Denken in Präsenz

13-0821 Umschlag.inddGespräche mit anderen Menschen, die man direkt sieht, hört, riecht, spürt, mit denen man sich also körperlich im selben Raum aufhält, haben eine besondere Qualität im Vergleich zu medial vermittelten Gesprächen. Speziell „Denken“ funktioniert – das ist jedenfalls meine Erfahrung – besser im Austausch mit anderen, und zwar gerade dann, wenn dieser Austausch direkt und unmittelbar ist, und am Besten in der Kneipe oder im Wohnzimmer und nicht an der Uni oder im Seminar (obwohl auch das nicht völlig ausgeschlossen ist).

„Von uns selbst ausgehend zu denken und sich in der Alltagssprache mit anderen über Gefühle, Erfahrungen und Träume auszutauschen, lässt Wahrheiten entdecken. Dazu werden wir bisher in Schule und Hochschule kaum ermutigt, weshalb Philosophie vielen als etwas Lebensfernes erscheint, etwas, das sie sowieso nicht verstehen“, heißt es im Klappentext des Buches „Denken in Präsenz“ der italienischen Diotima-Philosophin Chiara Zamboni, das jetzt auch auf Deutsch erschienen ist.

Und ein Grund, warum ich es direkt nach Erscheinen praktisch verschlungen habe: „Mündliches Philosophieren spielt eine wichtige Rolle in politischen Umwälzungsprozessen. Das Bedürfnis, gemeinsam nachzudenken, entsteht immer wieder neu, wenn das Begehren wächst, sich dem dominierenden Symbolischen zu entziehen, und wenn beim Denken und politischen Handeln nach Orientierung gesucht wird. Mit anderen zu diskutieren und in gegenseitiger Anwesenheit – in Präsenz – zu denken, erfordert eine andere Praxis, als etwas zu schreiben.“

Ja, genau, so ist das jedenfalls bei mir auch. Schon mehrmals habe ich hier im Blog über das Buch geschrieben, vor einigen Jahren, kurz nachdem ich es gelesen hatte, und dann vor ziemlich genau einem Jahr, als Dorothee Markert es anfing zu übersetzen. Seither hat sie die deutsche Übersetzung kapitelweise im Internetforum bzw-weiterdenken veröffentlicht, und ist damit mittlerweile bei gut der Hälfte.

Das Buch enthält jetzt schon die komplette Übersetzung, außerdem mögen ja manche so etwas Komplexes lieber nicht häppchenweise, sondern am Stück lesen (oder sind vielleicht auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk ?): Chiara Zamboni: Denken in Präsenz, für 19,80 Euro im Christel Göttert Verlag.

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

3 Gedanken zu “Denken in Präsenz

  1. Also – ich weiss ja nicht.

    Man hat vielleicht in Kneipen das Gefühl, dass dort das Denken besser funktioniert, der lockeren Stimmung wegen etc. pp.

    Allerdings habe ich immer, wenn ich z.B. das Nachdenken mit Kollegen über etwa Lösungen für bestimmte Probleme in den Feierabend/die Kneipe etc. verlegt habe, hinterher festgestellt, dass der Kram, den man sich da zusammenreimt, einer sorgfältigen und systematischen Überprüfung so gut wie nie standhält.

    Meistens ist es einigermasssen kreativ – aber leider von der Sorte Kreativität, die nur nervt, weil sie zu geschwätzig ist.

    Die beste Art, nachzudenken, finde ich immer noch das Verbeissen in ein Problem und dann nicht locker lassen – bis zu dem magischen Moment, in dem es im Hirn auf einmal hell wird und alles einen Sinn macht und zusammenpasst.

    Sowas habe ich in einer Kneipe beim Gespräch mit anderen noch nie erlebt, und ich kenne auch niemanden, der das von sich behauptet.

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