Generisches Maskulinum, generisches Femininum

Über einen Hinweis im Blog von Bisexualität.org kam ich auf einen interessanten Blogpost von Anatol Stefanowitsch auf Scilogs über neuere Ergebnisse empirischer Studien zum Thema Geschlecht und Sprache. Insbesondere die Behauptung, weibliche Formen zu benutzen sei nicht notwendig, weil die männliche Form im Deutschen beide Geschlechter meinen würde, also in Wahrheit geschlechtsneutral sei (im Fachjargon: generisches Maskulinum) wurde in diesen Studien klar widerlegt. Ebenso widerlegt wurde der immer wieder vorgebrachte Einwand gegen weibliche Endungen, wonach diese angeblich die Verständlichkeit von Texten beeinträchtigen. Die vorgestellten Studien zeigen, dass beides nicht stimmt: Wird das generische Maskulinum benutzt, also zum Beispiel von „den Sozialarbeitern“ gesprochen, stellen sich die meisten Menschen auch unweigerlich Männer vor und keine Frauen. Andererseits hatten die Probandinnen und Probanden keine Verständlichkeitsprobleme mit Texten in inklusiver Sprache. Stefanowitsch resümiert das alles gut, wenn er schreibt: Mit anderen Worten: Geschlechtergerechte Sprache hat keinen negativen Einfluss auf die Verständlichkeit und Lesbarkeit von Texten. Wohl aber hat sie einen Einfluss auf die Einbildung

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„Feminismus“ adé: Warum ich in nächster Zeit das F-Wort meiden werde

„Endlich wird mal wieder über Feminismus diskutiert“ – mit solchen und ähnlichen Kommentaren haben einige versucht, dem medialen Strohfeuer nach dem (Anti-)Feminismus-Interview von Bundesministerin Kristina Schröder im Spiegel irgendetwas Positives abzugewinnen. Ich kann mich dem nicht anschließen. Die Art und Weise, wie das Thema schon seit Längerem diskutiert wird, hat mich davon überzeugt, dass das Wort „Feminismus“ derzeit unbrauchbar ist. Offenbar scheint sich der Bullshit-Faktor erheblich zu erhöhen, wenn es benutzt wird. Die Idee, dass das Wort „Feminismus“ für die politische Debatte unbrauchbar geworden ist, ist für mich nicht neu. Ina Praetorius, mit der ich ja in vielem übereinstimme, benutzt es schon länger nicht und bezeichnet sich stattdessen als „postpatriarchale Denkerin“. Ich hingegen war bisher der Meinung, dass es sinnvoll ist, wenn ich mich selbst als Feminstin bezeichne und mein Denken in die Tradition des Feminismus stelle, gerade um entsprechenden Klischeebildungen entgegen zu wirken. Und natürlich auch, um diejenigen zu würdigen, die unter diesem „Label“ in der Vergangenheit Großartiges geschrieben,

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Schöne Wörter, Scheißwörter

Diese Woche sah ich abends den Film „Letzes Jahr in Marienbad“, einen alten Film von 1961, in dem sehr häufig das Wort „Balustrade“ vorkam. Das Wort hakte sich irgendwie in meinem Kopf fest, und als ich tags drauf durch die Stadt lief, hielt ich Ausschau nach Balustraden. Ich fand natürlich keine. Dafür fand ich ein Plakat, das für eine Tagung zum Thema „Sozialraumorientierung“ warb. Und neben dem schönen Wort „Balustrade“, das mich an jenem Tag begleitete, fand ich dieses Wort „Sozialraumorientierung“ so unglaublich häßlich. Die Schönheit und Hässlichkeit von Wörtern ist ein Phänomen, über das ich immer mal wieder nachdenke, seit ich Chiara Zambonis Buch „Unverbrauchte Worte“ gelesen habe. Sie schreibt darin über die Möglichkeit einer gegenseitigen Öffnung zwischen den Worten, der Sprechenden und den Dingen, die benannt werden. Worte sind nicht einfach nur neutrale „Platzhalter“ für eine angeblich objektive und unverrückbare Realität, sondern beides wirkt aufeinander ein und beeinflusst sich gegenseitig. Wie wir sprechen, welche Worte wir verwenden, um die Realität zu

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Die Verknotungen der Gleichheit

Die Gleichheit ist sehr verlockend, vor allem für junge Frauen. Gerade habe ich die „Alphamädchen“ (von Meredith Haaf, Susanne Klinger und Barbara Streidl) gelesen – zugegeben, mit etwas Verspätung – und war einerseits gerührt von diesem flammenden Appell zum feministisch Werden, andererseits doch etwas verwundert, dass das Versprechen der Gleichheit für junge Frauen heute immer noch so eine große Anziehungskraft hat. Schließlich hat die feministische Theoriearbeit der letzten zwanzig, dreißig Jahre in ganz unterschiedlicher Weise und auf allen möglichen Ebenen genau dieses problematisiert – sowohl die Queer-Theorie im Anschluss an Judith Butler, als auch die postpatriarchalen, vom italienischen Differenzfeminismus inspirierten Denkerinnen einer neuen symbolischen Ordnung, um nur die zwei wichtigsten zu nennen. Auch wenn sie sonst in vielem konträr sind, zumindest an DIESEM Punkt herrscht Einigkeit: Die Gleichheit ist nicht die Lösung. Doch für diese Diskussionen scheinen sich junge Frauen nicht sehr zu interessieren. Deshalb fangen sie im Prinzip da wieder an, wo die Frauenbewegung auch vor dreißig Jahren schon

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