„Diese östrogeninduzierte Unfähigkeit zur Logik macht mich rasend“

Nachdem mein Buch „Schwangerwerdenkönnen“ vorige Woche in den Buchhandel kam, gab es ein Interview dazu in Spiegel-Online, worüber ich mich sehr gefreut habe. Das gibt natürlich eine schöne Reichweite über die eigene Bubble hinaus. Leider aber auch hinein in die Szene der Frauen- und Feministinnenhasser. Einer dieser  hat sich in einem sehr länglichen Text mit diesem Interview auseinandergesetzt und dabei ein für dieses Genre so dermaßen idealtypisches Pamphlet geschaffen, dass ich ein paar Highlights hierhin kopiere (Achtung, Triggerwarnung, schlimm schlimm). Ich schwöre, ich hab es nur gekürzt und mir nicht ausgedacht. Um dort nicht noch für Traffic zu sorgen, setze ich keinen Link. Ich würde auch davon abraten, sich hinzugooglen.) Normalerweise ignoriere ich dieses Genre inzwischen, aber wenn ich davon erzähle, stelle ich immer wieder fest, dass viele Menschen sich tatsächlich keine Vorstellung davon machen, mit welchen Reaktionen zu rechnen ist, wenn man (zumal eine Frau) feministische Ansichten öffentlich vertritt. Dieser Text ist so typisch, dass er sich geradezu als

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Die Gewalt von Köln und was zu tun ist

Vermutlich habt ihr schon mitbekommen, dass ich Montag abend  was über die Sache in Köln geschrieben habe – der Text ist ziemlich weit herumgereicht worden, inzwischen über 120.000 Klicks (die Kommentare wollt ihr eher nicht lesen). Am Mittwoch früh ist er etwas aktualisiert auch nochmal auf Stern.de erschienen. Dem Deutschlandfunk habe ich dazu ein Interview gegeben, das noch ein paar Tage in der Mediathek steht. Außerdem sprach ich am Mittwoch morgen noch mit der Freiheitsliebe über den Rassismus in der aktuellen Debatte. Anfangs freute mich, als mein Text viral ging, und ich dachte, vielleicht kann es ein klein bisschen eine Gegenstimme sein. Heute, nachdem ich gesten so viel dazu gelesen habe, inklusive Kommentare und Mails an mich, glaube ich nicht mehr, dass es was nützt. Das rassistische Narrativ „schwarzer Mann vergewaltigt weiße Frau“ ist volle Kanne durchgeschlagen, und das lässt sich erstmal nicht mehr einholen. Ich hoffe, das ist jetzt nicht der Tipping-Point, an dem der unterschwellige Rassismus in Deutschland flächendeckend in offenen, gesellschaftlich legitimierten

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Mord und Totschlag – kleine Kommentar-Revue

Bei „Fisch und Fleisch“ drüben habe ich heute morgen unter der Überschrift: „Verlassene Männer sind häufig brutal. Das muss endlich ernst genommen werden“ über den Amokfahrer von Graz gebloggt. Leider war mir dabei in der ersten Fassung ein Fehler unterlaufen: Nicht 162 Frauen sind im Jahr 2013 in Deutschland mutmaßlich von ihren (Ex)Partnern getötet worden, sondern „nur“ 138. Den Fehler hatte ich aus einer wissenschaftlichen Hausarbeit übernommen, dort war die Statistik falsch interpretiert worden. Wen’s interessiert: Hier ist der Link zur Quelle beim BKA. Aber eigentlich komme ich deshalb hier noch einmal auf das Thema zurück, weil die Kommentare unter dem Blogpost so treffend sind, dass ich sie für die Ewigkeit retten möchte: Gleich am Anfang schon der Klassiker: NICHT ALLE MÄNNER! Ich habe dazu gelesen, dass rund 99,5 Prozent der verlassenen Männer in Deutschland NOCH nicht versucht haben, ihre ehemaligen Frauen und Freundinnen umzubringen. Nun stellt sich die Frage, aus welchen beiden Zahlen, ihren 162 (tragisch) getöteten Frauen oder

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Rape revisited. Über Vergewaltigungsdiskurse

Weil aus aktuellem Anlass gerade viel über Vergewaltigung diskutiert wird, möchte ich hier noch einmal etwas genauer über die aktuelleren feministischen Analysen zu dem Thema schreiben, die nämlich wie meistens komplexer sind als viele meinen. Unter dem Titel „rape revisited. Die Tiefengrammatik der sexuellen Gewalt“ hat Mithu M. Sanyal für den grade erst von mir empfohlenen Sammelband „Feminismen heute“ eine kritische Rekapitulation des Vergewaltigungsdiskurses seit den 1970er Jahren unternommen. Kleine Erinnerung: Damals hat die Frauenbewegung das Thema häusliche Gewalt öffentlich zum Thema gemacht. In diesem Zusammenhang wurde vielen (auch vielen Frauen) erstmals bewusst, dass Vergewaltigung nicht vor allem etwas ist, das im dunklen Park von einem bösen Fremden ausgeht, sondern meistens innerhalb sozialer Beziehungen stattfindet: Es sind Ehemänner, Freunde, Bekannte, die vergewaltigen. Der Verdienst der damaligen Frauenbewegung, das bewusst zu machen und politisch zu thematisieren, ist unbestritten, allerdings hat der Diskurs einige Schwachstellen, die Mithu Sanyal analysiert: Erstens wurde dadurch ein Bild von Frauen als sexuell eher inaktiven, tendenziell an Sex desinteressierten

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Kleine Trollologie

Heute war in der FAZ eine Innenansichtsstudie eines Trolls. Ich fand die einerseits interessant, andererseits ist das aber natürlich nur eine Sorte von Trollen. Bestimmt gibt es von dieser Sorte viele, zumal sie ja auch so ungeheuer viele Kommentare schreiben. Und vermutlich sind sie auf den großen Nachrichtenseiten auch stark präsent. Aber man darf das Phänomen nicht darauf begrenzen. Deshalb hier mal eine kleine Trollologie, gründend auf der inzwischen durchaus reichhaltigen Erfahrung in diesem Blog (Triggerwarnung: Die Kategorien kommen mit Beispielen!): 1. Der aggressive Frauenhasser Er hasst Frauen und macht das in seinen Kommentaren ganz unmissverständlich klar: Er schreibt zum Beispiel, ich sei eine „Fotzenkuh“, die es nicht besser verdient hat, als ermordet und vergewaltigt zu werden. Zumal ich ja auch mit ihm ganz genau dasselbe vorhabe: „Wenn das so ist, dann komm doch her und töte mich. Ich bin ja scheinbar nichts wert weil ich rein zufällig mit einem Penis geboren wurde.“ 2. Der Die-ganze-Welt-Hasser Der klassische Troll – sozusagen der aus dem oben verlinkten Artikel – ist ganz

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Ein Hoch auf aufdringliche und vorverurteilende K.O.-Tropfen-Tests

Heute über einen Artikel in der FAZ gestolpert, in dem es um eine neue Erfindung geht: Nagellack, mit dem Frauen feststellen können, ob ihnen jemand K.O.-Tropfen in den Drink geschüttet hat. Denn es ist ja nicht so leicht, eine Frau zu vergewaltigen, wenn sie im Vollbesitz ihrer Kräfte ist. Deshalb gibt es Typen, die ihre Opfer vorher mit Betäubungsmitteln vergiften. Und wo Not ist, da ist halt auch eine Geschäftsidee. So weit, so gruslig der Zustand unserer Zivilisation. In dem Artikel geht es auch darum, dass einige feministische Stimmen sich kritisch zu diesem Projekt geäußert haben. Sie bemängeln, dass so die Verantwortung wieder mal den Frauen zugeschoben wird, anstatt die jungen Männer dazu zu erziehen, keine Frauen zu vergewaltigen. Allerdings: Eine Frau, die heute auf einer Party etwas trinkt, kann ja damit nicht warten, bis das Phänomen der Vergewaltigung aus der Welt geschafft wurde. Natürlich ist K.O.-Tropfen-indizierender Nagellack keine gesellschaftliche Lösung für das Leben in einer Vergewaltigungskultur. Aber möglicherweise ist er in der Zwischenzeit ja

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Sexismus und Regen. Oder: Drei Gedanken zu Fappygate

Ich habe nur nebenbei die Geschehnisse rund um #fappygate mitbekommen, weil ich die Tage viel unterwegs war. Im Kern ist wieder mal etwas passiert, das im Netz (und sonstwo auch) ja eigentlich dauernd passiert: Ein reichweitenstarker und gut vernetzter Mann bemerkt irgendwo eine Feministin, deren Äußerungen seiner Ansicht nach unwahr, überzogen, zu radial oder undiplomatisch sind, und bloggt darüber, wo seiner Ansicht nach die Grenze zwischen richtigem und falschem Feminismus verläuft. Anschließend schaut er genüsslich dabei zu, wie seine Follower und Fans über die besagte Feministin herfallen, bis die dann ihren Account schließt oder auf privat setzt. Die Mehrzahl der Männer und auch eine ganze Reihe von Frauen machen Popcorn auf und verfolgen die Auseinandersetzung auf dem Sofa. Viele Frauen und einige Männer versuchen zu erklären, was da grade passiert, der Betroffenen Unterstützung zu geben, lassen sich auf Debatten ein, bloggen selber darüber (hier zum Beispiel Helga). Ich verfolge diese Debatten meist mit Schmerz. Ich leide mit denen, die da in Debatten

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Über die Geschlechterdifferenz sprechen ist nicht Sexismus

Es passiert mir immer wieder, dass Leute mir Sexismus vorwerfen, wenn ich – wie in meinem vorigen Blogpost über das unterschiedliche Verhältnis von (vielen) Männern und (vielen) Frauen zur Macht – über die Geschlechterdifferenz spreche. Ist es nicht Sexismus, zu behaupten, Männer hätten eine größere Faszination für die Macht? Möglicherweise ist dieses Urteil falsch (ich habe versucht, Argumente und Beispiele dafür zu finden, aber man kann darüber sicher streiten), aber sexistisch ist es nicht. Tatsächliche – also in der Realität bestehende und beobachtbare – Unterschiede zwischen Geschlechtern zu benennen ist kein Sexismus, sondern unverzichtbarer Bestandteil jeder sinnvollen politischen Analyse. Denn wie sonst sollte man über die Verwobenheit von Geschlecht und gesellschaftlicher Realität sprechen, wenn man diese Differenzen nicht benennen darf? Über die Geschlechterdifferenz zu schweigen bedeutet, sie, so wie sie ist, zu zementieren, indem man die Augen davor verschließt. Sexismus bedeutet, bestimmte Zuordnungen zu Geschlecht als unveränderbar und wesentlich zu behaupten. Sexismus wäre es also gewesen, wenn ich behauptet hätte,

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