Ich bin dann mal woanders

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Die Republica 2010 – eine große Konferenz rund um Internet-Themen – steht vor der Tür. Und ich fahre wieder nicht hin. Geschweige denn, dass ich einen Vortrag oder Workshop abhalten würde. So bin ich also auch mit daran schuld, dass Frauen dort erheblich unterrepräsentiert sind: Eben hab ich noch einmal knapp die Speakers durchgezählt und kam auf insgesamt 218, von denen 46 Frauen sind, also 21 Prozent.

Seit Feministinnen im Netz im Anschluss an die Republica 2009 den niedrigen Frauenanteil an den dortigen Speakers kritisiert haben, zum Beispiel Anne Roth, die in ihrem Blog  immer wieder mal auf dieses Missverhältnis hinweist, wird im Netz heftig diskutiert, woran das liegt. Auch ich selbst habe mich schon mit dem Thema beschäftigt. Die Mädchenmannschaft und andere feministische Bloggerinnen (und einige Blogger) bemühen sich seither, Frauen im Netz sichtbarer zu machen, organisieren Gendercamps gründeten eine Facebook-Gruppe Girls on Web Society und bringen so das Thema auch ins Programm der diesjährigen Re:publica.

Sicher ist all das notwendig, denn die Zahlen sind wirklich eklatant. Unter den Top-Hundert der deutschen Twittercharts sind nur sieben Frauen – @frauenfuss (Nr. 26), @kristinakoehler (Nr. 46), @happyschnitzel (Nr. 53), @kathrinpassig (Nr. 56), @silenttiffy (Nr. 80), @elsebuschheuer (Nr. 89) und @smarttipps (Nr. 99). – Update: Es sind acht Frauen, ich habe @coldmirror (Nr. 13) vergessen! Thx an @Martina) Zumal diese Abwesenheit sich längst nicht mehr auf die Nutzung von web 2.0 bezieht: Unter denen, die auf Plattformen wie Twitter oder Facebook aktiv sind, sind inzwischen offenbar rund 60 Prozent Frauen.

Allerdings muss ich gestehen, dass mich das Thema inzwischen ein bisschen langweilt. Und zwar deshalb, weil hier, auch wenn das sicher keine Absicht ist, doch immer wieder die Vorstellung durchscheint, dass die relative Abwesenheit der Frauen irgendwie ein Defizit auf Seiten der Frauen bedeuten würde: Entweder wird gefragt: Machen sie irgendwas falsch? Sind ihre Posts nicht gut genug? Geben sie sich zu wenig Mühe? usw. usw. Oder aber man identifiziert sie als Opfer und fahndet nach Strukturen oder Sonstigem, das Frauen daran hindert, sich „genauso wie die Männer” einzubringen.

Wir bewegen uns mit dieser Fragestellung, was man machen kann, um Frauen „einzubeziehen“, immer noch im Rahmen einer falschen symbolischen Ordnung, wie das italienische Feministinnen nennen. Wenn etwa, wie von Tamar Lewin in ihrem Artikel „Bias Called Persistent Hurdle for Women in Sciences“ (nur ein Beispiel von vielen), immer wieder darauf hingewiesen wird, dass „Stereotypen und kulturelle Vorurteile den Erfolg von Frauen weiter verhindern“, dann wird damit ganz klar definiert, was „Erfolg“ ist: nämlich das, was die Männer machen.

Sicher, es gibt diese Stereotypen und es gibt diese kulturellen Hindernisse. Aber diese alleine ins Zentrum der Analyse zu stellen, legt eine Annahme zugrunde, die ich bestreite, und zwar die: Dass Frauen unbedingt dorthin wollen, wo die Männer schon sind, und dass sie nur von diesen äußeren Umständen (wenn nicht gar von ihrer eigenen Blödheit) daran gehindert werden. Das reicht mir nicht. Und es überzeugt mich nicht, und einige andere Frauen auch nicht, zum Beispiel für Mela Eckenfels nicht, die darüber in ihrem Blog geschrieben hat.

Ich interessiere mich generell weniger dafür, was Frauen nicht tun, sondern mehr dafür, was sie tun. Die Philosophinnengemeinschaft Diotima aus Verona hat diesen Perspektivenwechsel vor einigen Jahren in einem Aufsatzband mit dem schönen Titel „Von der Abwesenheit profitieren“ beleuchtet (den es leider nicht in Deutsch gibt). Darin fragen sie: Wenn Frauen nicht da sind, wo die Männer sind, wo sind sie denn dann? Und ist es da, wo sie sind, nicht vielleicht viel interessanter?

Der Fokus des Buches ist nicht die Netzkultur, sondern es geht um andere männerdominierte Felder: Geschichtsbücher, politische Institutionen, Universitäten, Religionen. Auch hier wurde seit Beginn der Frauenbewegung die Aufmerksamkeit ja vor allem auf die Mechanismen gelenkt, die Frauen den Zugang zu diesen Orten verstellt oder erschwert haben – die Verbote, die sozialen und kulturellen Gewohnheiten. Die Frauenbewegung hat erfolgreich dafür gekämpft, dass diese Mechanismen abgeschafft oder zumindest entschärft und hinterfragt wurden, und darüber bin ich froh. Aber das ist nicht genug.

Die italienischen Philosophinnen beschreiben anhand von vielen Beispielen, dass diese „Ausschlussperspektive“ immer nur einen Teil der Wirklichkeit beschrieben hat. Zwar kommen Frauen in der offiziellen Darstellung der westlichen Geschichte praktisch nicht vor, liest man Geschichtsbücher, dann könnte man glauben, in früheren Jahrhunderten hätte der Männeranteil bei ungefähr 95 Prozent gelegen. Aber das ist ja Quatsch: Zu allen Zeiten haben Frauen gelebt, und sie haben durchaus nicht nur Däumchen gedreht, sondern sie haben gearbeitet, Politik getrieben, Wissen weitergegeben, Traditionen herausgebildet, die Zivilisation gestaltet.

Die Italienerinnen fragen sich nun: „Wie sollen wir uns in eine Beziehung setzen mit einer Tradition voller Unternehmungen und Werken von Männern, ohne die weibliche Genealogie zu unterbrechen, ohne unsere Mütter zu verraten, die in dieser Tradition nicht eingeschrieben sind? Die Frauen sind in der Geschichte präsent, aber ohne sichtbare Kontinuität. Diese Feststellung hat uns auf die Idee gebracht, dass es eine originäre Geschichtlichkeit der Frauen gibt, die nicht in die Chronologie und die Sichtbarkeit der kodifizierten Fakten eingeschrieben ist. Daher die Idee zu diesem Buch. ‚Von der Abwesenheit profitieren’ ist eine Formel, die die berühmte Einladung von Carla Lonzi aufgreift, die sagte: Die Differenz der Frauen besteht aus Jahrtausenden ihrer Abwesenheit von der Geschichte. Profitieren wir von dieser Abwesenheit.“

Dazu gehört es nicht nur, die „weiblichen“ (im Sinne von mehr von Frauen als von Männern geprägten) Orte und Tätigkeiten aufzuwerten – Hausarbeit ist wichtig, die Erfindung der Nähmaschine hat die Zivilisation maßgeblich geprägt, und, ja, Strick- und Rezepteblogs sind interessant. Ina Praetorius hat einmal darauf hingewiesen, dass diese alte feministische Praxis der „Enttrivialisierung des Weiblichen“ ergänzt werden muss um einen gleichzeitigen Prozess der „Trivialisierung des Männlichen“. Also eine Bewusstseinsarbeit, die uns erkennen lässt, dass die Orden der Militärs, die Sitzungen der Parlamente, die Wissenschaft der Universitäten, die Beherrschung der „Leitmedien“ und so fort, wenn man genau hinschaut, gar nicht so bedeutsam und wichtig für das gesellschaftliche Wohlergehen sind, wie sie tun und wie im allgemeinen angenommen wird.

Dies gilt, so meine ich, nicht nur für geschichtliche Themen, sondern auch für heutige Orte und Szenarien, die von einer starken männlichen Sichtbarkeit dominiert werden, wie eben die Netzkultur-Debatten. Auch hier geht es nicht nur darum, die Sichtbarkeit von Frauen an diesen Orten zu vergrößern (das auch). Sondern es geht gleichzeitig darum, diejenigen Frauen und ihre Ideen und Wünsche und Vorstellungen nicht zu „verraten“, die sich anderswo aufhalten.

Mir fallen dazu auf Anhieb eine ganze Reihe von Punkten ein, was die Abwesenheit von Frauen aus dem „Netzdingens“ betrifft: Die fragwürdigen Kriterien zur Beurteilung von „Relevanz“ durch automatisch generierte Rankings etwa (die meiner Meinung nach noch aus der alten, analogen Massenlogik stammen), die problematischen Illusionen im Bezug auf „Anonymität“, die zu den bekannten Troll-Phänomenen führen, von denen sehr viele Frauen extrem abgenervt sind (mehr Frauen als Männer, glaube ich), die große Vorliebe vieler Frauen für Reallife-Begegnungen im Vergleich zu nur „virtuellen“ Kontakten (ein Missverständnis, wie ich meine, da diese Internetkontakte häufig das Bedürfnis nach tatsächlichen Treffen wecken), und so weiter.

Man muss allerdings aufpassen, dass man hier nicht in eine Falle läuft: Die „Trivialisierung des Männlichen“ (in diesem Fall der Bedeutung der „Alphablogger“ etc.) darf keine Ausrede sein, wenn eine Frau ihren eigenen Misserfolg, etwa im Bezug auf Rankings und dergleichen, analysiert. Denn auch wenn man wohl sagen kann, dass mehr Männer als Frauen diesbezügliche Ambitionen haben, so gibt es sicher auch Frauen, die in diesen Bereichen durchaus mitmischen möchten. Und sie sind bei ihren Ambitionen nur vollstens zu unterstützen und zu ermutigen.

„Enttrivialisierung“ des Weiblichen und „Trivialisierung“ des Männlichen bedeutet keine moralische Wertung in dem Sinne, dass das Weibliche per se wichtiger wäre als das Männliche. Worum es geht ist, einer alten patriarchalen (und bis heute wirksamen) Tradition entgegenzutreten, die alles, was Männer machen, automatisch für wichtig hält, und alles, was Frauen machen, automatisch für unwichtig – und zwar unabhängig von der tatsächlichen gesellschaftlichen Bedeutung der jeweiligen Bereiche.

Ich zumindest möchte mich von diesen symbolisch aufgeladenen Kriterien nicht beeinflussen lassen, sondern versuchen, herauszufinden, was ich selbst denn tatsächlich für relevant und wichtig halte. Ein wichtiger Wegweiser dabei ist – das habe ich auch von den italienischen Philosophinnen gelernt – das Begehren: Wo ist bei dem, was ich mache, Strom drauf? Was macht mir Spaß? Wofür strenge ich mich gerne an? Und wozu quäle ich mich, mache es nur aus Pflichtbewusstsein? Dieses Begehren (das etwas anderes ist als der „freie Wille“ aus der männlichen Philosophie, aber dazu vielleicht ein andermal) ist mein Wegweiser zu einem Urteil über „Relevanz“.

Derjenige Punkt, der mir persönlich im Zusammenhang mit dem ganzen Thema Netzkultur momentan besonders wichtig ist, liegt in ihrer Integration mit dem analogem Leben. Das wurde mir klar, als ich vor einigen Tagen per Twitter fragte, was die „Nerds“ in meiner Timeline eigentlich von dem Nerd-Artikel in der letzten brandeins halten. Die ziemlich einhellige Antwort war: Denn Artikel haben sie nicht gelesen, weil er nicht online verfügbar ist, und sie lesen nur noch im Netz.

Das kann ich gut nachvollziehen, und es nervt mich auch, wenn wichtige Texte nicht im Netz stehen. Aber so eine Haltung kann man sich natürlich nur leisten, wenn man sich auf Themen beschränkt, die im Netz auch ziemlich vollständig abgebildet sind. Vielleicht ist es tatsächlich so, dass in Zukunft nichts mehr Relevanz haben wird, was nicht im Internet verfügbar ist. Aber heute sind wir definitiv noch sehr weit davon entfernt.

Ich könnte zum Beispiel keine relevante feministische Denkarbeit betreiben, wenn ich meine Informationen ausschließlich aus dem Netz beziehen würde. Dazu passiert einfach viel zu viel außerhalb. Ich würde die interessantesten und relevantesten Ideen und Diskussionen verpassen, wenn ich einfach alles ignorieren würde, was nicht online verfügbar ist. Und so geht es vermutlich allen, die sich mit irgendwelchen anderen Themen beschäftigen als mit dem eng definierten Thema „Internet“ als solchem.

Aber es ist auch noch anders herum. Ich denke, dass angesichts der rasanten Entwicklung des Internet und seiner rapide zunehmenden Bedeutung eine gesellschaftlich-politischen Hauptaufgabe derzeit darin liegt, die Kluft zwischen „Online-Virtuos_innen“ und „Netzdistanzierten“ nicht ständig weiter wachsen zu lassen. In dieser Vermittlungsarbeit liegt das, wo bei mir momentan im Bezug auf „Netzpolitik“ der größte Strom drauf ist. Solche Vermittlungsarbeit funktioniert aber – wie jede andere politische Vermittlungsarbeit auch – nicht über das Ausformulieren von Standpunkten und Positionen und Analysen, sondern nur, indem man hingeht und mit den „anderen“ redet. (Politik verkörpern statt Stellung beziehen habe ich das an anderer Stelle mal genannt). Nicht besserwisserisch, sondern mit wirklichem Interesse für ihre Ansichten und Meinungen, auch wenn man sie erst einmal falsch findet. Nur in dieser Begegnung selbst kann dann nach Anknüpfungspunkten dafür gesucht werden, anderen die eigenen Erfahrungen, die eigene Begeisterung zu vermitteln.

Deshalb entscheide ich mich ganz bewusst dafür, meine Energie nicht in erster Linie dafür aufzuwenden, doch noch auf irgendwelchen Blogcharts zu landen, meine Followerzahlen in die Höhe zu treiben oder ähnliches, sondern darauf, die Funktionsweise des Internet, die Fülle seiner Möglichkeiten und vor allem die Unausweichlichkeit seiner immer dominanter werdenden Relevanz gerade auch denjenigen gegenüber zu vermitteln, die dieser ganzen Sache skeptisch bis ahnungslos gegenüber stehen.

Und das ist der Grund, warum ich nicht zur Re:publica fahre, sondern meine Wochenende anderen Treffen widme. Ganz besonders solchen, von deren Existenz das Internet gar nichts weiß, und wo Leute zusammenkommen, die ihrerseits vom Internet noch viel zu wenig wissen.

(Vielen Dank an Anne Roth, die diesen Text in einer ersten Fassung gelesen hat und deren Kommentare mich zu einigen Überarbeitungen und Ergänzungen anregten.)

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

28 Gedanken zu “Ich bin dann mal woanders

  1. Ich war 2008 mit dafür verantwortlich, dass eine Freundin von mir auf der damaligen re:publica ein Panel zum Thema Frauen im Netz abgehalten hatte. Sicherlich gab es berechtigte Kritik an ihrem Vortrag. Jedoch hat mich unangenehm beeindruckt, wie wenig die im Vorfeld von ihr angesprochenen Bloggerinnen, die sie zum Mitmachen eingeladen hatte, aktiv, positiv oder überhaupt reagiert haben. Dafür aber im Nachgang das Panel in üblicher weibischer Manier – selbstverständlich sich selbst gegenüber völlig kritiklos – die Frau und ihre Idee kaputt geschrieben haben.

    Da an diesem Panel im Testballon keine Männer zugelassen waren, kann man mit deutlicher Sicherheit sagen, dass es Frauen selber waren, die anderen Frauen hier nach dieser Erfahrung sehr wenig Lust gemacht haben, dort aktiv web-begzogene Frauenthemen vorzutragen.

    Ich weiß, dass Johnny Häusler sehr offen diesen Themen gegenüber ist und dass vom Team händeringend Frauen als Sprecherinnen für die re:publica gesucht werden. Ich für mich würde auf der re:publica sicherlich technikbezogene Themen vortragen, mich allerdings in einem der Panels vorne hinzustellen, zu einem Frauenthema zu referieren, um mich hinterher von meinen eigenen Geschlechtsgenossinen im Web (wo Dich das Dissen beruflich lange verfolgt in Google) verbal zerfleischen zu lassen, teilweise auf einem derartig boshaften Niveau bei dem sich Männer wirklich hinten anstellen müssten: Nein! Danke!

    Wie Du schon schreibst im Eingang Deines Posts: wir sind selbst schuld!

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  2. @creezy – das ist ein Phänomen, das sich schon die ganze Geschichte des Feminismus durchzieht: Dass die größten Kritikerinnen (und die unter-die-Gürtellinigsten) fast immer andere Frauen sind. Leider gibt es in unserer Kultur auch zu wenig positive Vorbilder für konstruktiven Streit unter Frauen. Wir schwanken da immer zwischen kritikloser Solidarität und Zickenkrieg…

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  3. danke für den Text und die guten Anregungen, ich vermute auch, dass es nicht so sehr um Followerzahlen und Rankings geht, sondern um das „andere“ was Frauen bieten können und was durch die traditionell immer noch männlich geprägten Bewertungsmaßstäbe eben eher als unwichtig, nicht so interessant, kurz „nebensächlich“ eingestuft wird, durch Erziehung (?) gerade auch von uns Frauen selbst, ich bin (leider?) die erste, die meine eigene Arbeit als „Hobby“ bezeichnet und damit kleinmacht ;-)))

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  4. Ich beschäftige mich viel mit Frauenfragen rund um Web 2.0. Zunächst einmal: 46 Frauen ist nicht schlecht.

    Ein paar kurze Anmerkungen noch ausserdem:

    – Mal ganz oberflächlich, ich persönlich finde die Haltung „wir kommen nicht weil wir besseres vorhaben“ macht keinen Sinn. Es ist wichtig, Gelegenheiten zu schaffen, sich persönlich kennenzulernen. Wieso sollen wir uns da querstellen?

    – Es ist einfach wichtiger für Männer, sich einen Status zu schaffen indem man sich auf aller Art Konferenzen als Spezialist ausgibt. Frauen arbeiten lieber an ihrer eigentlichen Arbeit als daran, sich einen Namen zu machen. Das ist eigentlich allgemein bekannt, hat dann meiner Meinung nach zur Folge dass Frauen halt quantitativ weniger sind, aber die Qualität ihrer Vorträge dafür besser ist.

    Ich bin schon lange aus Deutschland weg und arbeite meist im angelsächsischen Raum. Ist vielleicht ganz anders hier.

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  5. @Anke Holst – völlig d’accord. Ich habe auch nicht geschrieben, dass 46 Frauen „schlecht“ ist, sondern dass es 21 Prozent sind 🙂 und ich habe auch nicht geschrieben, „wir“ kommen nicht, sondern „ich“ komme nicht. Ein „Wir“ der Frauen gibt es nicht. Meine ich.

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  6. Hallo Antje (wenn ich darf), ich finde es wirklich klasse, dass du hier so ausführlich eingehst auf diese Thematik. Ein gewisses Unbehagen habe ich in dieser Sache auch schon so lange, wie ich im Social Media Umfeld unterwegs bin. Manchmal ist es mir fast unangenehm, wenn ich schon wieder einen galligen Tweet dazu absetze. Die Webciety auf der Cebit 2010 etwa war grotesk, was die Besetzung der Panels betraf. O-Ton des Veranstalters war: Die Frauen wollen ja alle nicht, die Themen passen nicht. Gerade beim Thema Social Web finde ich das frustrierend. Ich komme mir manchmal vor, als wären wir da in einem toten Winkel, in dem uns niemand sehen kann/oder will? An uns kann das doch nicht liegen! Ich denke, es hilft nur dranbleiben und „feste draufhalten“, wenn Frau im Sinne der bestehenden (überwiegend männlichen) Spielregeln wahrgenommen werden möchte – ob im Web, im Job oder sonstwo. Oder sie entzieht sich, wie du es vorschlägst, den herrschenden Maßstäben und setzt eigene. Mit anderen reden, ist da schon mal sehr gut. Das möchte ich übrigens auf der #rp10 machen. Bin mal gespannt, wie ich das Ganze finden werde. Grüße! Meike

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  7. Wieder ein schöner, gut durchdachter Text, danke dafür.

    Ich kann nicht zur re:publica und bin sehr traurig darüber. Es war fest geplant, aber so isch halts Lääbe.

    Mir ist noch etwas aufgefallen, das sich auf das Gegeneinander unter Frauen bezieht. Ich gerate regelmäßig mit Frauen aneinander, weil ich sehr pragmatisch bin und gern versachliche. Daraus entstehen wegen der unterschiedlichen Sichtweisen häufig Mißverständnisse. Z.B. wird eine wertungsfreie Bemerkung oft vom Gegenüber als auf sie persönlich bezogen (gegen sie gerichtet) interpretiert, obwohl es um einen ganz anderen Bezug ging. Andererseits interessiere ich mich Null für z.B. Mode, auch das ist oft schwierig, weil viele Frauen bei anderen Frauen solches Interesse einfach voraussetzen.
    Also scheint es auch ein Problem zu sein, in welches Raster ich passe oder eben nicht passe, d.h., in welchem Maß ich die Erwartung von Frauen an andere Frauen erfülle.

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  8. Die Haltung, sich nicht an irgendwelchen Ranglisten zu orientieren, finde ich richtig. 100 beste Deutsche, Deutschland sucht den Superstar, Medaillenspiegel, 5 Milisekudnen schneller im Ski usw. – Gähn.

    Drei Anmerkungen zu deinem Text

    In der Umdrehung des Frage „Wenn Frauen nicht da sind, wo die Männer sind, wo sind sie denn dann? Und ist es da, wo sie sind, nicht vielleicht viel interessanter?“ könnte mensch ebenso fragen: Bedeutet die Abwesenheit von Frauen oder die verhältnismäßg wesentlich geringere Teilnahme von Frauen an Irgendetwas, dass dies per se Uninteressanter ist?

    Zum Thema Nerds und Brand eins: Erstmal kostet das Blatt schon 7,60 Euro pro Ausgabe. Hat also vielleicht auch was mit dem Preis zu tun, dass die „Nerds“ das nicht lesen. Abgesehen davon, dass man möglicherweise beim Latte dann doch nicht die gedruckten Form des Prenzlauer Bergs lesen will, dieses postmoderne Wirtschaftsmagazin a la Initiative neue individuelle Marktwirtschaft.

    Die re:publica findet nicht am Wochenende statt – du hättest also ein offline-Wochenende und eine BloggerInnen-Konferenz miteinander vereinbaren können.

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  9. @Lorenz – Zu dem, was man fragen kann (alles natürich 🙂 – ich wollte ja darauf hinaus, dass man das nicht allgemeingültig festlegen kann, was interessant ist, sondern es kommt immer drauf an für wen! Also: Ich bestimme (indem ich etwa meine Aufmerksamkeit darauf richte oder nicht), was für mich interessant ist. Und du kannst das natürlich auch. Das heißt: Selbstverständlich heißt ein hoher Männeranteil nicht per se, dass etwas uninteressant ist. Es heißt nur eben genauso wenig per se, dass es interessant ist. That was my point. Dass die Nerds brandeins nicht lesen war im Übrigen keine Kritik von mir, sondern nur eine Beobachtung. Ich merke nämlich, dass ich in meinem Themengebiet mir diesen Luxus nicht leisten kann, sondern teure Bücher kaufen muss (u.U.), wenn ich über die interessanten (s.o. :)) Diskussionen auf dem Laufenden bleiben will. Und mit dem Wochenende: Da hast du recht, ist ja noch gar kein Wochenende !!!

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  10. hi antje, hier nun also meine antwort:

    ich finde deinen text außerordentlich gut und diskussionswürdig. toll und vielen dank.

    was mir so ein bisschen auffiel, du scheinst offene türen einzurennen 🙂 46 frauen sind mehr als jede re:publica zuvor. natürlich ist ein frauenanteil von knapp 20% nicht wirklich rühmenswert, aber bisher rühmt sich niemand damit, außer die frauen selbst. zum anderen glaube ich, dass es gar nicht mehr darum geht, männerthemen zu besetzen bzw. sich an männern zu orientieren. sieht man ja an der themenwahl, dass das zum teil ganz andere und auch spannende inhalte sind. sondern es geht darum, inhalte zu erweitern, sich zu zeigen. sonst hätten sich sicher ein paar frauen auf die männerpanel gesetzt. ich kenne allerdings die orga-abläufe nicht, ich weiß nicht, wer explizit angesprochen wurde von den veranstaltern bzw. wer selbst ein panel angemeldet hat oder: lasst mich auf das journalismuspanel, wenn ihr eins macht 🙂

    ich finde die idee von ent-/trivialisierung spannend, aber der konkurrenzgedanke ist da schnell zur hand, auch wenn das nicht so gemeint ist. warum müssen themen ent-/trivialisiert werden? wäre es nicht besser zu erkennen, dass relevanz jede/r für sich selbst entscheidet und alles gleichberechtigt nebeneinander steht? ohne auf- und abwertung bzw. neubewertung? wäre es nicht auch sinnvoll, themen von ihrer geschlechtlichen konnotation zu entkoppeln, statt sie zu ent-/trivialisieren?

    liebe grüße

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  11. @lantzschi – gehe in allem d’accord. Aber es geht mir (als politisch Handelnder) nicht nur um persönliche Relevanzentscheidungen, sondern auch um Einflussnahme in einen öffentlichen Diskurs, der eben immer noch bestimmte Sachen auf- und andere abwertet. Und da gefällt mir dann schon in dem einen oder anderen Fall, zu sagen: Dass, was da für Superwichtig gehalten wird, das ist eigentlich trivial und die wirklich wichtigen Sachen sind woanders (natürlich nicht stur entlang männlich-/weiblich, aber es gibt eben doch oft einen Zusammenhang). Zumal diese symbolische Ordnung, also das „Mainstream-Ranking“ sozusagen, ja auch handfeste materielle Folgen hat wie z.B. wer bekommt Geld für die eigenen Projekte und wer nicht… Etwas banales Beispiel: Ich kann zwar sagen, Fußball ist nicht so wichtig, wie die immer tun, und damit ist mir auch geholfen, aber damit ist noch nicht geändert, dass Unmassen öffentliches Geld und Ressourcen der Allgemeinheit in den Fußball fließen…

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  12. Der Artikel der brand eins ist ja spätestens mit Erscheinen der nächsten Ausgabe online, vielleicht stellst du deine Frage dann einfach nochmal und erhältst dann tatsächlich brauchbare Antworten.

    Ich hab jedenfalls den Artikel gelesen und war erschrocken, wie oberflächlich er daherkommt. Anspruch und Wirklichkeit gehen hier doch sehr weit auseinander: Immer wieder wird betont, dass man doch auf Nerds hören müsste und ihnen mehr Freiraum und vor allem Gehör verschaffen müsste. Gleichzeitig steht zwischen fast allen Zeilen, dass Nerds im Grunde genommen Spinner sind. Vielleicht niedliche, aber trotzdem Spinner. Und dazu noch die Bilder, Himmel! Und das, nachdem ich doch erst neulich so euphorisch über das Magazin gebloggt hatte: http://www.wendtswelt.de/2010/03/brand-eins/

    Je mehr ich drüber nachdenke, desto mehr glaube ich Parallelen zu erkennen zwischen diesem Nerd-Artikel und der Feminismus-Debatte: Irgendwie sind sich alle einig, dass der Status quo nichts bringt, aber kuck mal, was die so alles machen: Toll! So, und jetzt lasst uns mal wieder über Erwachsenen-Themen reden…

    Hab nur ich dieses Gefühl?

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  13. Hm. Ich lese den ganzen Abend schon Artikel über die An- oder Abwesenheit von Frauen hier oder da. Wer mich kennt weiß, dass ich auf nahezu alles, was mit „Frauen“ und „Quantität“ zu tun hat, allergisch reagiere.
    Frauen im social web, das ist in meinen Augen ein bisschen so wie Wasser ins Meer schütten. Ich betrachte das einfach als eine recht schmerzfreie Fortführung dessen, was wir alle außerhalb des Netzes machen. Beziehungen haben, halten, knüpfen, pflegen. Außerdem Fachfrauen für dies oder das sein. Darüber wiederum sprechen, Vorträge halten, Seminare veranstalten. Oder Kinder erziehen. (Okay, das musste jetzt rein wegen der Vollständigkeit). In meinem früheren beruflichen Leben war ich Dozentin und öfter auch Vortragende. Ich würde dennoch nicht zur republica oder anderen ähnlichen Veranstaltungen gehen, weil ich kein Bedürfnis danach habe, Selbstverständlichkeiten zu verkünden.

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  14. @André – der Vergleich zwischen Nerd- und Feminismus-Debatte ist interessant! Zumal diese aktuelle Ausgabe von brandeins ja eingentlich noch mehr eine „Frauen-Ausgabe“ war. Offenbar entdecken sie da auch jetzt ein „Thema“ (bisher waren sie ja der Meinung, Geschlecht spielt bei Wirtschaft keine Rolle, die Antwort bekam ich jedenfalls mal von Gabriele Fischer auf einen Brief vor x Jahren). Aber auch da, ohne es wirklich tiefer zu verstehen oder in ihre ansonstigen Analysen einzubeziehen. Es wird so „drangeklatscht“, man hat auch Sympathie, aber eigentlich geht es doch um Wichtigeres, um die „Erwachsenen- (Männer-)Themen“ eben. Danke für den Gedanken!

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  15. Zu Twitter wäre es mal interessant, Verfolgungsstatistiken zu sehen. 60 Prozent Nutzung durch Frauen kann alles Mögliche bedeuten. Ich folge zu ca. der Hälfte Männern, einem Drittel Frauen, und der Rest ist unspezifisch. Verfolgt werde ich von einem Viertel Frauen und 4/10 Männern.

    Von den erwähnten Top-Twitterinnen kenne ich die meisten, folge aber nur noch einer, weil mir bei den anderen der Kommunikationsdruck zu hoch ist. Ich versuche immer noch, alles meiner Verfolgten zu lesen, und gerade die Erwähnten (bis auf Else Buschheuer) schwallen einfach zu viel für meinen Geschmack. Von daher frage ich mich, was diese Top-Liste überhaupt wert ist, denn nur verfolgt, aber nicht gelesen zu werden, kann’s ja auch nicht sein. Mein persönliches Ranking sieht ganz anders aus.

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  16. @Wolfgang Mederle – @kathrinpassig postet aber auch nur relativ selten. Wie auch immer: Das ist ja eigentlich das Gute an Twitter, dass es jede/r machen kann, wie er/sie will, was diese Rankings eben zu einem vollkommenen Blödsinn macht.

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  17. Ich finde es zum Beispiel großartig, wenn die Männerquote bei einer Veranstaltung über Anarchafeminismus bei ca. 50 % liegt. Das erwähne ich dann auch gern lobend und ernte ein schiefes Grinsen. Es wird langsam.

    😉

    Ansonsten möchte ich mich da nicht so sehr an Werten und Normen orientieren, die nicht meine sind, und ein „Alphablogger“ werden oder in die Top-Ten der deutschen Twitterer zu kommen. Viele meiner Freunde schreiben auch toll, aber unter ferner Liefen: Wir sind halt Linke. Innovationen kommen halt allgemein nur schwer an.

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