nicht einverstanden. Natürlich will ich nicht bestreiten, dass es sicher auch Trolle gibt, die einfach Spaß daran haben, andere zu ärgern. Aber ich glaube, wenn wir das Phänomen in erster Linie unter diesem Gesichtspunkt betrachten, geht das am Kern der Sache vorbei. Denn für den Effekt, den ein Troll für den Diskussionsverlauf hat, ist es ganz egal, in welcher Absicht er das macht.

Aus meiner eigenen Erfahrung in diesem Blog kann ich sagen, dass der Umgang mit Leuten, die offensichtlich böswillig sind, die Frauen sowieso hassen oder dummblöde Sprüche ablassen, ziemlich leicht ist: Weg damit.

Viel schwieriger ist der Umgang mit den anderen, die tatsächlich ein Anliegen haben, denen es also durchaus um das Thema geht, nur dass sie eben so felsenfest davon überzeugt sind, dass sie recht haben, dass sie nicht in der Lage sind, auf andere Argumente zu hören oder sie auch nur ansatzweise zu verstehen. Also durchaus vergleichbar der Beschränktheit und dem missionarischen Eifer von Fundamentalisten.

Ich bekomme hier häufig Kommentare von Männern (selten auch von Frauen), die ich unter „Trolltum“ einsortiere und daher nicht freischalte, obwohl ich mir sicher bin, dass sie nicht in der Absicht geschrieben sind, die Diskussion zu zerstören, sondern aus ehrlicher Empörung, aus Eifer, aus einer felsenfesten Überzeugung heraus, in der ernsthaften Absicht, die Welt vor der Zerstörung durch den Feminismus zu retten.

Oft wissen diese Kommentatoren auch, dass sie keine Chance haben, hier veröffentlicht zu werden (sie schreiben es dazu, dass sie es wissen), aber dennoch machen sie sich die Mühe, lange oder kürzere Texte mit ihrer Meinung zu den von mir angesprochenen Themen zu schreiben. Sie schreiben das sozusagen nur für mich, oder besser, für sich selbst, damit sie nicht geschwiegen haben angesichts des Unsinns, den ich hier verzapfe. Ich habe manchmal tatsächlich den Eindruck, sie „beten für meine Seele“ in gewisser Weise, sie legen ein Bekenntnis ab. Die Nähe zum Fundamentalismus ist für mich ziemlich offensichtlich.

Von daher halte ich es für falsch, das Phänomen „Trolle“ vorschnell auf Böswilligkeit, Sadismus, Zerstörungslust und so weiter zu verengen. Zumal die hinter einem Trollkommentar stehende Absicht ja auch vollkommen egal ist: Auch ein in „bester Absicht“ agierender Troll zerstört objektiv die Debatte oder beeinflusst sie jedenfalls negativ.

Und in jeder Hinsicht sind die Übergänge fließend. Ich hatte auch schon Kommentare, die habe ich nicht freigeschaltet, dann kam eine Mail, warum nicht, ich schickte den Link auf die Seite, wo ich das mit den Kommentaren erkläre – und kurz später kommt derselbe Kommentar, nur auf eine Weise formuliert, die nicht diskussionszerstörend ist, bei denselben Inhalten – inklusive einer Entschuldigung per Mail, dass man das nicht gewusst habe. Das heißt, in diesen Fällen handelt es sich gar nicht um Trolle, sondern um Leute, die offensichtlich ansonsten in Umfeldern diskutieren, wo andere Sitten und Gebräuche herrschen, wo zum Beispiel Sarkastik und Polemik üblich ist, was sie bei mir aber halt nicht ist.

Was auch relativ oft vorkommt ist, dass Leute deshalb trollen, weil sie zu sehr an einem bestimmten Thema interessiert sind, und dann versuchen, die Diskussion wegzulenken von dem, was mich interessiert, hin zu dem, was sie interessiert. Das kann Derailing sein, also der Versuch, böswillig vom Thema abzulenken, es kann aber auch einfach die Unfähigkeit oder Unwilligkeit sein, von den eigenen Wünschen und Anliegen einmal abzusehen. Also letzten Endes schlechtes Benehmen oder eine Art kindlicher Trotz. Da muss man halt streng sein und sagen: Ich weiß, dass du noch Bonbons willst, aber du kriegst jetzt keine mehr.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich finde, das Wesentliche am Umgang mit Trollen oder besser: den Bemühungen darum, die Diskussionskultur im Internet zu retten, ist nicht die Suche nach den Motiven von Trollen. Sondern für Blogbetreiberinnen und Forumsmoderatoren ist es aus meiner Sicht viel wichtiger, die Wirkungsweise von diskussionszerstörenden Mechanismen zu verstehen. Also zu wissen und sich klar zu machen, dass man bestimmte Diskussionsstile nicht zulassen sollte, weil sie einfach faktisch schädliche Auswirkungen haben (was auch wiederum nicht universal geregelt sein kann, es kommt eben auch immer auf das jeweilige Publikum an, das man anziehen oder abstoßen will).

Und dann wird man vielleicht leichter schädliche Kommentare löschen, also sozusagen aus guten Gründen und guten Gewissens – auch wenn man merkt, dass der Troll gar keine bösen Absichten hat. Aber auch ein ohne böse Absicht angerichteter Schaden ist halt eben ein Schaden.

 

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

34 Gedanken zu “Trolle und ihre Absichten

  1. Trolle sind Bezeichnungen, um Menschen, die andere Lösungen suchen in ein bestimmtes abwehrendes Vokabular einzuhüllen. ähnlich ist Fundamentalismus so ein Wort; wer den DIALOG will setzt sich solange zusammen, bis das auseinandersetzen geklärt ist, denn auseinandersetzen, so sagt es das Wort ist erst einmal Trennung. Und es gibt ja, eher die Möglichkeit in persönlichen Begegnungen sich zusammenzusetzen.

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  2. @prometheus – Auf einer theoretischen Ebene hast du wahrscheinlich recht, dass (womöglich von einigen wenigen krankhaften Fällen abgesehen) mit den meisten Leuten bei ausführlichem Auseinandersetzen eine Verständigung möglich wäre, aber gleichzeitig ist das praktisch in einem Blog natürlich nicht leistbar. Um Trolle auf diese Weise „einzufangen“ müsste ich mich sehr intensiv auf sie einlassen und in die Diskussion gehen. Dazu habe ich aber keine Zeit und keine Lust, und selbst wenn würde es Ressourcen kosten, die für andere Diskussionen dann fehlen würden. Und es würde natürlich den ganzen Platz dominieren, weil alle anderen sich ja auch durch diese Kommentare lesen müssten.

    Also es ist unpraktikabel und zum „guten Benehmen“ in einer Kommentardiskussion gehört meiner Meinung nach auch, dass man nicht zu viel Platz beansprucht.

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  3. Nun das kann ich gut verstehen, nur der Krieg, der geschürt wird kommt daher, weil keiner eine Lust hat sich damit zu beschäftigen, was wirklich passiert, denn wenn ich den Menschen nicht so begegnen kann, dass sich etwas verändert, kann ich es doch gleich lassen , doch nur bis zum black out in das wir zur Zeit geführt werden. Wenn wir keine Lust haben, auf Hetze in der Öffentlichkeit zu reagieren, was will denn da eine Frauenbewegung? Offizier werden, um die jungen Soldatinnen an der Front gegen Russland zu verheizen?
    Denn wenn mediale Aktionen von z.B. Femen nur dazu benutzt werden, um zu polarisieren, dann ist das auch Kriegshetze im Sinne der alten Männer die der Vermehrung des Dollars folgen und sonst gar nichts, viele Frauen wie Männer aber gut mit Hilfe der Kapital gesteuerten Medien für sich instrumentalisiert haben.

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  4. Richtig. Viele als Troll wahrgenommene Kommentartoren/Kommentare scheinen erst zu entstehen, wenn es ein Kommunikationsproblem entsteht. Etwa in dem Sinne, wenn Sarkassmus, Polemik und sonstige nur scheinbar eindeutigen Aussagen falsch gelesen werden.

    So ist der Troll dann nicht „objektiv“ einer, sondern subjektiv so empfunden.Und da es den „Troll“ als Kategorie gibt, ist die Vorverurteilung schnell gemacht.
    Das mag organisatorisch keine Ausrede sein, dass man keine Zeit zur Beschäftigung hat. Aber: „Zeit“ hat man nicht; man nimmt sie sich – oder eben nicht. Und daran erkennt man schnell, wie ernst einem Gegenüber eine mehrperspektivische Auseinandersetzung ist. Und wieviel Interesse der Gegenüber an anderen Versionen hat. Es ist schlicht auch so, dass auch sie Frau Schrupp, eine bevorzugte Sichtweise haben, aus der sie Abweichungen nur ungern zulassen.
    Aus diesem Szenario kann ich auch sie einen Troll nennen und es passt. Der Unterschied ist nur, dass sie im Falle mit ihren Artikeln und Beiträgen Trollen. Das können sie nur (ohne den Trollvorwurf), weil sie sich an der Mehrheitsmeinung / Deutungshoheit entlangorientieren oder sich eine eigene gestrickt haben, die inzwischen ihre Fans hat generiert (was auch eine Mehrheitsmeinung sei – in der Community).

    „Objektiv“ wird das Trollen dann, wenn die Lage schon lange aus dem Ruder gelaufen ist. Wenn also schon haufenweise kommunikationsmissverständnisse aufgetaucht sind. Der eindeutigste Fall sei natürlich der, wenn der erste Kommentar eine komplett diametrale version darstellt – und es trotzdem weitere gleicher Art gibt, ohne vorher eine Resonanz bekommen zu haben. Dabei ist die vorschnelle Trollzuweisung natürlich keine passende Resonanz auf einen abweichenden Inhalt. Sie ist nur ad personam per Vorurteil und…Ignoranz gegenüber anderslautende versionen.

    Das Problem der abweichenden Sichtweise ist dadurch aber noch nicht aufgeklärt. Und wird es schlicht nicht – es mangelt eben an Interesse, Willen zur Befassung und Einfühlung, situative Erfahrungswerte. Diese Erfahrungswerte sind nämlich nicht verlässlich verallgemeinerbar. Ich, du, er, sie, es hat nicht zwingend gleiche Erfahrungen gemacht. Dann ist auch ihre Sichtweise nicht auf alle übertragbar. Und deshalb jede Abweichung von der Mehrheitsmeinung / Deutungshoheit zu prüfen. Und jeder kategorischer Ausschluß von Abweichung ist nur missionarischer Eifer, anstatt ernsthafte Aufklärung über das Mögliche.

    Wenn sie aber keine „lust“ dazu haben (sich die zeit zu nehmen), mögen sie auffordern, das (abweichende Thema oder sichtweise) nicht „hier“ (auf ihren Blog etwa) zu diskutieren.

    Freunde macht man sich damit nicht. Ihre Entscheidung – sie haben vielleicht schon genug davon oder wollen auch gar nicht wissen, wie es einem noch so im Leben ergehen kann.

    Man kann jetzt über anerkannt wissenschaftliches Wissen streiten oder sagen, „is so“. Angemerkt sei nur, dass eben nicht alles anderkannte wissenschaftliche Wissen auch uneingeschränkt der Realität entspricht. Auch ist hier wieder zwischen den Sprachen und der Rhetorik zu unterscheiden. Man kann Sachverhalte auf allerhand verschiedenen Weise beschreiben. Unterscheidet sich das vom anerkannt Wissenschaftlichen (und deren Sprache), heisst das noch nicht, dass überhaupt etwas unterschiedliches sich gegenübersteht. Vielleicht sind Beschreibungsebenen, Kategorien und perspektiven nur anders, die sachlichen Resultate aber gleich – nur die Schlüsse wegen der vielen Übersetzungsdifferenzen unterschiedlich ausgefallen.
    Dann unterscheiden sich nur die Perspektiven auf das Problem, die gebildete Meinung darüber mehr oder weniger individuel entstanden und nur oberflächlich oder fehlinterpretiert unterschiedlich.

    Meinungen sind schnell kategorisiert – ohne Begründungen. Alle jedoch eine Ursache haben (im besten Fall eben hinreichend schlüssig aus den eigenen Erfahrungen generiert). Die hinreichend zu erörtern führt meist zurück zum Probem des „Zeitnehmens“.


    Ich werde jedenfalls weitermachen, wahrscheinlich wie bisher. Im Zweifel wird das auch aussehen, wie Trollen. Is mir egal. Und Trollpolizei fordert mich gerazu auf, darauf anzuspringen. Wozu also ist die gut?

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  5. Irene an Prometheus . Ich finde, dass in unserer Gesellschaft -egal – um welche Themen es sich handelt, die allermeisten Menschen gar nicht mehr dahinter stehen. Nehmen wir nur die Politik – nehmen wir die Religion.
    Es wird diskutiert und diskutiert. Wer wirklich tiefer graben will, wird sehr schnell zum Störenfried – also zum Troll.
    Das merke ich auch an meinen Briefen an Politiker. Sobald man nicht ihrer Meinung ist, schreiben die einem klipp und klar, dass sie nicht an meiner Meinung interessiert seien – aber vor allem selbst vorgeben wollen, auf welche Art diskutiert werden soll.
    Harmonie auf der ganzen Linie!
    Das sieht man doch allein, wie im Bundestag diskutiert wird.
    Die Zeiten, wo jemand schon Wut entbrannt über den ganzen Unsinn, der da abläuft , ans Mikrofon stürzt z. B. Wehner, sind doch längst vorbei.
    Es hat Harmonie zu herrschen und zwar auf der ganzen Linie.
    Wie der moralische Zustand der Gesellschaft verfällt, kann man im Fernsehen verfolgen. Der Verfall unserer Kultur wird dort doch jeden Tag bis zum Erbrechen vorgeführt.
    Kaum einer merkt’s . Das finde ich erschreckend.
    Aber die allermeisten schlafen friedlich vor sich hin und wollen auch nicht geweckt werden. Gute Nacht,lieb Vaterland.Viele Grüße Irene

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  6. @Antje – Ich verstehe Dich nun so, dass du Trolle mehr von ihrer Wirkung als von ihrer Motivation her definierst. Und die Wirkung ist ja tatsächlich ähnlich, insofern als der Fluss einer Diskussion gestört bzw. komplett gebremst wird. Durch Ablenken oder Abwürgen o.ä. Da ist die Frage, ob die Bezeichnung Troll passt oder eine andere passender wäre, nebensächlich.

    Nicht nebensächlich ist sie meines Erachtens in der Frage der Motivation. Da finde ich Fundamentalisten in ihrer verbohrten Überzeugung anstrengender, störender und sogar gefährlicher als „gewöhnliche“ Trolle. Der Begriff Troll wäre mir da zum einen zu ungenau und zum anderen zu schwach.
    Aber vielleicht führt auch diese Wortklauberei schon vom eigentlichen Thema weg?

    (noch ein PS, das vielleicht eher unter den Post im Gottblog gehörte: Ich finde gut und wichtig, dass Du das Thema Evangelikale und christlicher Fundamentalismus aufgegriffen hast, merke aber, dass es mich auch heute, mit zwanzig Jahren Abstand, immer noch anstrengt und aufwühlt. Deshalb nehme ich – momentan – lieber Abstand, als weiter mitzudiskutieren, auch wenn mir vieles dazu einfällt. Vielleicht ein andermal wieder.)

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  7. @schrittmacherm – Nein, mit deiner Darstellung bin ich nicht einverstanden. Es geht beim Unterscheiden zwischen Trollen und Nicht-Trollen NICHT um die Inhalte des Gesagten oder um die Meinung, sondern um die Frage, ob jemand bereit ist, sich auf eine Debatte mit mir einzulassen. Diese Bereitschaft muss auch signalisiert werden, und zwar angemessen für den Kontext, in dem man sich bewegt. Wenn man auf eine offensichtlich feministische Seite geht und die Diskussion anfängt mit „Boah wie mir dieses “_innen” auf den sack geht“ (so wie einer der letzten von mir gelöschten Kommentare, den ich hier einfach mal zitiere), dann hat man einfach schlechtes Benehmen gezeigt. Das ist so ähnlich wie wenn ich irgendwo zu Besuch bin und als erstes sage „Boah wie sieht eure Tapete vielleicht scheiße aus.“

    Es ist also nicht die abweichende Sichtweise als solche, sondern ob sie auf eine Weise vorgebracht wird, die mir signalisiert, dass es sich lohnt, mit dieser Person das Diskutieren anzufangen. Dass ich in so einem Fall wie diesen sage „Nee, bei dem lohnt sich das nicht“ ist aber nicht nur meine subjektive Willkür, sondern ist eben durchaus provoziert.

    Ich finde, das ist im Internet so wie im wirklichen Leben: Wenn ich zu anderen Leuten nach Hause gehe (oder auf deren Blog), dann muss ich erstmal akzeptieren, wie es da zugeht, und auch akzeptieren, dass die die Regeln machen. ICH habe dann die Aufgabe, zu zeigen, dass ich an einem Austausch interessiert bin. Wenn dort zum Beispeil nicht geraucht wird, darf ich nicht rauchen, auch wenn ich das bei mir zuhause tue.

    Denn ich bin freiwillig dort, ich kann jederzeit wieder gehen, wenn es mir nicht passt. Die andere Person „wohnt“ aber da. Und deshalb hat sie das Recht, selbst zu entscheiden, wen sie zu sich ins Haus lässt und kann alle Gäste, die sich (ihrer Ansicht nach) daneben benehmen, wieder rausschmeißen, ohne das irgendwie rechtfertigen zu müssen.

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  8. Liebe Antje Schrupp,

    abgesehen davon, dass ich Trolling anders verstehe: Die positive Konnotation als Köderauslegen gegenüber communityfremden Usern gemäß der englischsprachigen Urbedeutung und subsequenter Definition von Michele Tapper (in: Usenet Communities and the Cultural Politics of Information bei David Porter, Internet Culture, Routledge, London 1997, S. 39 ff.) – „Trolling wird innerhalb der Subkultur von [Newsgroups] akzeptiert und ausgebaut, weil es dem zweifachen Zweck dient, Maßstäbe der Community zu stärken und die gemeinschaftliche Bindungswirkung zu steigern, in dem all denjenigen ein Spiel zur Verfügung gestellt wird, die die Spielregeln kennen, um es gegen die zu spielen, die sie nicht kennen. Es wirkt sowohl als Spiel als auch als subkulturelle Methode der Grenzziehung“; also ggfs. auch ein zunächst „destruktiv“ erscheinendes Verhalten durchaus Sinn machen kann, wenngleich ich mit dieser Begriffsbestimmung ganz sicher keinen Stich mehr gegen die mittlerweile herrschende Konvention mache;

    Und abgesehen davon, dass: Das www ermöglicht nicht nur, sondern macht es zu einem Massenphänomen, dass Personen und/oder Kreise zueinander in Beziehung gesetzt werden können oder sich setzen, die aus den unterschiedlichsten Gründen (geographisch, sprachlich, gesellschaftlich u.v.a.m.) nie auch nur in Kontakt treten würden; also gerade die Durchlässigkeit durch das Medium und damit seine Grenzenlosigkeit es wären, die ein „Gefühl“ von Entgrenztheit vermittelt, womit zu fragen wäre, was so besehen „eine „Kultur“, zumal eine solche im „Netz“ wäre;

    Abgesehen schließlich davon, dass: Trolle ausgeschlossen werden, also im weitesten Sinn sanktioniert, weil stets der subjektive Einschlag mitgelesen wird, so als ob, analog gedacht, die reine Wegnahme einer Sache stets den Dieb ausmache, weil vermutet werde, er wolle sich in jedem Fall die Sache zueignen; dass wir es bei dieser Betrachtungsweise immer mit Ahndung von Gesinnung zu tun hätten (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Gesinnungsstrafrecht); was in vielen Fällen von Forenbereinigungen auch tatsächlich so läuft und „Trollerei“ nur die Umschreibung für „nicht genehme Meinung“ ist;

    Abgesehen von diesen drei Aspekten also: Was wäre überhaupt „ein“ oder „das“ Motiv dieser sagenhaften Trolle?

    Ihre Antwort dazu ist sehr ehrlich, denn Sie kehren die Perspektive um und räumen freimütig ein, was Sie sich erwarten: respektvoller Umgangston, Höflichkeit, einen angenehmen Austausch. Sie haben damit für sich „die Spielregeln“ definiert, anhand derer Sie scheiden, was Sie anziehen und was Sie exkludieren wollen. Das ist für Ihre individuelle Plattform nicht zu beanstanden.

    Aber es hat herzlich wenig mit „Diskussionskultur im Netz“ zu tun, erst recht nicht mit deren „Rettung“, denn es wird eine, zumal abwehrende Einzelperspektive generalisiert, ohne dazu ein objektives oder auch nur objektivierbares Fundament zu legen.

    Denn was alleine „destruktiv“ sei, erschließt sich aus Ihrem Beitrag nicht. Ihre Auffassung entspricht vielmehr der Erfahrung von AutorInnen, die durchaus pointiert schreiben und alleine Kraft dessen neben der Aufmerksamkeit auch in den zweifelhaften Genuss versuchter Demontage gelangen. Das aber ist gerade nicht der Blickwinkel von ModeratorInnen, die beim OpenSource der Meinungen, ebenso pointiert gesagt: allenfalls dafür zu sorgen hätten, dass sich Forumsteilnehmer nicht an die Gurgel gehen. Nicht weniger, vor allem nicht mehr.

    Beste Grüße, e²m

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  9. Leuten, die „felsenfest davon überzeugt sind, dass sie recht haben“ sage ich nur :

    « Wer „die Wahrheit“ weiß, kennt alles, was ihm bislang verborgen war. »

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  10. „Denn ich bin freiwillig dort, ich kann jederzeit wieder gehen, wenn es mir nicht passt. Die andere Person “wohnt” aber da. Und deshalb hat sie das Recht, selbst zu entscheiden, wen sie zu sich ins Haus lässt und kann alle Gäste, die sich (ihrer Ansicht nach) daneben benehmen, wieder rausschmeißen, ohne das irgendwie rechtfertigen zu müssen.“
    Das sehe ich auch so, das lässt sich in einem Blog gut gestalten, wen ich dabei haben möchte; und wen nicht, in einer Commonsgruppe geht das so nicht, deshalb hat so ein Blog erst mal keinen Commonsanspruch, das heißt jeder fühlt sich dort gehört; weil es ja den ANSPRUCH einer gemeinsamen Plattform gibt. Deshalb fände ich gut diesen Gedanken von mein und unser weiter zu untersuchen. Commons heißt ja, wenn einer das Rauchen nicht verträgt nehmen die anderen Rücksicht auf diesen Einwand. Auf der anderen Seite, kann dann ein Harmoniesüchtiger jede Diskussion, die nicht zum Dialog führt abwürgen?

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  11. Commons heißt ja, wenn einer das Rauchen nicht verträgt nehmen die anderen Rücksicht auf diesen Einwand.

    Das heißt, die vollgequalmte Bude ist der Regelfall, und wer es nicht verträgt, muss erst mal schön bitten. Die Tabakindustrie hat in ihren früheren PR-Kampagnen ähnliche Tipps gegeben.

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  12. Auch auf die Gefahr jetzt selber unter Antjes Definition eines Trolls zu fallen, die ich im übrigen recht passend finde danke dafür, muss ich mich doch über die Posts wundern die hier durch den Filter kommen.
    Gleich im ersten Kommentar von prometheus141 wird Werbung für Holocaustleugner und eine Veranstaltung die die Blogwelt als „rechts-esoterisch“ beschreibt gemacht und das wird kommentarlos stehen gelassen. Finde ich nicht gut, auch wenn ich natürlich hier die Regeln nicht bestimme.
    Auch der dritte Post, zweiter Beitrag des Autors, greift mit der FED als von Juden kontrollierte Macht hinter dem Konflikt in der Ukraine das gleiche Narrativ auf wie die beworbenen Demos selber. Die Worte FED und Juden stehen zwar nicht im Beitrag, sind aber so im Text versteckt das Eingeweihte den Zusammenhang sofort verstehen und alle anderen vorsichtig in diese Richtung gelenkt werden sollen.

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  13. @Blaubart – danke für den Hinweis, das war mir nicht klar, ich hatte das nicht durchblickt. Es war mir zwar durchaus etwas suspekt, sodass ich in den späteren Kommentaren von prometheus die Links zu Videos und Verweisen rausgenommen habe, aber ich hatte mir das erste Video nicht genauer angeschaut. Ich lösche es jetzt weg, weil es ja auch nichts zur Sache tut.

    Übrigens ist das mit dem Verlinken von Videos tatsächlich beim Moderieren von Kommentaren ein Problem, vor allem dann, wenn man (wie ich gerade) verreist ist und das Meiste vom Handy aus friemeln muss und ohne guten Internetzugang. Bei verlinkten Texten kann man leichter kurz draufschauen, was es ist, bei Videos ist das aufwändig bis unmöglich. Vielleicht gehe ich dazu über, Videolinks generell nur in Ausnahmefällen (wenn mir die Person, die sie postet, bekannt ist etwa) freizuschalten.

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  14. Hat dies auf Der Mensch – das faszinierende Wesen rebloggt und kommentierte:
    Lange Rede, kurzer Sinn: Ich finde, das Wesentliche am Umgang mit Trollen oder besser: den Bemühungen darum, die Diskussionskultur im Internet zu retten, ist nicht die Suche nach den Motiven von Trollen. Sondern für Blogbetreiberinnen und Forumsmoderatoren ist es aus meiner Sicht viel wichtiger, die Wirkungsweise von diskussionszerstörenden Mechanismen zu verstehen. Also zu wissen und sich klar zu machen, dass man bestimmte Diskussionsstile nicht zulassen sollte, weil sie einfach faktisch schädliche Auswirkungen haben (was auch wiederum nicht universal geregelt sein kann, es kommt eben auch immer auf das jeweilige Publikum an, das man anziehen oder abstoßen will).

    Und dann wird man vielleicht leichter schädliche Kommentare löschen, also sozusagen aus guten Gründen und guten Gewissens – auch wenn man merkt, dass der Troll gar keine bösen Absichten hat. Aber auch ein ohne böse Absicht angerichteter Schaden ist halt eben ein Schaden.

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  15. Hmm, ich finde, Trolle sind was anderes als z.B. Fundamentalisten. Und von den Fundamentalisten gibt es gleich mehrere Varianten. Mancher wird als Fundamentalist bezeichnet, weil es einfach unmöglich ist, immer wieder bei „Adam und Eva“ anzufangen. Mancheiner wird einfach nicht verstanden, weil „man“ die Voraussetzungen nicht versteht.

    Es ist auch fundamentalistisch, einfach über Kommentare entscheiden zu wollen oder zu müssen. Manchmal zeigt ein schlechtes Beispiel, wie man es nicht tun soll.

    Die absoluten Grenzen, die Du setzt, die sind auch Deine eigenen Grenzen. Sie verhindern, dass Du sie überschreitest.

    Bin ich also gegen Dich? Absolut nein. Ganz abgesehen davon, dass Du rechtlich Ärger bekommen kannst, wenn jemand Nazi-Sprüche oder andern Schwachsinn sendet: Du hast hier das Hausrecht. Du hast Deine Verantwortung immer wieder unter Beweis gestellt. Deine Leser – selbst wenn die selektiert wären – sind der Beleg dafür. Sei ungerecht und sie wären weg.

    Also: Lösch mich bitte wenn Du meinst, dass ich Unsinn schreibe. Du darfst das.

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  16. @ Antje Schrupp
    Das sehe ich auch so. Es gibt ja einen Instinkt beim Menschen, zu dem auch das „GUTE GEWISSEN“ gehorcht, also das Gefühl zu haben, ich habe recht, oder „meine Gruppe“ hat recht. Und so dreschen wir aufeinander ein, oder solidarisieren uns mit Menschen, die uns ein „Gutes Gewissen“ bereiten. Doch damit zeige ich, ich habe von den Menschen, die mir ein „ungutes Gewissen“ bereiten noch nicht viel verstanden. Und in diesem Prozess hängt auch die Art des Umgangs von Mann und Frau. Ein Stalker ist z.B. ein Troll, er will seine Art dem anderen aufzwingen. Ob man ihn erreichen sollte ist eine andere Frage, denn er braucht ja die Grenze, und die Grenze ist natürlich dort, wenn ich mich nicht mehr zuhause fühle, weil ich dann selbst auf der Grenze bin oder borderlinegefährdet. Vielleicht helfen diese Bilder weiter…

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  17. Antje Schrupp schreibt: 13. April 2014 um 18:09 @schrittmacherm

    Ja, dieses Szenario ist das Trollszenario – das eigendliche.

    Aber das sind eben nicht die einzigen Szenarien, in denen der Vorwurf des Trollens fällt. Der Trollbegriff ist in der Welt und wird missbraucht – ganz normal, wie bei jeder anderen Sache.

    Mir kommt gerade in den Sinn, dass die Debatten über den Troll gerade wieder Fahrt aufnehmen. Warum bloß?

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  18. Antje Schrupp schreibt: 13. April 2014 um 18:09 @schrittmacherm

    und ich scheine nur selten solchen „echten“ Trollszenarien begegnet zu sein. Weswegen ich von den anderen Situationen sprach.

    Mag aber sein, dass mich zuweilen welche als Troll bezeichnen. Anyway….

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  19. @Schrittmacher
    Mir kommt gerade in den Sinn, dass die Debatten über den Troll gerade wieder Fahrt aufnehmen. Warum bloß?
    Sind Trolle Feindbilder, die mein Geschäfte stören, dann ist der Trend der Zeit ffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffff
    die Bestimmer sind am Ende, sie brauchen einen Krieg, und da muss Dialogfähigkeit gestört werden, wie das brutal Claus Kleber ZDF mit dem Siemenschef vorgeführt hat, und nur eine Zeitung die FAZ mit Schirrmacher adäquat darauf reagiert hat http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/echtzeitjournalismus-dr-seltsam-ist-heute-online-12867571.html Da sei die Frage erlaubt aus wem will man medial ein Troll machen?

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  20. @Joachim
    Fundamente und Fundamentalisten
    also wenn unser gemeinsames Fundament Gewaltlosigkeit ist, müssen wir schauen, wie Fundamentalisten sich dazu verhalten. Also wenn ich ein Baptist bin und ein Krieger Gottes habe ich dieses Fundament verlassen. Wenn ich eine Frau bin und mein Kind töte, ist das nicht meine Angelegenheit, doch ist da Gewaltlosigkeit? So ist meine Grundchristliche Nachfrage unter Matthäus 10,24-39 zu finden. Ist mein Kind, mein Bruder, mein Vater, meine Mutter, meine Frau wichtiger, als ein anderes Kind, eine russische Mutter, ein afrikanischer Vater, wenn das so ist, ist das die Grundlage für die Gewalt. Denn das löst der Fundamentalist dann in mir aus, so denkt dann auch der russische Fundamentalist usw. Da die christlichen Religionen die Angewohnheit haben die Botschaft zu verteilen, können es dann Trolle werden, wenn sie nicht auf die Argumente der anderen eingehen, und einfach ihre Urteile wiederholen. Also die Welt in gut und böse einteilen. Und damit dem Krieg fördern, oder die im Dialog sind stören wollen, weil nach ihrer Auffassung nur ihre Botschaft gilt, und sie deshalb nicht auf Argumente eingehen. Das macht ein Troll auch. Es hilft nicht wenn ich mit gutem Gewissen jemand erschlage, es ist nur die Unfähigkeit in einen Dialog einzutreten, und wer das nicht will, so wie uns das Claus Kleber vom ZDF zeigte, den kannst Du als Kriegshetzer bezeichnen.

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  21. @Antje
    Danke für das löschen der links, ich bin aber immer noch ein wenig irritiert darüber, dass du die verbalen Ausfälle weiterhin unkommentiert durch lässt. Finde ich sehr Schade, da ich an sich dein Blog gerne lese um eine völlig andere Position als meine kennen zu lernen.
    prometheus141 darf hier weiterhin völlig ungestört und unwidersprochen seine wenig und schlecht maskierten antisemitischen Thesen vortragen und bisher scheint sich keiner daran zu stören.

    Zitat: „dann ist das auch Kriegshetze im Sinne der alten Männer die der Vermehrung des Dollars folgen und sonst gar nichts, viele Frauen wie Männer aber gut mit Hilfe der Kapital gesteuerten Medien für sich instrumentalisiert haben“
    Übersetzt: Die Juden hinter der FED kontrollieren die Welt und die Medien und manipulieren alle Menschen, im übrigen haben die auch Schuld am 1. und 2. Weltkrieg (keine Aussage die da direkt steht, die aber auf den von ihm beworbenen Montagsdemonstrationen vertreten wird und daher vermutlich dazu gedacht werden kann)
    In dem Kommentar 14. April 2014 um 15:10 wird mit dem Teil Zitat: „die Bestimmer sind am Ende, sie brauchen einen Krieg, und da muss Dialogfähigkeit gestört werden“ wieder genau dieses narrativ aufgenommen und als Fakt hingestellt. Im konkreten Zusammenhang mit der Befreiung der Ukraine, was ich persönlich auch nicht gerade appetitlicher finde, aber das ist sicher nicht die herrschende Meinung.
    Das setzt sich im folgenden Beitrag fort, in dem der Westen als der Kriegstreiber in der Ukraine dargestellt wird, der den friedfertigen und unschuldigen Russen über die Ukraine eine Krieg aufzwingen will.

    Auch wenn man natürlich der Meinung sein kann, dass Russland die Gebiete wieder heim ins Reiche holen sollte, ein Einmarsch mit Truppen ist dennoch ein kriegerischer Akt und der ist bisher nur von einer Seite erfolgt. Im Gegensatz zu prometheus141 Wünschen war das aber nicht die NATO die Truppen geschickt hat. Gut, vermutlich ist er der Meinung, dass die NATO Truppen schon die Demonstranten auf dem Maidan gestellt haben und Russland nur seine Bevölkerung schützen wollte, aber das wird er sicherlich noch schreiben.

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  22. @blaubart @prometheus – Okay, da das Ganze jetzt ganz vom Thema wegführt und ich keine Lust_Zeit habe, mich auf dieses Thema einzustellen, würde ich sagen, wir beenden diesen Debattenstrang hier und jetzt.

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  23. @Antje sehr schön hat das in Deinem Link Guenni_1 ausgedrückt unter
    „4. Gute Kommentare
    brauchen vor allem einen guten Artikel, der die Grundlagen zu Diskussion schafft.
    Das bedeutet man braucht ein gewisses Maß an Information, das man in verschiedene Richtungen erweitern kann. Oder man braucht einen echten Streitpunkt.
    Ab und zu sollte man auch eine Satire oder eine Glosse mit einbringen, damit die Kommentatoren auch mal ihre Fantasie ausleben können ohne gleich dafür medial gesteinigt zu werden.
    Den Rest machen die Kommentatoren alleine.“

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