Hillary machts möglich – Victoria wird endlich berühmt!

Dank der Kandidatur von Hillary Clinton und den recht guten Chancen, dass sie Präsidentin von Amerika wird, wird jetzt auch Victoria Woodhull wieder entdeckt – die erste Frau, die für die Präsidentschaft kandidiert hat (1872) und die ich Mitte der 1990er Jahre aufgespürt habe. Damals schrieb ich meine Doktorarbeit in Politischer Ideengeschichte über feministische Sozialistinnen in der Ersten Internationale. Bei deren Kongress in Den Haag 1872 wurde eine ominöse „Sektion 12“ aus New York auf Betreiben von Marx und Engels aus der Internationale ausgeschlossen – ebenso wie Bakunin und viele andere Anarchisten. Die Begründung war witzig: Diese „geistershakenden Bourgeoisweiber“ und ihren „Freie-Liebe-Humbug“ müsse man unterbinden, meinte Marx. Prompt wollte ich sie natürlich näher kennen lernen. Und Voilà, erst wurde Victoria Woodhull ein Kapitel meiner Diss, ein paar Jahre später dann ein Buch, das aber in Deutschland damals nicht viel Aufsehen erregte. Die einzige, die damals auch gleich richtig fasziniert war, war Hilal Sezgin, die eine ganze großartige Seite in der Frankfurter Rundschau darüber

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„Wir sind aus dem Szenario ausgestiegen, und dann war es einfach nicht mehr da“

„Es genügt nicht, es sich so vorzustellen, dass jemand, der an den Rändern stand, sich nun plötzlich ins Zentrum des Szenarios stellte. Das war es nicht, was passierte, eher im Gegenteil: Wir sind aus dem Szenario ausgestiegen, und dann war das Szenario einfach nicht mehr da.“ – so erinnert sich die italienische Philosophin Luisa Muraro, 1940 geboren, an die „zweite Welle“ der Frauenbewegung. Und schreibt weiter: „Um den Feminismus der zweiten Welle zu verstehen, muss man sich eine grundlegende, aber oft übersehene Besonderheit vor Augen führen, und zwar dass die Revolte damals von Frauen ausging, die in jeder Hinsicht als emanzipierte Frauen betrachtet wurden. Sie revoltierten gegen die Verpflichtung, die ihnen täglich auferlegt wurde und die viele verinnerlicht hatten, nämlich dass sie moderne und emanzipierte Frauen zu sein hatten, was in der Praxis bedeutete, sich einem Modell entsprechend darstellen und verhalten zu sollen, das von den Begehren, Interessen und Ideologien der Männer gebildet worden war. Diese Frauen, die als privilegiert betrachtet wurden, haben

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Feminists should think big: Über Feminismus und Neoliberalismus

Nach einem Hinweis von @antertainer auf Twitter habe ich heute diesen Vortrag von Nancy Fraser über die ambivalente Beziehung zwischen Feminismus und Kapitalismus gehört, den sie im April 2009 in Frankreich gehalten hat. Ihre Thesen sollten unbedingt auch in Deutschland diskutiert und fruchtbar gemacht werden. Sie analysiert darin ein Phänomen, das mir selbst auch schon länger Kopfschmerzen bereitet, und zwar die fatale Übereinstimmung zwischen manchen feministischen Forderungen, die ihre Wurzeln in der zweiten Frauenbewegung haben, und dem Aufstieg des Neoliberalismus. Der Feminismus in den siebziger Jahren hat, nach Frasers Analyse, seine Kritik auf einen staatlich organisierten Kapitalismus fokussiert, wie er damals noch in den meisten europäischen und nordamerikanischen, aber auch in den meisten postkolonialen Staaten vorherrschend war. Dabei richtete sich die Kritik vor allem auf folgende vier Punkte: Erstens: Feministinnen kritisierten die Vorherrschaft einer rein ökonomistischen Perspektive auf Ungleichheit und weiteten die Analyse auf kulturelle Differenzen aus. Nicht nur Klassenunterschiede seien das Problem, so die feministische Argumentation, sondern der Blick müsse auch auf

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Fünf Punkte für die Zukunft der Bewegung

Bis vor kurzem galt es als hoffnungslos antiquiert, sich zur Gattung „Feministin“ zu zählen. Heute ist das Label plötzlich wieder en Vogue, sogar Ministerinnen und Mainstream-Autorinnen bekennen sich dazu. Und selbst jene besonders kapriziöse Spezies entdeckt das F-Wort wieder für sich, die wir schon fast abgeschrieben hatten: die jungen Frauen. Na wunderbar! Die Frage ist nur: In welche Richtung soll es gehen? Hier sind fünf Punkte, die meiner Ansicht nach jetzt auf die Agenda der Bewegung gehören: 1. Die Suche nach dem „richtigen“ Feminismus aufgeben. Die Frauenbewegung ist heute in viele Parallelwelten zersplittert: Universitäre Genderstudies, spirituelle Ritualkreise, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, Business-Networkerinnen, Queer-Aktivistinnen oder Matriarchatsforscherinnen – und jede Gruppe beschuldigt die andere, keine „richtige“ Feministin zu sein. Insofern ist der als „Zickenkrieg“ inszenierte Medienstreit zwischen „jungen“ und „alten“ Feministinnen zwar eine falsche Skandalisierung (weil die Trennungslinie nicht wirklich zwischen Altersgruppen verläuft), aber auch nicht völlig aus der Luft gegriffen. Wenn Frauen das Engagement andersdenkender Frauen im Namen des „richtigen“ Feminismus ignorieren

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Zum 100. Geburtstag von Simone de Beauvoir

Ihr freies Leben hat eine ganze Generation von Frauen inspiriert, aus den Beschränkungen von Haus und Heim auszubrechen, ihre Studie „Das andere Geschlecht“ hat die Frauenbewegung der siebziger Jahre maßgeblich beeinflusst: In diesem Jahr jährte sich der Geburtstag von Simone de Beauvoir zum 100. Mal. Ein guter Anlass, an die französische Philosophin und Schriftstellerin zu erinnern und sie zu würdigen. Was war das Neue an Beauvoirs Denken in ihrer Zeit? Wie wurde es von der Frauenbewegung aufgegriffen und was hat es bewirkt? Was ist von ihrem Anliegen immer noch aktuell?Vortrag von Antje Schrupp am Donnerstag, 19. Juni, um 19.30 Uhr in der Stadtbücherei Leonberg (bei Stuttgart), Liststraße.