Vielleicht lernen wir das ja jetzt mal generell: Bullies keine Grenzen zu setzen, ist kein Pazifismus. Wichtiger als Gewaltfreiheit, die natürlich immer vorzuziehen ist, ist die Effektivität der Maßnahme. Sie ist der Maßstab. Wer Bullies gewähren lässt, ist selbst gewalttätig.
Die einzigen die sich gegenüber einem Angriff dafür entscheiden können, die andere Wange hinzuhalten, sind die Opfer des Angriffs selbst. Niemand anderes ist moralisch legitimiert, das von ihnen zu verlangen oder auch nur zu erwarten.
Hier hat die christliche Ethik in der Vergangenheit nicht präzise genug analysiert. Der Grund für diesen fatalen Irrtum, der ein eigentlich gutes Prinzip (Gewaltfreiheit) ad absurdum geführt hat, ist das patriarchale Menschenbild, wonach es legitim ist, für andere zu entscheiden.
(Wenn man ein alter weißer Mann ist und die anderen nicht).
Vielleicht müssten wir die gesamte Ethik und Moralphilosophie heute neu aufrollen und bei der Analyse statt dem Kriterium „was ist richtig?“ das Kriterium „wer entscheidet?“ anlegen.
Stichwort: Victim Blaming. Auch mit dieser patriarchalen Behauptung, wonach es „zwei für einen Streit braucht“ oder das Opfer schon irgendwas getan haben muss, um den Angriff herauszufordern usw. ist die traditionelle gewaltfreie Bewegung viel zu sehr verwoben und hat sich damit diskreditiert. Für manche Konflikte mag das stimmen, aber für andere stimmt es nicht, und es wurde in der Vergangenheit viel zu häufig vermutet, das das Opfer vermutlich selbst auch irgendwie zur Gewalt beigetragen hat.
Es waren Feminist*innen, die das als erste analysiert und konsequent angeprangert haben, mit diesem Krieg Putins gegen die Ukraine wird klar, dass es dabei aber nicht nur um Geschlechterverhältnisse geht, sondern um alle Bereiche der Politik, auch um internationale Beziehungen. Liegt ja auch auf der Hand und, nur kleine Erinnerung: Pussy Riot wusste das schon 2011, aber auch dieser Protest wurde leider größtenteils unter „Frauenkram“ abgeheftet. Dabei ging es schon damals um das System Putin.
Ein Gedanke zu “Wer Bullies gewähren lässt, ist selbst gewalttätig”