Immer häufiger höre ich, dass Behörden, Regierungen oder staatliche Stellen ihren Mitarbeiter*innen bestimmte sprachliche Ausdrucksformen verbieten, lustigerweise sind das dieselben, die sich über vermeintliche (nicht existierende) feministische „Sprachdiktate“ aufregen. Heute höre ich das aus Niederösterreich, vorige Woche vom Kultusministerium Schleswig-Holstein, das sind nur die zwei letzten, vorher gab es da schon ein paar andere, ist mir auch egal. Das erste, was ich daran bedenklich finde ist, dass es sich wirklich um Zensur handelt: Staatliche Stellen mit faktischer Exekutivmacht (das heißt: Sie können es wirklich erzwingen) schränken die Freiheit des sprachlichen Ausdrucks ein. Interessant, wie egal das dem (sich zu Unrecht so nennenden, da eben nur vermeintlich) „liberalen“ politischen Sprektrum zu sein scheint. Niemand muss mit Sternchen oder sonstwie „gendern“, aber es zu VERBIETEN ist doch ein völlig anderer Tobak. Das zweite Bedenkliche ist, dass das Ganze natürlich ein Ausdruck davon ist, wie weit rechtspopulistisches, autoritäres Denken sich bereits gesellschaftlich verbreitet hat, dass die sich sowas trauen. Dass es keinen Aufschrei
Sprache
„Gegenderte“ Sprache: Es geht nicht um Diskriminierung, sondern um Sichtbarkeit
Nele Pollatschek hat im Tagesspiegel einen Artikel geschrieben mit dem Titel „Gendern macht die Diskriminierung nur noch schlimmer“. Darin weist sie auf den Umstand hin, dass durch sprachliche Verwendung von weiblichen und männlichen Formen (statt des generischen Maskulinums) das Geschlecht von Personen eine größere Bedeutung annimmt, weil man ständig darauf hingewiesen wird, und stellt deshalb die These auf, dass inklusive Sprache die Diskriminierung von Frauen erhöhe und nicht bekämpfe (Ich finde das Wort Gendern falsch, weil auch das generische Maskulinum eine gegenderte Sprache ist). Anatol Stepanowitsch hat aus linguistischer Sicht bereits einige Gegenargumente hier gesammelt. Mir ist aber etwas anderes wichtig. Und zwar die Erinnerung daran, dass Pollatscheks Argumentation nicht neu ist, sondern in den 1990ern innerhalb des Feminismus stark diskutiert wurde, vor allem auch in Auseinandersetzung zwischen Feministinnen aus BRD und DDR, da in der DDR genau jenes „Frauen mitmeinende Maskulinum“ üblich war, das Pollatschek nun in Großbritannien auch wiedergefunden hat. Zu sagen „Ich bin Ingenieur“ war für Frauen
read more „Gegenderte“ Sprache: Es geht nicht um Diskriminierung, sondern um Sichtbarkeit
Mit Aliens reden
Im Redaktionsteam des Internet-Forums Beziehungsweise Weiterdenken hatten wir die Idee, ein neues Format auszuprobieren: So eine Art Zoom-Quartett zu Themen, die jeweils eine von uns interessieren. Den Anfang machte Anne Newball Duke (links unten): Sie schlug uns vor, über den Film „Arrival“ von Denis Villeneuve und die dahinter stehende Kurzgeschichte „Story of your Life“ von Ted Chiang zu sprechen. Das machten wir auch. Neben mir (rechts oben) mit dabei waren Jutta Pivecka (links oben) und Maria Coors (rechts unten). Es geht um Sprache, Feminismus, die Verständigung mit Aliens und um die Frage, ob Geschichte immer linear verläuft oder ob man das auch anders sehen kann. Enjoy!
Sprache: Es geht nicht um das „Mitgemeintsein“ von Frauen
Ich versuche schon seit einiger Zeit, zu verstehen, wieso diese Kultur sich so vehement gegen eine Veränderung von Sprache, die Frauen sichtbar macht, wehrt. Wieso dieses Thema ihnen so wichtig ist, dass eine Sparkasse lieber einen kleinkarierten Rechtsstreit führt, als einfach ein paar Formulare zu verändern. Warum so vielen Leuten so viel daran liegt, auch amtlich gerichtlich bestätigt zu haben, dass NIEMAND SIE ZWINGEN KANN, WEIBLICHE FORMEN ZU VERWENDEN. Ich bewundere Frauen wie Marlies Krämer, die sich die langen Märsche durch Institutionen antun, um was zu verändern, und sie bewirken damit ja auch wirklich was. Aber ich frage mich inzwischen, ob es wirklich darum geht, ob „Frauen mitgemeint“ sind. So haben feministische Kritikerinnen der „Männersprache“ ja lange und bis heute argumentiert: Das generische Maskulinum (also dass eine männliche Form verwendet wird für Menschen insgesamt, darunter auch Frauen) würde Frauen unsichtbar machen, Frauen fühlten sich eben nicht angesprochen und nicht gemeint. Das ist zweifellos zutreffend und hat historische Gründe, vor allem
read more Sprache: Es geht nicht um das „Mitgemeintsein“ von Frauen
Warum ich das Wort „Schmarotzer“ liebe
Nach meinem gestrigen Post gab es wieder viele Reaktionen auf meine unbekümmerte Verwendung des Wortes Schmarotzer. Das war ja ein Selbstzitat: Schon vor einiger Zeit habe ich das Wort „Internetschmarotzer_innen“ erfunden, für diejenigen Leute, die nur Sachen aus dem Internet herausholen und nichts reinschreiben. Schon damals war in den Kommentaren heftig darüber diskutiert worden, ob man das Wort verwenden darf. Ich meine (obviously): Ja. Ob Worte funktionieren und so verstanden werden, wie ich sie gemeint habe, liegt natürlich nicht in meiner Hand. Das ist eine Sache des Experimentierens. Im Fall des „Internetschmarotzertums“ hat es allerdings funktioniert. Ich werde bis heute immer wieder auf dieses Wort angesprochen, vor allem wenn ich außerhalb des Internets Menschen – meistens Frauen – begegne, die das Wort auf sich selbst beziehen und es offenbar genauso verstanden haben, wie ich es gemeint habe. Sie sagen zum Beispiel Sachen wie „Ich bin ja auch so eine Internetschmarotzerin, über die du neulich geschrieben hast“, und sie sind mir
Kontext. Wie Wörter zu ihrer Bedeutung kommen.
Zu der aktuellen Debatte um rassistische Begriffe in Büchern und die Frage, ob man „Klassiker“ verändern kann, soll oder muss,
Mann Meier
Diese Initiative war mir bisher entgangen, aber richtig ist der Denkansatz: Die Initiative für sprachliche Gleichstellung ruft dazu auf, ab sofort unter Berufung auf das im Grundgesetz verankerte Gleichberechtigungsgesetz eine neue Anrede für Männer zu verwenden. Die veraltete Anrede HERR wird zur Anrede MANN. Durch die neue Anrede werden Männer nicht mehr als Herren aufgerufen, angeredet und angeschrieben, sondern als gleichberechtigte Männer. Damit werden Gleichwertigkeit und Gleichstellung zwischen Frauen und Männern ausgedrückt. Die gebräuchlichen Anreden „Herr“ und „Frau“ sind nicht gleichwertig und vermitteln keine sprachliche Symmetrie. weiterlesen hier: http://www.anrede-mann.de/
Von der hohen Kunst, „Kackscheiße“ zu sagen oder auch nicht
Haha, lustig. Malte Welding erklärt den Antirassist_innen und Feminist_innen, dass es für einen ernsthaften Diskurs nicht zuträglich ist, dem Gegenüber zu
read more Von der hohen Kunst, „Kackscheiße“ zu sagen oder auch nicht
Männliche Sprache ist nicht nur generisch…
Die Diskussionen über meinen letzten Blogpost zum generischen Maskulinum noch im Kopf las ich gestern im Zug die aktuelle Brandeins mit einem Artikel von Peter Lau über „Menschen, Hippies, Lina: Ein Nein ist für alle lehrreicher als ein Ja“, und dabei fiel mir auf, dass man das Thema wirklich über die rein grammatikalisch-sprachliche Ebene hinaus ausweiten muss. Eigentlich habe ich die Kolumnen von Peter Lau immer sehr geschätzt und fand es schade, dass er in letzter Zeit nicht mehr in Brandeins geschrieben hat, aber in diesem Artikel liefert er leider wirklich ein Paradebeispiel für Texte, die angeblich geschlechtsneutrale Thesen verbreiten, dann aber Frauen ausschließen – sprachlich und letztlich auch inhaltlich. Und zwar ganz ohne dabei die Grammatik zu Hilfe zu nehmen. So würdigt er das „Erbe der Hippies“ an einigen Beispielen und schreibt dann: „All dies haben natürlich nicht einige Langhaarige durchgesetzt, ….“. Die „Langhaarigen“ sind grammatikalisch nun keine männliche Form, aber dennoch eine sprachliche Umschreibung der „Hippies“, die ausschließlich