Ein Artikel aus dem Tuifly-Bordmagazin „flyjournal“ (4/2011) auf dem Rückflug aus dem Urlaub hat mich dazu animiert, eine neue Rubrik zu eröffnen namens „Stilblüten“. Nur knapp kommentiert will ich hier Fundstücke zum Thema „Was so über Liebe und Beziehungen (zwischen Männern und Frauen) gesagt und gedacht (und gelesen) wird“, sammeln.
Den Anfang macht also Udo Jürgens, über den ein (nicht namentlich gekennzeichnetes) Portrait in besagtem Flugzeugmagazin abgedruckt war. Hier der relevante Auszug:
New York, Juli 1957. … Der 23-jährige Udo Jürgen Bockelmann blickt von Deck aus auf die Skyline – und träumt den Traum seiner Generation. Raus aus dem spießigen und kriegszerstörten Europa – und rein in die schillernde Welt der Hollywood-Stars. Wie sein Vorbild Frank Sinatra – einfach im „River Café“ unterhalb der Brooklyn Bridge mit einer hübschen Frau in jedem Arm lässig einen Whiskey schlürfen. Ein scheinbar unerreichbarer Traum – aber er geht ihn an.
54 Jahre später. .. Aus dem jungen Stenz … ist ein Weltstar geworden … – und an hübschen Frauen mangelte es ebenfalls nicht.
Der Charmeur alter Schule gilt auch heute noch als Womanizer mit einem Faible für junge Damen, woran in der Vergangenheit viele seiner Beziehungen zerbrachen. „Ich war nie treu in meinem Leben“, sagt er ehrlich und kennt auch die Gründe. „Untreue ist keine Frage des Charakters, sondern der Chancen.“ Die gab es für einen wie ihn reichlich – und er verhehlt nicht, dass er genau das gesucht hat. „Jeder Junge, der davon träumt, Musiker zu werden, will das in erster Linie, um Mädchen aufzureißen.“
Besonders in den 60er-Jahren ein Erfolgsrezept. „Man kann sich kaum noch vorstellen, was man damals als einigermaßen attraktiver oder sympathischer Mann erlebt hat“, erinnert er sich an Zeiten, als er nach Konzerten regelmäßig „den Rappen gesattelt“ hat, es also ordentlich krachen ließ. „Man ging in Lokale, und die Frauen haben einen offen angesprochen, angefasst oder aufgefordert, mitzugehen.“ Die Chancen nahm er reihenweise wahr – und bescherte mit seinen Amouren den Boulevard-Blättern regelmäßig Spitzen-Verkaufszahlen. Er habe, mutmaßte „Die Welt“, „mit so vielen Frauen geschlafen, dass er einen ganzen Kontinent bevölkern kann“.
Doch wer sich im Licht sonnt, muss auch mit dem Schatten leben. … Selbst Beziehungen zu Minderjährigen wurden ihm analog zu einem seiner größten Hits unter der Formel „17 Jahr, blondes Haar“ angedichtet. Ein haltloser Vorwurf, doch einmal in die Welt gesetzt, ist er nur schwer zu tilgen.
Der Punkt, auf den ich in diesem Zusammenhang besonders aufmerksam machen will, ist, dass das Womanizertum von Udo Jürgens hier ausdrücklich nicht als individuelle Vorliebe oder Eigenart dargestellt wird, sondern als „Traum seiner Generation“ und als Wesensmerkmal von Männlichkeit: „Jeder Junge“ macht nur deshalb Musik, um Mädchen aufzureißen.
Unverbindlichkeit und Unbeständigkeit in Liebesbeziehungen ist ebenfalls keine Vorliebe oder Wahl, die Udo Jürgens selbst getroffen (und zu verantworten) hat, sondern sogar eine nicht nur männlich sondern allgemeinmenschlich definierte Conditio Humana: Wenn jemand nicht untreu ist, beweist das bloß, dass er (implizit auch: sie?) keine Chancen hat – also ein Versager ist.
An dieser Art von „Frauensammeln“ haben nicht nur die Beteiligten, sondern auch die Medien Anteil.
Lustig auch die Unfähigkeit, auszusprechen, worum es geht, nämlich um Selbst- und Fremdbestätigung männlicher Macht in Form von Ficken. Udo Jürgens selbst umschreibt das mit „den Rappen satteln“, was der namenlose Autor oder die Autorin des Artikels dann mindestens ebenso nebulös mit „es krachen lassen“ übersetzt.
Last not least: Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegenüber mit Macht ausgestatteten Männern können ohne weitere Argumente oder Beweisführung als „haltlos“ eingestuft werden.
„Jeder Junge, der davon träumt, Musiker zu werden, will das in erster Linie, um Mädchen aufzureißen.“
Der größte Teil der deutschen Männer sind nicht in der Lage, die sexuellen Dinge bem Namen zu nennen.
Das können am besten die Russen.
Und das Udo Jürgens der Traum vieler Frauen war, kann ich verstehen. Aber es war weniger die Person, sondern sein Beruf, der ihn so begehrenswert machte. Siehe Satz oben.
Mich haben diese Typen von Männer nie interessiert und es wäre interessant, einmal drüber zu schreiben, was für ein Typ Frau auf diese Typen abfährt.
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