Zur Arte-Dokumentation über Anarchismus

Gestern Teil 1 dieser Arte-Doku über Anarchismus gesehen (nur noch 2 Tage in der Mediathek!)

Meine Kurz-Rezension: Alles in allem ganz okay, außer

*dass es wieder komplett aus einer männlichen Perspektive erzählt wird – anders ließe sich ja nicht behaupten, Proudhon hätte jegliche Form von Herrschaft abschaffen wollen, die von Männern über Frauen wollte er nämlich ganz dezidiert bekräftigen). Frauen kommen nur am Rande vor, analytisch spielt das Thema keinerlei Rolle. Verschenkt. Unter den haufenweise Experten, die uns den Anarchismus erklären, ist auch nur eine einzige Frau, immerhin die großartige Marianne Enckell.

*dass richtige Fehler drin sind – zum Beispiel wird wieder mal das nicht aus der Welt zu schaffende Gerücht behauptet, Frauen hätten in der Pariser Kommune wählen dürfen.

*und dass ich das Label „Anarchismus“ generell für die Zeit vor dem 1. Weltkrieg schwierig finde, weil es alles umfasst, was nicht marxistisch ist. Dadurch verschwinden wichtige Differenzierungen. Bakunin wird zum Beispiel als Nachfolger von Proudhon in der Internationale bezeichnet, das waren aber zwei völlig verschiedene und sogar gegensätzliche Fraktionen.

Aber: Da die Geschichte der Arbeiterbewegung normalerweise ja vollständig marxifiziert ist und kaum jemand weiß, dass der Marxismus bis zur russischen Oktoberrevolution in der internationalen Arbeiterbewegung nur eine marginale Rolle spielte, müssen wir wohl schon für diese Brotkrumen dankbar sein, immerhin, besser als nix.

Also ruhig anschauen!

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

4 Gedanken zu “Zur Arte-Dokumentation über Anarchismus

  1. Für dich gibt es zwei kritische Punkte, der Feminismus und die Anarchie und die internationale Arbeiterbewegung und ihre Rolle. Schaue mir mal die Doku an, und achte auf beide Punkte.
    H. B.

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  2. Vielleicht könnten Sie das Frau Schrupp die beiden Punkte erklären. Davon würden vielleicht einige profitieren. Danke

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