G20, Gewalt, Wahlen, Sekten – neue Podcast-Folge ist online

In der neuen Folge unseres Podcasts „Besondere Umstände“ sprachen Eva, Benni und ich heute über: * G20 und die anschließende „Gewaltdiskussion“, die aber gar keine Diskussion über Gewalt war, sondern ganz andere Dinge behandelte. Und über das Gewaltmonopol des Staates und das Tabu, es in Frage zu stellen. * Die Frage, ob man tatsächlich im September eine der „Big Ugly Five“-Parteien wählen soll, wie ich hier im Blog vor einiger Zeit schrieb, oder doch eher gar nicht wählen, wie Benni meinte. * Den Zusammenhang von Sektenhaftigkeit und Anti-Mainstream und die Frage, warum erfolgreiche dezentrale nonkonformistische Gruppen so oft patriarchal sind (unter besonderer Berücksichtigung der Amish). Hier ist der Link

Die Attentatskritikerin. Oder: Vom Elend des männlichen Revoluzzertums (wieder mal)

Lou Marin: Rirette Maîtrejean. Attentatskritikerin, Anarchafeministin, Individualanarchistin. Verlag Graswurzelrevolution, Heidelberg 2016, 262 Seiten, 16,90 Euro. Man ist nach der Lektüre des Buches ein bisschen versucht, das Ganze mit „noch ein Beispiel dafür, wie toxische Männlichkeit freiheitliche Bewegungen zerstört“ zu überschreiben. Diesmal geht es um das libertär-anarchistische Milieu in Frankreich in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und speziell um eine seiner Protagonistinnen, nämlich Rirette Maîtrejean (1887-1968). Und irgendwie schließt es inhaltlich auch ein bisschen an die Propaganda der Tat an, über die ich kürzlich erst schrieb. Attentatskritikerin ist jedenfalls eine originelle Personenbeschreibung. Ich fand das Buch auch deshalb spannend, weil es zu einer Zeit spielt, in der der Anarchismus zumindest in Frankreich noch einen sehr starken ideengeschichtlichen Einfluss auf die Arbeiterbewegung hatte. Vor der bolschewistischen Revolution in Russland, an deren Ende sich das Linkssein in Europa ja immer mehr auf Marxismus-Leninismus kaprizierte und alternative Ideen des Sozialismus an den Rand gedrängt wurden. Rirette Maîtrejean (ihr Geburtsname war Anna Henriette Estorges) hatte mit 16

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Vergewaltigungsdiskurse im Feminismus

Vor dreißig Jahren war ich eine vehemente Anhängerin des Spruches, dass alle Männer potenzielle Vergewaltiger sind. Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieses Satzes (auch wenn er rein logisch zutreffend ist), sind mir schon früher gekommen. Jetzt gibt es ein Buch dazu: „Vergewaltigung“ von Mithu Sanyal. Ich habe es für bzw-weiterdenken.de rezensiert und empfehle die Lektüre sehr. Ich habe dazu noch ein kleines Gedankenexperiment, das ich schon manchmal in feministischen Kontexten zur Diskussion gestellt habe, speziell wenn ich dort über Gewalt gesprochen habe: Stellen Sie sich vor, Sie haben die Wahl, entweder einen Finger abgehackt zu bekommen oder vergewaltigt zu werden. Was würden Sie vorziehen? Mir ist schon klar, dass das eine doofe, vielleicht auch makabre Frage ist. Aber die Diskussionen, die sich daran entzündet haben (inklusive der Diskussionen darüber, wie bekloppt diese Frage ist), waren meistens durchaus spannend. Ich bin mir jedenfalls sicher, dass ich lieber vergewaltigt würde als einen Finger abgehackt zu bekommen.

Mord und Totschlag – kleine Kommentar-Revue

Bei „Fisch und Fleisch“ drüben habe ich heute morgen unter der Überschrift: „Verlassene Männer sind häufig brutal. Das muss endlich ernst genommen werden“ über den Amokfahrer von Graz gebloggt. Leider war mir dabei in der ersten Fassung ein Fehler unterlaufen: Nicht 162 Frauen sind im Jahr 2013 in Deutschland mutmaßlich von ihren (Ex)Partnern getötet worden, sondern „nur“ 138. Den Fehler hatte ich aus einer wissenschaftlichen Hausarbeit übernommen, dort war die Statistik falsch interpretiert worden. Wen’s interessiert: Hier ist der Link zur Quelle beim BKA. Aber eigentlich komme ich deshalb hier noch einmal auf das Thema zurück, weil die Kommentare unter dem Blogpost so treffend sind, dass ich sie für die Ewigkeit retten möchte: Gleich am Anfang schon der Klassiker: NICHT ALLE MÄNNER! Ich habe dazu gelesen, dass rund 99,5 Prozent der verlassenen Männer in Deutschland NOCH nicht versucht haben, ihre ehemaligen Frauen und Freundinnen umzubringen. Nun stellt sich die Frage, aus welchen beiden Zahlen, ihren 162 (tragisch) getöteten Frauen oder

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„Kämpfen ohne zu hassen, Auflösen ohne zu zerstören“

Ohnmachts-Erfahrungen gibt es im Bereich des Politischen viele. Oft scheint es, als müssten wir uns damit abfinden, dass es Kriege gibt, dass die Umwelt zerstört wird, die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden, die Geheimdienste uns alle ausspähen und so weiter. Diese Diagnose, dass Politik zunehmend ohnmächtig erscheint, war bereits Ausgangspunkt für das Buch „Macht und Politik sind nicht dasselbe“, in dem die Autorinnen ausloten, wie eine Politik, die nicht auf instrumentelle Macht setzt, vielleicht aus dieser Ohnmacht herauskommen könnte. Eine von ihnen, Luisa Muraro, wendet sich nun in einem kleinen Büchlein einem weiteren Aspekt zu, und zwar der Frage nach der Gewalt. Angelika Dickmann und Gisela Jürgens haben es unter dem Titel „Stärke und Gewalt“ ins Deutsche übersetzt. Den Kerngedanken von „Dio è violent“ (wie der Originaltitel lautet) hat Dorothee Markert in ihrer Rezension so zusammengefasst: „Wenn wir von vornherein und grundsätzlich die Möglichkeit ausschließen, bei unserem Handeln auch einmal die Grenze zur Gewalt zu überschreiten, dann nehmen wir uns selbst Stärke, verzichten auf

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Gewalt ist nicht geschlechtsneutral

Soeben ist eine Studie (pdf) veröffentlicht worden, die jetzt unter dem Label „Männer sind genauso Opfer von häuslicher Gewalt wie Frauen“ diskutiert wird. Erstellt hat sie Peter Döge im Auftrag der Evangelischen Männerarbeit. Dafür wurden 1479 Männer und 970 Frauen danach befragt, ob sie schon einmal Opfer und/oder Täter_innen von Gewalt waren. (Ich kenne nicht die Studie, nur die Berichte über sie, wäre aber an den zugrunde liegenden Methoden und Zahlen und den Detailergebnissen interessiert, falls jemand Infos hat, bitte in den Kommentaren posten). Sowohl bei der Fragestellung der Studie selbst als auch bei der Art und Weise, wie ihre Ergebnisse diskutiert werden, läuft momentan einiges schief. Und damit meine ich nicht nur die bekannten Maskulinistengruppen, die ohnehin der Meinung sind, Männer würden von Frauen unterdrückt, und die diese Studie jetzt natürlich propagandistisch für sich ausschlachten. Die Absicht hinter dem Machen der Studie scheint gewesen zu sein, anhand von Zahlen nachzuweisen, dass das Stereotyp vom weiblichen Opfer und vom männlichen Täter nicht

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