Mord und Totschlag in der Tagesschau

Angesichts der Debatten darüber, ob die Tagesschau über den Mord oder Totschlag in Kandel an einer 15-Jährigen hätte berichten müssen, habe ich mich gefragt, wie es überhaupt um unsere Aufmerksamkeit gegenüber dieser Art von Verbrechen steht. Eigentlich wäre es nämlich aus meiner Sicht angemessen, wenn über jeden einzelnen Fall in der Tagesschau berichtet würde. Wie wollen wir sonst entscheiden, welche Getöteten wichtig und welche unwichtig sind? Welche genommenen Leben der Rede wert und welche nicht? Heute morgen habe ich nochmal die Zahlen zu Mord und Totschlag genau gecheckt, was gar nicht so leicht ist, weil in der Kategorie „Straftaten gegen das Leben“ alles Mögliche vermengt wird, z.B. auch Abtreibungen oder Tötung auf Verlangen oder auch fahrlässige Tötungen, die zwar auch Mist sind, aber eben doch nochmal was anderes (hier der Link zur Polizeistatistik, Runterscrollen bis „Übersicht Falltabellen“) „Wirklichen“ Mord und Totschlag, also die gezielte und beabsichtigte Tötung eines anderen Menschen, gab es in Deutschland in 2016 in ca. 650 Fällen.

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Ich will eigentlich nicht als Frau respektiert werden

Heute sah ich im Vorbeifliegen meiner Timeline eine Vorschau auf einen Comic, der mich sofort ansprach. Und zwar sah ich das hier: Zwei Bildchen aus einem Comic, in dem ein Vater verspricht, seinem kleinen Sohn zu erklären, was ein „echter Mann“ ist. Und die Erklärung beginnt mit: „Siehst du diese Mädchen da drüben?“ Ich war deshalb gleich elektrisiert, weil es selten ist, dass Jungen beigebracht wird, sich an Mädchen ein Beispiel zu nehmen. Und spontan dachte ich, dass es in dem Comic darauf hinausläuft – Wow! Ich dachte, dass der Vater deshalb auf die zwei Mädchen zeigt, weil sie irgend etwas Tolles machen, wovon der Junge was lernen kann. Und dass ein richtiger Mann einer ist, der neugierig ist auf die Welt, sich weiter entwickelt, Dinge erkundet, Abenteuer besteht… Aber nein, nachdem ich auf die Geschichte draufgeklickt hatte, musste ich leider feststellen, dass der Comic nicht so weiterging, wie ich gedacht und gehofft hatte, sondern ganz anders, nämlich: Der Vater sagt

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Warum es nicht „binär“ ist, wenn ich von Frauen und Männern spreche

Immer wenn ich mit jüngeren Feminist_innen diskutiere, dauert es nicht lange, und es kommt die Frage, ob meine Art, über Frauen und Männer zu sprechen, nicht „binär“ wäre. Ich möchte hier einmal aufschreiben, warum ich das nicht finde. Ein „binäres“ Verständnis von Geschlecht geht ja davon aus, dass es genau und nur zwei Geschlechter gibt, männlich und weiblich. In dieser binären Logik ist „Frau“ gleichbedeutend mit „nicht Mann“ und andersrum „Mann“ gleichbedeutend mit „nicht Frau“. Genau dieser Auffassung bin ich nicht. Ich interessiere mich für die Freiheit der Frauen, das ist mein politisches Anliegen: die Freiheit der Frauen zu vergrößern. Dafür ist es logisch wichtig, dass es Frauen gibt, aber nicht, diese binär zu denken, also als Gegenstück zum Mann. Ganz im Gegenteil: Ich unterscheide zwischen „Frauen“ und „Nicht-Frauen“. Die „Nicht-Frauen“ können alle möglichen Geschlechter haben. Es ist mir vollkommen egal, ob es zwei, fünf, oder dreihundert Geschlechter gibt – Hauptsache, es gibt nicht nur eines (denn Eingeschlechtlichkeit ist immer

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Elternschaft muss freiwillig sein! Warum es für Väter ein Opt-Out geben sollte

Kürzlich sprach ich bei einem Thementag des Elternreferats des AstAs an der Uni Mainz über das Schwangerwerdenkönnen, und in der anschließenden Diskussion sorgte eine Fragestellung für Kontroversen, die ich so nicht erwartet hätte: Ob es für Väter (beziehungsweise für die Männer, mit deren Sperma eine Frau schwanger geworden ist) die Möglichkeit eines „Opt-Out“ geben sollte. Irgendwo hatte ich das nämlich mal gefordert (weiß jetzt aber grade nicht mehr, in welchem Blogpost oder Text, falls jemand schlauer ist, bitte in die Kommentare, danke!) und bin auch weiterhin der Meinung, dass das richtig wäre. Denn während eine Schwangere nach der Zeugung darüber entscheiden kann, ob sie das Kind austrägt oder nicht, hat der Samenspender diese Möglichkeit nicht, da es nicht sein Körper ist, der schwanger ist. Er kann zwar seine Meinung äußern, aber die Entscheidung selbst kann nur die Schwangere fällen. Es sei denn, wir leben in einer patriarchalen Gesellschaft, die die körperliche Selbstbestimmung von Frauen durch Gesetze und Machtverhältnisse unterbindet. Wenn wir uns jetzt aber einig sind, dass das nicht geht

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Die Geschlechterdifferenz gibt es, eine „Rassendifferenz“ gibt es nicht

Die fast zeitgleichen Enthüllungen über die Transsexualität von Caityln Jenner und das vorgetäuschte „Schwarzsein“ von Rachel Dolezal haben eine interessante Debatte über die Vergleichbarkeit oder Nicht-Vergleichbarkeit von Transsexualität und Trans“rassität“ ausgelöst. Inspirierend fand ich dazu einen Text von Kai M. Green, der folgende These vertritt: Der von vielen spontan geteilte Eindruck, dass Caitlyn Jenner „richtig“ und Rachel Dolezal „falsch“ gehandelt hat, so Green, sei berechtigt, aber noch nicht ausreichend verargumentiert. Es sei nicht illegitim, die Frage nach der Vergleichbarkeit von beidem zu stellen, und die bloße Behauptung „Race“ und Geschlecht seien nun mal nicht dasselbe, reiche als Antwort nicht aus. Genau in diese Richtung bewegten sich auch meine Überlegungen zu den beiden Ereignissen. Also:  Warum ist beides nicht dasselbe? Was genau unterscheidet sie? Und was bedeutet das für ihre politische Beurteilung? Erst einmal zu dem, was Geschlecht und „Race“ nicht unterscheidet. Beides sind kulturell hervorgebrachte Differenzierungen zwischen Menschen, die nicht „natürlicherweise“ aufgrund des biologischen Körpers selbstevident sind. Zum zweiten haben sie

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Meine zehn Cent zu Elinor Burkett

Ich weiß nicht, ob sie es wirklich gesagt hat: „My brain is much more female than it is male“. Aber dieses und andere Statements von Caitlyn Jenner hat Elinor Burkett in einem Artikel in der New York Times zum Anlass genommen, sich über grundsätzliche Differenzen zwischen Feminismus und Transaktivismus Gedanken zu machen. Kurz zusammengefasst beschwert sie sich darüber, dass Transfrauen häufig zu alten biologistischen Thesen über Geschlecht zurückkehren würden, wie zum Beispiel stereotype Körperinszenierungen von „Weiblichkeit“ in Form von Nagellack, kurzen Röcken und dergleichen. Ich stimme ihrer Kritik zu, dass es Blödsinn ist, über unterschiedliche Männer- und Frauengehirne nachzudenken und dass solche Weiblichkeitsinszenierungen wie die von Caitlyn Jenner ärgerlich sind. Aber das alles ist ja nun nicht eine Besonderheit von Transfrauen. Die große Mehrheit von Cisfrauen tut doch genau dasselbe. Es ist also gehüpft wie gesprungen. Frauen sind eben nicht von Natur aus Feministinnen, ob nun Trans oder Cis. Ein Vorteil davon, wenn es Transfrauen sind, die Geschlechterklischees performen, ist es immerhin, dass damit deutlich wird, dass diese

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Ein Hoch auf aufdringliche und vorverurteilende K.O.-Tropfen-Tests

Heute über einen Artikel in der FAZ gestolpert, in dem es um eine neue Erfindung geht: Nagellack, mit dem Frauen feststellen können, ob ihnen jemand K.O.-Tropfen in den Drink geschüttet hat. Denn es ist ja nicht so leicht, eine Frau zu vergewaltigen, wenn sie im Vollbesitz ihrer Kräfte ist. Deshalb gibt es Typen, die ihre Opfer vorher mit Betäubungsmitteln vergiften. Und wo Not ist, da ist halt auch eine Geschäftsidee. So weit, so gruslig der Zustand unserer Zivilisation. In dem Artikel geht es auch darum, dass einige feministische Stimmen sich kritisch zu diesem Projekt geäußert haben. Sie bemängeln, dass so die Verantwortung wieder mal den Frauen zugeschoben wird, anstatt die jungen Männer dazu zu erziehen, keine Frauen zu vergewaltigen. Allerdings: Eine Frau, die heute auf einer Party etwas trinkt, kann ja damit nicht warten, bis das Phänomen der Vergewaltigung aus der Welt geschafft wurde. Natürlich ist K.O.-Tropfen-indizierender Nagellack keine gesellschaftliche Lösung für das Leben in einer Vergewaltigungskultur. Aber möglicherweise ist er in der Zwischenzeit ja

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