Sicherheit und Unsicherheit sind die großen Themen des 21. Jahrhunderts. Vom Abbau der sozialen Sicherungsnetze über Terrorismus und Datensicherheit im Internet bis zu Finanzkrisen, Ölpest, Tsunami und Klimawandel. Unter dem Titel „Sicherheit und Risiko. Über den Umgang mit Gefahr im 21. Jahrhundert“ rollt ein neuer Sammelband das Thema auf. Er ist aus einer Ringvorlesung an der Berliner Humboldt-Uni hervorgegangen. Im einführenden Beitrag zeigt Herfried Münkler aus ideengeschichtlicher Perspektive, wie sich im Übergang von Mittelalter zu Neuzeit der Umgang mit Gefahren verändert hat: nämlich weg von dem „die Sicherheit der Burg verlassenden und in die Welt hinausziehenden Ritter“, der bedingungslos agiert, hin zum „Risikokalkül des Kaufmanns“, der die Gefahren und das Wagnis „durch Berechnung zähmt“. Eine interessante Analyse, die offensichtlich eng verknüpft ist mit Vorstellungen von Männlichkeit: „Den Helden interessiert der Sieg, den Kaufmann der Gewinn.“ Und die Frau? Wie ist sie von all dem betroffen, und vor allem, was denkt sie dazu? Die Frage habe ich mir beim Lesen der
Philosophie
Avicenna und die repräsentative Politik
Der letzte Blogpost von Felix Neumann, in dem er sich über die repräsentative Funktion des Bundespräsidenten Gedanken macht (und zu dem Schluss kommt, dass man dieses Amt doch niemandem zumuten könne) diskutierte heute Nacht in meinem Kopf mit einem Aufsatz von Chiara Zamboni, den ich am Tag davor gelesen hatte, und in dem sie unter anderem über den schiitischen Mystiker und Philosophen Ibn Sina schreibt, der im Westen unter dem Namen Avicenna bekannt ist. Herausgekommen ist folgende Idee. Felix Neumanns Unbehagen an einem repräsentativen Verständnis von Politik kann ich gut nachvollziehen, es ist auch ein klassisches feministisches Thema. Die Frauenbewegung hat sich ja nie in Form von repräsentativen Institutionen organisiert, im Unterschied zu anderen sozialen Bewegungen: Weder hat sie Parteien hervorgebracht (wie die Arbeiterbewegung) noch große Lobbyverbände (wie die Umweltbewegung). Sie hat auch kein einheitliches Programm zustande gebracht, und sich von Anfang an geweigert, Repräsentantinnen zu akzeptieren. Kleine Randbemerkung: Das „Alice-Schwarzer-Phänomen“ – also der Versuch der Medien (und vielleicht auch
„Es geht um eine neue Praxis des Philosophierens“
Eben habe ich zufällig gesehen, dass es ein Video gibt, auf dem Chiara Zamboni, eine der Mitbegründerinnen der philosophischen Gemeinschaft Diotima an der Universität von Verona, erklärt, wie Diotima entstanden ist und welche Entwicklung dieser Richtung des italienischen Feminismus seither genommen hat. Die Frauen von Diotima sind ja durch persönliche Kontakte und durch ihre Bücher, die teilweise ins Deutsche übersetzt wurden, auch hier zu Lande bekannt. Über ihre Mitbegründerin Luisa Muraro sind sie auch eng mit dem Mailänder Frauenbuchladen verbunden. Auch wenn das Video auf Italienisch ist, ist es für manche vielleicht spannend, Chiara Zamboni mal „live“ zu hören. Sie erzählt in dem Video, wie sich die Diotima-Philosophinnen, ausgehend von dem Wunsch, philosophisch zu arbeiten und dabei gleichzeitig die Tatsache, eine Frau zu sein, präsent zu halten, einen symbolischen Ort an der Universität und in der Welt geschaffen haben. Dabei kommt es nicht nur auf die Inhalte des Philosophierens an, sondern vor allem auf eine andere Praxis: Die Abkehr vom Zitatenwissen,
Ein paar Überlegungen zu Freiheit und Gerechtigkeit
Das Nachdenken über Begriffe wie „Freiheit“ und „Gerechtigkeit“ muss sich zunächst einmal einer besonderen Schwierigkeit stellen. Und zwar der Tatsache, dass unsere moderne, aufgeklärte, westeuropäische Kultur, die sich ja unter dem Banner von „Freiheit“ und „Gerechtigkeit“ formierte, dies explizit unter Ausschluss der Frauen tat. Diejenigen, die über Jahrhunderte hinweg über „Freiheit“ und „Gerechtigkeit“ nachgedacht und diskutiert haben und diese Begriffe damit auch mit einer Bedeutungsgeschichte angefüllt haben, hatten bis vor kurzem keine Problem damit, dass all dies für Frauen gerade nicht gelten sollte. Die Freiheit der Frauen haben sie im besten Fall ignoriert, im schlechten Fall ausdrücklich verneint. Gleiches gilt für die „Gerechtigkeit“, da die Gesetze, die unter diesem Label entstanden, eklatante Ungerechtigkeiten den Frauen gegenüber festschrieben. Das bedeutet: Die männliche Freiheit ist offensichtlich nicht dasselbe wie die weibliche Freiheit. Und wenn Männer über Gerechtigkeit sprechen, bedeutet das nicht automatisch, dass damit gemeint ist, auch den Frauen gerecht zu werden. Freilich, es ist natürlich auch nicht ausgeschlossen. Aber beides ist
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Zum 100. Geburtstag von Simone Weil
Simone Weil wäre am 3. Februar hundert Jahre alt geworden. Leider starb diese großartige Denkerin schon im Alter von nur 34 Jahren. Aber sie hat zum Glück einiges höchst Lesenswerte hinterlassen: http://www.antjeschrupp.de/simone_weil.htm
Was wäre wenn?
Wie wäre es, wenn wir uns eingestehen, dass unsere Ziele alles andere als klar sind? Sowohl die persönlichen, als auch die gesellschaftlichen oder politischen? Dass das Neue nicht dadurch in die Welt kommt, dass wir es erfinden, sondern dadurch, dass wir einen neuen Anfang setzen und das Risiko des Ungewissen eingehen?http://www.antjeschrupp.de/neuanfang.htm
Fremdheit als Erfahrungsraum
Muttersprache und koloniales Sprechen, die Bedeutung des Schweigens und die Chancen, die im Lernen einer fremden Sprache liegen – darum geht es in diesem Text der Diotima-Philosophin Elisabeth Jankowski, den ich ganz herzlich zur Lektüre empfehle: http://www.bzw-weiterdenken.de/index.php?m=artikel&rub=3&tid=161
Über das Müssen
In einem Internetforum fand ich kürzlich den Beitrag eines Bloggers namens „Franklin“, der sich über einen Vortrag lustig machte, in dem ich das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern bei der unbezahlten Fürsorgearbeit behandelt hatte. Er schrieb: „Frauen ziehen also immer noch den Kürzeren. Sie müssen sich um Kinder, Alte und Haushalt kümmern (die Haustiere hat sie dabei noch vergessen). Wer sagt eigentlich, dass sie müssen? Wer zwingt sie dazu? Das Patriarchat, verkörpert durch den Herrn und Gebieter daheim?“ Seither denke ich über das Müssen nach. Oder, um es in einem klassischen philosophischen Ausdruck zu formulieren, über die Pflicht. Was bedeutet es, etwas zu müssen? Einen Artikel dazu habe ich für das Internetforum „beziehungsweise weiterdenken“ geschrieben, Ihr findet ihn unter: http://www.bzw-weiterdenken.de/artikel-3-145.htm
Zum 100. Geburtstag von Simone de Beauvoir
Ihr freies Leben hat eine ganze Generation von Frauen inspiriert, aus den Beschränkungen von Haus und Heim auszubrechen, ihre Studie „Das andere Geschlecht“ hat die Frauenbewegung der siebziger Jahre maßgeblich beeinflusst: In diesem Jahr jährte sich der Geburtstag von Simone de Beauvoir zum 100. Mal. Ein guter Anlass, an die französische Philosophin und Schriftstellerin zu erinnern und sie zu würdigen. Was war das Neue an Beauvoirs Denken in ihrer Zeit? Wie wurde es von der Frauenbewegung aufgegriffen und was hat es bewirkt? Was ist von ihrem Anliegen immer noch aktuell?Vortrag von Antje Schrupp am Donnerstag, 19. Juni, um 19.30 Uhr in der Stadtbücherei Leonberg (bei Stuttgart), Liststraße.