Bedrohte Meinungsfreiheit: Die Stimmen derer, die fehlen

Vor einigen Tagen löschte die amerikanische Schauspielerin Leslie Jones ihren Twitter-Account, weil sie die Beschimpfungen, Beleidigungen und Bedrohungen nicht mehr ertragen wollte, die dort auf sie eingeprasselt sind. Ihr Vergehen: Sie hat in dem Film Ghostbusters mitgespielt (der am 4. August in Deutschland und Österreich anläuft). Dieser Film hat nach Ansicht zahlreicher Männer den Fehler, dass zu viele Frauen drin vorkommen, und für nicht wenige ist das Grund genug, übelsten rassistischen und sexistischen Müll ins Netz zu schreiben. Und zwar persönlich adressiert an diejenigen, die sie als „die Schuldigen“ identifizieren. Meinungsfreiheit im Netz gibt es nicht für alle. Leslie Jones ist ein krasser und aktueller Fall, aber beileibe kein Einzelbeispiel und auch nichts Neues. Gestern kam die Nachricht, dass auch Jessica Valenti sich aus den Sozialen Medien verabschiedet, nachdem es Vergewaltigungsdrohungen gegen ihre fünf Jahre alte Tochter gab. Es passiert ständig und schon seit langem, dass vor allem Frauen ihre Social Media Accounts löschen, weil sie beschimpft, bedroht oder auch einfach nur

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Das Internet, die Medien und die Vertrauensfrage

Vor ein paar Tagen las ich diesen Artikel hier in der FAZ über eine Umfrage zum Thema: Welchen Medien vertrauen wir? Das nicht ganz überraschende Ergebnis lautet: Qualitätszeitungen vertrauen wir ziemlich, dem Fernsehen so mittelmäßig, den Sozialen Medien weniger, aber der Bild-Zeitung noch weniger. Natürlich ist der Artikel auch ein Versuch der traditionellen Medien, sich angesichts ihrer Krise ein bisschen selbst Mut zu machen, und das ist ja auch legitim. Allerdings musste ich doch etwas schmunzeln, als ich die Schlussfolgerungen des Autors darüber las, dass Twitter und Facebook als so wenig vertrauenswürdig eingestuft werden. Er schreibt: „Letzteres ist in dieser Deutlichkeit überraschend, zumal in dieser Bewertung alle Befragten ausgeschlossen sind, die mit den sozialen Medien nichts anfangen können. Selbst bei den unter Dreißigjjährigen und bei Menschen, die das Internet mehr als zwanzig Stunden wöchentlich nutzen, erhalten soziale Medien unter dem Aspekt der Glaubwürdigkeit ziemlich schlechte Werte. Sie werden offenkundig als Austausch-, Meinungs- und Protestmedium erlebt und nicht als relevante Informationsquelle.“ Da würde

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Drei Gründe, warum das Internet für Journalisten möglicherweise keine Verbesserung ist, für viele andere aber schon

Es ist schon ein paar Wochen her, dass Martin Giesler einen eher pessimistischen Internetartikel schrieb. Mich hat frappiert, wie unterschiedlich er und ich das Internet und speziell das Bloggen erleben, und ich überlegte mir, woher das kommen könnte. Ich glaube, der Unterschied ist, dass er das Thema aus einer journalistischen Perspektive betrachtet, ich hingegen nicht. Vielleicht sind Internet und Journalismus ja tatsächlich unvereinbar. Diese drei Punkte finde ich dabei besonders wichtig. (Ich beziehe mich stellvertretend auf Zitate aus Gieslers Blogpost, aber ähnliche Argumente finden sich ziemlich oft in der Debatte.)  1. Journalist_innen nennen es Arbeit, andere nicht „Zusammengefasst arbeite ich also durchschnittlich 8.5 Stunden pro Tag für das ZDF und davor und danach noch einmal gute 4-5 Stunden an den anderen Projekten. Macht also insgesamt rund 13 Stunden pro Tag – wir nennen es Arbeit.“  Dass dies eine Sichtweise ist, die nur Journalisten (oder vielleicht sonst noch Irgendwas-mit-Medien-und_oder-Uni-Leute) haben können, ist offensichtlich: Wenn eine Bäckerin neben ihrem Job bloggt, käme sie nie

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Simone Weils Überlegungen zur Meinungs- und Pressefreiheit

Seit meinem Blogpost über Simone Weils Plädoyer für die Abschaffung der politischen Parteien liegt immer noch ihr Buch „Die Einwurzelung“ auf meinem Schreibtisch, weil ich seither vorhatte, auch noch was über ihre Überlegungen zur Pressefreiheit zu schreiben. Nachdem ich dann heute morgen Stefan Niggemeiers Blogpost „Ekelhaft“ gelesen habe, der am Beispiel der medial inszenieren Scheindebatten über Julia Schramms angebliche Aussagen zum Thema Urheberrecht mal wieder (man könnte auch tausend andere Beispiele wählen) klar macht, wie leicht und häufig Medien nicht zu einer Urteilsfindung in der Bevölkerung beitragen, sondern diese aktiv verhindern oder gar unmöglich machen, war der Impuls endlich groß genug. Jedenfalls finde ich ihre Überlegungen sehr bedenkenswert, gerade im Hinblick auf zahlreiche aktuelle Problemstellungen wie den Umgang mit den Sarrazins, das Urheberrecht, die Diskussionskultur im Netz und so weiter. Also, hier mein Versuch, die Ideen von Simone Weil zu vermitteln: Normalerweise wird die Pressefreiheit ja verteidigt im Hinblick auf den Faschismus, der gezeigt habe, wohin es führt, wenn diese

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Ich fordere nichts von Männern. Was ich stattdessen tue.

Kürzlich starteten Journalistinnen unter dem Motto http://www.pro-quote.de eine Initiative, die in den deutschen Medien mehr Frauen in Führungspositionen bringen soll. Genannt wurde die Zahl von zwei Prozent Chefredakteurinnen, und das ist in der Tat ja genauso desolat wie in Aufsichtsräten. Von daher ist es der Aktion gelungen, auf eine wirklich krasse Schieflage hinzuweisen. Trotzdem habe ich den Aufruf nicht unterzeichnet. Und zwar nicht nur, weil darin eine Frauenquote gefordert wird und ich ja bekanntlich keine große Quotenfreundin bin. Was mich noch viel mehr stört ist, dass hier die Frauenquote gefordert wird. Der Aufruf besteht ja aus einem offenen Brief „an die Chefredakteure, Intendanten, Verleger und Herausgeber“, denen – bezeichnenderweise unter Berufung auf die Autorität eines weiteren Mannes, Gabor Steingart vom Handelsblatt – gesagt wird: „Wir fordern, dass mindestens 30 Prozent der Führungspositionen in den Redaktionen im Laufe der nächsten fünf Jahre mit Frauen besetzt werden – und zwar auf allen Hierarchiestufen. … Schaffen Sie das?“ Diesen symbolischen Akt, dass gestandene Frauen,

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