Mehr als Erwerbsarbeit gibt es bei den Parteien nicht

Bald ist Bundestagswahl, und auch wenn ich eine der Big Ugly Five wählen werde, noch genauer die Grünen, wie ich Buzzfeed schon erzählt habe, so prangere ich doch an, überhaupt keine Auswahl zu haben – jedenfalls nicht bei den Themen, die ich wichtig finde. Die Gruppe Care Revolution Rhein Main hat an die hiesigen Kandidatinnen und Kandidaten einen Fragebogen verschickt, um ihre Ansichten zu dem Themen komplex abzufragen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Ulli Nissen (SPD) schreibt: Die SPD lehnt ein bedingungsloses Grundeinkommen ab. Es entwertet die Leistung der arbeitenden Menschen. (Ulli Nissen, SPD) Wieso das so ist, bleibt ihr Geheimnis. Noch besser ist Matthias Zimmer, CDU. Er antwortet auf die Frage, für welche Maßnahmen er sich einsetzen möchte, um Menschen finanziell zu unterstützen, die unbezahlte Sorgearbeit leisten: Verstehe ich nicht. Ich soll Menschen finanziell unterstützen, die unbezahlte Sorgearbeit leisten? (Matthias Zimmer, CDU) Etwas netter formuliert sind die Antworten von Linke, Bündnis 90/Grüne und FDP, aber es wird doch ganz deutlich, dass

read more Mehr als Erwerbsarbeit gibt es bei den Parteien nicht

Grundeinkommen à la Straubhaar: Da fehlt doch was!

Morgen ist der 1. Mai, der Tag der unsichtbaren Arbeit, und passend dazu könnt Ihr das Interview in der aktuellen Ausgabe von Brandeins lesen, in dem Thomas Straubhaar sein Modell für ein Bedingungsloses Grundeinkommen vorstellt (ich weiß nicht, ob der Link bei euch funktioniert oder nur bei mir mit Digitalabo – wenn nicht, müsst Ihr noch etwas warten, die Brandeins schaltet Texte irgendwann nach und nach frei.) Straubhaar ist ein etablierter Ökonom, der sich schon lange für ein Grundeinkommen einsetzt und dabei tapfer gegen den Mainstream seiner Kolleg_innen schwimmt, womit er sich natürlich auch ein bisschen interessant macht. Aber gut, jeder Mitstreiter ist willkommen – oder nicht? Leider teilt Straubhaar mit dem Gros der männlichen Grundeinkommens-Befürworter die Blindheit für die Anforderungen von Care. Deshalb wird sein Modell nicht funktionieren und lässt sich von den Gegner_innen der Grundeinkommens-Idee entsprechend leicht auseinander nehmen. Dabei sind einige Aspekte durchaus interessant. Anders als die Gruppe um Götz Werner, Daniel Häni und Enno Schmid möchte Straubhaar

read more Grundeinkommen à la Straubhaar: Da fehlt doch was!

Einige Thesen zu Care und Grundeinkommen

Am 21. Februar fahre ich nach Dortmund um dort in einem „Salon der Querdenkerinnen“ ein paar Thesen zu Care und Grundeinkommen zur Diskussion zu stellen. Hier sind die Thesen, falls Ihr mitdiskutieren wollt. Das geht entweder in den Kommentaren oder, natürlich, direkt vor Ort: 18.30 Uhr im Rheinoldium, Schwanenwall 34. Der Vortrag beginnt um 19 Uhr, zwischendrin gibt es noch Häppchen und musikalische Begleitung der Flötistin Wiebke Voigt. Und hier sind nun also die Thesen: Das Bedingungslose Grundeinkommen ist kein Recht, sondern die (symbolische und faktische) Anerkennung der Tatsache, dass alle Menschen Bedürftige und Abhängige sind. Wir alle „leben von Sozialhilfe“, niemand kann für sich selbst sorgen. Die gegenwärtigen politischen und ökonomischen Krisen lassen sich nicht dadurch lösen, dass hier und da einige Stellschrauben gedreht werden. Notwendig ist ein symbolischer Paradigmenwechsel. Die Trennung von Arbeit und Einkommen ist bereits Realität. Ein Grundeinkommen würde dieser Realität Rechnung tragen und notwendige Ressourcen an Engagement und Kreativität freisetzen. Das Bedingungslose Grundeinkommen löst die gegenwärtige

read more Einige Thesen zu Care und Grundeinkommen

Feministische Perspektiven zum Grundeinkommen. Und das Problem, zu linken Männern vorzudringen.

Tuuut Tuut, dies ist ein Werbe-Blogpost. Allerdings kein bezahlter, sondern einer für das Buch „Das Bedingungslose Grundeinkommen. Feministische und postpatriarchale Perspektiven“, das ich zusammen mit Ronald Blaschke und Ina Praetorius herausgegeben habe. Das Thema ist ja hier im Blog praktisch ein Basso Continuo. Wir bedanken uns besonders bei Ulrike Helmer, die das Projekt als Verlegerin unterstützt, und mit der ich ja auch bei meinen anderen Büchern seit Jahren (bzw. Gosh, seit Jahrzehnten), zusammenarbeite. Aber ganz ehrlich, dieses Buch hätte ich eigentlich lieber nicht in einem feministischen Verlag herausgebracht. Denn das dortige Publikum weiß eigentlich schon, dass das Grundeinkommen feministische und postpatriarchale Perspektiven braucht. Deshalb hatten wir ursprünglich vor, das Buch in einem der einschlägigen linken Männerverlage herauszubringen, von denen es ja etliche gibt in Deutschland, Österreich, der Schweiz, und die auch fleißig Männerbücher zum Grundeinkommen im Programm haben. Aber die wollten alle nicht. Oder hätten es nur gemacht, wenn wir ihnen Druck und Herstellung finanziert hätten. Sie glauben offenbar, dass ihr Publikum sich nicht für feministische und postpatriarchale Perspektiven

read more Feministische Perspektiven zum Grundeinkommen. Und das Problem, zu linken Männern vorzudringen.

Wer trägt die Lasten der Austeritätspolitik?

Mein letzter Workshop der bei der Konferenz der International Association for Feminist Economics in Berlin (vgl. die vorherigen Posts hier im Blog) hatte  den Titel „Austerity Measures in Europe: Who Bears the Burden?“. Dabei stellte Maria Laura di Tommaso eine Studie vor, wonach sich der Gender Pay Gap seit 2008 in Italien verdoppelt hat, und zwar seit 2010 vor allem in den höheren Einkommensgruppen. Leider habe ich ganz hinten gesessen und sie hat so leise gesprochen, dass ich die Details ihrer Analyse schlichtweg nicht mitbekommen habe. Anschließend berichtete Yolanda Inbeto von Versuchen der linken Provinzregierung in der baskischen Provinz Gipuzkoa, trotz Austeritätsvorgaben aus Madrid nicht an sozialen Ausgaben zu sparen und dennoch Maßnahmen zu mehr Geschlechtergerechtigkeit einzuführen. Da das alles noch sehr jung ist, ist es noch zu früh, daraus eine Bilanz zu ziehen bzw. zu wissen, wie erfolgreich es ist. Aber schön, zu wissen, dass es in Europa noch Ecken gibt, in denen sowas ausprobiert wird. Dann sprach Diane Perrons über

read more Wer trägt die Lasten der Austeritätspolitik?

Die Care-Debatte in einem globalen Kontext

Es folgt ein weiterer Blogpost zur Konferenz der International Association for Feminist Economics in Berlin (vgl. die vorherigen Posts hier im Blog). Bei diesem Roundtable bei der IAFFE-Konferenz ging es um „Unpaid Work and the New Development Agenda“. Zunächst gab Valeria Esquivel (UN Research Institute for Social Development) einen Überblick über den Stand der Care-Debatte in einem globalen Kontext. Je nachdem kann der Kontext sehr unterschiedlich sein, und dabei besteht immer auch die Gefahr, aneinander vorbei zu reden. Im Westen ist zum Beispiel manchmal von einem ein „Recht auf Care“ die Rede, und damit ist nicht nur das Recht gemeint, bei Hilfsbedürftigkeit versorgt zu werden, sondern auch das Recht darauf, Care-Arbeit an Freund_innen und Familienangehörigen zu leisten, ohne dass ein Zwang, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen und nach Bedarf Erwerbsarbeit zu leisten, das unmöglich macht. Dieses „Recht auf Care“ ist jedoch in Kontexten, wo von Frauen ganz selbstverständlich erwartet wird, dass sie die Care-Arbeit leisten, nicht unbedingt einsichtig, weil Care dort noch viel mehr eine Folge von

read more Die Care-Debatte in einem globalen Kontext

Feminismus und Finanzpolitik

Mit etwas Verspätung fahre ich fort mit dem Verbloggen meiner Erlebnisse bei der Konferenz der International Association for Feminist Economics in Berlin (vgl. auch  meinen Bericht dazu im 10nach8 Blog auf Zeit Online sowie die vorherigen Posts hier im Blog). Mein zweiter Workshop hieß „Engendering Economic Policy“ und nahm den Appell von Silvia Walby aus dem Eröffnungspanel auf, dass Feministische Ökonomie sich mehr mit Finanzpolitik beschäftigen soll. Den Auftakt machte Brigitte Young, die ein Forschungsprojekt vorstellte, mit dem sie die „Black Box Finance“ knacken will. Zunächst identifizierte sie drei Aspekte, unter denen Finanzpolitik wirkt, nämlich als „Risk bias“ (Wer trägt die Risiken des Finanzkapitalismus bzw. muss dessen Folgen ausbaden), als „Credit bias“ (Welche neuen Machtverhältnisse zwischen Schuldnern und Gläubigern entstehen? Geld als Form sozialer Beziehungen…) und schließlich als „Asset Bias“. Alle diese drei Punkte haben offenbar klare Gender-Implikationen, obwohl immer behauptet wird, „Finance“ wäre geschlechterneutral, weshalb sich auch Genderstudies vorwiegend auf Themen wir Arbeitsmarkt oder Sozialstaat bezogen haben. Doch das verschleiert, wie

read more Feminismus und Finanzpolitik

Mit Katrin Rönicke und Carmen Amicitiae über Sexarbeit gepodcastet

Hier kommt noch ein Hinweis für euch (urlaubsbedingt mit ein paar Tagen Verspätung): Katrin Rönicke hatte mich und die Sexarbeits-Aktivistin Carmen Amicitiae im Juli zu einem Gespräch über Sexarbeit und Prostitution eingeladen. Es erschien jetzt in ihrem Podcast „Erscheinungsraum“ unter dem schönen Titel „Es gibt keine Notwendigkeit, dass mit allen Männern geschlafen wird“ – hier ist der Link. Zum Abschied bekam ich Katrin Rönickes neues Buch „Bitte freimachen. Eine Anleitung zur Emanzipation“ geschenkt. Ich hab es gleich im Zug in den Urlaub gelesen. Es ist ein schönes, sehr persönlich gehaltenes Einführungsbuch, das die derzeit wichtigen Feminismusthemen (Körer, Sex, Kinder, Pink, Equal Pay, Armut, Netz undsoweiter) anhand der eigenen subjektiven Erfahrungen der Autorin entfaltet. Katrin Rönicke: Bitte Freimachen. Metrolit, Berlin 2015, 22 Euro (Print), 16,99 Euro (E-Book).