Zehn Thesen zum Frauenwahlrecht – gezeichnet von Sybille Reichel (c)

Mit dieser schönen Zeichnung hat die Illustratorin Sybille Reichel meine zehn Thesen zum Frauenwahlrecht gezeichnet. Wir waren gemeinsam als Referentinnen in November bei einer Veranstaltung zum Thema auf Einladung des Thüringer Landesfrauenrats im Landtag in Erfurt. Nette Begegnung, schöne Zeichnung falls Ihr mal auf der Suche nach einer Zeichnerin für Graphic Recording seid: Voila. 

Zehn Fragen und Antworten über Frauen und Politik

Gestern abend war ich in Eisenberg in der Pfalz zu einem Vortrag über meine zehn Thesen zum Frauenwahlrecht. Im Vorfeld hatte mich die Journalistin Anja Benndorf für die Lokalzeitung Rheinpfalz zu dem Thema interviewt. Der Artikel erschien dort etwas gekürzt, hier poste ich mal meine Original-Antworten – vielleicht findet es ja jemand interessant. Mit welcher anderen großen Errungenschaft würden Sie die Einführung des Frauenwahlrechtes in der Wertigkeit gleichsetzen und warum? Die Einführung des Frauenwahlrechts ist mindestens so bedeutend wie die Einführung der Demokratie schlechthin. Meiner Meinung nach sogar noch wichtiger, weil eine Demokratie, in der nur Männer politisch mitbestimmen sollten, ja eigentlich gar keine ist. Erst mit dem Frauenwahlrecht ist das allgemeine Wahlrecht überhaupt eingeführt worden. Für das konkrete Alltagsleben von Frauen waren jedoch die gesetzliche Möglichkeiten, sich scheiden zu lassen, und im Fall einer Scheidung auch die Kinder behalten zu können. vermutlich wichtiger als das Wahlrecht, ebenso die Zulassung zu ehemaligen „Männerberufen“ und Universitäten. Was sagen Sie Frauen, die dieses

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100 Jahre Frauenwahlrecht. Zehn Thesen.

Die Gleichheit der Geschlechter ist heute das Gewand, mit dem sich die Unterordnung der Frau tarnt.« (Carla Lonzi) Es gibt zwei große Narrative in Bezug auf das Frauenwahlrecht: Der erste ist die, dass es nicht sehr wichtig war – deswegen wird es nicht an Schulen unterrichtet, so als wäre es nur eine nachträgliche Korrektur eines kleinen Fehlers im System gewesen. Wenn überhaupt wird die Einführung des Frauenwahlrechts als „frauenpolitische“ Errungenschaft gefeiert, so als ginge es nur die Frauen etwas an. Es berührt aber Gesellschaft insgesamt. Das andere große – konkurrierende – Narrativ ist, dass heldenhafte Frauen und Männer es in heroischen Kämpfen gegen eine männerfeindliche Bastion erkämpft haben und damit endlich die Demokratie zu dem gemacht, was sie schon immer sein sollte. Ich möchte ein drittes Narrativ vorschlagen, nämlich, dass diese Demokratie von Anfang an mit Konstruktionsfehlern ausgestattet war, und dass das nicht vorhandene Frauenwahlrecht das deutlich machte. Es ist also sozusagen nur ein Symptom, nicht die Krankheit selber (weshalb auch zum Beispiel

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Die Ehe für alle gibt es bislang nur für Männer 

Hört mal auf, die Ehe für alle zu feiern, denn es die Ehe gibt es bisher anscheinend immer noch nur für heterosexuelle Paare und für homosexuelle Männerpaare. Jedenfalls ist das, was ich heute Morgen in meiner Timeline lese. (Falls es nicht stimmen sollte, betrachtet das Ganze hierfür erledigt. Ich bin zur Zeit in den USA und unterwegs und daher nicht in der Lage, es jetzt ausführlich gegen zu checken. Falls es aber stimmen sollte, macht bitte einen großen Skandal daraus!) Wie ich gerade lese,  (Absatz Stiefkindadoption) sind lesbische Paare offenbar auch mit dem neuen Gesetz immer noch nicht rechtlich gleichgestellt. Denn bei Kindern, die in eine Ehe hinein geboren werden, gilt immer noch nicht automatisch die Ehefrau der Mutter als Elternteil, sondern muss das Kind weiterhin aufwändig und mühsam und teuer adoptieren. Bei heterosexuellen Paaren ist das anders, der Ehemann einer Mutter ist automatisch als Vater akzeptiert, auch wenn er aufgrund von längerer Abwesenheit zum Beispiel unmöglich der biologische Vater sein kann. Dies ist

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Wir sind keine Varianten

Wenn erst einmal eine Frau im Management einer Firma ist, dann sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass dort noch eine andere Frau in eine ähnliche Position kommt, um ungefähr 50 Prozent. Das hat gerade eine Studie in den USA herausgefunden.  Ein Ergebnis, das manche überraschen wird, denn es gibt im Gleichstellungsdiskurs ja die These, dass Frauen in Führungspositionen andere Geschlechtsgenossinnen „mitziehen“ würden, Stichwort Schneeballeffekt. So scheint es aber leider nicht zu sein. Die Forscher_innen diskutieren verschiedene Gründe: Aktive Gleichstellungsbemühungen lassen nach, sobald man erstmal „eine hat“, männliche Platzhirsche verstärken ihren Widerstand gegen Frauen auf ihrer Statusebene, sobald es zu viele zu werden drohen und so weiter. (Die früher gerne mal vorgebrachte These, wonach erfolgreiche Frauen besonders „stutenbissig“ wären und keine weibliche Konkurrenz neben sich dulden, hat zumindest diese Studie nicht hergegeben: Die negativen Effekte stellen sich offenbar auch dann ein, wenn Führungsfrauen aktiv versuchen, Geschlechtsgenossinnen zu fördern.) Die Erklärungen sind allesamt nicht befriedigend, beziehungsweise sie lassen die eigentlichen Gründe für die „eine

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Gleichstellungs-Elend in a Nutshell

Isa Sonnenfeld von Twitter Deutschland hat  in einem Interview mit EditionF  in einem Satz exemplarisch anschaulich gemacht, warum das Konzept „Gleichstellung“ meiner Ansicht nach einen falschen symbolischen Ansatz fährt. Sie antwortet auf die Frage, warum Twitter in seiner Führungsspitze kaum Frauen hat: Die Vielfalt der Mitarbeiter und gerade die Förderung von Frauen gehört mittlerweile zu einer der Prioritäten bei uns. Wir wissen, dass es nicht nur das Richtige ist – es macht auch wirtschaftlich Sinn für Twitter. Studien haben gezeigt, dass ein gemischtes Team bessere Entscheidungen trifft und Frauen in Führungspositionen bessere finanzielle Resultate erzielen. Twitter ist natürlich keinenfalls immun gegen die weltweiten Entwicklungen im Technologie-Bereich, das heißt ein fehlendes Gleichgewicht zwischen Männern und Frauen im Unternehmen, aber wir arbeiten hart daran, den Trend in eine andere Richtung zu lenken. Hier die drei Bullshit-Bingos des Gleichstellungs-Diskurses, die in diesem kurzen Absatz so schön auf den Punkt gebracht sind, aber natürlich nicht nur hier vorkommen. Sie sind inzwischen mehr oder weniger Standard, wenn

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„Frauensachen“ sind nicht unbedingt Frauensache – zum Streit um Brandeins

Die Brandeins ist eine der wenigen Zeitschriften, die ich noch abonniert habe, und zwar, weil ich dort relativ viel Neues und Interessantes erfahre. Dass ich dort hauptsächlich Geschichten über Männer lese, daran habe ich mich schon gewöhnt. Ich bedaure es, aber was soll man machen, man kann ja nicht immer nur meckern, selbst als Feministin nicht. Jetzt haben aber andere gemeckert – nachlesen könnt Ihr das bei Felix Schwenzel und bei Anne Schüßler – und Gabriele Fischer, die Chefredakteurin, hat dazu Stellung bezogen. Nun könnte man sagen, gähn, immer dieselben Argumente. Aber ich habe noch eine andere Vermutung. Denn ich kann die Haltung von Gabriele Fischer recht gut nachvollziehen, und wir balancieren doch alle irgendwie auf diesem Grat entlang, entweder zu viel „Frauendings“ zu machen und dann in der „allgemeinen“ Debatte in die Frauenecke geschoben zu werden, oder uns in der „allgemeinen“ Debatte einzumischen und uns dafür der männlichen Norm ein Stück weit anzupassen, um überhaupt ernst genommen zu werden. Noch immer gilt

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