Gesetz, Freiheit und Anarchismus bei Margarete Susman

Vor einiger Zeit entdeckte ich über ein Buch von Elisa Klapheck die jüdische politische Denkerin Margarete Susman (1872-1966). Während ich in ihren Ausführungen zum Denken der Differenz viel Vertrautes fand (hier bloggte ich darüber), so enthielten ihre Überlegungen zum „Gesetz“ für mich völlig neue Aspekte. Hier ein erster Versuch, das zu verschriftlichen.

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Ideengeschichtlich fühle ich mich Susman ziemlich nahe, wir sind beide Anarchistinnen, Feministinnen und religiös – eine Kombination, die ja nicht besonders oft vorkommt. Susmans Anliegen ist es, jüdische Philosophietraditionen für eine moderne und säkulare Welt fruchtbar zu machen, und es ist spannend, wie sie das mit dem Begriff des „Gesetzes“ angeht.

Das „Gesetz“ ist bei Susman natürlich nicht das „positive Recht“, also die jeweils in einem Staat gültigen Gesetze, sondern es ist die Tora, das Gesetz Gottes, das dem jüdischen Volk offenbart wurde. Dieses Gesetz ist im Judentum nicht fix, sondern Gegenstand permanenter Diskussion und Auslegung, aber es ist verbindlich und unhintergehbar.

Die angeblich so starre und unbarmherzige „jüdische Gesetzestreue“ ist ein christliches, antijüdisches Narrativ: dort die etwas dummen Juden, die am Sabbat nicht mal im Aufzug fahren, hier die vernünftigen Christen, die solchen Kleinkrämergeist hinter sich gelassen haben. Dieses Narrativ ist sehr wirkmächtig, damals wie heute, und auch Susman selbst, die in einer christlich dominierten Kultur aufwuchs, war von den entsprechenden Vorurteilen zunächst beeinflusst. Sie kannte sich gut in christlicher Ideengeschichte aus und überlegte sogar eine Zeitlang, zu konvertieren. Doch schließlich ließ sie sich nicht taufen, sondern entdeckte ganz im Gegenteil das jüdische Gesetz, die Tora, als eine kritische politische Ressource.

Susman neigte, wie gesagt, politisch dem Anarchismus zu, sie war eng befreundet mit Gustav Landauer, der sie nach der Revolte 1918 in die Münchener Räteregierung berufen wollte. Als Landauer ermordet wurde, endete die fruchtbare denkerische Beziehung der beiden leider. Ich frage mich aber, ob es nicht auch eine Beziehung zwischen Susman und Landauers Lebensgefährtin, der Dichterin Hedwig Lachmann gegeben hat. Lachmann stammte aus einer orthodoxen jüdischen Familie und lehnte Assimilierungsideologien klar ab (sei es der weiblichen an die männliche oder der jüdischen an die christlich-nationale Kultur). Ich halte es für gut denkbar, dass Susman und Lachmann sich gegenseitig beeinflussten, aber das ist wohl noch zu erforschen.

Wie auch immer: Margarete Susman sah im Gesetz, also der Tora, ein Korrektiv gegenüber den real existierenden staatlichen Gesetzen. Genau diese Qualität, ein Korrektiv zu haben für die (potenziell menschenfeindlichen) Gesetze, die sich Staaten geben, war ihrer Ansicht nach der politische Gehalt der Tora für die Welt als Ganze, also nicht nur für die Jüdinnen und Juden: mit dem „Gesetz Gottes“ hält das Judentum einen Maßstab lebendig, an dem reale Entwicklungen in der Welt und positive Rechtssysteme gemessen werden können und müssen. Wobei eben, wie gesagt, der Inhalt dieses Maßstabs ständig diskutiert wird und werden muss. Worum es geht ist, dass die Existenz eines solchen Maßstabs anerkannt wird.

Für viele heutige Ohren klingt das angesichts von religiösem Fundamentalismus – von christlichen Homophobikern bis islamistischen Gotteskriegern – vermutlich problematisch. Susman schrieb aber in einer Zeit, als die Freiheit (zum Beispiel der Jüdinnen und Juden) durch staatliche Gesetze und säkulare Wissenschaft bedroht wurde, was schließlich zum Holocaust führte. Doch auch wenn man sie je nach Zeitumständen vielleicht mit unterschiedlichen Schwerpunkten beantworten mag, so ist die Frage eben doch grundsätzlich bedenkenswert und letztlich auch ein philosophischer Dauerbrenner: Können Menschen beschließen und tun, was sie wollen, oder liegt auch der „geistigen“ Sphäre ein Gesetz zugrunde, ähnlich wie die Naturgesetze der materiellen Sphäre zugrundeliegen?

Interessant fand ich die Erläuterungen von Elisa Klapheck zum jüdischen Gesetzesdenken, die über Susman hinausgehen. Elisa Klapheck ist Rabbinerin der Frankfurter Jüdischen Gemeinde, und zwar in deren „egalitärem Minjan“, einer liberalen und emanzipatorischen Gruppierung. Sie sympathisiert stark mit Susmans Versuch, politische, zeitgemäße Implikationen der jüdischen Kultur und Philosophie für die Welt insgesamt herauszufinden, und für mich (als nicht-jüdischer Teil dieser „Welt“) waren genau diese Aspekte auch die interessantesten. Klapheck sieht im „Gesetzesdenken“ einen roten Faden, der jüdische Denkerinnen und Denker verbindet, und zwar unabhängig davon, ob sie sich selbst als religiös verstehen oder nicht.

Susman war der Auffassung, dass man die Welt nur verstehen kann, wenn man religiös und atheistisch zugleich ist. „Säkular“, stellt Klapheck fest, ist nämlich nicht das Gegenteil von „religiös“, sondern das Gegenteil von „klerikal/theokratisch“. Atheistisch und religiös zugleich zu sein, bedeutet, nicht die Loyalität zu bestimmten religiösen Weltanschauungen, Dogmensystemen oder Institutionen wie Kirchen oder Synagogen zu pflegen, sondern loyal gegenüber jenem anderen „Gesetz“ zu sein, dem man im Zweifelsfall mehr gehorcht als den Gesetzen der Staaten (oder des Marktes oder sonst etwas Innerweltlichem).

Schon als junge Frau hat sich Margarete Susman ausführlich mit Spinoza beschäftigt, der ja von vielen als Vordenker des Atheismus angesehen wird, sich selbst aber als gläubigen Juden verstand. Spinoza setzte Gott mit den universalen Naturgesetzen gleich: Gott ist das Gesetz, das niemand brechen kann. Susman schließt sich dem an, stellt aber die Frage, was mit jenen Aspekten der Welt ist, die nicht von Naturgesetzen geregelt werden, also zum Beispiel der Bereich der Politik. Sie ist der Meinung, auch hier gebe es ein „Gesetz“, das – analog zum Naturgesetz – die Grenzen des Möglichen umreißt. So wie wir physikalisch nur innerhalb der Naturgesetze agieren können, so können wir es auch politisch nur innerhalb des Gesetzes tun. Einen Holocaust zu organisieren, ist, beispielsweise, eindeutig „ungesetzlich“.

Faktisch ist ein Verstoß gegen das „politische Gesetz“, anders als gegen ein Naturgesetz, aber dennoch möglich – der Holocaust wurde ja organisiert. Die Frage, um die es hier geht, ist kultureller, nicht wissenschaftlicher Natur: Wollen wir die menschliche Gesellschaft als eine denken, die unter einem unhintergehbaren „Gesetz“ steht, oder wollen wir sie als eine denken, die für sich genommen gesetzlos ist, also nur jenen Gesetzen unterworfen, die sie selbst sich schafft, beziehungsweise die von den Mächtigen und Herrschenden geschaffen werden?

Das Christentum ist in dieser Frage mindestens ambivalent ist, denn die Zwei-Reiche-Lehre (Die ich hier kürzlich erst verteidigte) trennt ja klar zwischen dem göttlichen Gesetz und irdischen Verhältnissen. Das Judentum kennt – ebenso wie der Islam – eine solche Trennung zwischen Diesseits und Jenseits nicht. Das jüdische Denken besteht darauf, dass die Tora eine innerweltliche Angelegenheit ist. Elisa Klapheck verfolgt dieses jüdische Verständnis des Gesetzes durch die damalige Ideengeschichte und zeigt, dass es ganz unterschiedliche jüdische Denker und Denkerinnen verbindet, sowohl atheistische wie Bloch und Landauer, als auch dezidiert religiöse wie Buber oder Rosenzweig. Gemeinsam ist ihnen der Versuch, das Prinzip der Gesetzlichkeit unabhängig von der „Synagoge“, des verfassten und hierarchischen Judentums, zu formulieren, also innerhalb der säkularen Gesellschaft. Das Gesetzesdenken wäre somit ein jüdischer Beitrag zu der Frage, aus welcher moralischen oder ethischen Position heraus Widerstand gegen das Böse zu leisten wäre (oder generell ethische Entscheidungen zu treffen). Er ist eine andere Antwort als etwa der Verweis auf den „freien Willen“ oder auf eine inhaltsleere moralische Formel wie der kantsche kategorische Imperativ.

Übrigens erkannte ich bei Susman auch viel vom Denken Simone Weils wieder, die – eine Generation später und vermutlich ohne Susman zu kennen – ähnliches schrieb. Simone Weil war der Ansicht, dass weltlichen Verhältnissen eine Notwendigkeit innewohnt, und dass es die (politische und spirituelle) Aufgabe von Menschen ist, sich zu bemühen diese Notwendigkeit immer klarer erkennen, um entsprechend „das Richtige“ zu tun. Simone Weil hatte eine orthodox-jüdische Großmutter, distanzierte sich selbst aber vehement von „Israel“ und wurde Katholikin. Was sie inhaltlich sagt, ist aber dennoch ähnlich wie Susmans Ansatz. Auch Weil ist letztlich eine „Gesetzesdenkerin“, sie geht davon aus, dass es ewig gültige Wahrheiten gibt, die nicht zur menschlichen Disposition stehen, identifiziert sie aber nicht mit der Tora sondern eher zum Beispiel mit Platons „Ideen“.

Auch den Anarchismus begründen Weil und Susman ähnlich: Weil staatliche Gesetze immer dazu dienen, Herrschaft von Menschen über andere Menschen zu stabilisieren und durchzusetzen, ist es ein Glück, zu wissen (oder darauf zu vertrauen), dass sie immer noch jenem „anderen Gesetz“ unterworfen sind, das den irdischen Herrschaftsverhältnissen eine Grenze weist, und zwar unabhängig von den tatsächlichen Kräfteverhältnissen. Denn die sind ja oft aussichtslos: Simone Weil fängt an, über Gott nachzudenken, als klar wird, dass der Faschismus in Europa siegen wird und die Linken ihm keinen Einhalt gebieten können. Auch diese Frage ist nach wie vor aktuell: Ist das „Gute“ oder das „Richtige“ davon abhängig, ob sich die Guten stark genug sind, sich in der politischen Welt auch durchzusetzen? Oder bleibt das Gute gut, auch wenn das Böse faktisch gewinnt?

Ich musste im Übrigen bei all dem auch an Albert Einsteins Diktum denken, dass „Gott nicht würfelt“. Auch das verweist ja darauf, dass Gott mit dem Gesetz identisch ist. Dass Gott nicht „würfelt“ bedeutet ja letztlich, dass Gott nicht handelt, also nicht aktiv eingreift – auch das eine Infragestellung christlicher Vorstellungen, die Gott eben als Handelnden konzipiert haben. Nach dieser jüdischen Interpretation ist Gott nicht derjenige, der Wunder tut und damit also Gesetze durchbricht, sondern im Gegenteil diejenige, die das Gesetz garantiert.

Das erinnerte mich wiederum an eine andere jüdische Denkerin, nämlich Etty Hillesum, die sagte, dass nicht Gott uns hilft, sondern dass wir ihr helfen müssen.

Soweit erstmal meine unvollständigen Gedanken. Definitely to be continued…

PS: Es gibt eine Webseite, auf der man Aufsätze von Susmann herunterladen kann.

 

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

27 Gedanken zu “Gesetz, Freiheit und Anarchismus bei Margarete Susman

  1. Oh bitte, liebe Antje, denke zu und schreibe von dieser Margarete Susmann uns noch mehr…

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  2. Anarchistinnen – Feministinnen und religiös zu sein, ist möglich aber bleibt oft im theoretischen stecken.
    Sich wirklich selbst auch dafür einzusetzen, können sich nur wenige „rühmen.“
    Dann der Absatz – ich weiß nicht mehr, Antje, woher ich den aus Ihren verschiedenen Blöcken habe:
    „Atheistisch und religiös zugleich zu sein, bedeutet, nicht die Loyalität zu bestimmten religiösen……..der Staaten.“
    Das ist eigentlich selbstverständlich, denn Atheismus und Kirche als Organisation in jeglicher Form schließt sich aus.
    Organisationen haben Gesetze wie jeder Verein und die hat man zu befolgen, wenn man ihnen bzw. ihm angehört.
    Man kann sich nicht immer nur die Rosinen herauspicken, wie das die meisten tun.
    Außerdem brauche ich, um religiös zu sein, keinen Bischof, keinen Papst und auch sonst keinen Prediger, der mir verklickern will, was ich zu glauben habe.
    Ab und zu die Nase in die Bibel stecken . Erklärungen, was man nicht versteht, findet man zuhauf auf neutralen Internetseiten.
    Außerdem werden die „Geschichten“ auch in der Bibel aus den verschiedensten Blickwinkel beleuchtet. Also Zeit kostet das schon.

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  3. Dieser Spruch Einsteins wird oft aus dem Kontext gerissen. Im Zusammenhang sagte Einstein: „Die Quantenmechanik ist sehr achtungsgebietend. Aber eine innere Stimme sagt mir, dass das noch nicht der wahre Jakob ist. Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns kaum näher. Jedenfalls bin ich überzeugt, dass der nicht würfelt.“. Einstein benutzt hier Gott wie so viele Physiker als personifizierter salopper Ausdruck für Natur. Die Gesetze Gottes sind für Einstein die der Physik – nicht die der Bibel.

    Einstein hat nach eigener Aussage nicht an einen persönlichen Gott geglaubt, weder einen aktiven noch einen passiven. So antworte er z.Bsp. 1954 auf einen Brief an Ihn:
    “ Es war natürlich eine Lüge, was Sie über meine religiösen Überzeugungen gelesen haben, eine Lüge, die systematisch wiederholt wird. Ich glaube nicht an einen persönlichen Gott und habe dies niemals geleugnet, sondern habe es deutlich ausgesprochen. Falls es in mir etwas gibt, das man religiös nennen könnte, so ist es eine unbegrenzte Bewunderung der Struktur der Welt, so weit sie unsre Wissenschaft enthüllen kann.“

    Weiter kennen wir einen Brief an Erich Gutkind von 1954:
    „Es war natürlich eine Lüge, was Sie über meine religiösen Überzeugungen gelesen haben, eine Lüge, die systematisch wiederholt wird. Ich glaube nicht an einen persönlichen Gott und habe dies niemals geleugnet, sondern habe es deutlich ausgesprochen. Falls es in mir etwas gibt, das man religiös nennen könnte, so ist es eine unbegrenzte Bewunderung der Struktur der Welt, so weit sie unsre Wissenschaft enthüllen kann“. Er scheibt weiter: „das Wort Gott ist für mich nichts als der Ausdruck und Produkt menschlicher Schwächen, die Bibel eine Sammlung ehrwürdiger, aber doch reichlich primitiver Legenden. Keine noch so feinsinnige Auslegung kann etwas daran ändern.“

    Den ziemlich vollständigen Text dieses Briefes findet man etwa hier:
    http://de.richarddawkins.net/foundation_articles/2013/11/28/der-einstein-gutkind-brief-mit-transkript-und-englischer-bersetzung

    Zahlreiche weitere Äußerungen von Einstein belegen diese Haltung. Lange Zeit hat er sich wie viele Naturwissenschaftler eher bedeckt gehalten, weil sie um die Teils heftigen Gefühle vieler ihrer Mitmenschen wissen und mit heftigen Anfeindungen und Nacheilen rechnen mussten (und weil es ihnen auch meist eher egal ist).

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  4. „Susman schrieb aber in einer Zeit, als die Freiheit durch staatliche Gesetze und säkulare Wissenschaft bedroht wurde, was schließlich zum Holocaust führte“
    Täusche ich mich, oder soll mit diesem Satz eine direkte Verantwortlichkeit von säkularer Wissenschaft zum Holocaust hergestellt werden? Führt Ihrer Ansicht nach säkulare Wissenschaft also immer zu Ereignissen wie dem Holocaust und es ist nur Zufall, dass dieses in Deutschland geschehen ist? Das ist eine Sichtweise die ich mehr als nur ein wenig befremdlich finde.
    Gut, mir fällt es schon schwer der Aussage zu folgen, dass säkulare Wissenschaft die Freiheit einschränkt, aber ich bin mir sicher, dass religöse Menschen dies anders sehen können.

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  5. Wir sind alle „Variant“Innen!
    Nichts ist gleich auf dieser Welt!
    Auch wenn gelegentlich sehr ähnlich (in Teilen), repräsentieren wir in und zwischen uns die Unterschiedlichkeit und damit die unendliche belebende und sichernde Vielfalt, die Unterschied hervorbringt, die Unterschied (neu) schafft, die den Unterschied zur Triebkraft von Veränderung, von Bewegung und damit von ALLEM erfahren läßt.
    Antje Schrupp setzt hier voran
    „… beide Anarchistinnen, Feministinnen und religiös – eine Kombination, die ja nicht besonders oft vorkommt“
    Ja, das ist wohl so richtig, denn NICHTS „kommt besonders oft vor“, so es der Natürlichkeit der Unterschiede entsprang und nicht ausschließlich Ergebnis KULTürlichen (gleichenden weil wiederholten) Handelns ist, im völligen Gegensatz z.B. allein zu dem Anarchischen – in seiner Vielfalt und Unterschiedlichkeit!
    Wie z.B. das Feministische – in seiner Vielfalt und Unterschiedlichkeit!
    Und wie das Religiöse, in SEINER Vielfalt und Unterschiedlichkeit, vor dem, gerade vor dem, niemand gefeit ist, weder als AnarchistIn, noch als AtheistIn, noch als FeministIn, denn es ist in uns und sucht nach diesen Unterschieden in der Hoffnung auf Gleiches, Ausgleichendes, zu stoßen …

    Was ist da, unter diesem Aspekt(en) nun mit „Gesetz“?
    Ge setzt ist das Gesetz! –
    Anders: Gesetz wurde GESETZT!
    Oder es ist keines (weil eben nicht „gesetzt“).
    Dies sagt uns, daß vor diesem SETZEN dann wohl etwas anderes war, und wirft die Frage nach dem / den / der SETZERnIn auf – die wohl nur äußerst fragwürdig mit „TORA“ im Verständnis als „Gesetz Gottes“ beantwortet werden kann. Es sei denn, darunter das wird als diesbezüglicher Wunsch so verstanden, dann allerdings wird dadurch Mensch zu eben diesem SETZER – und wieder nicht Gott, eine schwierige Verkettung, in dem das Gegenteil des Gedachten (Gewünschten) zur vorab zu erfüllenden Bedingung gemacht wird.
    Nun wissen wir, daß es sehr wohl Gesetze gibt, nach denen auch wir Menschen uns bewegen und denken und fühlen und dem nicht entrinnen können, schlicht als Gesetze der Natur, der Natürlichkeit, bezeichnet – die einzigen Gesetze, die Mensch nicht selber auf Stein oder Pergament schrieb und von ihm nicht umgehbar sind.

    Dazu kann man meinen, das sei nun das „Gesetz Gottes“ – das wäre nicht zu widerlegen, nur mit der Tora&Geschwister klappt das, liebe Antje Schrupp, eben nicht.
    So sehr ich nun bei dir das Religiös Dominante finde und das Anarchistische suchen muß (ohne zu finden), gibst du mit deiner „seltsamen Kombination“ doch Rätsel auf, die weder für noch gegen Feminismus sprechen, bestenfalls doch sehr romatisierend, religiös romantisierend, anmuten und den Platz für das Feministische doch wohl auffällig versteckt zu haben scheinen – anstatt zur Säule und Stütze zu machen.

    So freue ich mich auf künftige Herausarbeitung dessen, was du bei Margarete Susmann und bei dir als „anarchistisch“ sehen sollten, anarchistisch im einfachsten Verständnis von „urwüchsig“, dem natürlichen Unterschied und der Vielfalt entspringend diese nicht nur „anbetend“ sondern offen verteidigend …
    Manche verstehen unter Anarchismus in liebenswerter Einfalt soetwas wie „Gesetzlosigkeit“ – was leider falsch ist, da lediglich ein anderes „Gesetz“ als das der daran ständig handwerkelnden KULTürlichen Zivilisation die Anarchisten führt und treibt: Das Gesetz der Natur, der Natürlichkeit der Dinge, des Lebens und seiner Zusammenhänge.
    Eventuell möchtest du mal deinen Anarchismus, von dem du hier – auch über Margarete Susman – sprichst, näher beschreiben?
    Gern auch darin zu verstehendes Gesetz? Anarchistisches ODER kultürliches?
    „Gott würfelt nicht“ ist in der Tat vielseitig interpretierbar, nicht nur, daß er „nichts einem Zufall überlasse“, sondern auch so, daß er sich „nicht beteiligt“ – wie du sagst – und aber auch so, daß es eben nicht Gott ist, DER da WÜRFELT…
    Allerdings ist auch kein Hinweis darauf erkennbar, daß es eventuell der Mensch statt dessen sei, der „GESETZ“ macht, machte, indem er etwas aufschrieb

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  6. Ach ja:
    Auch wenn es mir „verstandesmäßig“ (was das auch immer genau sei) nicht ganz „in den Kram paßt“ (oder doch?) – je öfter ich dich über Margarete Susmann lese, um so mehr kling(el)t da etwas durch:
    Ob es wohl das vermeintlich „religiös und atheistisch zugleich sein müssen sollen“ ist, das mir meine Meinung so eingibt?
    Macht nichts, es wäre auch nur: NATürlich.

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  7. Gar nicht „problematisch“ (vgl. 7. Absatz). Im Gegenteil: Wir lernen davon seit Jahrzehnten im (jüdisch-christlich interessierten) Christentum, und auch für den modernen Islam und den Umgang mit heiligen Schriften könnten sich hier riesige Lernfelder auftun.
    Was ich mir wünschen würde: Dass die Regierungsmitglieder der Knesset das auch endlich lernen würden.

    Was mich heute besorgt macht: Wie viele Menschen in unserer Gesellschaft davon nichts mehr wissen, davon auch nichts mehr wissen wollen, und wie unbarmherzig immer lautstärkere Teile am rechten Rand unserer Gesellschaft und unserer Kirchen homophob, frauenfeindlich, israelfeinlich, islamfeindlich, europafeindlich dagegen auftreten.

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  8. @erdbeerbaeumle – „nicht an einen PERSÖNLICHEN Gott“, aber „unbegrenzte Bewunderung der Struktur der Welt“. Ich kannte dieses Zitat nicht, aber es bestätigt, was ich sagen wollte. Der personale Gott ist ein Gegenüber zum Menschen, ein Handelnder. Das „Gesetz“ (oder „die Struktur“) könnte als nicht-personaler Gott gesehen werden, der nichts „tut“ sondern das Gesetz „garantiert“.

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  9. @Blaubart – Nichts führt „immer“ zum Holocaust, die Wissenschaft ebenso wenig wie die Religion, aber der nazistische Antisemitismus war definitiv „wissenschaftlich“ untermauert, zum Beispiel in der so genannten „Rassenlehre“.

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  10. @erdbeerbäumle @Antje Dazu kommt ja, dass dieser Satz Einsteins „Gott würfelt nicht“ (den ich immer auf die Quantenmechanik bezogen habe, auch wenn ich den ganzen Satz nicht kannte) sich als falsch herausgestellt hat, jedenfalls was die Quantenmechanik anbelangt. Jene, die den Mut hatten, nach Raum und Zeit auch die Kausalität über Bord zu werfen, und bereit waren, zu akzeptieren, dass das Verhalten der kleinsten Bestandteile unseres Universums nicht vorhersehbar ist und man nur statistische Aussagen treffen kann, haben Recht behalten – moderne Experimente zeigen es.

    Die Frage, ob das, was gut und richtig ist, davon abhängt, wer nun gerade auf der Gewinnerseite steht, ist doch längst geklärt: Es hängt nicht davon ab. Schließlich müsste sich sonst alle paar Jahre ändern, was gut und richtig ist, und dann verlöre der Begriff des Guten jeden Sinn. Wer behauptet, das, was gut und richtig sei, hänge davon ab, wer gerade auf der Gewinnerseite steht, sagt im Prinzip, dass es so etwas wie das Gute und Richtige nicht gibt. (Vor kurzem habe ich den Anfang der Politeia gelesen, dort behauptet Thrasymachos genau das: Gut ist, was den Mächtigen nützt. Immerhin weiß er, dass er damit die Existenz von so etwas wie dem Guten leugnet.)

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  11. @Antje: nach Einstein wären diese Gesetze die Gesetze der Physik (das meint er ja mit der „Struktur der Welt, so weit sie unsere Wissenschaft enthüllen kann“). Aus anderen Äußerungen Einsteins kann man aber schließen, dass er diese Struktur nicht als etwas betrachtet, von der man Regeln für das menschliche Miteinander ableiten kann oder sollte, auch wenn er die Religionen genauso wenig dafür geeignet hält.

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  12. Kann nun genauer erklären, warum die Frage, ob das, was gut und richtig ist, davon abhängt, wer an der Macht ist und wer gerade auf der Gewinnerseite steht, längst geklärt ist. Und zwar hat schon David Hume darauf hingewiesen, dass durch keine logische Operation ein Sein in ein Sollen umgewandelt werden kann. Aus dem, was ist, folgt nicht, was sein soll. Also folgt daraus, dass jetzt andere Leute an der Macht sind, nicht, dass jetzt anderes gut und richtig ist.

    Mit seinem kategorischen Imperativ antwortet Kant auf dieses Problem. Seine Formalität ist seine Stärke, nicht seine Schwäche. Er versucht die Moral unabhängig von der Empirie zu begründen.

    Noch ein Wort zum Wort „Gesetz“. Im neuzeitlichen Verständnis ist es faktisch unmöglich, gegen Naturgesetze zu verstoßen. Zuvor war das nicht so, damals dachte man, Experimente und technische Tricks handeln gegen die Natur, nicht, dass sie die Naturgesetze auf geschickte Weise ausnutzen. Die Kirchen und viele Esoteriker hängen teilweise noch an diesem Verständnis, etwa wenn sie Homosexualität für unnatürlich erklären.

    Gegen moralische Gesetze kann selbstverständlich verstoßen werden. Dann handelt man eben unmoralisch. (Klingt jetzt angesehen von Menschheitsverbrechen wie dem Holocaust etwas flapsig. Aber die Tatsache, dass er passiert ist, zeigt, dass er möglich war.) Das heißt, im neuzeitlichen Verständnis zeigt, einen kategorialen Unterschied zwischen moralischen und Naturgesetzen, den es in älteren Zeiten nicht gab.

    Ich komme mir gerade etwas komisch vor, weil ich das Gefühl habe, dass ich Banalitäten erkläre. Halb und halb denke ich, dass du sagen wirst: Aber das kenne ich doch alles auch. Aber dann frage ich mich, warum es nicht in deinem Text auftaucht?

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  13. Der Begriff Naturgesetz ist eigentlich bekloppter Ausdruck.
    Die Naturwissenschaft findet Modelle, die die Realität beschreiben.
    Das Tolle an den Naturwissenschaften ist, dass wenn man die Gültigkeit erst einmal wissenschaftlich gezeigt hat, dass Modell immer gültig ist. Man kann dann auch sagen die Aussage des Modells ist die Wahrheit.

    Gesetzte funktionieren ja andersherum. Wir (oder die Mächtigen) überlegen sich, wie wir uns verhalten SOLLEN (das aber nicht tun) und formulieren das dann als Gesetz.

    Antje fragt: „Wollen wir die menschliche Gesellschaft als eine denken, die unter einem unhintergehbaren „Gesetz“ steht, oder wollen wir sie als eine denken, die für sich genommen gesetzlos ist, also nur jenen Gesetzen unterworfen, die sie selbst sich schafft…“

    Kann man die Geschichte denn besser erklären, wenn man ein unhintergehbares „Gesetz“ annimmt? Und dann auch noch eins mit einem spezifischem Text, den man dann zeitabhängig richtig (aber dann für alle Zeiten gültig) interpretieren muss? Reicht es nicht aus sich das Richtig und Falsch aus einer historischen Position heraus zu denken?
    @susanna14 Verliert der Begriff „Gut“ wirklich jeden Sinn, wenn sich der konkrete Inhalt über die Zeit ändert?
    Das „Gute“ ist das, was ein konkreter Mensch zu einer konkreten Zeit für erstrebenswert erachtete. Das ist doch ein Prinzip über das man reden können will, gerade weil sich das Gute mit der Zeit ändert.

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  14. Spontan: Das Judentum ist die (mono)theistische Weltreligion (auf die Welt gerichtet, im Sinne eines gewissen universellen Anteils), die sich am wenigsten anbiedert/ihre Verbreitung in den Mittelpunkt stellt. Sie hat nicht das Bedürfnis nach quantitativer Ausbreitung, hier vielleicht auch Übereinstimmungen mit der Stoa, vielleicht zumindest etwas Stoisches. So eine „Abgeschlossenheit“ (die gar keine ist, wenn mensch sich ernsthaft interessiert) ist einerseits schlecht als Bestseller vermarktbar, andererseits gibt es Raum für ein anderes (Differenz?) Denken als beim u.a. politökonomisch ultramontanen pragmatischen Katholikentum und beim letztlich individualistischen (vielleicht fragmentarisch-universellen) Protestantismus. Alle drei haben ihre interessanten Perspektiven. Aber das schreibe ich mit dem Selbst-Vorbehalt, dass ich ein religionswissenschaftlicher Laie bin und aus meiner Perspektive dazu neige, fremde Themen auf meine Interessen hinaus (mehr oder weniger entfernt vom Text) zu interpretieren und vielleicht umzudeuten/selektiv Sachen rauszunehmen.

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  15. Hallo Antje, so langsam fange ich an, mir Sorgen zu machen. Hast du meinen Kommentar nicht freigeschaltet, weil er dir als unangemessen erscheint? Denkst du über eine Antwort nach? Hast du einfach keine Zeit, Kommentare freizuschalten, weil China so interessant ist? Ist dir etwas passiert?
    Wenn es an meinem Kommentar liegt, dass die Diskussion hier nicht weiter geht, dann schalte ihn einfach nicht frei und kümmere dich um die anderen Kommentare, die in der Zwischenzeit eingetrudelt sind.

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  16. @Susanna14 – nein, nein, es lag an China, ich hatte die ganze Zeit entweder was anderes im Kopf oder wackeliges Internet. Oder der VpN funktionierte nicht, den ich brauche, denn wordpress.com ist hier auch zensiert.(jaja. Ich weiß, ich sollte selber hosten…) Ende der Woche bin ich wieder daheim, dann wird hier wieder zeitnah moderiert, versprochen!

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  17. @ Lars
    “ Verliert der Begriff “Gut” wirklich jeden Sinn, wenn sich der konkrete Inhalt über die Zeit ändert?
    Das “Gute” ist das, was ein konkreter Mensch zu einer konkreten Zeit für erstrebenswert erachtete“

    Was du beschreibst, sind persönliche Vorlieben, aber nicht „das Gute“. Wenn deine Definition gälte, dann wären auch Hannibal Lecters kannibalische Vorlieben gut.

    Menschen streiten sich natürlich darüber, was nun das Gute sei, aber dieser Streit macht nur Sinn, wenn es um etwas geht, was jenseits persönlicher Vorlieben ist. Wenn das Gute nur eine persönliche Vorliebe wäre, dann wäre ein solcher Streit ebenso überflüssig wie der Streit darüber, ob man Tee lieber mit Zitrone oder mit Milch trinkt, oder ohne beides, oder mit beidem, trotz der Flocken – das ist dann wieder Naturwissenschaft.

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  18. Antje Schrupp schreibt: 12. Mai 2015 um 15:24
    an
    >@erdbeerbaeumle – “nicht an einen PERSÖNLICHEN Gott”, aber “unbegrenzte Bewunderung der Struktur der Welt”. Ich kannte dieses Zitat nicht, aber es bestätigt, was ich sagen wollte. Der personale Gott ist ein Gegenüber zum Menschen, ein Handelnder. Das “Gesetz” (oder “die Struktur”) könnte als nicht-personaler Gott gesehen werden, der nichts “tut” sondern das Gesetz “garantiert”.<

    Jeder "personale Gott" ist real betrachtet objektiv wie subjektiv nur Götzenfunktion, die reine Anbeterei von (etwas) Anderem.

    Das "Gesetz" (oder: "die Struktur") funktioniert eh als rsp. wie Gott (gedacht ist), nur das als Gott auszugeben wäre die religiöse Form des reinen Atheismus oder (für die andere Seite) der blanke versteckte Atheismus der Religiösität.

    Muß man also (auf der einen wie auf der anderen Seite) das so auseinanderbaldowern, oder kann nicht jedes in seinem Fach bleiben und im Stillen der / das Andere schlicht akzeptiert werden?
    Letztlich läuft es immer wieder (i.S.v.) auf Ernst Bloch hinaus:
    Um "guter" Christ zu sein, verlangt das konsequente atheistische Betrachtungen, und ein echter Atheist muß dazu christlich handeln können und wollen …
    so what

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  19. @susanna14 schreibt: 12. Mai 2015 um 23:17
    Gut, daß du das (endlich mal jemand) treffend beschreibst:
    Zu Kants Zeiten wurde davon ausgegangen, menschliches Handeln (Experimente, Tricks, Nutzung von Wissenschaft) sei die Unterwerfung der Natur, während neuzeitlich – z.B. auch zu Einsteins Zeiten – das die Anwendungt der Natur(gesetze) ist.
    Dies wird beim Kolportieren i.d.R nicht mitgeliefert.
    So ist dann das auch mit dem Einsteinschen Satz:
    „Gott würfelt nicht“ –
    Nur:
    Könnte er damit, mit genau diesen Worten nicht auch sagen wollen „Nicht Gott würfelt da, es ist wohl ein / etwas ANDERES, das da „würfelt“? Eventuell die NATUR, das GESETZ?“
    Leider wird er es uns nicht mehr präzisieren können, der große Geist mit seiner ungeheuren Ehrfurcht vor der Natur

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  20. @kosinsky schreibt: 15. Mai 2015 um 10:44

    „Spontan: Das Judentum ist die (mono)theistische Weltreligion (auf die Welt gerichtet, im Sinne eines gewissen universellen Anteils), die sich am wenigsten anbiedert/ihre Verbreitung in den Mittelpunkt stellt. Sie hat nicht das Bedürfnis nach quantitativer Ausbreitung, …“

    Verehrter kosinsky, auf diesen „spontanen Einwurf“ fält mir dies ein, ganz spontan:
    Das Judentum ist nicht die erste (bisher bekannte) monotheistische Religion, die sich – wie du meinst – „auf die Welt (das Universum) gerichtet, im Sinne eines gewissen universellen Anteils“, denn das hat inzwischen erwiesenermaßen bereits Echnaton zuvor proklamiert.

    Und zu dem von dir angeblich „Das Judentum ist die (mono)theistische Weltreligion, die sich am wenigsten anbiedert/ihre Verbreitung in den Mittelpunkt stellt. Sie hat nicht das Bedürfnis nach quantitativer Ausbreitung, …“ wäre leider festzustellen, daß zum einen ein leichter Unterschied zwischen dem „Judentum“ und der jüdischen Religion besteht und zum anderen auch und gerade in dieser Hinsicht zu bezweifeln ist, ob deine Ansicht so eine Chance hat, als realistisch bewertet zu werden, wo doch (nicht nur) diese Religion bereits bei ihren unmündigen Kindern durch sogar körperliche Markierung als „zum Bund mit Gott gehörend“ missioniert, ihre „quantitative Ausbreitung“ und als solche sogar eine abstammungsmäßig „reine“ Ausbreitung sicherstellen möchte, ja das als „Gesetz“ betrachtet.
    Es gibt definitiv keine Religionsgemeinschaft, die auf den Anspruch des Missionierens (werben, überzeugen und sicherstellen) verzichten kann, bei Strafe ihres eigenen Unterganges, nur die Wege und Methoden unterscheiden sich.

    Vielleicht künftig etwas vorsichtiger mit protzenden Erhabenheitsansprüchen der einen Religion gegenüber anderen umgehen?
    Aus der Sicht eines atheistisch lebenden Menschleins ist das potentiell Quelle für selectierende Überlegenheitsdoktrinen, die Zwietracht säen und Feindschaften nähren, wider die kooperative Wesensnatur der Menschheit.
    Um im Diktus diese Themas zu bleiben:
    Gesetz, auch Naturgesetz oder Glaubensgesetz, ist gesetzte Freiheit, sie ist weder umgehbar, noch überlistbar noch mißbrauchbar, und anarchistisch wäre es, dies nicht zu bekämpfen, sondern zu nutzen, zu stützen, wo immer daran gesägt werden soll – das ist „auf die Welt gerichtet“, verständlich für alle, zum Wohle ALLER, nicht nur von „Auserwählten“

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  21. “Wollen wir die menschliche Gesellschaft als eine denken, die unter einem unhintergehbaren „Gesetz“ steht, oder wollen wir sie als eine denken, die für sich genommen gesetzlos ist, also nur jenen Gesetzen unterworfen, die sie selbst sich schafft…”

    Mir ist noch nicht klar, wie dieses „unhintergehbare Gesetz“ gedacht ist, und aus was heraus es sich entwickeln soll bzw. kann?
    Auch als himmlisch und überirdisch formuliertes Gesetz bleibt es
    doch immer noch eins von Menschen geschaffenes, dessen Grundlage die Beziehung von Mensch zu Mensch ist – oder?

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  22. „Das Judentum ist nicht die erste (bisher bekannte) monotheistische Religion, die sich – wie du meinst – “auf die Welt (das Universum) gerichtet, im Sinne eines gewissen universellen Anteils”, denn das hat inzwischen erwiesenermaßen bereits Echnaton zuvor proklamiert.“

    Das habe ich nicht gemeint, ich wollte formulieren, inwiefern das Judentum trotz seiner quantitativ relativ geringen Mitgliederzahl als Weltreligion bezeichnet werden könnte. Das mit Echnaton wusste ich noch nicht, das ist interessant. Vielleicht ist es ein bedeutsamer Unterschied bei Religionen, ob sie für sich bzw. für eine konkrete Gemeinschaft bestehen (und nach Außen nur abgegrenzt sind), oder ob sie an Außen oder ‚einem Außen‘ orientiert sind.

    „…leider festzustellen, daß zum einen ein leichter Unterschied zwischen dem “Judentum” und der jüdischen Religion besteht“

    Ja, die Konstruktion des Judentums als „Volk“ (wobei wiederum, wie z.B. die „Germanen“ auch aus verschiedenen Stämmen entworfen) und Religion zugleich ist anders als die der anderen Weltreligionen. Aber mir ging es hier eher um die Religion, als um die Geschichte des Judentums als soziale und politische Zuschreibung und eine zwischen Fremdzuschreibung und Selbstidentität wechselwirkende Entwicklung als soziopolitische Gruppe.

    „…auch und gerade in dieser Hinsicht zu bezweifeln ist, ob deine Ansicht so eine Chance hat, als realistisch bewertet zu werden, wo doch (nicht nur) diese Religion bereits bei ihren unmündigen Kindern durch sogar körperliche Markierung als “zum Bund mit Gott gehörend” missioniert, ihre “quantitative Ausbreitung” und als solche sogar eine abstammungsmäßig “reine” Ausbreitung sicherstellen möchte, ja das als “Gesetz” betrachtet.“

    Dass im Judentum das Kinderbekommen nicht verboten ist, ist bekannt. Dass die meisten Religionen ihre Kinder auch schon vor (unterschiedlich gesetzter) Religionsmündigkeit in die Religion aufnehmen auch. Aber mit Ausbreitung (im Unterschied zum Versuch des Bestandserhalts) ist ja aktive Mission und eine aktive und potenziell/angestrebt große Erweiterung der Mitgliederzahl gemeint. Und das ist im Judentum nicht der Fall, was den Juden als Religion – wie politisch-instrumentell auch als „Volk“ – u.a. als „Elitismus“ vorgeworfen wurde.

    „Es gibt definitiv keine Religionsgemeinschaft, die auf den Anspruch des Missionierens (werben, überzeugen und sicherstellen) verzichten kann, bei Strafe ihres eigenen Unterganges, nur die Wege und Methoden unterscheiden sich.“

    Das Werben, aktiv oder durch Attraktivität, zum „Zeitgeist“ passend etc., ergibt sich auch bei Religionen wie bei säkularen Gruppierungen. Aber es sind ja auch schon viele eigentlich interessante Religionen untergegangen. Manche werden in der Erinnerungskultur und durch die technischen Archivierungsmöglichkeiten von heute wiederentdeckt, und mehr oder weniger originalgetreu in heutiger Zeit interpretiert.

    „Aus der Sicht eines atheistisch lebenden Menschleins ist das potentiell Quelle für selectierende Überlegenheitsdoktrinen, die Zwietracht säen und Feindschaften nähren, wider die kooperative Wesensnatur der Menschheit.“

    Ich glaube Subjektivitätsbildung (Identität und die Mitbestimmung der eigenen Subjekthaftigkeit, also mindestens als prä-poststrukturalistische Phase/Zustand) und gleichberechtigte Kommunikation gehören zusammen. Die Gefahr der Abgrenzung durch Selbsterhöhung besteht immer. Bei Religionen und in säkularen Bereichen. „Der Mensch“ äußert sich u.a. in kooperativem wie auch in chauvinistischem Verhalten. Auch hier ist, so vermute ich, die Religion nicht die Ursache, allerdings manchmal – in institutionalisierter und sozialstatuell aufgebauter Form – ein Hindernis bei einer Verbesserung des Zusammenlebens.

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  23. @susanna14 „Was du beschreibst, sind persönliche Vorlieben, aber nicht “das Gute”. Wenn deine Definition gälte, dann wären auch Hannibal Lecters kannibalische Vorlieben gut.“

    Ich habe das nicht gut beschrieben. „Erstrebenswert“ heißt hier gesellschaftlich erstrebenswert*.

    Der Begriff „Gut“ kann auch sinnvoll sein, wenn damit „nur“ die gesellschaftlichen „Vorlieben“ von Menschen gemeint sind. Denn darüber Streiten sich die Menschen ja auch.

    Der Streit darüber ist auch nicht so überflüssig, wie über Tee mit Milch oder ohne, weil die gesellschaftlichen Vorlieben auch andere Menschen betreffen.

    *Leider fällt mir gerade kein besser passendes Wort ein.

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  24. @Lars
    Habe noch einmal gelesen, was du geschrieben hast. Du schriebst nicht von der Gesellschaft, sondern von „einem konkreten Menschen“.

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  25. @Lars schreibt: 21. Mai 2015 um 22:21 / @susanna14

    zu „gut“, „gesellschaftlich erstrebenswert“:

    Was soll denn das sein bitte: „gut“ – das ist nichts anderes als heiß oder kalt, oder rechts oder links, oder schnell oder langsam – alles ist ausschließlich eine an rein individuelle Betrachtung gebundene Bewertung, die allein vom eigenen Standpunkt (Verortung) des Betrachters bestimmt wird und an keiner Stelle in der Lage ist, etwas Beständiges und absolutes Feststehendes für alle Teilhaber der Gesellschaft zu bezeichnen:
    Was vom einen Standpunkt aus gut ist (Reißen des Schafes für den Wolf), ist für den anderen Standpunkt das Gegenteil (für das gerissene Schaf), was aus der einen (stets nur eigenen) Befindlichkeit „schnell“ ist (Kutsche) ist aus einer anderen (ebenfalls anders eigenen) Befindlichkeit „langsam“ (Eisenbahn, usw.), was aus einer Sicht „links“ ist, ist aus der eigenen Sicht des Gegenüber (!!) stets „rechts“ – diese Begriffe sind relativ und taugen nicht für ernsthafte Versuche der gesellschaftlichen Wertbezeichnungen.

    Ändert sich ein (Betrachter)Standpunkt, kehrt sich meist das eine in sein Gegenteil um, „gut“ und „böse“ werden und sind beliebig und damit unbrauchbar, um irgendetwas als „gesellschaftlich erstrebenswert“ zu bezeichnen, vor- und nachteilsgemäß zu selektieren, zumal auch Standpunkte von „Gesellschaft“ das wandelbarste in der Entwicklung von Mensch sind, das diese erleben darf – entgegen vieler Moralvorstellungen, die auch dem nur folgen können.

    Hinzu kommt, daß wie „gut“ etwa „gesellschafliche Vorlieben“ kennzeichnen KÖNNTE, das gleichermaßen UND sogar gleichzeitig auch „schlecht“ KÖNNTE.

    Damit gibt es weder „das Gute“ (an sich), noch „Das Böse“ (an sich).
    Und der Streit dazu ist wichtiger denn je zuvor, da in dieser Unterscheidung, in diesem (stets NUR gedachten und damit immer NUR projezierten) UNTERSCHIED die Quelle für alle Auseinandersetzungen der menschlichen Gesellschaft bewußt und unbewußt erschaffen und am Versiegen gehindert werden, sofern nicht die Relativität und Standpunktabhängigkeit ZUGLEICH und BEIDSEITIG Gegenstand des Wissens und der Diskussion dazu ist.

    „Gesellschaftlich erstrebenswert“ ist es also mitnichten, etwas als „gut“ oder „böse“ zu markieren, sondern den Sinn und Nutzen wie Unsinn und Schaden jeweils beim stets auch vorhandenen Namen zu nennen, ohne sich auf die glitschige Proklamation von „gut – böse“ einzulassen – nur so entsteht Chance der Vermeidung von zerstörenden Auseinandersetzungen – es sei denn, genau das wird bezweckt, wie das z.B. in jeder Propaganda (Vermischung von Lagebericht, persönlicher geeigneter oder sachlich unbegründeter Meinung und individuel vorteilsbezogenem Kommentar – alles als bereits nur anscheinend und abschließend „gesellschaftlich gewerteter“ Fakt präsentiert ….) zwangsläufig der Fall ist.
    „Gut“ oder „böse“ alleinstehend gerät so unweigerlich in die nicht faßbare rein populistische Glibberei der Verdummung und Vertuschung, der gezielten Unterbindung von permanenter Prüfung rsp. Hinterfragung und so zum „gesellschaftlich keinesfalls erstrebenswertem“ weil anscheinend „anarchistisch“ künstlich erstelltem (!) Gesetzsystem, das Freiheit ver- und behindert, jedoch nicht hervorbringt.
    „Gut -böse“ Verwendungen sind das Werkzeug der Denkfaulen und Unwissenden, und leider auch der „Böse“wichte unserer Gesellschaft, die hoffen, damit ihre Sicht nicht erklären und beweisen zu müssen.

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