Väter, Mütter und der Elefant im Raum

In der Serie „Orange is the new black“, die in einem Frauengefängnis spielt, gibt es eine Liebesgeschichte zwischen einer Inhaftierten (Daya) und einem Wärter (John). Sie hatten Sex, Daya ist schwanger. Gegen Ende der zweiten Staffel fordert Daya John auf, öffentlich zu seiner Vaterschaft zu stehen, aber er hat Angst, weil er höchstwahrscheinlich selbst im Knast landen würde, denn Sex zwischen Wärtern und Inhaftierten gilt prinzipiell als Vergewaltigung. Daraufhin bietet Daya, die die Heimlichtuerei nicht mehr möchte, ihm eine Alternative an: Er könne die Beziehung auch beenden, sie würde nichts verraten. Er sagt entrüstet: „Do you think I would walk away from my child?“ Sie antwortet: „Wenn mir jemand die Möglichkeit geben würde, das Ganze zu vergessen, würde ich mit Sicherheit darüber nachdenken.“

Es ist klar: Daya hat diese Möglichkeit nicht. Die Option „to walk away from her child“ existiert für sie nicht, denn das Kind ist in ihrem Bauch, ein Teil ihres Körpers. Das ist der entscheidende Unterschied zwischen Vaterschaft und Mutterschaft: Vaterschaft konstituiert sich nicht automatisch durch den biologischen Zeugungsakt, es muss ein Prozess der sozialen Anerkennung hinzukommen. Es gibt die Möglichkeit, dass die Beteiligten sich gegen die Vaterschaft des biologischen „Erzeugers“ entscheiden. Sie – oder die Gesellschaft – können auch einen anderen Mann zum Vater küren (in der Realität gilt oft der Mann als Vater, der mit der Schwangeren verheiratet ist, egal ob das Kind tatsächlich „von ihm“ ist. Im konkreten Fall der Fernsehserie ist ein konkreter Kandidat ein anderer Wärter, mit dem Daya ebenfalls Sex hatte, und der von sich selbst fälschlicherweise glaubt, der Vater zu sein).

In Bezug auf Mutterschaft gibt es diese Möglichkeit, quasi „per Abmachung“ zu entscheiden, nicht. Man kann das befruchtete Ei nicht im Lauf der Schwangerschaft in einen anderen Körper transferieren (vielleicht kommt das ja noch). Wer die biologische Mutter eines Kindes ist, ist eine evidente, für alle offensichtliche Tatsache: diejenige, in deren Körper das Kind heranwächst und die es schließlich zur Welt bringt. Selbstverständlich ist Mutterschaft auch sozial geprägt. Aber sie ist eben dennoch und gleichzeitig ein materieller Fakt: dieser schwangere Körper und dieses Kind, das daraus geboren wird.

Andersrum ist natürlich auch die biologische Vaterschaft feststellbar (wenn auch erst seit kurzem), allerdings nicht einfach per Anschauung, sondern nur mit technologischem Aufwand. Es muss ein Vaterschaftstest gemacht werden, was aber nur im Streitfall geschieht. Es geschieht zum Beispiel nicht, wenn sich alle Beteiligten auf einen Vater „einigen“. Und es geschieht auch dann nicht, wenn gar kein Kandidat vorhanden ist. Es ist ja zum Beispiel möglich (und kommt auch öfter mal vor), dass weder die schwangere Frau noch der Mann, mit dem sie Sex hatte, an dieser konkreten Vaterschaft ein Interesse haben – und deshalb schlicht darüber schweigen.

Die soziale Konstruktion von Vaterschaft bedeutet: Jemand muss sagen „Dieser Mann ist der Vater meines Kindes“ oder „Ich bin der Vater dieses Kindes“ – wenn das nicht geschieht, gibt es keinen Vater. Im Fall von Mutterschaft aber muss niemand etwas sagen. Eine Mutter gibt es immer, denn andernfalls wird gar kein Kind geboren. Eine Mutterschaft zu verheimlichen ist zwar nicht völlig unmöglich, setzt aber einen ziemlichen organisatorischen Aufwand voraus.

Lasst-Väter-Vater-seinDerzeit ist die Art und Weise, wie Vaterschaft sozial konstruiert wird, stark im Umbruch und damit in der Debatte. Unter dem Titel „Lasst Väter Vater sein“ hat Barbara Streidl eine Streitschrift vorgelegt, in der sie vehement und engagiert dafür plädiert, die Rolle von Vätern zu stärken. Sie wünscht sich – wie wohl viele heutzutage – dass Väter eine aktive und von Umfang und Qualität her ähnliche Verantwortung für Kinder annehmen und zugesprochen bekommen wie Mütter. Sie fordert die Frauen, die Männer und die Gesellschaft insgesamt auf, die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Doch allein schon die Häufigkeit und Vehemenz, mit der sie immer wieder betont „Kinder brauchen Väter“, „Väter sind wichtig!“ ist ein Beleg dafür, dass dieses Brauchen und diese Wichtigkeit gerade nicht evident sind. Diese Sätze sind ein Appell, nicht die Feststellung einer Tatsache.

Sollen Väter also wichtig sein? Ich bin in dieser Frage nicht so klar entschieden wie Barbara Streidl. Aber so oder so: Jede gesellschaftliche Debatte darüber, was Vaterschaft sein soll, wird nicht darum herumkommen, sich dem Thema von Schwangerschaft und Geburt zu stellen, also die damit verbundenen körperlichen Unterschiede von Mutterschaft und Co-Elternschaft wahrzunehmen. Diesen Part der Co-Elternschaft müssen ja auch nicht unbedingt die Väter übernehmen, es gibt auch lesbische Co-Mütter oder Poly-Familien und alle möglichen anderen denkbaren Konstellationen. Aber sie alle haben eines gemeinsam: den Unterschied zwischen den Co-Eltern und der Person, die das Kind austrägt und gebiert. Diese Unterschiede spielen eine Rolle, wenn man sinnvoll darüber diskutieren will, wie Elternschaft kulturell gestaltet werden soll: Let’s talk about Schwangerwerdenkönnen!

Erstaunlicherweise kommt aber genau dieses Thema in Streidls Buch nicht mit einem Wort vor. Es scheint sich dabei wirklich um eines der größten Tabus unserer Zeit zu handeln. Vor einiger Zeit wunderte ich mich bereits über ein feministisches Mädchenbuch, das in großer Ausführlichkeit über alle möglichen Dinge und  auch die körperlichen Aspekte des weiblichen Erwachsenwerdens spricht – aber das Schwangerwerdenkönnen mit keiner Silbe erwähnt. Und nun gibt es ein Buch über Vatersein und Muttersein, das genau dieselbe Leerstelle aufweist. Der riesige Elefant im Raum. Was ist an ihm eigentlich so gefährlich?

In Bezug auf die soziale Konstruktion von Vater- und Mutterschaft, um die es in Streidls Buch geht, ist relativ klar, wo das Problem liegt: Die klassische patriarchale Aufteilung von Mutter- und Vaterrolle in Bezug auf die Kindererziehung wurde schließlich genau mit dem Schwangersein und Gebären begründet, aus dem dann allerlei angeblich naturgegebene Unterschiede für die Zeit nach der Geburt abgeleitet wurden. Doch die körperliche Evidenz des Mutterseins endet mit der Geburt. Nach der Geburt ist alles in der Tat verhandel- und veränderbar, es gibt zum Beispiel keine biologische Notwendigkeit, dass die Person, die schwanger war und das Kind geboren hat, auch diejenige ist, die es anschließend versorgt.

Doch das bedeutet nicht, dass das Thema Schwangerschaft für die Verhandlung von Vater- und Mutterschaft unwichtig wäre. Denn worum es hier geht, das sind vor allem die Beziehungen zwischen der Mutter und dem – potenziellen – Vater. Diese Beziehung ist von einer ganzen Reihe an Ungleichheiten geprägt. Zum Beispiel kann die schwangere Frau nicht sicher sein, dass der Mann, von dem sie schwanger ist, auch bis zur Geburt anwesend bleibt (er muss sie gar nicht mal unbedingt verlassen, er kann auch sterben zum Beispiel). Ein Mann wiederum kann prinzipiell nicht allein entscheiden, ein Kind zu bekommen – er ist darauf angewiesen, dass eine Frau nicht nur mit ihm Sex hat (darauf ist eine Frau ebenfalls angewiesen), seine Sexpartnerin muss das Kind anschließend auch austragen. Sie kann das Kind nämlich auch abtreiben, eine Entscheidung, die (faktisch) allein bei ihr liegt, auch wenn sie normalerweise seine Meinung dazu wohl irgendwie berücksichtigt. Aber es ist ihr Körper. Andersrum heißt das auch: Wenn die Schwangere ein ungeplant gezeugtes Kind gebären möchte und ihr Sexpartner nicht – dann kann er das nicht verhindern.

Vater- und Mutterrollen werden also nicht erst ab dem Moment der Geburt verhandelt, sondern spätestens ab dem Moment der Zeugung, unter Umständen sogar schon vorher. Geburten haben eine Vorgeschichte, die von einer wesentlichen Ungleichheit geprägt ist: der Ungleichheit zwischen derjenigen Person, die schwanger ist und eventuell ein Kind zur Welt bringt, und einer (oder mehreren) anderen Personen, die das nicht sind, aber dennoch eine Beziehung zu diesem Kind haben möchten. Die mit all dem verbundenen Verhandlungen und Abmachungen sind von dieser Ungleichheit geprägt und müssen ihr deshalb Rechnung tragen – Daya und John aus der Fernsehserie sind da keine Ausnahme.

Barbara Streidl: Lasst Väter Vater sein. Beltz 2015, 167 Seiten, 16,95 Euro.

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

34 Gedanken zu “Väter, Mütter und der Elefant im Raum

  1. „in der Realität gilt oft der Mann als Vater, der mit der Schwangeren verheiratet ist“
    Von einer die es erlebt hat: in der Realität gilt AUTOMATISCH UND ALTERNATIVLOS der Mann als Vater, der mit der Schwangeren verheiratet ist. Einzige Ausnahme ist Trennungsjahr (und dort ist es auch mit Aufwand verbunden), allen anderen steht eine postnatale Vaterschaftsanfechtung mit DNA-Tests etc bevor, inklusive monatelang ‚falsche‘ Geburtsurkunde überall einreichen müssen.
    Nur weil ich davon extrem genervt war, musste das kurz raus. Und der Artikel ist sehr wichtig, sehr sehr wichtig! Danke

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  2. Deine Aussage „…Doch die körperliche Evidenz des Mutterseins endet mit der Geburt. Nach der Geburt ist alles in der Tat verhandel- und veränderbar, es gibt zum Beispiel keine biologische Notwendigkeit, dass die Person, die schwanger war und das Kind geboren hat, auch diejenige ist, die es anschließend versorgt…“
    finde ich fast schon gefährlich. Ja, es gibt Alternativen, angefangen beim Nahrungsersatz statt Stillen, aufgehört bei anderen Betreuungspersonen. Biologisch „logisch“ ist das aber nicht und nur durch unsere gesellschaftlich technologische Entwicklung seit recht kurzer Zeit „trotzdem zu überleben“. Ein Menschenkind ist ein Tragling und Säugling, der zu seiner Mutter gehört und mindestens 2 Jahre die Nähe und Möglichkeit des Säugens dort braucht. Was ein technisch möglicher Ersatz nämlich mit psychischer und körperlicher Gesundheit von Mutter und Kind anrichtet, ist nicht einfach so vom Tisch zu wischen. Auch die Mütter profitieren gesundheitlich z.B. vom Stillen bzw. leiden darunter, wenn sie es nicht tun. “ Biologisch notwendig“ ist das für eine gesunde Entwicklung also sehr wohl.

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  3. @Christine – Ja, was du beschreibst, zeigt aber doch, dass es verhandelbar ist. Wie bei allen Verhandlungen gibt es dabei dann bessere und schlechtere Möglichkeiten der Entscheidung und verschiedene Interessen und Meinungen und Argumente, manche stichhaltiger als andere, und es gibt Konflikte, deren Ausgang nicht feststeht. Was du beschreibst ist eine Position innerhalb dieser Verhandlungen (Du bist der Ansicht, dass es das beste ist, wenn ein Neugeborenes von der leiblichen Mutter versorgt wird). Aber es ist eben auch möglich, diesbezüglich andere Ansichten zu vertreten, und das geschieht ja auch (woüber du dich ärgerst). Mir kam es darauf an, den Unterschied zwischen diesem nachgeburtlichen Setting und der Situation während der Schwangerschaft deutlich zu machen. Da gibt es nämlich nichts zu verhandeln und keine diskutierbare Alternative: das Kind wächst im Körper der Schwangeren oder es stirbt.

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  4. ich finde Sie tun den Vaterschaftstest zu schnell als nur theoretische Option ab. Aber allein die Möglichkeit ändert doch schon einiges, da frau weiß, dass ein Seitensprung prinzipiell nachweisbar ist. Mit „pater semper incertus“ kommt frau heutzutage nicht immer davon, was aber auch neue Möglichkeiten schafft. Denn genauso wie Zweifel an einer Vaterschaft bestätigt werden können, können diese auch widerlegt werden, mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten. Aber ich wäre sowieso dafür, bei jeder Geburt einen Vaterschaftstest durchzuführen. Das würde vielen Menschen viel Leid ersparen und etwas dagegen haben eh nur die, die wissen, was sie ausgefressen haben. „Dekonstruieren“ schön und gut, aber wenn wir beim echten Leben bleiben, ist der Vater keine rein soziale Rolle sondern auch biologisch. Kinder und Eltern suchen nach optischen und charakterlichen Ähnlichkeiten und adoptierte Kinder spüren sehr oft den Wunsch, ihre leiblichen Eltern zu kennen. Ich denke, das ist Instinkt und nicht einfach anerzogen.

    Die Frage „sind Väter wichtig“ ist auch deshalb interessant (im Sinne von etlarvend), weil sie eine feministische Grundhaltung offenbart. Das Recht, die eigenen Kinder zu sehen, mit ihnen zu spielen, sie in den Arm zu nehmen und mit ihnen zu lachen und zu weinen, haben in manchen feministischen Sichtweisen Väter nämlich nicht oder nur so lange, wie sie eine Funktion erfüllen. Das Kind gehöre per default zur Frau und ein Mann sei per default ein Störfaktor, in jedem Fall aber ersetzbar und diese Sichtweilse soll biologistisch untermauert werden, indem auf die besondere Bedeutung der Schwangerschaft abgehoben wird, während die hormonellen Veränderungen von Männern, die Vater werden oder geworden sind, gar nicht zur Kenntnis genommen werden.

    Wer so abgebrüht argumentiert hat noch nie erlebt, wie Väter ausgelassen mit ihren Kindern herumtollen.

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  5. Dazu muss aber erst gesellschaftlich konstruiert werden, dass das aus dem Bauch kommen eine Bedeutung hat, das heißt, dass es Mutterschaft ausmacht. Auch eine Gebärerin muss ihr Kind anerkennen um Mutter zu sein, denn sie kann es zur Adoption freigeben und dann ist nicht die biologische Gebärerin die Mutter.

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  6. @ethfiel – Nein, es gibt auch eine nicht gesellschaftlich konstruierte Bedeutung von „aus dem Bauch kommen“ und die heißt: Anders kommen Menschen nicht auf die Welt. Dieser Prozess ist unhintergehbar notwendig für das Entstehen von Menschen. Daran ist nichts konstruiert, das ist eine biologische Tatsache (jedenfalls vorläufig noch, vielleicht erfinden wir noch etwas. Biologische Tatsachen sind nicht ontologische Wesensbeschreibungen. Früher starb man auch an Dingen, an denen man heute nicht mehr stirbt wg medizinischem Fortschritt. Das ändert aber nichts daran, dass das Sterben an Krankheit X früher eine biologische Tatsache war, keine Konstruktion).

    Die Frage, wer die „Mutter“ ist, die Gebärerin oder diejenige/derjenige, die sich um das Kind kümmert, ist interessant. Vielleicht besteht das Problem auch darin, dass wir für beides nur ein Wort haben. Jedenfalls gibt es keinen einzigen Menschen auf dieser Welt ohne „Gebärerin“. Theoretisch wäre es sinnvoll, die Worte „Mutter“ und „Vater“ durch „Gebärerin“ und „Co-Eltern“ zu ersetzen. Praktisch wird das aber noch eine Weile dauern, bis sich so was durchsetzt. Eine Mutter, die nicht geboren hat, unterscheidet sich meiner Meinung nach jedenfalls in nichts von einem Vater (außer in sozialen Zuschreibungen qua Geschlecht, die imho abzulehnen sind). Deshalb sollte es dafür eigentlich auch nicht zwei verschiedene Wörter geben, das ist irreführend.

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  7. Ich hänge mich vor allem am „biologisch“ in der Formulierung „keine biologische Notwendigkeit“ auf, weil das so einfach nicht stimmt. Was ist „notwendig“? Alles, das sonst unmittelbar zum Tod führt? Oder auch, was bei “ Ersatz“ längerfristig höhere (Krankheits-) Risiken und eine erhöhte Sterblichkeit bedingt? Wo ist die Grenze?
    Ich habe kein Problem mit anderen, bewusst und freiwillig getroffenen (Lebens-) Entscheidungen, sehr wohl aber mit Desinformation und Aussagen, die jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnisse entbehren. Weil genau sowas dazu führt, das Mütter sich (sozial konstruiert) gezwungen fühlen und gezwungen werden, „Ersatz“ zu akzeptieren und zu forcieren und das nachweislich weder Kind noch „Gebärerin“ guttut.

    Mit dem Rest bin ich vollkommen d’accord.

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  8. für den Vater gibt es einen solches Wort, nämlich „Erzeuger“. Ohne Zeugung gibt es halt auch kein Kind und jedes Kind ist von irgendjemanden gezeugt worden. Insofern stellt sich durchaus die Frage, warum Vaterschaft nur ein Konstrukt sein soll, Mutterschaft dagegen eine biologische Tatsache. Was unterscheidet Mutter und Vater also im biologischen Sinn? Ist austragen und gebären etwas qualitativ anderes als zeugen oder einfach nur „mehr“?

    Eine Mutter, die nicht geboren hat unterscheidet sich insofern von einem Vater, als dieser das Kind gezeugt hat.

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  9. @Wilhelm – Im Biologischen Sinn wird das Kind von Mutter UND Vater gemeinsam gezeugt (Eizelle trifft Sperma). Insofern sind beide gleich. Die aus diesem Zeugungsakt entstandene befruchtete Eizelle wird anschließend aber nur von einer Person ausgetragen und von der anderen nicht. Insofern sind beide ungleich. Zeugen und Austragen sind zwei völlig verschiedene Dinge.

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  10. Die entscheidenden Aspekte – nämlich Notwendigkeit zur Entstehung eines Menschen und genetische Abstammung – sind doch bei Mutter und Vater auf gleicher Ebene. Welche besondere Stellung ergibt sich – biologisch – für die Mutter zum Kind durch das Austragen? Dass das Kind der Mutter zuzuordnen ist, begründet ja an sich noch keine besonderes Verhältnis. Fragen Sie mal ein Erdmännchen. Da wird der Nachwuchs von der gesamten Gruppe aufgezogen, z. T. auch von anderen Weibchen gesäugt.

    Die Muttermilch wäre da schon eher ein Ansatzpunkt um zu sagen, dass es biologisch vorgesehen ist, dass beim Menschen die biologische Mutter sich um das Kind kümmert. Aber dann müsste man auch über die hormonellen Veränderungen beim Vater sprechen, die mit der erfolgreichen Fortpflanzung einhergehen.

    Auf der Bedürfnis-Ebene sehe ich auch keinen wesentlichen Unterschied. Vater-Instinkte gibt es genauso wie Mutter-Instinkte und es haben sich schon Väter umgebracht, weil sie ihre Kinder nicht mehr sehen durften, genauso wie Mütter. Letzteres kommt hierzulande allerdings praktisch nicht vor.

    Die entscheidende Frage ist aber immer noch, was wir eigentlich wollen? Wollen Sie, dass Mütter dem biologischen Vater nach Belieben den Zugang zum Kind verwehren können? (das scheint mir nämlich der Hintergrund ihrer Argumentation zu sein). Dass Ehemänner den Nachwuchs der Frau aufziehen müssen, wenn sie außerhalb der Ehe schwanger wurde? Abgesehen davon, dass das ein ziemliches Unrecht gegenüber allen liebenden Vätern ist, denn das Kind ist nunmal auch sein Kind, ist das biologisch nicht sehr stimmig. Eben weil beim Menschen der Vater biologisch dazu gehört, er ist mehr als ein Erzeuger und wir sind keine Erdmännchen.

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  11. @Wilhelm – Wenn Sie meinen Blogpost noch einmal genau lesen, werden Sie feststellen, dass ich aus dem biologischen Unterschied zwischen Gebärerin und Co-Elternteil KEINE notwendigen Schlussfolgerungen für die Zeit nach der Geburt ableite. Von daher ist Ihr Kommentar am Thema vorbei. Was ich sage ist aber, dass die Beziehung zwischen Gebärerin und Co-Elternteil von diesem Unterschied geprägt ist, und dass man ihn deshalb nicht einfach außer Acht lassen kann, wenn man sich über neue Rollen und Aufteilungen zwischen den beiden Gedanken macht.

    Die Sachen, die ich angeblich fordere, entspringen ansonsten allein Ihrer Fantasie.

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  12. Es gibt schon heute die Leihmutterschaft bei der eine befruchtet Eizelle einer Frau, nicht zwingend der Mutter, eingepflanzt wird und diese das Kind austrägt. Es ist somit nicht zwingend erforderlich das die Mutter das Kind austrägt. Ebenso kann die Mutter vor der Geburt des Kindes sterben und das Kind überleben. Der Zeitpunkt in der Schwangerschaft rückt immer weiter nach vorn zu dem das Möglich ist. Aktuell 6/7 Monat.
    D.h. Die Grundannahme Ihrer Argumentation ist somit nicht allgemeingültig. Mit weiterem medizinischem Fortschritt wird das „Austragen“ der befruchteten Eizelle ebenso frei wählbar.

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  13. Jeder Mensch, weltweit und in allen Zeiten, ohne irgendeine Ausnahme, stammt aus einer Schwangerschaft, die zusammen mit der Säugung bei den geschlechtlichen Merkmalen des weiblichen Organismus mit keinem einzigen Wort erwähnt wird.

    Die Definition der Schwangerschaft “ Als Schwangerschaft bezeichnet man den Zeitraum, in dem eine befruchtete Eizelle im Körper einer Frau zu einem Kind heranreift“ verweißt nicht auf die essentielle organische Verbindung zwischen Mutter und heranreifendes Kind, was übrigens der einzige Grund für die Schwangerschaft der Frau ist.

    Offensichtlich ist die Schwangerschaft kein Tabu, sondern sie wird lediglich und ohne Begründung wegdefiniert (siehe Definition der Schwangerschaft)

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  14. @Antje: Projektion, nicht Fantasie. Vermutlich entspringend aus dem – für mich legitimen – Bedürfnis, dass die von Wilhelm angesprochenen sozialen und rechtlichen Regelungen bzw. damit einher gehende Ungerechtigkeiten auch von Feministinnen mal wahr- und ernst genommen, bzw. irgendwie auch diskutiert/verhandelt werden.

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  15. Ich finde deinen Gedanken des Schwangerwerdenkönnens als einziges unterscheidendes Kriterium (und weg mit dem restlichen Biologie-Geschlechter-Bla!) einfach groß, befreiend… und dann doch erstaunlich einfach.

    Deshalb mochte ich auch diesen Text sehr. Danke für die Klarheit!

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  16. @Max – meiner Meinung nach wäre die Frau, die das Kind austrägt, die Mutter, und nicht diejenige, von der die Eizelle stammt. Und es stimmt, der medizinische Fortschritt erlaubt heute Geburten zu einem früheren Zeitpunkt der schwangerschaft, aber das ist nicht ohne Komplikationen. Und sechs oder sieben Monate bleiben trotzdem noch.

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  17. Ich möchte dem Text nicht widersprechen, nur eine Bemerkung zur bis auf weiteres bleibenden biologischen wie juristischen Asymmetrie kommentieren: „Wenn die Schwangere ein ungeplant gezeugtes Kind gebären möchte und ihr Sexpartner nicht – dann kann er das nicht verhindern.“

    Das ist auch richtig so, aber sofern der Zeuger aktiv verhütet hat (i.d.R. Kondom) oder begründet davon ausgehen konnte, dass die nun Schwangere das tat (Pille etc.), muss er in dieser pränatalen Situation die Möglichkeit bekommen, die Vaterschaft samt aller Rechte und Pflichten dauerhaft abzulehnen – und ein anderes Elternteil beliebigen Geschlechts muss sie ggf. später annehmen können. Das ist aber im deutschen Blut-und-Boden-Recht genausowenig möglich wie anonyme Samen-/Eizellenspende, Leihmutterschaft, Enterben oder Einwanderung.

    Natürlich gibt es ein (vermutlich sozial konstruiertes) Interesse, die eigenen genetischen oder biologischen Eltern zu kennen, aber abseits von gesundheitlichen Aspekten (Erbkrankheiten, Inzest), die mit dem medizinischen Fortschritt zunehmend irrelevant werden, sollte daraus kein genereller rechtlicher Anspruch erwachsen.

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  18. @c.päper:
    Da keine Verhütungsmethode 100% funktioniert, finde ich diesen Vorschlag mal wieder zum Leidwesen der Schwangeren ungerecht. An wen kann denn die werdende Mutter die Verantwortung einfach so abgeben, wenn sie trotz Verhütung schwanger ist? Geht ja auch nicht. Sollen jetzt einzelne Teile des Elternpaares zur Adoption freigeben können?
    Bitte bedenken Sie neben körperlicher Gesundheit auch die der Psyche-und der lässt sich mit noch so viel medizinischem Fortschritt nicht annähernd so gut helfen wie mit dieser rechtlichen Konstruktion.

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  19. @Christine – Ja, es stimmt, eine schwangere Frau kann die Verantwortung an niemanden abgeben, genau dies ist das Thema meines Blogposts. Die Regelung, dass der Mann, mit dem sie geschlafen hat, die Verantwortung teilen muss_soll ist hingegen gesellschaftliche Konvention, und damit diskutierbar. Es sind auch andere Möglichkeiten denkbar, in matriarchalen Kulturen ist es zum Beispiel die Herkunftsfamilie einer Schwangeren, die hier mit in die Pflicht genommen wird. Was ich wichtig finde ist, dass man diese Diskussionen eben führen muss: Welche Regelungen finden wir als Gesellschaft angesichts der Tatsache, dass nur ein Teil der Menschen schwanger werden kann und der andere Teil nicht. Regelungen, die beide als „Gleiche“ behandeln, sind meiner Ansicht nach unmittelbar ungerecht, aus den Gründen, die du beschreibst.

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  20. @C.Päper
    Ich halte es für schwer, so etwas rechtlich durchzusetzen. Z. B. hat mein Cousin ein Kind gezeugt, weil seine damalige Freundin ohne sein Wissen die Pille abgesetzt hat. Das war zwar menschlich daneben, aber rechtlich kann da mein Cousin nichts machen. Aber selbst mit der Möglichkeit, das Männer sich der Verantwortung von Schwangerschaften entziehen können, halte ich das praktisch schwer nachweisbar, ob der Mann seinen Teil der Verantwortung tragen muss oder nicht. Wie macht man das bei Unfällen, wenn beispielsweise das Kondom reißt oder einem “Restrisikofall” (z. B. wenn die Frau trotz Pille schwanger wird)?

    Ich finde, dass der bessere Weg der ist, dass man sich nur durch vorheriges, dokumentiertes Einverständnis als Mann von einer solchen Verantwortung entbinden lassen können sollte (damit er beispielsweise für ein lesbisches Paar seinen Samen spenden kann ohne dass für ihn daraus Verpflichtungen entstehen). Ansonsten sind beide erwachsen und sich des Risikos bewusst, dass wenn Mann und Frau miteinander schlafen, die Frau schwanger werden kann.

    @Antje
    Verantwortung gegenüber wem, dem Vater oder dem Kind? Ich finde, dass sich weder der biologische Vater noch die Mutter sich dieser Verantwortung dem Kind gegenüber entziehen können (eine Ausnahme ist natürlich die oben erwähnte Samenspende bzw. Leihmutterschaft). Frauen haben ja auch nicht die Möglichkeit das Kind nach der Geburt an den Kindesvater abzugeben um dann jegliche rechtliche Verpflichtungen abzulegen. (Man könnte an eine fiktive Gesellschaft denken, in der die Familie des Kindsvaters die Betreuung nach der Geburt übernimmt. Jetzt ist es Gentests sei Dank ja möglich, Vaterschaften mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen.)

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  21. Die Biologen wissen heute sehr genau, dass die Eizelle nicht befruchtet wird, weil sie die Befruchtung nach Eintritt des Spermiums selber betreibt. Das „Zeugen des Kindes“ dauert nach Eintritt des Spermiums schlappe fünf Tage und wird wiederum von der Eizelle getätigt. Und die Schwangerschaft einer Frau hat keinen Vater. Das das Kind, mit dem sie schwanger ist, einen Vater hat, ist nicht auf ihre Schwangerschaft übertragbar. Der Mann mag zwar dennoch der Vater des Neugeborenen sein, aber nicht deswegen, weil er befruchtet, zeugt und schwängert. Die Notwendigkeit des Spermiums aufgrund der geschlechtlichen Fortpflanzung ist ein „Totschlagargument“. Die Begriffe „Befruchtung, Zeugung, Schwängerung“ wurden etabliert, als man von nichts Bescheid wußte. Falls du die vermerkten Seiten (Links) noch parat hast von meinem vorherigen Kommentar, kannst du erkennen, dass die platten Aussagen „das Spermium befruchtet die Eizelle“, „die befruchtete Eizelle ist das ungeborene Leben“, „der Mann zeugt ein Kind“ und „die Frau wird von einem Mann schwanger“ nicht revidierte Aussagen sind, trotz des besseren Wissens der Biologen. Auf Google+ bin ich auffindbar.

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  22. @japanjedi – naja, mir geht es hier in dem Post ja um den biologisch-körperlichen Unterschied und darum, was der bedeutet für die politischen Verhandlungen. Eine schwangere Frau ist als erste eben für das Kind verantwortlich – bis zur Geburt. Dann steht sie vor der Aufgabe, sich selbst um das geborene Kind zu kümmern, oder jemand anderes zu finden, der das macht (oder das Kind sterben zu lassen). Diese Aufgabe ist nicht sozial verhandelt, sondern sie ergibt sich aus dem Fakt, dass das Kind in ihrem Körper gewachsen ist und sie daher die einzige Person ist, die mit Sicherheit bei der Geburt anwesend ist. Für alles, was nach der Geburt kommt, sind soziale Übereinkünfte nötig. Die können sein: Die Mutter ist allein zuständig, jemand anderes ist zuständig (der Vater, ihre Herkunftsfamilie, der Staat), jemand anderes ist verpflichtet, ihr zu helfen usw. Der Punkt: Wenn es keine sozialen Übereinkünfte diesbezüglich gibt, bleibt es an der Frau hängen, die das Kind geboren hat.

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  23. Stoppt mal kurz. Ich gehe bisher davon aus, dass die einzige Verpflichtung des Vaters der Kindesunterhalt ist, der sich nach seinem Unterhalt richtet und ein Betreuungsgeld für die ersten drei Jahre des Kindes, welches sich auch nach seinem Einkommen richtet. Alles andere ist ihm gesetzlich freigestellt. Es ist ihm erlaubt, der Vater verschiedener Familien zu sein und es ist ihm erlaubt verschiedene Familien zu gründen. Und es ist ihm erlaubt sich zu jeder Zeit freizukaufen, selbst wenn er das Geld dafür nicht hat.

    Ein Gesetz, wer sich verpflichtend um das Kind zu kümmern hat, gibt es nicht.

    Berichtigungen erwünscht.

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  24. Das habe ich auch nicht übersehen. Ich meinte auch nur die reine Gesetzeslage. Stimmen ansonsten meine Aussagen diesbezüglich? Die Frau, im Unterschied zum Mann, muss dafür Vorsorge treffen, wenn sie sich nicht um ihr Kind kümmern will (Abtreibung, Adoption, Babyklappe). Das Abladen ihres geborenen Kindes beim gesetzlich festgestellten Vater hat da schon wieder eine humoristische Note, weil kaum ein Mann sich das unter seiner Vaterschaft vorstellt. Aber vielleicht freut er sich ja auch, wer weiß das schon im Voraus.

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  25. @japanjedi Das ist ja gerade die Situation, die ich meine: Wird nach einvernehmlichen Sex, bei dem nach bestem Wissen des Mannes beide hinreichend viel getan haben, um eine Schwangerschaft zu vermeiden, weil eine Kindeszeugung seiner begründeten Überzeugung nach nicht Zweck dieses Geschlechtsakts war, die Frau trotzdem schwanger, kann er zwar eine Abtreibung nicht verlangen (und andersrum faktisch nicht verhindern), sollte gerade wegen dieser Entscheidungshoheit der Frau aber die Möglichkeit haben, sich von Rechten und Pflichten loszusagen.
    Faktisch gibt es kein Restrisiko: wer kein Kind bekommen will, muss das in unserem Justiz- und Medizinrahmen auch nicht – solange er eine Frau ist.

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  26. @c päper – man könnte aber auch sagen, dass ja kein Mann gezwungen ist, seinen Samen im Körper einer Frau zu hinterlassen…. Ein Mann kann schon verhindern, dass jmd von ihm schwanger wird.

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  27. @C. Päper
    Für mich ist nicht relevant, ob der Mann für die Schwangerschaft eine Verantwortung tragen müssen sollte, sondern ob er für das Kind, dass dann geboren wird, eine Verantwortung hat. Jeder Geschlechtsverkehr birg ein Restrisiko auf eine Schwangerschaft, selbst wenn Mann und Frau nach bestem Wissen und Gewissen verhüten. Diese Verantwortung müssen beide bereit zu sein zu übernehmen, finde ich. Dass das Verhältnis beim Schwangerwerdenkönnen zwischen Mann und Frau asymmetrisch ist, ist eben so und ich finde nicht, dass das impliziert, dass Männer (“um die Symmetrie wiederherzustellen”) das Recht bekommen sollen, das Kind nicht anzuerkennen. Sollte sich der Vater aus der Verantwortung gegenüber dem Kind entziehen, dann leidet eine unschuldige Person darunter, das Kind, das keinen Einfluß auf seine Situation gehabt hat.

    Wie oben beschrieben sehe ich die Situation differenzierter, wenn beispielsweise eine Person einseitig entscheidet, nicht zu verhüten.

    @Antje
    Für mich geht Dein Kommentar in die Richtung “Abstinenz ist die beste Verhütung.” Sexualität ist ein menschliches Grundbedürfnis.

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  28. Irgendwie entgeht euch die Einsicht ,dass die gesamte Menschheit, vom ersten bis zum letzten Menschen, das Produkt der Fortpflanzung ist und aus weiblicher Sicht das Produkt der Schwangerschaft, der Geburt, der Säugung und der Brutpflege. Bei einem menschlichem Absolutum Verpflichtungen und Verantwortungen hin und her zu schieben, liegt vielleicht daran, dass wir ständig von Rechten reden. Es geht um die Existenz der Menschheit als solches.

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  29. @japanjedi: Mumpitz. Essen, Trinken und Schlaf sind Grundbedürfnisse.
    Ein Mann kann völlig problemlos überleben, ohne jemals seinen Penis in eine Frau zu stecken. Und davon reden wir doch.

    Wenn ein Mann keine Lust auf das Risiko hat, eventuell Verantwortung für ein Kind übernehmen zu müssen, dann kann er das einfach bleiben lassen. Gibt schließlich andere Formen, sich sexuell zu vergnügen.

    Vasektomie wäre übrigens auch eine Möglichkeit. Allerdings nicht zu 100% sicher, aber in Kombination mit einem Kondom sollte das schon gehen.

    Ansonsten besteht natürlich immer noch die Möglichkeit einer Kastration … ein Mann ohne Hoden ist noch nie ungewollt Vater geworden.

    So zu tun, als seien Männer dem Risiko, dass ihre Partnerin schwanger wird, hilflos ausgeliefert, ist völliger Unsinn.

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