Bei 10 nach 8 hat Heike-Melba Fendel Lesenswertes über den Unterschied von Qualität und Erfolg geschrieben. Ich möchte dem noch hinzufügen, dass es aus verschiedenen Gründen auch falsch ist, Erfolg in Klickzahlen und quantitativem Zuspruch zu messen. Denn ob eine Aktion – zum Beispiel ein geschriebener Text – erfolgreich ist, misst sich ja daran, ob das intendierte Ziel erreicht wurde. Und das Ziel ist ja nicht unbedingt und automatisch, viele Klicks oder große Reichweite zu haben.
Ich zum Beispiel möchte mit diesem Blog Leute dazu anregen, über Dinge nochmal anders nachzudenken als allgemein üblich, neue Ideen zu entwickeln, überholte Paradigmen aufzugeben und so weiter. Hohe Klickzahlen sind dafür kein guter Maßstab, fast schon eher das Gegenteil, denn sie sind ja ein Indiz dafür, dass ich etwas geschrieben habe, was viele Menschen in ihrer bisherigen Meinung bestätigt. Wir klicken und liken, wenn wir uns bestätigt fühlen, wenn wir jemandem Recht geben, aber nicht, wenn wir mit einer These nicht einverstanden sind (was aber die Voraussetzung dafür ist, dass sie uns zum Umdenken bringt).
Dennoch sind mir Zuspruch und Zustimmung wichtig, allerdings nicht die von irgendwem, sondern von Menschen, die für mich Autorität haben.
Simone Weil hat es schon sehr richtig geschrieben: Wenn jemand versucht, etwas Neues darzulegen, dann „wird man nicht auf ihn hören; weil die anderen diese Wahrheit nicht kennen, werden sie sie nicht als solche gelten lassen; sie begreifen nicht, dass das, was er ihnen da vorträgt, wahr ist; sie widmen dem nicht genügend Aufmerksamkeit, um es zu merken; denn nichts treibt sie, diese Anstrengung der Aufmerksamkeit zu leisten. Die Freundschaft aber, die Bewunderung, die Sympathie oder jedes andere Gefühl des Wohlwollens würde sie ohne weiteres zu einem gewissen Grad der Aufmerksamkeit veranlassen. Ein Mensch, der etwas Neues zu sagen hat – denn die Gemeinplätze bedürfen keiner Aufmerksamkeit -, kann zuerst nur bei denen Gehör finden, die ihn lieben.“
Für mich als Bloggerin, die den Wunsch hat, Neues zu denken und zu sagen und nicht nur Altbekanntes zu wiederholen, bedeutet das, dass ich möchte, dass mein Blog von solchen Leuten gelesen wird, die dafür offen sind und daran interessiert. Und wenn Simone Weil recht hat, müssen das Leute sein, die „mich lieben“.
Und in diesem Zusammenhang ist mir schon seit einiger Zeit aufgefallen, wie wichtig es ist, öfter mal langweilige Blogposts zu schreiben, die gerade nicht den großen Zuspruch bekommen. Ganz abgesehen davon, dass ich ohnehin hier nicht für euch schreibe, sondern um meine eigenen Gedanken festzuhalten und mit denen in Austausch zu kommen, die in ähnliche Richtungen und mit ähnlichen Wünschen unterwegs sind (was gerade nicht bedeutet, dass wir über alles einer Meinung sind), sind diese langweiligen Blogposts auch eine gute Möglichkeit, um den Kreis von Leserinnen und Lesern entsprechend zu sortieren.
Mit „langweilig“ meine ich natürlich nicht wirklich den Inhalt eines Posts (ich finde die Inhalte meiner Posts immer spannend, sonst würde ich mir nicht die Mühe machen, sie aufzuschreiben), sondern ihre potenzielle Viralität.
Meine drei meistgelesenen Blogposts sind die über das Pinke Überraschungsei, die Frauenbratwürste und die Frauensauna, sie hatten weit über 20.000 Zugriffe, das Überraschungsei sogar über 40.000. Es sind aber beileibe nicht die besten Blogposts, die ich geschrieben habe, und ganz sicher auch nicht die mit den originellen oder gar neuen Ideen. Hingegen haben Lieblingsposts von mir, in denen ich tatsächlich Erkenntnisgewinne für mich festgehalten habe – wie der über Cambiamento und Trasformazione, der über Margarete Susman oder die Welt, die von mir unabhängt nur 400 oder 500 Klicks.
Solche langweiligen beziehungsweise eher „antiviralen“ Blogposts haben aber darüber hinaus noch einen anderen Nutzen: Sie kühlen Debatten ab. Inzwischen nutze ich sie manchmal ganz gezielt, zum Beispiel wenn ich weiß, dass ich ein paar Tage unterwegs bin und keine Zeit habe, viel zu moderieren. Da wirken so ein, zwei langweilige Blogposts Wunder, denn niemand diskutiert darüber, oder wenn, dann mit einem so starken inhaltlichen Interesse, dass es auch egal ist, wenn die Freischaltung mal ein paar Tage auf sich warten lässt.

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