Trinkgeld für die Toilettensaubermacherin – gewusst wie!

Heute bemerkte ich auf der Toilette beim Karstadt neben dem Teller für den Obolus ein recht großes Schild, auf dem so in etwa stand, man würde sich bemühen, den Kunden doch immer schöne saubere Toiletten zur Verfügung zu stellen und empfehle daher, dass diese pro Besuch etwa 50 Cent dafür geben.

Aha, dachte ich, offenbar versucht hier jemand, sich juristisch abzusichern, damit nicht wieder eine Reinigungsfrau auf die Idee kommt, das Geld, das die Kundinnen hier ablegen, sei ihr Trinkgeld. Ich selbst wäre freilich auch nie auf die Idee gekommen, das Geld, das ich hier ablege, könnte eventuell etwas anderes sein als Trinkgeld. Aber die Kaufhäuser, bzw. die von ihnen als Subunternehmen beauftragten Reinigungsfirmen, finden, das Geld gehört in ihre Kassen und nicht in die Taschen der Putzfrauen, denn es sei eine „freiwillige Nutzungsgebühr“. Und dieses Schild ist offensichtlich dazu da, den Sachverhalt zu klären und diese Sicht der Dinge gerichtsfest zu machen.

Nun nehme ich das mit der Freiwilligkeit relativ ernst, und freiwillig möchte ich kein Nutzungsentgeld für Toiletten in Kaufhäusern bezahlen, weil ich finde, die Bereitstellung selbiger sollte zum Service eines Kaufhauses oder einer Shoppingmall dazugehören. Meiner Meinung nach verhält sich der Grad der Zivilisation einer Kultur analog zur Verfügbarkeit kostenloser sauberer Toiletten.

Sehr wohl möchte ich aber den Reinigungskräften ein Trinkgeld geben, damit sie am Ende des Tages etwas mehr in der Tasche haben als ihren kargen Stundenlohn. Ich habe also die Frau neben dem Teller gefragt, ob sie denn das Geld, das ich ihr eventuell gebe, abgeben muss oder behalten kann. Ihre Antwort: „Das kommt darauf an, was Sie wollen.“

Ich hab ihr dann 50 Cent gegeben und dazu gesagt, dass das keine freiwillige Nutzungsgebühr ist, sondern ein Trinkgeld für sie und dass ich will, dass Sie es behält. So müsste nun alles seine juristische Richtigkeit gehabt haben.

Ich werde zukünftig mal auch an anderen Örtlichkeiten die Augen nach solchen Beschilderungen aufhalten.

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

17 Gedanken zu “Trinkgeld für die Toilettensaubermacherin – gewusst wie!

  1. Diese Schilder stehen schon seit Jahr und Tag in den Toiletten der Kaufhäuser neben dem Obolus -Teller.

    Ich finde es großartig von Ihnen, Frau Schrupp , dass Sie der Toilettenfrau 50 Cent Trinkgeld „zugesteckt“ haben, nachdem Sie sich informiert haben, ob sie es auch behalten darf oder es der Reinigungskolonne zusteht.

    Beim Entdecken anderer „Örtlichkeiten“ dieser Art könnten Sie vielleicht einige Cent mehr erübrigen. Es ist schließlich Weihnachtszeit – Christi Geburt – zu mindestens für die meisten, die jetzt gehetzt durch die Straßen eilen.

    Wenn Sie sich einmal etwas früher mit einem dieser Frauen – es gibt auch Männer – unterhalten hätten, dann wüssten Sie, dass es immer das Beste ist, diesen Menschen das Trinkgeld direkt in die Tasche ihre Kittels gleiten zu lassen.
    Das geht, wenn man ein wenig geschickt ist, äußerst unauffällig vor sich. Viele Menschen machen davon Gebrauch.

    Außerdem ist es diesen Menschen dann , die auf solch einen Job angewiesen sind, auf jeden Fall sicher (weiss man, ob nicht irgend wo eine Kamera eingeschaltet ist) und Sie bräuchten sich nicht Ihren hübschen Kopf darüber zerbrechen, wo dieses Geld landet.
    Seltsam, dass Sie das nicht wussten.

    Like

  2. Ich kenne diesen „Tatbestand“ schon und habe auch schon nachgefragt. Es scheint welche zu geben, die nicht frei entscheiden können, oder sich nicht trauen. Anders kann ich mir manche Druckserei bei dem Thema erklären.

    Like

  3. Ich habe über das Thema letztens ebenfalls nachgedacht. Der Irrglaube, dass die Reinigungskräfte das Geld behalten dürfen, herrschte auch bei mir lange vor. Zumindest so lange, bis ich mich mit einem Reiniger unterhalten habe. Dass man sogar in einem Kino in Belgien, wo der Eintritt ohnehin schon 11€ beträgt, noch 50 Cent für den Zutritt zu den Toiletten zahlen muss (!), sagt vieles über den Grad der Zivilisation eines Landes aus, das stimmt.

    Like

  4. Danke für den Text. Ich fände die Formulierung „Putzkräfte“ statt „Putzfrauen“ besser. In den hiesigen Shoppingmalls sind auch oft Männer anzutreffen, die den Job machen.

    Gefällt 1 Person

  5. bei einem verrechnungsscheck über 50ct könnte man später nachsehen, auf welches konto…. sorry, ich habe manchmal seltsame ideen 😉

    Like

  6. Liebe Antje Schrupp,
    dass Sie auf Ihrem BLOG zu diesem Thema „Stellung nehmen“ müssen, sagt auch hier in Deutschland viel über unsere Gesellschaft aus. Vor allem, wohin diese Gesellschaft sich entwickelte!
    Kann mich noch sehr gut an meine Kindheit/Jugend erinnern. Da war es selbstverständlich, dass den – meist – Toilettenfrauen, nicht nur in den Nobelhotels, ein Trinkgeld gegeben wurde.
    Die jüngeren Generationen erheben sich zu wenig gegen die vielfältig massiven, oft schleichenden Ungerechtigkeiten, Unterdrückungen, seitens der vergangenen, derzeitigen „Mächtigen.“
    Danke für Ihre tollen Themen auf dem BLOG, wie für Ihre Zeit und Aufbereitung dafür. Ein, weiterhin erfolgreiches NEUES JAHR.

    Like

  7. In der Zeit vor den Putzfirmen war das „Trinkgeld“ für die sogenannten Klofrauen hier in Wien überhaupt das gesamte Einkommen derselben. Fixum oder Anstellung gab es gar nicht, es war praktisch eine selbständige Tätigkeit. Das galt in Kaffehäusern ebenso wie in Theatern oder öffentlichen Anlagen, soweit ich weiß. Ich war jedenfalls geschockt, als ich das Anfang der 80er erfuhr, als hierzulande ja noch die Sozialdemokratie hochgehalten wurde. Vermutlich ein Nebenwiderspruch, wie die Frauenfrage allgemein…

    Like

  8. „Auch das Trinkgeld in Kneipen muss oft dem Chef / der Chefin gegeben werden.“

    Das wird tatsächlich manchmal so gehandhabt, ist aber 100%ig illegal. (Nichtsdestotrotz fragen öfter Gäste nach, bevor sie Trinkgeld geben.)

    Like

  9. Ich war 5 Jahre selbstständig in dem Bereich Toilettenreinigen(dienstleistung) tätig. Ich gebe ihnen einen kleinen überblick wie das in dem Bereich funktioniert. Die kaufhäuser zahlen keine müden Euro mehr an die Betreiber da die konkurrenz sehr gross ist in dem bereich. das wird seit vielen jahren so gehandhabt. Über die ungerechtigkeit muss man nicht diskutieren. Ich gebe ihnen völlig recht das ich als kunde eines kaufhauses die toiletten kostenlos benutzen möchte. Ich als selbstständiger muss meine mitarbeiter nach dem mindestlohn bezahlen. umsatzsteuer, lohnsteuer wegeversicherung abgaben an die knappschaft und nicht zu vergessen die krankenversicherung. rentenversicherung bleibt aussen vor. ich möchte mal einen überblick verschaffen was für kosten enstehen und sich die kaufhäuser sich aus der verantwortung stehlen. nach meinem vorschlag an die geschäftsführung nach höfflicher anfrage nach dem kassenbon ist die benutzung selbstverständlich kostenlos sagte man mir wortwörtlich entweder bin ich mit den bedingungen einverstanden oder sie suchen sich einen neuen betreiber. zu dem thema das dass geld was die putzkräfte erhalten ist leider juristisch so das es als scheinselbstständigkeit gilt. erbetteln sie sich geld auf der strasse muss das nicht versteuert werden was anderes habe ich auch nicht getan nur das ich geputzt habe das hat es zu einer dienstleistung gemacht. ich habe noch vergessen zu erwähnen das die meisten betreiber noch eine kleine summe pacht an die kaufhäuser abtreten muss. es muss ja ein „ordentlicher pachtvertrag“ entstehen. die kaufhäuser scheuen die kosten für reinigungskräfte wie der teufel das weihwasser. ich verfolge weiter diesen beitrag und beantworte gerne weitere fragen zu dem thema.

    Like

  10. Nicht nur das-in Magdeburg bei Karstadt gibt es für die Überstunde einer Toilettenfrau-4€!!!Schwarz auf der Hand!!!Mindeslohn wäre 8,50€!!!
    Und kassiert wird es von der Firma Wehlmann (Babara oder Bärbel)aus Leipzig/Markleeberg.Die soll in Leipzig bei Karstadt auch Toiletten haben.Eigentlich eine Sauerei.Kassieren 1000de Euros ab und bezahlen nicht mal die Hälfte für die Angestellte.
    Jahrelang waren es 0,30 Cent und nun 0,50.
    Solchen Ausbeutern müßte man echt das Handweg legen.
    Ich lege auch einen Euro gern hin,aber nur für die Toilettenfrau-die muß sich das aber selbst einstecken können und dürfen.

    Like

Datenschutzhinweis: Die Kommentarangaben und die Mailadresse werden an Automattic, USA (die Wordpress-Entwickler) übermittelt. Details hierzu in der Datenschutzerklärung (Link links). Sie können gerne Pseudonyme und anonyme Angaben hinterlassen.