Wie man „Sexismus in bestimmten Einwanderermilieus benennen kann“

Allen, die Sexismus bekämpfen möchten, ohne dabei auf rassistische Stereotype zurückzugreifen, wird in letzter Zeit regelmäßig vorgeworfen, wir würden Sexismus verharmlosen, der von nicht-deutschen Männern begangen wird. Denn, so die Unterstellung: Wenn man einen Migranten für sexistisches Verhalten kritisiert, wird man ja von unseresgleichen sofort als Rassist beschimpft.

Wenn so eine Behauptung von Rechtsaußen kommt, ist das zu erwarten und eigentlich nicht weiter der Rede wert. Aber der Vorwurf kommt immer wieder auch von Menschen, die man eigentlich für Verbündete hielte. Grade erst hat zum Beispiel Heide Oestreich in der taz so etwas geschrieben. Sie versucht, zwischen „uns“ und Alice Schwarzer so eine Art Mittelweg einzunehmen und schreibt:

Die „Ausnahmslos“-Menschen müssen sich fragen lassen, wie man denn Sexismus in bestimmten Einwanderermilieus, die von einem reaktionären Frauenbild geprägt sind, überhaupt benennen kann und wie man ihm so begegnen kann, dass Frauen, die darunter vor allem zu leiden haben, geschützt sind. Die Antwort bleiben sie bisher schuldig.

Ich verstehe das nicht, denn die Antwort ist doch ganz einfach: Man kann Sexismus in jeglicher Lebenssituation einfach thematisieren, indem man ihn thematisiert. Und genau wie in jeder anderen Lebenssituation gibt es keinen Zwang, dass man dabei rassistisch sein muss.

Die Behauptung, wir „Ausnahmslos“-Menschen hätten ein Problem damit, Sexismus in bestimmten Milieus zu thematisieren, ist eine Unterstellung, die nie begründet wird, und die sich auf diese Weise nach und nach zur Binsenweisheit verfestigt (ganz ähnlich übrigens, wie Alice Schwarzers Behauptung, der Differenzfeminismus würde Unterschiede zwischen Frauen und Männern essenzialistisch zementieren. Das haben irgendwann auch alle nachgeplappert).

Ich selbst kann auf jeden Fall mit gutem Gewissen sagen, dass ich mir noch nie eine Kritik an Sexismus aus Gründen der politischen Korrektheit verkniffen habe. Ich kritisiere Musliminnen für Interpretationen des Kopftuchs, die ich sexistisch finde, diskutiere auf Facebook mit Islamvertretern über patriarchale Koranauslegungen, und bekomme dafür nicht mehr oder weniger Ärger als für andere Meinungen, die ich vertrete, auch. Wirklich: Sexismus in migrantischen Kontexten zu kritisieren, ist nicht schwerer oder leichter, als Sexismus generell zu kritisieren.

(Jedenfalls für eine nicht-migrantische Deutsche wie mich. Was Feministinnen innerhalb migrantischer Communities betrifft, so bin ich mir da nicht so sicher, denn ich kann mir vorstellen, dass sie gerade durch den rassistischen Diskurs rundum in Legitimationsprobleme gedrängt werden, aber das ist ein anderes Thema, zu dem übrigens einiges Lesenwerte im akutellen Heft vom Missy Magazine steht).

Whatever, das einzige, was man tun muss, um „Sexismus in bestimmten Einwanderermilieus“ zu benennen, ohne dabei rassistisch zu sein, ist ein paar kleine Punkte beachten:

  1. Man soll Sexismus benennen, kritisieren und anprangern, wo immer er auftritt. Ausnahmslos.
  2. Man soll alle von sexualisierter Gewalt betroffenen Opfer gleichermaßen ernst nehmen, ihnen glauben, sie fragen, was sie brauchen, und ihnen unbürokratische Hilfe und Ressourcen anbieten.
  3. Man soll beim Versuch, die Ursachen sexualisierter Gewalt zu verstehen, eine breite Palette von Möglichkeiten in Betracht ziehen: individuelle ebenso wie strukturelle Gründe, soziale ebenso wie kulturelle und weltanschauliche Gründe.
  4. Man soll nicht mit zweierlei Maß messen, also selbstkritisch prüfen, ob und inwiefern die eigene Einschätzung der Situation eventuell von Vorurteilen oder ungeprüften Vorannahmen über Kulturen und Gewohnheiten geprägt sein könnten, die einer selbst fremd sind. Am besten, indem man sich dafür mit Menschen aus diesen Kulturen, die einer selbst fremd sind, bespricht.
  5. Und vor allem: Man soll nie, nie, nie, niemals bei der Bekämpfung sexualisierter Gewalt noch andere politische Agenden verfolgen, man soll nie, nie, nie das Leid der Betroffenen dafür instrumentalisieren, andere politische Kämpfe auszufechten.

Warum sind diese Punkte wichtig? Nicht aus politischer Korrektheit heraus, sondern weil man ein Problem nur dann angehen kann, wenn man sich wirklich darum bemüht, es zu verstehen. Wer das Phänomen der sexualisierten Gewalt in migrantischen Kontexten auf „den Islam“ oder „die sind eben patriarchal drauf“ verkürzt, wird es nicht lösen, sondern verschärfen. Wer sich vorschnell eine eindimensionale Ursache zusammenrauft, kann keinen praktikablen Hebel finden, bei dem sich ansetzen ließe. Markige Sprüche, wonach man es „denen“ endlich mal mit aller Härte zeigen muss, hinterlassen zwar ein schönes Gefühl der eigenen Zampanohaftigkeit, helfen aber niemandem, vor allem nicht den Opfern (höchstens der AfD zu noch ein paar Prozentpunkten mehr).

Sexualisierte Gewalt ist nun mal nichts, was man einfach nur mit Gesetzen, quasi von außen, lösen könnte. Sexualisierte Gewalt ist in Kulturen sehr tief eingebettet, und eben in unterschiedliche Kulturen auf unterschiedliche Weise. Wir haben mit der Frauenbewegung in Deutschland die Erfahrung gemacht, dass es hier um eine Politik der Beziehungen geht. Sexualisierte Gewalt findet überwiegend im Privaten statt, deshalb kann man ihr nur etwas entgegensetzen, indem der Widerstand von innen und von außen gleichzeitig kommt. Es ist von ganz entscheidender Wichtigkeit, dass die betroffenen Frauen selbst aktiv werden, dass sie Vertrauen haben zu denen, die Hilfsangebote bereitstellen, dass es für sie gangbare Brücken gibt zwischen Privatheit und Öffentlichkeit, dass von ihnen nicht erwartet wird, sich gegen ihre gesamte Herkunft und Geschichte zu stellen, bevor sie Unterstützung finden.

Ich erinnere mich an eine Diskussionsveranstaltung vor vielen Jahren, in der Luisa Muraro einen Vortrag zum Thema Freiheit lehren gehalten hat und dabei die Frage diskutierte, wie wir weg kommen von weiblichem Konformismus, hin zu weiblicher Freiheit. Im Anschluss erzählte eine Zuhörerin aus dem Publikum von einer jungen Frau in ihrer Nachbarschaft, die von ihrem Vater in ihrer Freiheit stark eingeschränkt wird, die gezwungen wird, ein Kopftuch zu tragen, nicht auf Feste und Klassenfahrten darf, ständig im Haushalt helfen muss. Dagegen müsse man doch etwas tun! rief die Frau empört.

Ja, stimmte ihr Muraro zu, und fragte: Und, was tust du?

PS: Falls Ihr diesen Blogpost wieder zu nebulös findet, dann könnt Ihr gerne Beispiele in die Kommentare schreiben von Situationen, in denen Ihr das Gefühl hattet, vor der Wahl zu stehen, entweder Sexismus zu kritisieren und dafür einen Rassismusvorwurf zu kassieren, oder aber aus politischer Korrektheit den Mund zu halten. Vielleicht finden wir ja in einer gemeinsamen Diskussion raus, wo genau es bei diesem Thema hakt.

PPS: Zum Thema kulturelle Differenzen schrieb ich auch hier mal was.

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

63 Gedanken zu “Wie man „Sexismus in bestimmten Einwanderermilieus benennen kann“

  1. Hm, natürlich gab es in der Debatte nach der Kölner Silvesternacht auch eine Reihe von Beiträgen, zum Beispiel aus dem Umfeld der „Mädchenmannschaft“, in denen unverhohlenes Victim Blaming mit pauschalen Rassismus-Vorwürfen verknüpft wurde. Ob die gleichen Stimmen auch bei #ausnahmslos beteiligt sind, weiß ich nicht. Aber so oder so handelt es sich doch um ein recht breites, heterogenes Bündnis, so dass die Pauschalisierungen von Frau Oestreich nicht weniger fragwürdig sind als die Carte Blanche-These, die hier im Blog-Beitrag mitschwingt. (Dass die Kritik bei Ihnen, wie auch bei manch anderen der UnterzeichnerInnen deplatziert ist, heißt ja nicht, dass sie nicht dennoch angebracht ist.) Und ich gehe, ehrlich gesagt, davon aus, dass schon Ihre guten 5 Punkte für einige Mitstreiterinnen recht weit von deren persönlicher Agenda entfernt sind.

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  2. Vielen Dank für diesen Beitrag, er spricht mir aus dem Herzen weil er auf ein wir setzt und Brücken ermöglicht. Danke!

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  3. Ich finde die genannten Punkte gut und schließe mich Ihnen an. Darauf aufbauend will ich Dich fragen:

    Angenommen, man stellt fest, dass Sexismus mit dem Praktizieren einer bestimmten Religion korreliert, und angenommen, man findet über diese Korrelation hinaus sogar eine Kausalität – ist es dann angebracht, dieses Praktizieren der Religion zu kritisieren?

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  4. @dylan – mir ist auf der Seite der Mädchenmannschaft oder anderen feministischen Blog kein Victim Blaming in Zusammenhang mit Köln aufgefallen. Hast du mal ein Beispiel dafür, was du meinst?

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  5. Georg – selbstverständlich, solange man dabei die Punkte, die ich nenne, berücksichtigt. Das ist leider bei der aktuellen Diskussion über “Islam und Frauen” überhaupt nicht der Fall. Ein Punkt dabei ist übrigens, dass häufig viel zu schnell von einer Korrellation auf Kausalität geschlossen wird. Und vor allem wird Punkt 5 nicht berücksichtigt. Ein Großteil der Debatte nach Köln hatte nicht als Motiv die Sorge um die Opfer, sondern hat das Ganze als Munition gegen Merkels Flüchtlingspolitik instrumentalisiert.

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  6. Dein Ansatz funktioniert, wenn man die Dinge laufen lässt und Sexismus benennt, wenn etwas vorgefallen ist und man davon erfahren hat.

    Aber ich würde mir wünschen, dass politisch Verantwortliche und Aktive auch mal etwas vorausdenken. Immerhin ist im letzten Jahr eine sechsstellige Anzahl Männer eingewandert aus Kulturen, in denen eine sexuelle Selbstbestimmung von Frauen im westlichen Sinn kaum bekannt ist. (Wohin das führen kann, wenn man westliche Freiheiten nicht kennt und versteht, zeigt ein Beispiel aus einem anderen Lebensbereich: Die Männer, die in Thüringen den Koran-Zerstörer mit Eisenstangen gejagt hatten, sagten vor Gericht verwundert, dass sie in Afghanistan als Zeugen geladen wären.)

    Da reicht es nicht, dass Kommunen und Ehrenamtliche Altkleider verteilen und Deutschkurse fordern. Wer soll eigentlich mit den Männern über Sexualität reden? Die unterbezahlten und überlasteten Sprachlehrkräfte? Die deutschen Männer in den von irgendwem angedachten interkulturellen Männergruppen? Haha.

    In München ließ das Münchner Forum für Islam unter Flüchtlingen Flyer auf arabisch verteilen, die das Leben in Deutschland erklären. Die Flyer waren anscheinend okay (ich kenne sie nur aus der Zeitung) und wurden per Logo sogar von der Stadt empfohlen oder gefördert. Wieso gibt es keine unabhängige Stimme der Stadt, die die Regeln des Zusammenlebens aus säkularer Sicht erklärt? Wieso versteckt sich die Stadt hinter einer konservativen Religionsgemeinschaft? Es ist ja nicht so, dass hier in München der Islam die Regeln macht, außerdem gibt es auch nichtmuslimische Flüchtlinge, die damit nichts anfangen können oder sich übergangen fühlen könnten. (Machen Westler derartige Flyer, wie z.B. die Konrad-Adenauer-Stiftung, machen Linke sie gern lächerlich oder tun sie als Chauvinismus ab, statt was Besseres rauszubringen.)

    Und noch was ganz Anderes zu den geschmähten Grenzen: Wo es Einreise völlig ohne Kontrolle gibt, tauchen auch Männer mit Kindbräuten unter, die eigentlich vom Jugendamt betreut werden müssten. Und bei einer Geburt vom Krankenhaus.

    (Den Artikel von Heide Oestreich finde ich nebulös.)

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  7. Mir ist nach zu meinem Beispiel mit dem Flyer für Flüchtlinge noch was anderes eingefallen: Es gab vor ein, zwei Jahren mal einen recht populären Twitter-Hashtag, der sinngemäß sagte, dass nur Arschlöcher sagen, in Deutschland ist das soundso.

    Das bezog sich womöglich auf die Leute, die irgendein schlechtes Benehmen unnötig auf die Herkunft beziehen (einer legt im Bus die Schuhe auf dem Sitz ab und ein anderer sagt, in Deutschland macht man das nicht). Das verführt zu der Annahme, dass Regeln entweder kleinkariert sind oder sowieso universell gelten und man niemand was erklären muss. Das ist aber gar nicht der Fall. Und wenn ich in ein Land komme, das in wichtigen Punkten nach ganz anderen Regeln tickt, möchte ich davon erfahren, bevor die Handschellen klicken. Deshalb würde ich mich z.B. vor einer Reise nach Singapur gezielt kundig machen. Aber ungebildete Menschen haben diese Möglichkeit nicht, also muss sich jemand um die kümmern. Und das geht nicht per Hashtag.

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  8. @Irene – Dein Beispiel mit den Flyern finde ich interessant. Ich habe mich nämlich zufällig vor Kurzem genau mit dem Thema beschäftigt, für einen Artikel (leider hinter Datenabgeb-Wall) und dabei ist mir aufgefallen, dass gerade das „Frauenthema“ sehr zwiespältig dargestellt wird. Zum Beispiel wird einerseits gesagt „Frauen sind hier in Deutschland gleichberechtigt“, andererseits sind Sprache, Bilder, Textbeispiele männlich dominiert. Also Berufsbezeichnungen in der männlichen Form, Icons zeigen Polizisten, nicht Polizistinnen usw. Ich denke, auch in diesem Fall hat die meiste Überzeugungskraft, was man selbst vorlebt, und nicht, was man als Lippenbekenntnis irgendwo hin schreibt.

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  9. Das Gerede von der Gleichberechtigung (und erst recht das CSU-Gerede vom Grundgesetz) ist womöglich zu abstrakt, um im Alltag was damit anfangen zu können. Mir kommt das mittlerweile vor wie Floskeln, hinter denen man sich versteckt, damit man sich auf nichts festlegen muss oder andere zu nichts verpflichten, was Konflikte bringen könnte.

    Aber selbst das Aufzeigen konkreter Konsequenzen für konkretes Fehlverhalten in Flyern hilft nicht viel, wenn Polizei, Jugendamt etc. zu wenig Personal haben, um das durchzusetzen. Am Ende macht dann eine private Security die Regeln.

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  10. Antje: Da Du Punkt 5 (keine andere politische Agenda verfolgen) nochmal betont hast, muss ich nach etwas Nachdenken meine Zustimmung dort zurückziehen.

    Wenn ich nämlich feststelle, dass eine bestimmte Ideologie oder Religion kausal für Sexismus ist, ist es doch legitim und sogar geboten, den Kampf gegen Sexismus mit einem Kampf gegen diese Ideologie zu verknüpfen, oder?

    Konkretes Beispiel: Wenn ich sehe, dass die gelebte Ideologie vieler Christen dazu beträgt, dass Abtreibungen illegal sind und somit die körperliche Selbstbestimmung von Frauen beeinträchtigt wird, so ist doch legitim oder sogar für einen nachhaltigen Effekt notwendig, die diese christliche Ideologie zu kritisieren und ihren Einfluss so gut es geht zu beschränken. Oder wo ist mein Denkfehler?

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  11. „Ein Großteil der Debatte nach Köln hatte nicht als Motiv die Sorge um die Opfer, sondern hat das Ganze als Munition gegen Merkels Flüchtlingspolitik instrumentalisiert.“

    Das ist genau wie wenn amerikanische Vereinigungen wie die NRA nach dem x-ten „high school shooting“ fordern, dass man das tragische Ereignis ja nun nicht instrumentalisieren sollte um über die laxen amerikanischen Waffengesetze zu diskutieren.

    Der Teil der Debatte den Sie meinen hatte als die Motiv die Sorge, dass solche Taten nicht wieder passieren. Genützt hat’s leider nichts: http://www.tagesspiegel.de/berlin/uebergriffe-beim-karneval-der-kulturen-zahl-der-antaenzer-deutlich-hoeher-als-bisher-bekannt/13603758.html

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  12. @Georg – Wenn du das zweifelsfrei feststellst, unter ehrlicher Berücksichtigung der Punkte 1 bis 4, ist das okay. Aber dann bist du wirklich darum bermüht, eine Lösung zu finden. Und in deinem Beispiel tust du das ja: Du betrachtest einen konkreten Punkt, nämlich die christliche Begründung für ein Abtreibungsverbot, und willst dann „diese christliche Ideologie“ kritisieren. Aber du willst nicht „das Christentum“ bekämpfen. Genau so läuft das aber bei der Debatte um den Islam momentan nicht. Da werden nicht einzelne Punkte kritisiert, sondern die Religion pauschal. Ein anderer Hinweis ist, wenn jemand sich bis dato einen feuchten Kehricht um die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen gekümmert hat, wenn er immer gegen Frauenhäuser, Beratungsstellen, Opferhilfe etc. war, und dann plötzlich nach „Köln“ seine Leidenschaft dafür entdeckt hat, „die Frauen“ zu verteidigen, dann liegt die Vermutung eben nahe, dass sein Anliegen was ganz anderes ist. Oder: Wenn es jemandem angeblich um die Rechte der Frauen geht, aber er dann die Ansichten und Vorschläge und Analysen der ganzen Frauenorganisationen, die sich seit Jahrzehnten um das Problem der sexualisierten Gewalt kümmern und dazu viel Erfahrung haben, einfach ignoriert, weil er selber, der das Thema vor fünf Minuten grade erst entdeckt hat, es natürlich besser weiß. Dem glaube ich auch nicht, dass ihm das am Herzen liegt, sondern es ist doch offensichtlich, dass er das Thema nur benutzt, weil es ihm für seine Zwecke grad mal in den Kram passt.

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  13. @Christian – Also wenn ich den Artikel im Tagesspiegel lese, dann hat sich vieles getan: Die Opfer in Berlin haben sofort gemerkt, was läuft, umstehende Zeug_innen haben eingegriffen, die Polizei hat schnell reagiert und die Täter festgenommen, da kann man doch nicht sagen, die Diskussionen hätten nichts genützt. Genau das ist es, was wir von #ausnahmslos vorgeschlagen hatten. Und es hat funktioniert. Da die Täter von Berlin offenbar Jugendliche waren, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, hätte eine Schließung der Grenzen gegen über Flüchtlingen oder sonstigen Migranten diese Taten allerdings nicht verhindert. Das ist es, wo das Beispiel mit den Waffengesetzen hinkt. Bei dem einen hat man tatsächlich eine Ursache, daher hilft es auch, die zu bekämpfen, bei dem anderen eben nicht.

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  14. Das Thema Religion und Sexismus wird zur Leerstelle im Feminismus.

    Um über Religion zu diskutieren, muss man nämlich ein wenig Ahnung davon haben. Unter jüngeren Feministinnen dominieren die agnostisch Privilegierten, für die das Christentum privat nur Geschenke und freie Tage bedeutet und politisch nur für die Kreuzzüge steht und vielleicht noch für den Papst. Der Islam dagegen ist irgendwie benachteiligt und was mit Bunt, und das wars dann schon. Auf so einer dünnen Basis ist Religionkritik gar nicht möglich.

    Ich bin auf dem Dorf aufgewachsen, über 10 Jahre sonntags in die Kirche gegangen und hatte katholischen Religionsunterricht. Wie soll ich mit jungen Frauen diskutieren, die noch nie eine konservative Predigt über egal was gehört haben und bestreiten, dass es z.B. einen Zusammenhang zwischen Religion und der Ablehnung von Homosexualität (oder Abtreibung was auch immer) gibt, weil sie den Islam schützen wollen? Die niemand mehr kennen, der Angst vor der Hölle hatte, weil ihre Bildungsbürger-Ahnen genug Horizont hatten, um sowas zu relativieren?

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  15. „Also wenn ich den Artikel im Tagesspiegel lese, dann hat sich vieles getan: […].“

    Wenn das Ziel nicht ist sexuelle Gewalt zu verhindern sondern nur adäquat auf sie zu reagieren, ok. Mir reicht das nicht.

    „Da die Täter von Berlin offenbar Jugendliche waren, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, hätte eine Schließung der Grenzen gegen über Flüchtlingen oder sonstigen Migranten diese Taten allerdings nicht verhindert.“

    Es ist vom BKA dokumentiert dass diese Art von sexuellen Übergriffen auf Frauen vor „Köln“ in Deutschland nicht bekannt waren. Dass es jetzt ausschließlich Jugendliche und junge Männer mit Migrationshintergrund aus mehrheitlich muslimischen Ländern sind die diese Übergriffe nachahmen sollte Alarmglocken schrillen lassen, denn es bedeutet dass die gleichen höchst problematischen Einstellungen zu Frauen in dieser demographischen Gruppe ebenfalls vorhanden sind. Das ist natürlich nichts Neues und ist insbesondere in Datenerhebungen anderer Länder (nordische Staaten, Niederlande) bereits dokumentiert.

    Ihr Argument hier ist also: nein, die deutsche Flüchtlingspolitik ist kein Problem, denn die Integration von Migranten aus mehrheitlich muslimischen Ländern ist ja auch bisher schon gescheitert. Das ist nicht nur ein moralischer Bankrott; die „Welcome“-Fraktion lebt ihre no borders-Philosophie auf dem Rücken von Mädchen und Frauen (und Homosexuellen, arabischen Christen, Atheisten, etc.) in Deutschland aus — inklusive natürlich denen die in Flüchtlingsunterkünften in Deutschland untergebracht und somit die ersten Opfer sind.

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  16. @Christian – Adäquat auf sexuelle Gewalt zu reagieren ist ein erster Schritt, um sie zu verhindern. Dass das BKA diese Art von sexuellen Übergriffen vor „Köln“ nicht auf dem Radar hatte, ist ein Symptom dafür: Pograpschen ist in Deutschland eben erst in Zusammenhang mit Handyklau ein Problem. Deshalb kamen viele Frauen auch gar nicht auf die Idee, sie könnten sowas anzeigen – wir finden es hier in Deutschland ganz normal, dass Männer Frauen antatschen, wenn es irgendwo feuchtfröhlich zugeht. Dass so viele Frauen zuerst nicht angezeigt haben und dass die Polizei das Problem nicht ernst genommen hat, ist doch ein Beweis dafür, dass das gerade KEIN importiertes Problem ist – denn Opfer und Polizei waren doch zum Großteil Einheimische.

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  17. (PS: Ganz abgesehen davon, dass mir nicht klar ist, inwiefern eine von dir offenbar favorisierte „Grenzen zu“-Politik den Frauen, Kindern, homosexuellen, Christen usw. unter den Flüchtlingen helfen würde. Dass wir nicht für die Versorgung von Geflüchteten nicht genügend Ressourcen bereitstellen, z.b. für genügend getrennte Toiletten und Waschräume, Platz und Infrastruktur, ist doch unser Versäumnis.)

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  18. „Dass das BKA diese Art von sexuellen Übergriffen vor „Köln“ nicht auf dem Radar hatte, ist ein Symptom dafür: Pograpschen ist in Deutschland eben erst in Zusammenhang mit Handyklau ein Problem.“

    Sehen Sie, das ist genau die Verharmlosung und Relativisierung derer Sie sich im Artikel zu verwahren versuchen. Es ging bei „Köln“ (und Hamburg, Stuttgart, Bielefeld, jetzt auch Berlin, etc.) nicht um Pograbschen plus Handyklau. Wenn große Männergruppen Frauen gezielt einkreisen, von ihren BegleiterInnen isolieren, sie begrapschen und zum Teil physisch in sie eindringen, während der Rest der Gruppe Zeugen und Polizei daran hindert dem Opfer zu Hilfe zu kommen, ist das eine völlig neue Qualität von sexuellen Übergriffen. Es geht nicht darum dass das BKA diese vorher nicht „auf dem Radar hatte“ — es gab sie vorher in Deutschland und Westeuropa nicht.

    Es stimmt auch nicht, wie Sie es in Ihrer Antwort implizieren, dass Frauen in Köln erst Anzeige erstattet haben nachdem das Thema in den Medien thematisiert wurde. Die Berichterstattung hat die Anzahl der Anzeigen nochmal explodieren lassen, aber es lagen bereits am Neujahrsmorgen mehr als 100 Anzeigen vor. Nach allem was ich gelesen habe hat die Polizei die Übergriffe außerdem sehr wohl ernst genommen; es war die Politik die sich damit schwergetan hat, Vergewaltigungen nicht als solche erkennen wollte, etc.

    Zuletzt ist es auch falsch dass es sich bei den Tätern größtenteils um Einheimische handelte. Laut Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer ist der weitaus größte Teil der Täter im Laufe des Jahres 2015 in Deutschland angekommen.

    Mir kommen Zweifel auf ob Sie mich mit den Ereignissen in Köln überhaupt eingehend beschäftigt haben.

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  19. Antje, nach Köln waren es auch Linke, die abgeklärt betonten, dass da ja nur altbekannte Antanzmaschen von alteingessenen Kriminellen passiert sind, die wiederum alte Bekannte der Polizei waren, also quasi alles normal. Und die sexuelle Belästigung war angeblich nur Mittel zum Zweck.

    Es ging jedenfalls nicht darum, was den Frauen passiert war, sondern nur darum, dass die Ereignisse nicht von den falschen Leuten „instrumentalisiert“ wurden.

    Anstatt Eigentumsdelikte in rechtskonservativer Tradition über Gewaltdelikte zu stellen, könnte man auch mal diskutieren, ob der Einsatz sexueller Aggression einen Diebstahl nicht eher zum Raubüberfall macht.

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  20. An einer Schule für erwachsenen Bildung kam der stellvertretende Schulleiter aus einer Kultur, der ich nicht angehörte. Er bat eine Dozentin, ihm zu helfen einen Tisch zu tragen, weil niemand sonst da war. Dann kamen sie mit dem Tisch in die Vorhalle, wo der Rest von uns war, auch Männer. Auf einmal bleibt er stehen und sagt: „Da sitzen soviel Männer und eine Frau muss einen Tisch tragen!“ Und bat einen der Jungs ihm zu helfen und ließ die Dozentin stehen. Soviel zur Überschneidung zu meiner eigenen Kultur, in der solche Sprüche auch vorkommen. Ich sprach den stellvertretenden Schulleiter an und meinte, dass Dozentin xy etwas peinlich berührt gewesen war, was sie vorher in etwa zu mit gesagt hatte. Leider habe ich sie nicht gefragt, ob ich mit dem Mann darüber sprechen darf (ich war jung, es ist mehr als 10 Jahre her). Er sagte zu mir, ob ich denn für alle Frauen sprechen wolle, es gebe Kulturen, da dürften Frauen gar nicht arbeiten. (Wer hat da jetzt die Situation vom Besonderen ins Allgemeine gezogen und sogar für mehr als nur eine andere Frau gesprochen?) Ich konnte nur sagen „Aber hier ist das so!“ Bestimmt werden das manche in einen Anspruch auf Leitkultur umdeuten. Die Situation hat sich für mich immer noch nicht wirklich aufgelöst. Vermutlich denkt Dozentin xy selbst gar nicht mehr daran.

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  21. Ach so, sorry. Und ein Katholik aus meinem Bekanntenkreis, freut sich, dass ein Freund seines Vaters seiner Tochter einen Freund vor dem 18. Lebensjahr verboten hat. Wir brauchen für solche Restriktionen tatsächlich nicht zum Islam blicken. Die haben wir selber in vielen Teilen „unserer Kultur“.

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  22. @Christian Desrosiers: Was ist für Sie schlimmer:
    Sexuelle Übergriffe/Gewalt oder
    eine „neue Qualität sexueller Übergriffe“ ?

    Sagen Sie doch einfach ganz offen, was Sie denken. Dann wäre eine Diskussion auch einfacher. Auch für Sie.

    Im Übrigen denke ich, dass für Sie ganz besonders Punkt 5 aus dem Blogbeitrag gilt. Nur so eine Vermutung.

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  23. Erster gedanke und impuls war:
    ich finde es aber trotzdem wichtig zu unterscheiden in: „Antanzen“ zum Zwecke des Handyklaus – und dabei gleich noch Begrapschen und Antanzen + Einkreisen + Umzingeln, zum Zwecke sexueller Belästigung.

    Warum finde ich das wichtig, habe ich mich gefragt?
    Das eine wäre eine neue form des klauens – stimmt das aber? Es gibt ja auch heiratsschwindler zum beispiel. Oder sicherlich noch andere formen.
    Dann besteht die „neue qualität“ vielleicht einzig und allein darin, dass es so öffentlich ist, in großem stil.
    Und das andere ist eine neue form des sexuellen übergriffs: weil in der öffentlichkeit, so als wäre das völlig normal.

    Also quasi so normal wie nackte frauen in der werbung oder in zeitschriften, sex in den medien, auf allen kanälen, pädophilie im internet in großem stil, youporn etc. pp.

    Dann besteht die empörung, das entsetzen, die angst vielleicht „nur“ darin, dass auch die für alle sichtbare, echte öffentlichkeit, der öffentliche raum, keinen schutz mehr bietet.

    Ich denke, es ist ein scheideweg: wohin wird es gehen? und für welchen weg, welche haltung entscheidet sich jede_r einzelne?

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  24. @Antje

    Pograpschen ist in Deutschland eben erst in Zusammenhang mit Handyklau ein Problem. Deshalb kamen viele Frauen auch gar nicht auf die Idee, sie könnten sowas anzeigen – wir finden es hier in Deutschland ganz normal, dass Männer Frauen antatschen, wenn es irgendwo feuchtfröhlich zugeht. Dass so viele Frauen zuerst nicht angezeigt haben und dass die Polizei das Problem nicht ernst genommen hat, ist doch ein Beweis dafür, dass das gerade KEIN importiertes Problem ist – denn Opfer und Polizei waren doch zum Großteil Einheimische.

    Du erweckst den Eindruck, als sei Pograpschen und Angetatschtwerden etwas, was ständig vorkommt und in Deutschland als normal gilt, so dass Frauen zu Recht annehmen, dass es nichts bringt, deswegen zur Polizei zu gehen. Erst wenn „ausländisch aussehende“ Männer die Täter seien, werde Pograpschen als Problem wahrgenommen.

    Dies entspricht, ehrlich gesagt, nicht meiner Wahrnehmung der Realität. Vielleicht bin ich zu alt und zu selten an Orten unterwegs, wo es feuchtfröhlich zugeht, aber Pograpschen ist kein Problem, mit dem ich ständig zu tun hätte, und wenn es mir passieren würde, würde ich es für eine Problem halten. Ich würde mit diesem Problem allerdings wahrscheinlich nicht zur Polizei gehen, sondern dem betreffenden Mann sagen, dass er es bleiben lassen soll. (Tatsächlich habe ich schon mehrere Male in meinem Leben Männern in überlegener Hierarchieposition gesagt, dass ich es nicht mag, den Arm um die Schulter gelegt zu bekommen – es geht. Und als ich am 30. April von einem Betrunkenen an der Kasse unangenehm angesprochen wurde, sagte ich ihm laut und deutlich, dass ich kein Gespräch wünsche, und der Mensch vom Sicherheitsdienst stellte sich direkt neben uns und sorgte dafür, dass ich nicht länger belästigt wurde.)

    Damit will ich nicht sagen, dass Pograpschen nicht vorkommt. Vielleicht sind es gerade die Orte, an denen ich mich nicht aufhalte – Diskotheken, Volksfeste – an denen es vorkommt. Vielleicht ist es einfach so, dass Pograpschen zwar in dem Sinn alltäglich ist, dass es jeden Tag irgendwo vorkommt, dass es aber nicht im Leben jeder Frau täglich vorkommt. Einer fremden Frau an den Hintern zu fassen, ist in Deutschland kein gesellschaftlich akzeptiertes Verhalten – und in muslimisch geprägten Ländern auch nicht. In bestimmten Situationen tun Menschen es aber trotzdem.

    Die Situation in Köln war eine andere als einfach nur „Pograpschen“. Es war keine Situation, die man in den Griff hätte bekommen können, indem man dem Mann laut und deutlich sagt, dass man das nicht will. Es war keine Situation, in der der Täter flüchtig berührt und dann wieder verschwindet.

    Was in Köln passiert ist, ist keine „deutsche Normalität“, die nur deswegen nicht normal erscheint, weil die Täter keine Deutschen waren. Wenn man adäquat auf das reagieren will, was in Köln passiert ist, und wenn man nach realistischen Ursachen suchen will (also nicht einfach „der Islam“ oder „die Kultur der Migranten“), dann muss man erst einmal wahrnehmen, was geschehen ist.

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  25. @Christian – Ja, natürlich ist das eine neue Qualität gewesen – das hatte ich damals auch ein einem Blogpost geschrieben – meine Argumentation war, dass es in seiner Bedeutung deshalb nicht gleich erkannt wurde, und zwar sowohl von der Polizei als auch von den Opfern, weil wir auch hier in Deutschland nicht gut sensibilisiert sind für das Recht von Frauen auf sexuelle Selbstbestimmung. Unter den ersten hundert Anzeigen aus der Silvesternacht stand die sexualisierte Gewalt nicht im Mittelpunkt. Diese ersten Anzeigen waren ganz überwiegend wegen Handyklau und zu einem kleineren Teil welche wegen Handyklau in Kombination mit sexueller Belästigung und nur wenige, die sich speziell darauf bezogen. Erst bei denen, die aufgrund der Medienberichterstattung – und der damit eihergehenden Sensibilisierung dafür, dass die sexualisierte Gewalt das eigentlich größere Problem ist – eingingen, war das dann anders.

    Bei den einheimischen Tätern bezog ich mich auf die Vorfälle beim Berliner Karneval der Kulturen, wonach es sich bei den wegen sexualisierter Gewalt festgenommenen Tatverdächtigen um in Berlin geborene Jugendliche handelt.

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  26. @susanna14 – Ich bin völlig einverstanden mit dem, was du schreibst. In dem im vorigen Kommentar verlinkten Blogpost schreibe ich das auch. Durch die Migration vervielfältigen sich eben auch die Arten, wie sexualisierte Gewalt auftritt, und mit „Köln“ haben wir eine neue, uns bis dahin unbekannte Art kennen gelernt. Gegen die wir uns jetzt erst einmal etwas überlegen müssen, so wie wir uns eben gegen die ansonsten hier üblichen Formen schon etwas überlegt haben, worüber du ja schreibst. Umso wichtiger ist es, dass bei dem Überlegen und Suchen nach Gegenstrategien Frauen und problemsensible Männer aus diesen Kulturen mitreden, denn „von außen“ wird man die Dynamiken, die dabei im Spiel sind, nicht verstehen. Ich zum Beispiel habe eine ziemlich gute Vorstellung davon, was der betrunkene Volksfestgrapscher so für Gefühle und Weltbilder hat, denn mit Leuten wie ihm bin ich aufgewachsen, zur Schule gegangen, ich kenne den Typ. Das ist bei marokkanischen Antanz-Dieben oder einem afghanischen Teenager, der vielleicht aus Protest gegen heimisches Alkoholverbot sich extra besäuft und mal ausprobieren will, wie weit er bei „westlichen“ Frauen die Sau rauslassen kann, eben nicht so. Ich kenne ihre Motive und Gefühle nicht, was es schwerer macht, mich dazu zu verhalten und weshalb das Ganze eben auch beängstigender ist. Und hier ist eben die Gefahr groß, bzw. ist es in vollem Gange, dass wir uns eben nciht genau über diese Ursachen Gedanken machen, sondern die vermutete kulturelle Differenz zu „Islam“ oder „Araber“ als einzig relevante Erklärung herhält.

    Deine und meine Reaktion, in quasi „klassischen“ Situationen sexualisierter Gewalt zu handenln, ist etwas, das wir auch der Frauenbewegung zu verdanken haben, die die Koordinaten dessen, was symbolisch mit solchen Übergriffen zusammenhängt, verschoben hat – für diejenigen, die daraus gelernt haben, was aber nicht alle Frauen sind. Und was auch nicht jede junge Frau automatisch kann und weiß. Jetzt müssen wir erstens mit neuen Formen dealen, was bedeutet, dass wir sowohl die jeweiligen Unterschiede berücksichtigen müssen, als auch den gemeinsamen Unterton der Frauenverachtung, der zwar in verschiedenen Gewändern daher kommt, aber eben doch das Grundmuster bildet. Das Problem ist Männlichkeit-Performanz, bzw. das Ausleben einer Geschlechterhierarchie, das Problem ist nicht eine spezielle Kultur, der Meinung bin ich definitiv.

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  27. @ Susanna: Gut erklärt.

    Antje schrieb: Durch die Migration vervielfältigen sich eben auch die Arten, wie sexualisierte Gewalt auftritt (…).Gegen die wir uns jetzt erst einmal etwas überlegen müssen, so wie wir uns eben gegen die ansonsten hier üblichen Formen schon etwas überlegt haben, worüber du ja schreibst.

    Oder weniger euphemistisch gesagt: Wir können bei diesem Thema wieder von vorne anfangen und Männern beibringen, dass Frauen kein Freiwild sind. Und zwar solchen Männern, die oft in großen Cliquen unterwegs sind und die eine nicht so leicht abschüttelt wie einen.

    Aydan Özoguz hat ja auch schon angedroht: „Wir stehen vor einem fundamentalen Wandel. Unsere Gesellschaft wird weiter vielfältiger werden, das wird auch anstrengend, mitunter schmerzhaft sein.“ Das Zusammenleben müsse täglich neu ausgehandelt werden. Eine Einwanderungsgesellschaft zu sein heiße, „dass sich nicht nur die Menschen, die zu uns kommen, integrieren müssen“.

    http://www.welt.de/politik/deutschland/article146582999/Das-ist-der-Masterplan-zur-Integration-der-Fluechtlinge.html

    Ich mag aber nicht darüber verhandeln, ob ich mich von Männern zwecks Kontaktaufnahme anschmatzen lasse, mir in der S-Bahn im Gespräch die Hand aufs Knie legen lassen muss und was weiß ich noch alles. Ich werde unfreundlicher werden bzw. grundlose Freundlichkeit auf solche Männer beschränken, bei denen ich annehme, dass sie es angemessen einordnen können (andere würden das Racial Profiling nennen). Und im Sommer mein Pfefferspray mit an die Isar nehmen. Die Geduld der Frauen ist die Macht der Männer, und ich werde mit den Jahren ungeduldiger.

    Schau mer mal, welche Art von multikultureller Verhandlungsbereitschaft z.B. russische, polnische und türkische Migranten an den Tag legen werden, wenn ihre Regeln übertreten werden, denn die sind ja auch noch da. Vielleicht sind ja das diese anderen Kulturen, von denen man angeblich so viel lernen kann. In Sachen Nothilfe traue ich denen jedenfalls mehr Einsatz zu als den deutschen (und habe auch schon mal selbst davon profitiert, als mich eine gestörte Frau bedrohte).

    Und da man ja gesellschaftlich niemand mehr zurücklassen darf, würde mich noch interessieren, wie Menschen mit einem IQ von 70 diese komplexen und schmerzhaften Multikulti-Verhandlungen führen sollen.

    Zum Schluss noch was Technisches: Die Belästigung im öffentlichen Raum bekommt durch die Smartphones eine ganz andere Dynamik. Männercliquen können Whatsapp-Gruppen bilden, in denen sie einander kurzfristig interessante Gelegenheiten zum Einkreisen von Frauen melden können. Jetzt kann man drüber philosophieren, ob ein Baggersee durch Mobilfunk sicherer oder unsicherer wird.

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  28. Ich habe gerade mal die Berichterstattung über den Karneval in der Berliner Zeitung verglichen mit dem Tagesspiegel.
    Was ich sehr schwierig finde, ist die Orientierung; denn es werden bspw. In der Berliner Zeitung folgende Begriffe verwendet bzw Informationen gegeben:
    – (Zahl der) Anzeigen
    – (Zahl der) Opfer
    – Beteiligte
    – Tatverdächtige
    – Haftbefehle
    – Identifizierte (Täter)
    – Herkunft

    Der Tagesspiegel unterscheidet dann noch die Zahl der Opfer von Antanzen mit Betrug und Opfer von Antanzen mit sexueller Belästigung bzw. Nötigung.
    Was mir auch aufgefallen ist: aus der Schilderung des Allgemeinen wird dann bei beiden Zeitungen ein besonderer Fall herausgestellt ( mit den beiden Mädchen). Das liest sich jeweils so, als wäre es etwas Zusätzliches.
    Was ich damit sagen will: sowohl die Frauen, als auch Zeugen, als auch die Polizei haben sehr schnell reagiert. Das finde ich positiv Der Medienberichterstattung gegenüber bleibe ich noch skeptisch.

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  29. @susanna14:
    „Die Situation in Köln war eine andere als einfach nur „Pograpschen“. Es war keine Situation, die man in den Griff hätte bekommen können, indem man dem Mann laut und deutlich sagt, dass man das nicht will. Es war keine Situation, in der der Täter flüchtig berührt und dann wieder verschwindet.“

    Warst du dabei? Vermutlich nicht! Denn mit genau dem Verhalten, welches du beschreibst, hätte man die Situation in den Griff bekommen!
    Ich war an Silvester nicht in Köln am Bahnhof, aber in Hamburg auf der Reeperbahn bzw. Große Freiheit. Auch dort gab es die gleiche Art von (Übergriffen) Ich war alleine unterwegs und wurde genau wie überall beschrieben eingekreist und betatscht. Meine Reaktion war, dass ich dir Täter laut und deutlich angeschrieen und mit Gewalt gedroht habe. Die waren in der Situation so erstaunt, dass ich problemlos mich entfernen konnte!
    Mir ist auch klar, warum die Polizei nichts gemerkt hat in Köln, auch in Hamburg standen haufenweise Polizisten nicht einmal zehn Meter entfernt… Das Vorgehen in der Menge macht es für diese so schwer zu sehen, was passiert. Da muss man einfach mal in der Lage sein, sich selbst zu wehren.

    @Antje:
    „Deine und meine Reaktion, in quasi „klassischen“ Situationen sexualisierter Gewalt zu handenln, ist etwas, das wir auch der Frauenbewegung zu verdanken haben, die die Koordinaten dessen, was symbolisch mit solchen Übergriffen zusammenhängt, verschoben hat – für diejenigen, die daraus gelernt haben, was aber nicht alle Frauen sind.“

    Das Problem ist, dass ein Großteil der heutigen Feministinnen leider dazu übergegangen sind, Frauen als arme, hilflose Opfer darzustellen.
    Und wenn man sagt, Frauen hätten sich wehren müssen oder Frauen sollten den Mut haben, sich zu wehren, wird das als Victim Blaming missgedeutet. Ja, natürlich ist da Verhalten scheiße und sollte bestraft werden!
    Aber das ändert doch nichts daran, dass es für mich besser ist, wenn ich mich selbst aus besagter Situation befreien kann statt mich auf andere verlassen zu müssen. Ich bin nicht hilflos und die meisten anderen Frauen müssten das auch nicht sein!
    Sollte nicht lieber eine solche Einstellung vermittelt werden?

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  30. @Miriam,
    nein, ich war in Köln nicht dabei, sondern habe nur Zeitungsberichte gelesen.
    Es gibt Situationen, die man klären kann, indem man die Täter anschreit – ich habe das selbst schon getan. Es gibt Situtationen, in denen das nicht funktioniert. Das ist mir auch schon einmal passiert, zum Glück nicht mit sexueller, sondern mit gewöhnlicher Gewalt, aber auch das war eine schreckliche Erfahrung. (Und auch eine Situation, in der ich mich wehren konnte, war eine schreckliche Erfahrung.)
    Wenn der Täter entschlossen ist, seine Gewaltabsichten durchzuziehen, wenn er keine Angst davor hat, dass Menschen bemerken, was er tut, dann wird er sich durch Anschreien nicht hindern lassen. Wenn er dann noch stärker ist – etwa in der Gruppe, oder bewaffnet, oder einfach so stärker – dann hilft auch wehren nichts. Und häufig weiß man erst hinterher, was nun war.

    Dass du dich in Hamburg erfolgreich gewehrt hast, ist erst einmal gut, aber es heißt nicht, dass jede Frau, die sich gewehrt hätte, Erfolg gehabt hätte. Möglicherweise war diese Gruppe Männer bei dir noch überrascht, wäre es aber bei der zweiten Frau, die sie angeschrien hätte, nicht mehr überrascht gewesen und hätte sich nicht verscheuchen lassen. Ich habe mir vorgenommen, mich grundsätzlich in solchen Situationen zu wehren (wenn ich nicht entkommen kann), aber ich weiß nicht, ob ich diesen Vorsatz erfüllen kann, und selbst wenn ich mich wehre, heißt das noch lange nicht, dass ich Erfolg habe. Es hilft aber, glaube ich, bei der nachträglichen Verarbeitung.

    Eigentlich hatte ich aber an andere Situationen gedacht, als solche, in welchen es eindeutig um Gewalt und um Demütigung der betroffenen Frau geht und darum, Macht über sie auszuüben. Ich dachte eher an feuchtfröhliche Situationen, in welchen die Männer denken „ist doch alles Spaß“, wenn sie einer Frau an den Po fassen, und womöglich noch glauben, dass es der Frau ebenfalls Spaß macht. Gerade hier hilft es oft, deutlich zu machen, dass es kein Spaß mehr ist. Aber die Situation in Köln und auch auf der Reeperbahn in Hamburg war eindeutig eine andere.

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  31. @Miria
    „Warst du dabei? Vermutlich nicht! Denn mit genau dem Verhalten, welches du beschreibst, hätte man die Situation in den Griff bekommen!“

    Aha, ist das Ihre Art und Weise mit „Köln“ umzugehen? Opfern in den Rücken fallen auf Basis von einer eigenen Erfahrung mit anderen Männern in einer anderen Stadt? Ich habe genügend Schilderungen von Opfern aus Köln gelesen die beschrieben dass die Mengen um sie herum so dicht waren dass sie sich, im Gegensatz zu Ihnen, nicht „problemlos entfernen“ konnten. Wenn 10 oder 20 Männer einen eingekreist haben gestaltet sich das generell schwierig.

    Die Kölner Polizei war desweiteren sehr genau im Bilde was um sie herum geschah, aber sie waren machtlos es zu verhindern, wie aus dem internen Polizeibericht der Nacht eindeutig hervorgeht: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/koeln-das-steht-im-internen-polizeibericht-zur-silvesternacht-a-1070837.html

    Kurzum: Ihre Lektionen an die Opfer finde ich sehr befremdlich.

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  32. @ Mira:

    Das Problem ist, dass ein Großteil der heutigen Feministinnen leider dazu übergegangen sind, Frauen als arme, hilflose Opfer darzustellen.
    Und wenn man sagt, Frauen hätten sich wehren müssen oder Frauen sollten den Mut haben, sich zu wehren, wird das als Victim Blaming missgedeutet.

    Es ist ein Unterschied, ob man hinterher sagt, die hätten sich wehren können und müssen oder ob man Frauen allgemein dazu ermuntert, es zu tun (die Szenen mit den einkreisenden Männern waren btw nicht überall identisch und vergleichbar – mal Gedränge und woanders nicht, manche Frauen hatten einen Partner dabei, andere nicht …).

    Ist mir aber auch schon untergekommen, dass Empowerment etwas gezwungen als Victim Blaiming gedeutet wurde. Manche Netzfeministinnen wollen halt ihre negative Weltsicht behalten oder können nicht anders. Deshalb ist ja alles „kackscheiße“ 😉

    Offline gibt es aber immer noch Wen-Do, oder? Früher war das auf einzelne Angreifer abgestimmt. Wenn es dich interessiert, kannst du ja fragen, ob sich das geändert hat.

    Im Kabarett-Programm „Rebers muss man mögen“ kommt neuerdings eine „Frau Flüchtling“ vor, die den Spruch mit der Armlänge gut findet und es noch besser fände, wenn am Ende des Arms eine Pistole wäre.

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  33. Einige Aspekte in Bezug auf „Köln“ sind dabei noch gar nicht diskutiert worden. Dass für so ein Event mit so vielen Menschen viel zu wenig Polizei da war, hängt auch damit zusammen, dass Dallas, was mit „öffentlichem Dienst“ zu tun hat, seit Jahren systematisch klein gespart wird. Und dass die Sache dann vertuscht werden sollte, hängt damit zusammen, dass Köln um sein „Image“ besorgt war. Das sind beides Aspekte, die mit dafür gesorgt haben, dass sich das Problem so stellte.

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  34. Ich habe jetzt den verlinkten TAZ-Artikel gelesen. Das Alice Schwarzer in diesem Zusammenhang von so etwas wie Scharia spricht, finde ich ganz schön krass.
    In der Berliner Zeitung (zum Karneval) stand zu lesen, dass das „Antanzen“ seit 2013 bekannt wäre und dass es, jedenfalls bisher, an Partyorten vorkomme.
    Party – das verbinde ich, jedenfalls in Berlin, auch mit allerhand Drogen verschiedener Art und damit sozusagen einer möglichen verminderten Fähigkeit, das Problem als solches zu erkennen und sich zur Wehr zu setzen. Das gilt selbstverständlich nicht für alle.

    @Irene: Du schreibst sinngemäß, „wir können wieder von vorne anfangen“, Männern etwas zu erlären. Hinterfrage dich da doch vielleicht nochmal, ob du sicher sein kannst, dass das 100% so ist: dass wir wieder von vorn anfangen. Ich denke, man fängt nie wieder wirklich vo vorn an, es fühlt sich nur manchmal so an und oft sagt man das so dahin.:)

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  35. @susanna:
    „Wenn der Täter entschlossen ist, seine Gewaltabsichten durchzuziehen, wenn er keine Angst davor hat, dass Menschen bemerken, was er tut, dann wird er sich durch Anschreien nicht hindern lassen. Wenn er dann noch stärker ist – etwa in der Gruppe, oder bewaffnet, oder einfach so stärker – dann hilft auch wehren nichts. Und häufig weiß man erst hinterher, was nun war.“

    Natürlich kann man sich nicht immer erfolgreich wehren! Aber ich denke nicht, dass große Aufmerksamkeit den Tätern egal ist, wenn in unmittelbarer Nähe mehrere Polizisten sich aufhalten!
    Und vielleicht ist auch ein wichtiger Punkt wie du sagst, dass man so etwas leichter verarbeiten kann, wenn man wenigstens versucht, etwas zu tun!

    „Offline gibt es aber immer noch Wen-Do, oder? Früher war das auf einzelne Angreifer abgestimmt. Wenn es dich interessiert, kannst du ja fragen, ob sich das geändert hat.“

    Ich muss ehrlich sagen, dass ich davon bisher noch nichts gehört habe… Was genau ist wen-do?

    @Christian:
    „Aha, ist das Ihre Art und Weise mit „Köln“ umzugehen? Opfern in den Rücken fallen auf Basis von einer eigenen Erfahrung mit anderen Männern in einer anderen Stadt? Ich habe genügend Schilderungen von Opfern aus Köln gelesen die beschrieben dass die Mengen um sie herum so dicht waren dass sie sich, im Gegensatz zu Ihnen, nicht „problemlos entfernen“ konnten. Wenn 10 oder 20 Männer einen eingekreist haben gestaltet sich das generell schwierig.“

    Oh, du hast Berichte gelesen! Na dann bist du sicher viel besser informiert als jemand, der das selbst erlebt hat!
    Hättest ein bißchen mehr gelesen, wäre dir aufgefallen, dass Köln nicht die einzige statt war, sondern gleiches sich eben auch in Hamburg St. Pauli abgespielt hat!
    Und ja, meine Art mit so etwas umzugehen, ist es mich zu wehren und natürlich andere Frauen dazu anzuhalten, das ebenfalls zu tun, wenn sie in eine solche Situation geraten! Ich glaube nämlich nicht, dass diese Art der Übergriffe in Zukunft völlig verschwindet. Und in der Situation hat man keine andere Möglichkeit, denn die Polizei kann in dem Moment nichts machen! Aber vermutlich weißt du das als fleißiger Leser von Boulevardblättern sich besser als ich!

    „Kurzum: Ihre Lektionen an die Opfer finde ich sehr befremdlich.“

    Dann solltest du vielleicht mal nachdenken, was du hier gerade tust! Passt irgendwie nicht zusammen…

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  36. Die Polizeigewerkschaften beklagen den Personalmangel schon, und das kam auch in der späteren Berichterstattung vor.

    Die Sorge um das Image besteht völlig zurecht, die Übernachtungen sind zurückgegangen, aber die Vertuschung war trotzdem keine gute Idee.

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  37. @Irene:
    „Es ist ein Unterschied, ob man hinterher sagt, die hätten sich wehren können und müssen oder ob man Frauen allgemein dazu ermuntert, es zu tun (die Szenen mit den einkreisenden Männern waren btw nicht überall identisch und vergleichbar – mal Gedränge und woanders nicht, manche Frauen hatten einen Partner dabei, andere nicht …).“

    Ich finde das nicht als so einen gravierenden Unterschied. Wir brauchen nicht darüber diskutieren, dass die Täter diejenigen sind, die sich richtig mies verhalten haben und bestraft gehören, aber davon hat keine Frau in der Situation etwas!
    Wenn jemand in der Situation war, sich nicht gewehrt hat, dann aber erfährt, dass man auf die Weise eventuell besser hätte rauskommen können, hilft das vielleicht beim nächsten mal, doch den Mut zusammenzunehmen und sich zu wehren!

    Was die Szenen mit den einkreisenden Männern angeht, habe ich gerade das Gefühl, dass hier versucht wird runterzuspielen, was ich erlebt habe…
    Wenn ich die Berichte lese und das mit meiner Situation vergleiche, war das, was ich erlebt habe wohl das schlimmste, was in dem Zusammenhang vorgekommen ist (Situation bevor ich mich erfolgreich gewehrt habe): Enges Gedränge auf der großen Freiheit und plötzlich bin ich als einzige Frau in einem großen Pulk ausländischer Männer, die versuchen mich überall zu betatschen. Ich war alleine unterwegs, da ich ganz alleine zum Urlaub nach Hamburg gefahren bin.

    Ich hätte auch in Zeitungen Interviews geben und berichten können wir schrecklich alles war und Anzeige erstatten. Aber das hätte weder mit noch sonst wem irgendwas gebracht. Vermutlich hätte ich zur Vernehmung oder.ä. ständig irgendwohin gemusst. Das ganze ist in einer Stadt passiert, die ungefähr 1300km von meinem Wohnort entfernt ist, ich habe es abgehakt und gut, damit geht es mir gut.
    Aber dieser Umgang mit der Situation ist noch lange kein Grund, zu behaupten, dass war ja nicht so schlimm wie bei anderen! (hier meine ich vor allem auch Christian.)

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  38. Hier jammert die Polizei, dass sie hilflos gegenüber Jungmacker-Gangs ist:

    http://www.berliner-zeitung.de/berlin/boulevard-berlin-jugendliche-poebeln-kunden-und-polizisten-in-einkaufszentrum-an-24087674

    „Ich werde dafür sorgen, dass du deinen Beruf verlierst, es wird richtige Probleme geben!“ droht der 15-jährige Mustafa K. einem der Polizisten.

    Danach haben die Typen die Visitenkarten der Polizisten bekommen, also deren Namen, damit sie sich beschweren können. Wenn ein Polizist einen seltenen Nachnamen hat, kann man die Karte auch zur Terrorisierung der Verwandtschaft zweitverwerten. Clandenken scheint ja genug vorhanden zu sein.

    Deeskalation wird von manchen Typen als Schwäche ausgelegt, da müsste man die Polizeibefugnisse ändern und die Ausrüstung.

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  39. Dass Polizei abgebaut wurde, mag wohl stimmen, aber mit der Alterung unserer Gesellschaft wurde es hier auch zunehmend friedlicher. Die Größe und Art der Zuwanderung war nicht absehbar und nicht planbar. Dh. eine junge vorwiegend männliche Zuwanderung hat erst die Notwendigkeit zur Polizeiaufrüstung geschaffen.
    Und hierin sehe ich sehr wohl das Problem unserer Tage.
    Wie kannst du Punkt 5 …. keine politische Agenda zu haben, verteidigen, wenn du anderseits kritisierst, dass zu wenig Polizei vorhanden war, was natürlich bedingt durch eine unorganisierte Flüchtlingspolitik kam.
    Hier überschneiden sich politische Agenda mit den Nebenwirkungen dieser Politik. Laut FAZ (aktuell) sind 75% der Migranten männlich und 2/3 im Alter zwischen 20 und 35 und meist ledig.
    Bei 400 000 in den Vorjahren, 1 500 letztes Jahr und 200 000 dieses Jahr ergibt sich ein Männerüberschuss von fast einer Million Männer. Macht ungefähr 3 Männerjahrgänge in dieser Altersgruppe aus. Aus Indien, Pakistan und China wissen wir dass Männerüberschuß zu Frauenraub, Prostitution und Massenvergewaltigungen führen kann und immer wieder führt.
    Schon ohne kulturelle oder religiöse oder soziale oder bildungsbedingte Unterschiede, ohne die massenhaft enttäuschten Hoffnungen vieler Migranten auf ein Land, welches ihnen Reichtum und Erfolg bringt und sie willkommen heißt, ist allein das Geschlechterverhältnis problematisch.
    Wer Migrantengewalt (egal ob sexuell oder agressiv, rassistisch, religiös oder politischer Natur) diskutiert, muss das zahlenmäßige Geschlechterverhältnis mitdenken. Und dieses Verhältnis hat mit den Bedingungen der Flucht zu tun.

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  40. @Antje

    Durch die Migration vervielfältigen sich eben auch die Arten, wie sexualisierte Gewalt auftritt, und mit „Köln“ haben wir eine neue, uns bis dahin unbekannte Art kennen gelernt. Gegen die wir uns jetzt erst einmal etwas überlegen müssen, so wie wir uns eben gegen die ansonsten hier üblichen Formen schon etwas überlegt haben, worüber du ja schreibst.

    Ich denke, man muss da zwei Punkte unterscheiden: Einerseits, was kann eine einzelne Frau oder auch eine kleine Gruppe von Frauen tun, wenn sie sich konkret in einer Situation wie am Kölner Bahnhof befindet. Und ich fürchte, die Antwort auf diese Frage lautet: Nicht viel. Gegen mehrere Angreifer auf einmal hilft kein Wen Do, und ich kann mir nicht vorstellen, dass jemals eine Technik entwickelt werden wird, die hilft (noch dazu eine, die in einem Wochenendkurs erlernbar wäre.) In einer konkreten Gefahrensituation braucht man auch keine großartige interkulturelle Kompetenz, um zu wissen, wie die Angreifer ticken und was ihr Ziel ist.

    Schwer einschätzbar sind eher andere Situationen: etwa, wenn eine Gruppe von Männern am Nebentisch sitzt und sehr viel Raum einnimmt und man sich fragt: „Wie werden die sich verhalten?“ (und dabei schon ein wenig Racial Profiling betreibt.) Da mag interkulturelle Kompetenz von Nutzen sein – allerdings hilft es mir, wenn ich auch von einer solchen Gruppe erst einmal annehme, dass sie sich friedlich verhält, und in den allermeisten Fällen ist das ja auch wirklich so. Aber wenn der Angriff schon im Gange ist, braucht es keine großartige interkulturelle Kompetenz.

    Andererseits stellt sich die Frage, was präventiv getan werden kann, damit Männer sich nicht zu Rudeln zusammenschließen und Frauen überfallen, und zwar nicht nur auf der Ebene der Polizeiarbeit, sondern auch mit sozialpädagogischen Konzepten. Da wäre es dann interessant, zu hören, was Menschen aus den betreffenden Kulturen zu sagen haben.

    Umso wichtiger ist es, dass bei dem Überlegen und Suchen nach Gegenstrategien Frauen und problemsensible Männer aus diesen Kulturen mitreden

    Die besten Texte, die ich nach Köln gelesen habe, stammen tatsächlich von problemsensiblen Männern aus den betreffenden Kulturen. Diese sind auch kritisch auf problematische Entwicklungen innerhalb der muslimischen Bevölkerung, vor allem der Jugendlichen eingegangen.

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  41. @Miria
    Wen Do ist ein Selbstverteidigungstraining, das für Frauen entwickelt wurde. Ich habe einmal an einem Wochenendkurs teilgenommen und ein halbes Jahr später am Auffrischungskurs. Das Training besteht aus Tritt- und Schlagtechniken, ein paar Befreiungsgriffen und aus Rollenspielübungen. Die beste Übung war eine, wo eine Frau nach draußen gehen musste, die anderen suchten eine aus, die böse gucken sollte, während die anderen „neutral“ guckten, und die, die rein kam, sollte feststellen, welche es war, die böse guckte. Mit „böse gucken“ ist nicht irgendeine Grimasse gemeint, sondern dass die jeweilige Frau dachte: „die mach ich jetzt fertig.“ Ziel der Übung war, dass wir lernten, dass es möglich ist, zu erkennen, wenn jemand so denkt.

    Ohne dagewesen zu sein, vermute ich, dass die Frauen dort dies den jeweiligen Tätern ebenfalls ansahen. Dies ist etwas anderes als wenn jemand denkt „ist doch alles nur Spaß“.

    Empfehlen würde ich solche Wochenendkurse, ehrlich gesagt, nicht. Wenn es Wen Do als wöchentliches Training gibt, sieht die Sache anders aus.

    Als junge Frau habe ich einmal einen Kurs gemacht, der nicht Wen Do war, sondern von einer Frau geleitet wurde, die seit Jahren Karate und Taekwondo machte. Dieser Kurs war wöchentlich, und wir lernten ebenfalls Kicks und Schläge, aber wir lernten auch richtig fallen und sogar Judorolle. Richtig fallen hat sich als sehr nützlich erwiesen: hin und wieder stürze ich mit dem Fahrrad, aber gebrochen habe ich mir noch nie etwas. Insgesamt würde ich einen solchen Kurs eher empfehlen.

    Die letzten Jahre habe ich Tai Chi gemacht. Die Botschaft war zwiespältig: Einerseits wurde so getan, als sei das, wenn man es richtig kann, eine sehr effektive Kampftechnik, andererseits wurde abgeraten, es zu verwenden, weil wir es eben nicht richtig können. Vor allem die Teilnehmerinnen sahen es in erster Linie als Gesundheitsvorsorge an. Die Männer legten mehr Wert auf den Kampfaspekt.

    Jetzt habe ich mit dem Tai-Chi-Lehrer überworfen, weil er während des Trainings fragwürdige politische Botschaften verbreitete, und muss mir etwas Neues suchen. Ich erwäge Krav Maga, weil ich mir da erhoffe, dass es keine fragwürdigen politischen Äußerungen geben wird.

    Jetzt zum Rest:
    Ob Täter sich beeindrucken lassen, wenn man sie anschreit, hängt immer von der Situation ab. Nicht immer ist Polizei in der Nähe, nicht immer ist überhaupt jemand in der Nähe, und manchmal sind zwar Leute in der Nähe, zeigen aber kein Bestreben, einzugreifen.

    Ich glaube, ein Punkt, der häufig unterschätzt wird, ist der, dass auch Situationen, in denen man sich erfolgreich gewehrt hat, eine Frau erst einmal verstören. Die Gefahr war eben real, und man steckt das nicht so leicht weg.

    Die schrecklichste Geschichte, die mir in den letzten Jahren passiert ist, war beim Zelten: ich hatte mich schlafen gelegt und merkte, etwas war an meinem Zelt. Erst dachte ich, es sei ein Tier, dann merkte ich, es war ein Mensch. Ich rief (auf deutsch, obgleich es in Frankreich war) „sagen Sie mal!“ und setzte mich auf und schaute zur Zelttür. Da merkte ich, dass diese bereits geöffnet war und dass ein Mann davon lief. Es war mir gelungen, die Situation zu klären, aber hinterher konnte ich stundenlang nicht schlafen – erst als es zu regnen anfing.

    Anzeige habe ich auch nicht erstattet. Die Patronne war nicht da (sie wäre für mich die erste Ansprechpartnerin gewesen), und mein Französisch war auch zu schlecht.

    Aber vielleicht sollten wir doch zur Ausgangsfrage zurückkehren: ob es einen grundsätzlichen Unterschied gibt zwischen der Situation in Köln und auch in Hamburg und auf der anderen Seite einer feuchtfröhlichen Party, wo die Männer den Frauen an den Po fassen. Und ohne dagewesen zu sein, würde ich doch sagen: Ja, den gibt es. Bei einer feuchtfröhlichen Party kann sich eine Frau eben doch darauf verlassen, dass gewisse Grenzen nicht überschritten werden – in Köln oder auf der Reeperbahn nicht.

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  42. @Antje
    Jetzt noch einmal zur Ursprungsfrage: Wie kann man Sexismus in „bestimmten Einwanderermilieus benennen“, ohne dabei rassistisch zu sein?

    Meine Antwort wäre eine andere: Man benennt ihn einfach, ohne rassistisch zu sein.

    Damit meine ich vor allem, dass man keinen essentialistischen Kulturbegriff verwendet, vor allem keinen essentialistischen Islambegriff. Das heißt erstens, dass man den Islam nicht als eine einheitliche Kultur behandelt, die von Marokko bis Indonesien überall gleich ist und sich seit den Zeiten des Propheten nicht verändert hat. Zweitens heißt es, dass man davon ausgeht, dass Muslime nicht von ihrer muslimischen Kultur (welche auch immer das im einzelnen sein mag)“geprägt“ und auf ewig determiniert sind, sondern dass sie wie alle anderen Menschen auch ihre Handlungen und ihre Einstellungen überdenken müssen.

    Wenn man das tut, benötigt man keine muslimischen Gewährsfrauen, man muss nicht seine antirassistische Einstellung beweisen, indem man vorher eine genügende Anzahl rassistischer Übergriffe durch Einheimische benannt hat.

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  43. Susanna, Wen Do bringt vor allem psychologisch was, indem man z.B. hinterher mit mehr Selbstsicherheit auf der Straße unterwegs ist. Für schwierige Situationen (z.B. auch bewaffnete einzelne Angreifer) eignet es sich nicht, weil man dafür mehr Übung bräuchte und es keine fortlaufenden Trainings gibt, wie du ja auch schreibst. Dafür wäre eher Krav Maga (ebenfalls eine Mischtechnik aus diversen Kampfsportirchtungen) geeignet. Da gibt es aber exklusiv für Frauen auch keine fortlaufenden Angebote, sondern auch nur kompakte Einführungstage.

    Wenn eine über 40 ist, geht vielleicht schon was. Womöglich sollte man parat haben, was „wie alt ist deine Mutter? Ich bin XX“ auf arabisch und paschtunisch heißt, um Angreifer zu hypnotisieren. Man soll ja gegen Schwachstellen treten, und das Thema Mutti ist eine beim traditionellen Macker. Guckstu Bushido. 😉

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  44. @ Antje Schrupp: nur eine Anmerkung zu Ihrem letzten Post: die Fabel vom „absoluten Polizeiversagen“ in Köln klingt zwar gut und gibt uns vielleicht etwas Sicherheit – sie ist aber einfach komplett falsch. Vielleicht sollte man nicht vergessen, dass auch Polizistinnen in Uniform dort begrapscht wurden. Auch wenn doppelt so viele Einsatzkräfte da gewesen wären, hätte das nichts geändert. Was hätten die tun sollen? Massiv von der Schusswaffe Gebrauch machen? Würden wir das wollen? Letztlich hat doch einer der potentiellen Täter bei SPIEGEL TV die Situation in einem Kommentar zu den Polizisten am besten beschrieben: Egal was wir machen, die können uns ohnehin nichts tun. Nicht einmal wenn ich denen die Waffe aus dem Halfter nehme und auf sie richte. Und der Mann hatte damit vollkommen recht.

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  45. @Klaus Ebner – Was ist das denn für ein Szenario. Wieso um Himmels willen sollte eine gut ausgestattete und ausgebildete Polizei nicht mit ein paar Halbstarken besoffenen Jugendlichen und ein paar Banden von Taschendieben fertig werden? Die Kriminellen, an die die Polizei wirklich nicht ran kommt (oder nur sehr sehr schwer) sind ganz andere.

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  46. @susanna14 – „Man benennt ihn einfach, ohne rassistisch zu sein“ war doch meine Antwort! Die „muslimischen Gewährsfrauen“ brauche ich doch nicht als Legitimation oder Beweis für antirassistische Haltung, sondern weil sie mir helfen, die muslimische Kultur zu verstehen, und zwar aus einer weiblichen Perspektive, die zum Beispiel für sexualisierte Gewalt sensibel ist. Man kann eine Kultur nicht verstehen, indem man sie nur von außen betrachtet.

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  47. @susanna14 – Wie kommst du auf die Idee, dass eine Frau sich bei einer feuchtfröhlichen Party darauf verlassen kann, dass gewisse Grenzen nicht überschritten werden? Das stimmt doch nicht.

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  48. @Irene Mir hat der Wen-Do-Kurs vor allem gebracht, dass ich mich nicht mehr fürchte, wenn ich abends um elf nach dem Weg gefragt werde. Das liegt aber vor allem daran, dass ich mir jetzt zutraue, einzuschätzen, ob eine Person wirklich nur nach dem Weg fragen will.

    Von selbstbewusstem Auftreten als „Selbstverteidigungsstrategie“ halte ich wenig. Erstens hat jede hin und wieder einen schlechten Tag, an dem sie nicht selbstbewusst wirkt. Zweitens handelt es sich um eine sehr diffuse Kategorie. Drittens kann man Selbstbewusstsein nicht schauspielern, wenn man sich nicht wirklich selbstbewusst fühlt, sondern Angst hat. Das wird schnell durchschaut. Aus diesem Grund werde ich auch nicht nach einem weiteren Wen-Do-Kurs suchen, sondern (wenn überhaupt) nach einem Kurs, bei dem ich Selbstverteidigung lerne.

    Wo mir die Frauenbewegung allerdings sehr viel geholfen hat: Ich glaube nicht, nett und freundlich sein zu müssen, wenn mich jemand auf unerwünschte Weise anfasst oder auch anquatscht, jedenfalls dann nicht, wenn es ein Fremder ist. Wenn es jemand ist, den ich kenne und zu dem mir die Beziehung wichtig ist, ist es schwieriger.

    @Antje
    Ich gehe mal davon aus, dass du genauso gut wie ich weißt, dass es die muslimische Kultur nicht gibt, allerhöchstens verschiedene muslimische Kulturen. Die Situation und die Motivation der Männer jener Szene, aus der die Täter von Köln anscheinend stammen, zu verstehen, hat noch niemand wirklich unternommen – alle schreiben nur, was sie meinen, über die „muslimische Kultur“ zu wissen, sei es im Guten oder im Schlechten. Vielleicht geht es auch einfach noch nicht, weil man dieser Männer noch nicht habhaft geworden ist und nicht weiß, was sie selbst sagen. Aber das wäre Ursachenforschung.

    Ich frage mal umgekehrt: Was hast du von Muslimas über die muslimische Kultur gelernt, was dir geholfen hätte, die Ereignisse von Köln zu verstehen? Und außerdem: in anderen Fällen von sexualisierter Gewalt wird die Perspektive der Opfer als die relevante angesehen. Warum ist es so wichtig, die Perspektive der Täter zu kennen und ihre Kultur zu verstehen? Doch allerhöchstens, um zu erkennen, wenn andere Menschen über die „muslimische Kultur“ sprechen, ohne Ahnung davon zu haben.

    Die Polizei in Köln war nicht adäquat ausgerüstet und es war keine ausreichende Anzahl von PolizistInnen am Kölner Hauptbahnhof, keine Frage. Man hatte die Situation vorher nicht richtig eingeschätzt, vor allem auf den höheren Ebenen. Vielleicht hatte man eben mit „ein paar halbstarken besoffenen Jugendlichen“ gerechnet, und eben nicht mit einer großen Gruppe erwachsener Männer, von denen zwar nur ein Teil tatsächlich Gewalt ausübte, von denen aber der Rest die anderen nicht am Ausüben von Gewalt hinderte.

    Nach allem, was ich gelesen habe, sind nicht feuchtfröhliche Parties die eigentliche Gefahrenzone, sondern der Heimweg von diesen Parties. Die einzigen Fälle, die mir einfallen, sind Geschichten von amerikanischen Colleges, wo eine junge Frau von einem nicht besonders guten Bekannten auf eine Party eingeladen und dort von mehreren Männern vergewaltigt wurde. Das war dann aber einerseits kein öffentlicher Ort, sondern eine Gruppe von Freunden (eine Art Studentenverbindung, fraternity, glaube ich), und außer dieser Gruppe und eben Frauen, die sie mitbrachten, hatte niemand Zugang zur Party.

    Aber vielleicht bräuchte man irgendeine vernünftige Statistik, falls es eine solche gibt.

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  49. @ Antje – danke für Ihren Kommentar auf den ich etwas ausführlicher antworten möchte. Deutsche Polizist_Innen sind im Streifendienst mit einer Schusswaffe ausgestattet, diese kommt in der Praxis allerdings so gut wie nie zum Einsatz. Muss sie auch nicht, denn alleine die Präsenz der Polizei in ihrer Uniform reicht in der Regel aus um sich Respekt zu verschaffen. Genauso ist es mit dem Strafrecht. Alleine die Strafandrohung,die eine gesellschaftliche Missbilligung ausdrückt, reicht in der Regel um Straftaten zu verhindern. Auch ist die tatsächliche Strafe, beim Ersttäter in der Regel bedingt,ja nicht der wesentliche Faktor für den Täter. Nehmen wir nur zum Bespiel das Sexualstrafrecht, dass begrüßenswerter Weite verschärft wurde. Und nehmen wir hier zwei Fälle, einmal ein Chef der seine Untergebene belästigt und andererseits einen Fall wie in Köln. Sehr schnell wird dann klar, dass für Köln die Strafverschärfung völlig irrelevant ist. Warum? Erstens weil man der Täter gar nicht habhaft werden kann zweitens weil ihnen nichts gerichtsfest nachzuweisen ist und drittens weil ihnen auch bei Verurteilung nichts Abschreckendes passieren kann. Nehmen wir im Vergleich den Chef – für ihn hätte eine bedingte Verurteilung wohl den Verlust des Jobs zur Folge, Probleme in der Familie, gesellschaftliche Ächtung, Verlust der Kreditwürdigkeit und er müsste eine Entschädigung zahlen. Über all das kann der Täter von Köln nur lachen. Job hat er ohnehin keinen, Familie hier auch nicht, seine Community wird sein Verhalten eher toll finden, Kreditwürdig ist er ohnehin nicht und da er kein Geld hat, wird er auch keine Entschädigung zahlen. Und ob er jetzt ein paar Monate auf der Straße rumhängt oder bei drei warmen Mahlzeiten am Tag im Knast sitzt wird ihm auch egal sein. Es gilt also die goldene Regel: wer sich nicht in Deutschland befindet kann in Deutschland auch keine Straftat begehen.

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  50. @Klaus Ebner: aus dem, was Sie schreiben, spricht aus meiner Sicht Ohnmacht. Ich frage mich, ob Sie eventuell bei der Polizei arbeiten und bei Ihrer Arbeit Ohnmacht empfinden? Oder ob Sie gern selbst mehr Macht zum Durchgreifen hätten? Verstehen Sie mich bitte nicht falsch – das ist ehrliches Interesse.

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  51. @Klaus
    Auch für Menschen, die illegal hier leben, steht einiges auf dem Spiel. Es besteht immer die Hoffnung, dass sie hier – oder in einem anderen EU-Staat – eines Tages legalisiert werden. (Sowohl in den USA als auch in anderen EU-Staaten kommt dies hin und wieder vor, einfach aus pragmatischen Gründen, da es sonst keine andere Lösung gibt, trotz rechtlicher Bedenken und trotz Bedenken wegen angeblicher Anreize. In Deutschland ist man da strenger.)
    Straftaten wie die von Köln stellen natürlich ein Hindernis für die Legalisierung dar. Die Täter verspielen auf die Weise ihre letzte Chance.
    Ich glaube nicht, dass man beim Interpretieren der Taten weiter kommt, wenn man sie als rationale Aktionen deutet. Die Täter überlegten nicht, welche Folgen etwa in Form von Strafverfolgung ihre Taten haben werden. Sie handelten auch nicht im Rahmen irgendeiner Moral, auch nicht einer islamischen Moral. (Alice Schwarzer vermutet eine gezielte islamistische Aktion, ähnlich wie die Anschläge in anderen europäischen Großstädten.) Aber genaueres wird man erst wissen, wenn man der Täter habhaft wird und sie fragen kann (und dann darf man nicht alles, was sie sagen, für bare Münze nehmen.)

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  52. @Antje
    Erst einmal danke, dass du meinen Kommentar freigeschaltet hast. Mir geht es tatsächlich so, dass mich die Diskussion nach Köln ziemlich verstört hat, und vielleicht werde ich dadurch zu emotional. Ich denke, meine Rassismusdefinition ist tatsächlich eine andere als deine, aber ich glaube, was die Ereignisse nach Köln anbelangt, ist dies nicht der entscheidende Punkt.
    Was mich verstört hat, war der Umgang mit den Ereignissen. Die rassistische Diskussion dieser Ereignisse landete nur über Umwege in meinem Aufmerksamkeitsfeld, deswegen nahm ich sie nicht so wahr wie andere, die direkt mitbekamen, wie Köln nun instrumentalisiert wurde. Deswegen war meine erste Reaktion nicht, dass man nun gegen diese rassistischen Diskussionen angehen müsse.

    In meinem Aufmerksamkeitsfeld landeten in erster Linie die Reaktionen auf die rassistischen Diskussionen, einschließlich der Warnungen gegen Rassismus in den Tagesthemen – darüber haben wir uns bereits unterhalten. Es ist wohl ein Problem, dass ein großer Teil der Bevölkerung sich von dem, was ich als „Mainstream“ bezeichnen würde, nämlich die Tagesschau, mittlerweile abgehängt hat und möglicherweise in einer anderen Welt lebt.

    Aber die Reaktionen auf die rassistische Diskussion ließen mich auch fragen, ob ich in einer anderen Welt lebe, nämlich die Vergleiche mit Fußballfans, mit dem Oktoberfest, mit dem Kölner Karneval… Ich war in Köln nicht dabei, ich war noch nie auf dem Oktoberfest oder dem Kölner Karneval, also kann ich nicht aus eigener Anschauung sagen, was stimmt (und die eigene Anschauung kann auch leicht täuschen), sondern bin auf korrekte Informationen von außerhalb angewiesen. Hin und wieder bin ich auf alternativen Straßenfesten, aber auch immer seltener, weil ich Gedränge nicht besonders mag und weil ich die Leute dort oft als sehr unfreundlich empfinde, wenn jemand zwischen ihnen hindurch muss. Diesen Frühling war ich in Hameln auf dem Mittelaltermarkt. Aber Gedränge heißt nicht sexuelle Belästigung.

    Ich bin also auf Berichte von außen angewiesen. Manche vergleichen die Ereignisse von Köln mit dem Oktoberfest, manche sagen, dass dieser Vergleich eine groteske Verharmlosung sei. Ich halte letzteres für wahrscheinlicher: sonst würden wir davon erfahren, und vor allem würde sonst keine Frau mehr zum Oktoberfest fahren. (Das ist nämlich die Linie, von der ich in einem meiner letzten Kommentare sprach: Wenn die Belästigung ein Maß überschreitet, dass die Frauen nicht wiederkommen, fänden die Männer das auch nicht gut.) Damit will ich nicht bestreiten, dass es auf dem Oktoberfest sexuelle Belästigung gibt und dass jedes Jahr auf dem Heimweg mehrere Frauen überfallen und vergewaltigt werden. Für die Frauen, die überfallen und vergewaltigt wurden, ist ihr Erlebnis natürlich viel schlimmer als das, was in Köln passiert ist.

    Ich glaube, um auf das, was in Köln passiert ist, angemessen zu reagieren, muss man erst einmal angemessen beschreiben, was passiert ist und es richtig einordnen. Wenn man es nur zum Teil der allgemeinen patriarchalen Kultur Deutschlands und der Welt erklärt, wird man ihm nicht gerecht. Man müsste eventuell Programme entwickeln, die speziell für diesen Täterkreis zugeschnitten sind – mit einer allgemeinen besseren Sexualerziehung erreicht man sie nicht. Man müsste sich eventuell überlegen, ob man nicht Programme zur Legalisierung illegal Eingewanderter überlegt, die nicht in großem Maß straffällig geworden sind, so dass diese Menschen eine Chance für sich sehen und so dass sie nicht in einen Zustand geraten, in dem ihnen ohnehin alles egal ist.

    Die antirassistisch-feministische Reaktion schien mir zu sehr nach dem Motto zu handeln: Deckel drauf – wir beschäftigen uns lieber mit anderen Fällen von sexualisierter Gewalt, und außerdem beschäftigen wir uns jetzt mit Rassismus. Mit dem Problem selbst beschäftigten sich vor allem Texte von Männern, die als Sozialarbeiter oder Psychologen die Szene gut kennen, die sich selbst noch als Muslime identifizierten, aber als moderate oder moderne oder aufgeklärte Muslime. Von ihnen habe ich auch differenzierte Einsichten über die muslimischen Communities gefunden. Von den Texten der Ausnahmslos-Frauen ist mir in dieser Hinsicht keiner im Gedächtnis geblieben.

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  53. Antje, du stellst 5 regeln auf, die zu beachten sind, um sexismus in migrantischen milieus diskutieren zu dürfen, ohne rassistisch zu sein und begründest die pragmatisch damit, dass nur eine derart reglementierte diskussion zu ergebnissen bzw. lösungen führt.

    Das kann ich, als islamkritiker oder korankritiker nicht nachvollziehen, denn islamkritik hat ja nichts mit rassismus zu tun, denn die kritik adressiert die religion und deren praxis und stellt in keiner weise auf die biologie der muslime ab. Man kann ja den stalinismus kritisieren, ohne sich dem vorwurf aussetzen zu müssen, dass man gegenüber nordkoreanern rassistisch sei (punkt 5).

    Wieso kann ich im rahmen einer korankritik den sexismus im koran nicht kritisieren, wenn ich nicht AUSNAHMSLOS jeden sexismus kritisiere? Ob wir hinsichtlich der sexistischen bewertung von dirndl-gate übereinstimmen, hat ja nichts mit der sexistischen bewertung des korans zu tun (punkt 1).

    Der 3. und 4. punkt sind allgemeinplätze, die man an jede vernüftige diskussion zu jedem beliebigem thema stellen muss. beim 2. punkt ist mir auch nicht klar, wieso ich mich mit allen opfern sexualisierter gewalt ausseinandersetzen muss, um den sexismus im koran kritisieren zu dürfen und dies, unter anderem mit den übergriffen bei der kölner sylvesternacht begründen zu dürfen?

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  54. @Susanna14 – Du schreibst, wenn die Verhältnisse dort so schlimm wären „würde sonst keine Frau mehr zum Oktoberfest fahren.“ Das bezweifle ich. Meine These ist, dass Frauen sich an kulturtypische Varianten von Sexismus und sexualisierter Gewalt gewöhnen, sich darauf einstellen, Strategien entwickeln, glauben „das ist eben so“. Und dass sie dann irgendwann nicht mehr als großer Skandal empfunden werden, sondern irgendwie als lästiger, aber normaler Gang der Dinge. Wenn sie hingegen mit einer ihnen fremden, kultur-untypischen Form von Sexismus oder sexualisierter Gewalt konfrontiert sind, ist dieser Gewöhnungeffekt eben weg. Deshalb ist es schwer, sozusagen „objektiv“ von einer Position „außerhalb“ zu entscheiden, wie gravierend etwas ist, das das immer ein Zusammenspiel von objektiver und subjektiver „Gravierendheit“ ist. Es ist im Bereich der symbolischen Ordnung, und wir müssen uns ja nur mal an die Verschiebung in Punkto Vergewaltigung in der Ehe erinnern. Da gilt heute – aufgrund der kulturellen Überzeugungsarbeit der Frauenbewegung – eine Handlung als Gewalttat, die vor fünfzig Jahren noch als „ganz normal, da gewöhnt sich Frau dran“ angesehen wurde.

    Vielleicht könnte man „objektive“ Kriterien finden wie: „Wurden dem Opfer Verletzungen zugefügt, die ärztlich behandelt werden müssen?“ Aber damit wäre die Schwelle schon sehr hoch angelegt. Soweit ich es sehe, waren die allermeisten „Köln-Fälle“ unterhalb dieser Grenze. Wie du schreibst, das Problem ist, erst einmal festzustellen, was wirklich passiert ist. Und das ist schwer, weil das meiste Reden darüber selbst schon wieder instrumentell war. Ich gehöre tatsächlich zu denen, die glauben, dass die Gefahr einer rassistischen Verschiebung durch den Köln-Diskurs weitaus größer ist als die Gefahr, die von Männern wie den Köln-Tätern für unsere Gesellschaft ausgeht. Und dass die Ereignisse unglaublich aufgebauscht werden, tatsachenwidrig, ist inzwischen auch klar – auch in diesem Thread kommen wieder lauter Kommentare an, die von einer Horde von tausend Männer, die wahllos Frauen vergewaltigt haben, schreiben. Das ist erwiesenermaßen nicht das, was passiert ist. Aber das Narrativ hat sich festgesetzt und längst konkrete Folgen gehabt, von der Asylrechtsverschärfung zum Türkeideal zur AfD.

    Ich persönlich halte immer noch für am wahrscheinlichsten, dass in Köln und ähnlichen Kontexten zwei Tätergruppen zugange waren: Organisierte Taschendiebstahlskriminalität, bei der sexualisierte Gewalt als Ablenkungsmanöver eingesetzt wird, und jugendliche, alkoholosierte Männer, die ihre Männlichkeit durch Frauenangreifen dokumentieren wollen. Mit beiden Phänomenen sollten wir sowohl polizeilich als auch kulturell eigentlich fertig werden können. Was das gegenwärtige Abdriften nach Rechtsaußen betrifft, bin ich mir nicht so sicher.

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  55. @Albert – Es ging ja nicht um Sexismus im Islam, sondern es ging um die Gewalttaten in der Kölner Silvesternacht. Mein Post richtet sich an alle, die sich gegen sexualisierte Gewalt gegen Frauen engagieren wollen. Wenn du dich lediglich für Koranexegese interessiert, gut, dann ist dieser Post nicht für dich geschrieben. Wenn du hingegen sagst, der Koran wäre die Ursache für sexualisierte Gewalt, dann ist ja erstmal nur eine Behauptung, die du begründen müsstest. Ich glaube das nämlich nicht.

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  56. Es kommt weniger darauf an, was alles im Koran (oder auch in der Bibel) steht, sondern was von den Gläubigen hinein interpretiert wird.

    Womöglich wird der Einfluss des wahabitischen Islam noch unterschätzt, weil wir in der deutschen Öffentlichkeit vor allem den mehr oder weniger moderaten Bildungsbürger-Dialog-Islam der Talkshows und Kirchentage kennen.

    Was in Moscheen in Deutschland auf Arabisch (Paschtunisch, Urdu…) über westlich lebenden Frauen (oder Schwule, Atheisten, Juden, Israel …) gepredigt wird, wissen wir nicht, weil es nicht erforscht ist.

    Vom Pewforum gibt es sehr interessante Studien auch über Religion und Gesellschaft. Aber was den Islam angeht, werden vor allem Länder untersucht, in denen der islamische Bevölkerunganteil traditionell höher ist als in Deutschland:

    Studie The World’s Muslims: Religion, Politics and Society
    Ich empfehle Chapter 1 (Beliefs about Sharia) und 4 (Women in Society).
    http://www.pewforum.org/2013/04/30/the-worlds-muslims-religion-politics-society-women-in-society/

    (Aus den Tabellen in Chapter 1 kann man ermitteln, dass in Pakistan 75 % und in Afghanistan 84 % der Muslime die Steinigung bei Ehebruch befürworten. In der Türkei, Albanien, Bosnien, Kosovo sind es rund 3 bis 5 %.)

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  57. @Antje, tatsächlich interessiert mich der Einfluss des Islams auf unsere Gesellschaft mehr als Sexismus im Allgemeinen. Nun habe ich Deine 5. Regel so verstanden, dass es unredlich bzw. falsch sei, die sexistischen Vorfälle von Köln im Zusammenhang mit einer „anderen politischen Agenda zu instrumentalisieren“, es mir also nicht erlaubt ist im Rahmen einer Korankritik auf Sexismus zu verweisen. Nun scheint das doch legitim zu sein, was mich freut. Ob das Argument richtig oder falsch ist steht auf einem anderen Blatt. Das muss diskutiert werden, aber die Diskussion darüber ist an sich legitim.

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  58. Hallo,
    ich lese hier schon seit ein paar Jahren mit und habe bisher auch keine andere Seite aus dem linken Spektrum gefunden, auf der man sich damit vernünftig auseinandersetzen könnte. Daher wollte ich mich hier auch an der Diskussion beteiligen.

    Ich denke der 5. Punkt ist zwar grundsätzlich richtig, wurde aber von keiner Seite bei der Köln-Diskussion eingehalten. Bei den Rechten ist ja offensichtlich gewesen, dass es um die pauschale Diffamierung aller Flüchtlinge ging. Bei den Linken hingegen ging es auch nicht um diese spezifischen Frauen aus Köln, sondern es ging darum, die Diskussion allgemein auf sexuelle Gewalt und teilw. auf das Sexualstrafrecht zu lenken und gleichzeitig weg von Rassismus. Letztlich hat sich keine Seite wirklich Zeit genommen, um zu analysieren, was da eigentlich passiert ist.
    Ansonsten hätte man eben ganz offen 3 Punkte konstatieren müssen: 1) Dass hier ein soziales Phänomen aufgetreten ist, das in unserem Kulturkreis nicht bekannt ist 2) Dass dieses Phänomen erhebliche Konsequenzen für Frauen hat, die sich in der Öffentlichkeit bewegen, da es kaum Möglichkeiten gibt, sich dagegen effektiv zu wehren 3) Dass die Täter überwiegend aus Nordafrika oder dem Nahen Osten gekommen sind

    Zu dem Punkt, dass das Problem mangelnde Sensibilisierung sei, der dazu geführt hat, dass die Frauen sich nicht melden: Das glaube ich eher weniger. Ich persönlich dachte bisher – wie vermutlich viele andere Frauen auch – das sexuelle Belästigung juristisch als so unerheblich und nicht beweisbar angesehen wird, dass es nicht strafbar ist. Und das stimmt ja leider auch. Sexuelle Belästigung ist in D kein Straftatbestand, sondern nur sexuelle Nötigung und Beleidigung auf sexueller Basis. Spannend wäre hier die Frage, ob das vll auch ein Grund sein könnte, warum die Polizei nicht keine Verstärkung geholt und eingegriffen hat: Handyklau am Kölner Hbf ist nichts neues ist und sexuelle Belästigung nicht strafrechtlich relevant ist.

    Insofern sehe ich hier durchaus eine „Verharmlosung“, auch von linker Seite. Es wurde mit irgendwelchen Übergriffen anderswo argumentiert und dass das in D ständig vorkomme. Das stimmt aber eben nicht, diese Form sexueller Gewalt ist in Europa bisher vollkommen unbekannt gewesen. Und ich lege keinen Wert darauf, dass sich dieses Phänomen hier etabliert.

    Ich halte auch wenig davon, da eine Abwägung zu treffen im Sinne von: Lebenretten von Flüchtlingen vs. sexuelle Selbstbestimmung von Frauen. Die Option kann nicht sein, Flüchtlinge in den sicheren Tod zu schicken. Es kann aber auch nicht sein, dass Frauen sich bzw. ihre sexuelle Selbstbestimmung quasi „opfern“ müssen.

    Und warum ist das mit der Kultur so ein sensibler Begriff? Es gibt kulturspezifische, stark ausgeprägte Formen der sexuellen Belästigung. In Japan zB Chikan und in manchen arabischen Ländern taharrhush jama’i. Aus anderen islamischen Ländern wiederum wie bspw. der Türkei oder dem Iran und auch türkischen und persischen Migranten in D bekommt man das überhaupt nicht mit. Ergo ist das keine Islam-Sache an sich und auch der Islam als solcher ist ja keine Kultur an sich. Dennoch wird die Religion da teilw. hineinspielen, über bestimmte konservative Auslegungen und die jeweilige Tradition.

    Meiner Meinung nach vergeben Linke hier – wie bei vielen anderen Themen hier auch – viele Chancen. Statt progressive Musliminnen und Muslime zu unterstützen oder gar Atheisten und Säkularisten, werden diese plattgemacht. Und genau das ist auch ein Grund, warum „Islam“kritik immer von rechts und wesentlich undifferenzierter und schlechter daherkommt: Weil viele Linke sich in ihrer eigenen PC verfangen und der Vorwurf, dass das alles Rassismus sei, jedes Argument vom Tisch wischt.

    Dabei könnte linke Kritik das ja auch in strukturelle Zusammenhänge bringen: Die Verrohung des Nahen Ostens und Afrikas durch die fortwährenden Kriege des Westens, die ökonomische Zerstörung dieser Länder mittels IWF & Co. etc. Stattdessen aber ziehen sich viele in ihr Schneckenhäuschen zurück und beschäftigen sich mit Themen, die keinem wehtun bzw. die zT eher was mit Lifestyle zu tun haben (Veganismus, der ganze Idenitätskonstruktivismus um die Gender-Sachen, sekundärer Antisemitismus etc.).

    Und darauf baut die rechte Argumentation auf: Auf der Political Correctness, die wir Linken geschaffen haben und mit der wir uns selbst erfolgreich den Mund verbieten und von anderen verbieten lassen. Gerade das ist doch der Reiz vieler AFD-Anhänger: Das Aufdecken, dass „Multikulti“ „gescheitert“ sei, weil man das ja an x, y und z sehen könne. Und in Einzelfällen haben sie teilweise Recht, aber natürlich nicht in ihrer diffamierenden Pauschalität.

    Ich weiß nicht, was die Lösung für dieses taharrush jana’i ist bzw. für den schwelenden Rassismus. Die Asylrechtsverschärfungen wären mE aber sowieso gekommen, die sexuelle Gewalt war nur ein Anlass. Die linke Lösung kann es aber auch nicht sein, dieses Phänomen unter den Mantel des Schweigens und der PC zu vergraben oder so zu tun, als ob dieses Phänomen keinen qualitativen Unterschied zur „normalen“ sexuellen Gewalt hierzulande darstelle.

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  59. Sexualisierte Gewalt, Gewalt ist immer zu verurteilen, egal ob nun zusätzlich noch im sexuellem Kontext. Wobei, es zu bezweifeln ist, dass Gewalt in Beziehungen überhaupt wirklich grundsätzlich den sexuellen Kontext hat. Sexismus innerhalb von Beziehungen ist sowieso letztlich das Problem des betroffenen Menschen. Jeder ist frei zu gehen oder zu bleiben, das kann ihm Niemand abnehmen.

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