Feminismus und Krieg

Ist es nicht sehr erstaunlich, wie wenig geschlechterpolitische Analysen in diesem Krieg eine Rolle spielen? In der medialen Begleitdebatte scheint sich kaum jemand zu trauen, Worte wie „Feminismus“ oder „Frauen“ in den Mund zu nehmen. Dass die Verhandlungsdelegationen ausschließlich aus Männern bestehen, wird als selbstverständlich zur Kenntnis genommen. Auch dass die stärksten inländischen Proteste sowohl gegen Putin (Pussy Riot) als auch gegen Lukaschenko feministische Proteste waren, spielt in den Analysen keine Rolle. Meiner Ansicht nach ist ein Großteil der westlichen Fehlanalysen und Fehleinschätzungen gegenüber Putin auch darin zu sehen, dass seine Unterdrückung von Feminismus und Queeren für nebensächlich gehalten wurde. Dabei ist sie ein Pfeiler seiner Herrschaft. Ich bin auch der Meinung, dass die Bewunderung, die ihm von Machthabern überall auf der Welt (Erdogan, Schröder usf) entgegengebracht wird auch etwas mit seiner Performance von Männlichkeit zu tun hat. Über das „männliche Imaginäre“ schrieben wir 1999 schon hier – und es ist doch bei Putin so überdeutlich zu sehen! Auch Merkels

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Tokarczuk oder Handke? Wie Political Correctness als Männerquote fungiert

Ich interessiere mich nicht wirklich für Nobelpreise, ich finde diese Zuspitzung von Qualität auf „einen Sieger“ nicht angemessen, in keinem Gebiet, aber erst recht nicht auf dem Gebiet der Literatur zum Beispiel. Nicht nur wegen dem Medien- und Kommerz-Zirkus, der auf solchen „Events“ zwangsläufig liegt, sondern auch, weil es ein symbolisch völlig falsches Framing setzt. Qualität ist kein objektiver Maßstab, sondern hängt von den jeweiligen Beziehungen ab, vom Begehren. Im ABC des guten Lebens schreiben wir dazu: Qualität ist etwas Unverfügbares, das entstehen kann, wenn Menschen, die sich an ihrem Begehren ausrichten, durch immer wieder neue Praktiken bemüht sind, Veränderungen zu erreichen, um dem näherkommen, was sie sich für ihr Leben und die gemeinsame Welt wünschen. Worüber Nobelpreise etwas aussagen ist nicht die Qualität der Werke der Geehrten, sondern der „Zeitgeist“, also das, was in einem diskursiven Hauptstrom jeweils als wichtig gilt und was nicht. Beim diesmaligen Literaturnobelpreis wurde im Vorfeld viel über die demografischen Kriterien diskutiert: Müssen es Frauen sein, müssen es Personen aus

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Die Herren Strache etc. und das Ende des Patriarchats

(Archivierungspost, nachdem dieser kleine Text drüben auf Facebook so viel diskutiert worden ist und demnach interessant zu sein scheint) Das Plakat ist interessant, weil es ja tatsächlich von vielen Männern (nicht nur von Strache) als wahr empfunden wird. Dass die objektive Realität messbar eine andere ist, weil ja weiße Männer unvergleichlich viel mehr Redezeit haben als andere Menschen, weil sie viel, viel seltener angeschrien, unterbrochen, beschimpft usw. werden als jede andere demografische Gruppe, weil im Gegenteil ja Menschen wie sie selbst es sind, die andere am allerhäufigsten anschreien, unterbrechen, beschimpfen (wie man in jedem Thread und in jeder Talkshow sieht) tut da nichts zur Sache. Worum es geht ist nämlich tatsächlich „Entitlement“: Menschen reagieren emotional nicht einfach auf die realen Verhältnisse, sondern auf die Differenz zwischen den realen Verhältnissen und dem, worauf sie glauben, einen Anspruch zu haben. Und weiße, bürgerliche Männer glauben (so ist weiße Männlichkeit ja konstruiert), einen Anspruch darauf zu haben, dass sie nur von „Gleichrangigen“ kritisiert

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Männer, die auf Feministinnen starren

Interessant, jetzt diskutieren auch schon Männer in den Feuilletons darüber, wo der Feminismus recht hat und wo er irrt. Offenbar gab es einen Artikel im Freitag dazu, in dem ein Mann dem Feminismus erklärt, was er falsch macht – wir* sind zu nachsichtig mit dem Islam. Ich habe den nicht gelesen, was ich aber gelesen habe, das ist dieser Artikel, in dem ein anderer Mann als Antwort darauf den Feminismus (jedenfalls ein bisschen) gegen den ersten Mann in Schutz nimmt, indem er die Grenze zwischen dem, worin der Feminismus recht hat, und dem, wo er nicht recht hat, ein bisschen woanders zieht. (Sorry, ich kann das hier jetzt nicht ohne Sarkasmus, obwohl ich Sarkasmus eigentlich gar nicht mag.) Ich möchte kurz auf zwei Punkte aufmerksam machen, bei denen mir dieser – räusper – Diskurs symptomatisch zu sein scheint für den gesellschaftlichen Umgang mit dem Phänomen Feminismus. Erstens: Der Kern des Feminismus ist es ja nicht, eine bestimmte Meinung zum Thema XYZ zu vertreten. Man weiß ja nicht,

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Lesbische Männer

Das Schöne am Bloggen ist, dass man in den Kommentaren immer noch mehr Hinweise bekommt. So postete „Bellchen“ neulich unter meinem Blogpost über Tierethik einen Link zu einer Zeitschrift, in der auch ein Artikel zu dem Thema stand. Noch interessanter war aber die  Zeitschrift selbst, die ich nämlich noch nicht kannte: Sie heißt „Queerulantin“, und das Thema der betreffenden Ausgabe Nr. 6 (pdf) war „Lebensrealitäten von Girl Fags und Dyke Guys“. Ich hatte weder von dem einen noch von dem anderen bis dahin etwas gehört (das Konzept „queer“ ist eher nicht so meins), aber las mich schnell fest und fand heraus, dass es um schwule Frauen und lesbische Männer ging. Hä, fragen jetzt vielleicht einige, was soll das denn sein? Sind „schwule Frauen“ (also Frauen, die sexuell Männer begehren) bzw. eben „lesbische Männer“ (also Männer, die auf Frauen stehen), denn nicht ganz normale Heteras beziehungsweise Heteros? Nein, weil es bei Queer ja um mehr geht als darum, mit wem man

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Frauenbratwurst, Männerbratwurst: OMG, Edeka!

Bei Edeka gibt es neuerdings (Update: schon seit letztem Jahr) „Frauenbratwurst“ und „Männerbratwurst“, und weil das so bescheuert ist, hat Susanne Enz an die Verantwortlichen dort einen Brief geschrieben. Weil sie darin sehr gut argumentativ begründet, was genau an der derzeitigen grassierenden Mode, die ganze Welt in „weibliche“ und „männliche“ Bestandteile zu sortieren, so problematisch ist, veröffentliche ich diesen Brief – mit ihrer Erlaubnis – auch hier im Blog. Falls jemand sich fragen mag, warum ich als „Differenzfeministin“ solche Art von Marketing überhaupt problematisch finde, denn schließlich bin ich doch ein Fan der Differenz, so antworte ich: eben deshalb. Ich will die realen, konkreten Unterschiede, die sich zwischen Frauen und Männern zeigen, zum Gegenstand politischer Konflikte machen. Meiner Ansicht nach ist die Dynamik der Geschlechterdifferenz etwas sehr Fruchtbares. Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir das Reale an diesen Differenzen sehen (oder uns zumindest darum bemühen, hundertprozentig ist das vermutlich nicht möglich) und nicht überall willentlich Schein-Differenzen herbeikonstruieren, die dann nämlich

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Kurz meine fünf Zent zum Mainzer Männer-Medien-Disput

Der Deutsche Journalistinnenbund hat einen etwas sarkastischen offenen Brief an Thomas Leif, den (Mit-)Organisator des Mainzer Mediendisputes geschrieben, in dem kritisiert wird, dass bei diesem Ereignis praktisch nur die Ideen und Ansichten von Männern zur Diskussion gestellt werden. Die Mit-OrganisatorInnen nahmen Leif daraufhin in einer Stellungnahme in Schutz und rechtfertigen ihre Speaker-Auswahl mit der immer wieder beliebten Rechtfertigung, man hätte keine Frauen gefunden bzw. die, die man gefragt hätte, hätten abgesagt. Wie immer wenn so was mal wieder in die Diskussion kommt – und dazu gibt es ja reichlich Gelegenheit – ging es im anschließenden Für und Wider der Argumente vor allem um die Frage, woran es denn wohl liegen könne, dass die Damen sich so zieren, woher man welche bekommt und wie viel Aufwand Veranstaltern zuzumuten ist, um die scheuen Rehe in ihre Konferenzen zu locken. Und es gab wieder Überlegungen, ob wir (Frauen? Feministinnen?) nicht eine schöne handliche Liste mit Kandidatinnen leicht auffindbar im Internet zusammenstellen sollten, damit es

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Beim pinken Überraschungsei geht es nicht um Mädchen, sondern um Jungen

Zu der ganzen Debatte über das pinke Überraschungsei für Mädchen ist schon viel geschrieben und gesagt worden, aber ich will nun doch noch einen Aspekt anführen, der mir in der Debatte fehlt, obwohl er meiner Meinung nach zentral sein müsste. Und zwar dass sich diese ganze Aktion eigentlich nur scheinbar an die Mädchen richtet. Die wirklichen Adressaten sind die Jungen. Die rosa Überraschungseier sind für sie sozusagen ein überdimensioniertes Stoppschild, das sagt: Achtung, Mädchenkram, Finger weg! Ich glaube, dass Ferrero tatsächlich durch Marktanalysen dazu gebracht wurde, diese Aktion zu machen. Vermutlich haben sie ergeben, dass Mädchen sich wünschen, nicht nur Bastel- und Zusammenbaukram und putzige Tierfigürchen in den Eiern zu finden, sondern manchmal eben auch pinkes Feen-Glitzerzeug. Und ich finde es gut und richtig, dass Ferrero diesen Wünschen entspricht und nun eben auch pinken Feen-Glitzerzeug-Kram in die Eier packt. Wieso nun aber wird der nicht einfach in „geschlechtsneutralen“ Eiern untergebracht, wie wir uns das wohl alle gewünscht hätten? Es ist zu kurz gedacht,

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Rummoserer und Fixer mag ich beide nicht

Gestern spülte mir das Internet wieder mal einen dieser kulturpessimistischen Zeitungsartikel auf den Bildschirm, in denen jemand über den Verfall der Sitten lamentiert, über das Internet, das uns alle ausspioniert, darüber, dass wir alle sowieso Idioten sind, weil wir die Welt nicht genauso düster sehen, wie er, über die Tugendwächter überall, die Gutmenschen, die alles, was ihnen nicht passt, zum Skandal machen, darüber, dass man das N-Wort nicht mehr sagen darf und nirgendwo mehr rauchen, darüber, dass es im Zeitalter von Social Media praktisch unmöglich geworden ist, die jugendliche Geliebte vor der Öffentlichkeit zu verstecken, was es leider etwas mühselig macht, anderen Moral zu predigen. Ja, man hat es schwer heutzutage. Ich twitterte dann: Leute, die einfach nur die Welt anprangern, wie sie ist, ohne den klitzekleinsten Vorschlag, was man nun tun soll. Wozu machen die das? Und: Wahrscheinlich zum Geld verdienen. Oder um sich wichtig zu tun. Ich glaube nicht, dass sie sich wirklich Sorgen machen. Lustigerweise werden mir

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