Debatten vor dem Facebook-Grab gerettet, Teil 3

Politische Debatte ist nicht Propaganda: Gestern habe ich auf Facebook ein bisschen darüber gerantet, wie unfruchtbar die Debatte ist, die sich derzeit zwischen Alice Schwarzer/Emma (man muss sich registrieren, um das lesen zu könne) und Judith Butler/Sabine Hark abspielt. Das gab dann recht angeregte Diskussionen.

Was ist das, was Weiblichkeit ausmacht? Kritisch geäußert habe ich mich auch zu einem Text von Lann Hornscheidt in der Süddeutschen, wo Lann erklärt, warum Lann  sich nicht als Frau identifiziert, nämlich „weil ich mich nicht mit dem, was Weiblichkeit ausmacht, identifizieren kann.“ Finde ich ganz ganz problematisch, denn was soll das denn sein? Ich kann diese Begründung nicht akzeptieren, ich finde sie essenzialistisch. Es gibt nichts, was Weiblichkeit ausmacht, das wissen wir dem Feminismus sei Dank doch längst. Wir (Frauen) sind es, die Weiblichkeit ausmachen, sonst nichts.

Reproduktionstechnik, aktueller Stand: Last not least empfehle ich einen Text von Kirsten Achtelik, der den derzeitigen Stand von Reproduktionstechnologien zusammenfasst, die neuesen Gerichtsurteile sowie die Positionen der maßgeblichen Akteure darstellt. Kritisch sehe ich die Forderungs des LSVD (Lesben-und-Schwulen-Verband Deutschland) nach einer Legalisierung von Leihmutterschaft und Eizellenspende, wozu in den Kommentaren auf Facebook auch diskutiert wurde.

 

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

14 Gedanken zu “Debatten vor dem Facebook-Grab gerettet, Teil 3

  1. @Ute Plass – Finde die Position in diesem Artikel falsch, weil sie eine imho überholte und nicht mehr haltbare Unterscheidung zwischen Politik und Wissenschaft, zwischen parteilichkeit und „Objektivität“ aufmacht. Es ist aber eine anschauliche Darstellung dessen, was passiert, wenn man das Wissen über „Gender“ zu einem vermeintlich neutralen „Untersuchungsgegenstand“ macht und in eine herkömmliche Wissenschaftslogik hereinzieht. Genau das kommt dann dabei raus und Feminismus (im Sinne von Engagement für die Freiheit der Frauen) fällt dann hinten runter. Genau das – das Hintenrunterfallenlassen des Feminismus als Politik – fordert er ja und begründet gut, warum das in dieser Logik auch notwendig ist. Von daher: Der Text ist in sich kohärent und ich bin aber dagegen 🙂

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  2. Ah, Danke, Antje, für deine Erläuterungen.
    Wenn die im Zeitartikel, und die hier in der Emma
    http://www.emma.de/artikel/gender-studies-sargnaegel-des-feminismus-334569
    kritisierten und angegriffenen Feministinnen sich diese deine
    Argumentation „“..nicht mehr haltbare Unterscheidung zwischen Politik und Wissenschaft, zwischen Parteilichkeit und „Objektivität“
    zu eigen machen würden, dann würden sich solche unfruchtbaren
    Debatten vermutlich verändern oder?

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  3. Ich weiß nicht, ich glaube, es ist eine fehlende Praxis der politischen Debatte. Beide Seiten unterstellen einander Dinge, die die anderen so gar nicht gesagt und gemeint haben wollen. Das ist es, was es so unfruchbar macht. Bevor man anfängt, sich zu streiten, muss man erst einmal herausfinden, wo genau man sich uneins ist. Aber das ist hier eben noch überhaupt nicht klar.

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  4. „Beide Seiten unterstellen einander Dinge, die die anderen so gar nicht gesagt und gemeint haben wollen. Das ist es, was es so unfruchtbar macht.“

    Ja, sehe ich auch so. Fast erweckt das den Eindruck, dass dieser
    Debattenstil der gegenseitigen Unterstellungen und Verdächtigungen (der ja im politischen ‚Alltagsgeschäft ständig
    ‚gepflegt‘ wird) vor allem der Diskurs-Hoheit, sprich der eigenen
    persönlichen Wertsteigerung (sog. Zuwachs an Aufmerksamkeitsökonomie) dienen soll?
    Wenn dem so wäre, dann hätten ‚beide Seiten‘ gar kein Interesse
    „…erst einmal herauszufinden, wo genau man sich uneins ist“.

    Wenn ein ernsthaftes Interesse bestünde von ‚der anderen Seite‘
    gut gehört und verstanden zu werden, dann wäre doch angesagt
    dass sich ‚beide Seiten‘ zum gemeinsamen Gespräch zusammen setzten (am besten mit moderierenden Kräften).

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  5. Wer sind dann aber die Frauen, die Weiblichkeit ausmachen? Dazu braucht doch eine Person ein Konzept, das einen Inhalt hat, sonst kann sie sich doch nicht als solche Bezeichnen. Damit dichtet doch jede, die sich Frau nennt schon mal der Weiblichkeit was an. Wobei ich eher vermutet, dass auf ein intersubjektives Konzept referiert wird. Natürlich kann ich auch sagen, ich bin ein rosa Elefant und damit definiere ich durch mich den rosa Elefanten, aber so kann Sprache gesellschaftlich nicht funktionieren, weil das dann mit Sender und Empfänger und dem Decodieren nicht mehr so wirklich klappt.

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  6. @illin – ich habe mich selbst erst weiblich genannt lange nachdem mich andere so genannt haben. Frausein wird in der Regel gesellschaftlich zugeschrieben, man sucht es sich nicht aus. Ich definiere mich nicht als Frau, ich bin eine.

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  7. @ Antje Schrupp „Finde die Position in diesem Artikel falsch, weil sie eine imho überholte und nicht mehr haltbare Unterscheidung zwischen Politik und Wissenschaft, zwischen parteilichkeit und „Objektivität“ aufmacht.“

    Ist das als Positionierung zu Werturteils-/Positivismusstreit zu verstehen oder bin ich jetzt völlig schief gewickelt?

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  8. ja, aber dann hat es doch erst recht schon einen Inhalt, von dem eine sich abwenden kann, ohne essenzialistisch zu sein.

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  9. @Illin – Hm, was wäre denn der Inhalt? Doch nur dich als Person. Der Dialog ist ja etwa so: „Du bist eine Frau“ – „Nein, ich bin keine Frau“. Diesen Dialog kann man führen, ohne dass „Frausein“ einen Inhalt hat.

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  10. Ja, aberdie, die Sie Frau genannt haben, müssen doch auf einen Inhalt referieren, von dem sie dachten, er passt auf Sie. So wie Sie auch verstehen, was eine andere Person mit Tisch meint, so werden Sie sicherlich auch zumindest eine Ahnung gehabt haben, was diese Personen mit Frau meinen. Nicht von Anfang an, aber sicherlich spätestens mit sagen wir mal 5 oder 6 Jahren. Entweder, eine beschließt, das Konzept zu erweitern, oder eine akzeptiert den bis dahin anerkannten gesellschaftlichen Inhalt und will damit nichts zu tun haben und nennt sich anders. SIe dürfen die Bedeutungsseite eines Wortes nicht außer Acht lassen.

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  11. Es gibt nichts, was Weiblichkeit ausmacht, das wissen wir dem Feminismus sei Dank doch längst. Wir (Frauen) sind es, die Weiblichkeit ausmachen, sonst nichts.

    Das finde ich ist eine interessante Auffassung, die sich gegen essentialistische Zuschreibungen ausspricht. Allerdings würde ich Gleiches auch in Bezug auf „Männlichkeit“ erwarten, ganz besonders von Feministen.

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