Louise Aston und die bürgerliche Revolution

Louise Aston ist sicher eine der schillerndsten Personen des Vormärz und der Bürgerlichen Revolution von 1848. Bekannt wurde die 1814 geborene Tochter einer ehemaligen Gesellschafterin und eines Theologen wegen ihres „skandalösen Lebens“ und ihren unkonventionellen Ansichten. Mit 17 an einen viel älteren Mann verheiratet, ließ sich scheiden, heiratete wieder, trennte sich erneut. 1844 zog sie mit einer ihrer drei Töchter nach Berlin und schloss sich linksintellektuellen Kreisen an. Mehrmals wurde sie wegen politischer und moralischer Delikte aus Berlin ausgewiesen. Auch die bürgerliche Frauenbewegung, zum Beispiel Louise Otto, konnte mit der so gar nicht „tugendhaften“ Aston wenig anfangen.

Louise Aston schrieb Romane, in denen sie sich mit den Lebensbedingungen von Frauen und mit politischen Themen allgemein beschäftigt. Der jetzt von Jenny Warnecke im Rahmen ihrer Doktorarbeit neu editierte Roman „Revolution und Contrerevolution“ beschreibt die Ereignisse des Jahres 1848, als ausgehend von der Februarrevolution in Paris in ganz Europa Unruhen losbrachen. Die Protagonistin des Buches, Louises alter Ego Alice von Rosen, ist mittendrin im Geschehen, konferiert und intrigiert mit Fürsten und Proletariern gleichermaßen, gibt sich mal als Frau und mal als Mann aus, kämpft auf den Barrikaden und kümmert sich auch noch um ihre weniger emanzipierten Geschlechtsgenossinnen.

Das Buch ist etwas schwierig zu lesen, wenn man sich in der damaligen aktuellen Tagespolitik nicht auskennt. Zwar hat Jenny Warnecke alles Notwendige in den Anmerkungen erklärt, allerdings sind die erst hinten im Buch aufgelistet, sodass man dauernd blättern müsste, was auch wieder umständlich ist, gerade bei einem Roman, wo man ja auch in einen Lesefluss kommen muss. Aston schreibt in einem fast schon atemlosen Rhythmus, häufig bin ich auch mit den Personen durcheinander geraten und konnte der Handlung nicht mehr richtig folgen. Was die literarische Qualität betrifft, so würde ich doch sagen, dass Aston an ihr französisches Pendant George Sand – mit der sie oft verglichen wird – nicht herankommt.

Trotzdem ist es natürlich höchst interessant, diese Ereignisse aus einer solchen Perspektive geschildert zu bekommen. In dem zweiten Band ordnet Jenny Warnecke Astons Denken in das zeitgenössische Geschehen und die damaligen ideengeschichtlichen Diskussionen ein und analysiert den Roman nach literaturwissenschaftlichen Kriterien. Insgesamt sind diese beiden Bände ein Muss für alle, die sich mit der bürgerlichen Revolution in Deutschland oder mit den politischen Ideen von Frauen im 19. Jahrhundert beschäftigen.

Jenny Warnecke: Frauen im Strudel gewaltiger Thaten / Louise Aston: Revolution und Contrerevolution, beide Ulrike Helmer-Verlag, Sulzbach 2011, 29,95 Euro.


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Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

2 Gedanken zu “Louise Aston und die bürgerliche Revolution

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