Nein, der Pazifismus ist nicht gescheitert!

Leute, was ich momentan ziemlich albern finde, das sind ja diese Diskussionen darüber, ob der Pazifismus angesichts von Despoten wie Putin gescheitert ist. Diese Frage ist deshalb albern, weil nirgendwo in den vergangenen 20, 30 Jahren gegenüber Putin eine politische Strategie des Pazifismus versucht wurde. Sich aus Konflikten herauszuhalten und nur den eigenen ökonomischen Vorteil zu suchen ist kein Pazifismus, sondern Egoismus und Opportunismus. Pazifismus bedeutet nicht, nichts zu tun, sondern ist etwas Aktives. Es bedeutet Widerstand und Sabotage. Es bedeutet, sich konsequent selbst nicht an gewaltsamen Strukturen und Aktionen zu beteiligen, auch um den Preis eigener Nachteile oder angesichts von Gefahren. Genau das ist ja gegenüber Putin eben nicht passiert, sondern es gab ein sich Anbiedern, Honig um den Mund schmieren usw. Auch das Gelaber von der „Zeitenwende“, sorry, Putin ist nicht der einzige Despot, den diese Welt je gesehen hat. Pazifismus als politische Theorie (und das stimmt ganz unabhängig davon, ob man sie teilt oder nicht), ist für

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Erbrecht abschaffen!

Angeblich leben wir ja in einer Gesellschaft, in der alle die gleichen Chancen haben, in der es gerecht zugeht, in der das Individuum zählt und nicht der Clan, zu dem jemand gehört – schön und gut, aber was dem vollkommen entgegensteht, ist das Erbrecht. Seit ich im Rahmen meiner Dissertation vor 30 Jahren realisierte, dass im 19. Jahrhundert die Abschaffung des Erbrechts eine zentrale Forderung anarchistischer Gruppen war und vor allem auch Feministinnen das unterstützten (weil das damalige Erbrecht meist auch noch patriarchal war und männliche Nachkommen bevorzugte), geht mir das nicht mehr aus dem Kopf. Also warum es sich so gehalten hat. Und warum die Linken sich so auf das Privateigentum an Produktionsmitteln kaprizieren, statt so etwas viel einfacheres, logischeres, praktischeres wie die Abschaffung des Erbrechts anzustreben. Und warum dieses Clan-Familien-Denken sich so hartnäckig hält. Ich schreib das immer mal hier und da hin, meistens mit wenig Resonanz, weil die Linken sind alle marxistisch eingenordet (Marx war schon im

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Margarete Susman zum 150.

Am 14. Oktober 2022, ist der 150. Geburtstag der jüdischen Religionsphilosophin Margarete Susman (1872-1966). Wir wollen auf dieses Jubiläum aufmerksam machen und interessierte Kreise / Personen / Institutionen dazu anregen, etwas zu Susmans 150. Geburtstag zu planen oder, wenn das schon der Fall ist, sich zu vernetzen und so weiter. Ich habe mich in der Vergangenheit schon dreimal mit ihrem Denken beschäftigt: Hier im Blog schrieb ich etwas über Susman und den Anarchismus Im Forum „Beziehungsweise Weiterdenken“ schrieb ich etwas über Susman als Differenzfeministin Und in meinem Youtube-Kanal „Antje las ein Buch“ stellte ich ihren Essay „Das Buch Hiob und das Schicksal des jüdischen Volkes“ vor. — Außerdem habe ich zwei ihrer Bücher in meiner Youtube-Reihe „Antje las ein Buch“ besprochen, und zwar Das Buch Hiob und das Schicksal des jüdischen Volkes (1947) Frauen der Romantik (1929) Aktuell zum 150. Geburtstag hatte ich ein halbstündiges Gespräch mit Catherine Newmark bei Deutschlandfunk Kultur über Susmans Differenzdenken und heutige Identitätsdebatten. — Für

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„Gegenderte“ Sprache: Es geht nicht um Diskriminierung, sondern um Sichtbarkeit

Nele Pollatschek hat im Tagesspiegel einen Artikel geschrieben mit dem Titel „Gendern macht die Diskriminierung nur noch schlimmer“. Darin weist sie auf den Umstand hin, dass durch sprachliche Verwendung von weiblichen und männlichen Formen (statt des generischen Maskulinums) das Geschlecht von Personen eine größere Bedeutung annimmt, weil man ständig darauf hingewiesen wird, und stellt deshalb die These auf, dass inklusive Sprache die Diskriminierung von Frauen erhöhe und nicht bekämpfe (Ich finde das Wort Gendern falsch, weil auch das generische Maskulinum eine gegenderte Sprache ist). Anatol Stepanowitsch hat aus linguistischer Sicht bereits einige Gegenargumente hier gesammelt. Mir ist aber etwas anderes wichtig. Und zwar die Erinnerung daran, dass Pollatscheks Argumentation nicht neu ist, sondern in den 1990ern innerhalb des Feminismus stark diskutiert wurde, vor allem auch in Auseinandersetzung zwischen Feministinnen aus BRD und DDR, da in der DDR genau jenes „Frauen mitmeinende Maskulinum“ üblich war, das Pollatschek nun in Großbritannien auch wiedergefunden hat. Zu sagen „Ich bin Ingenieur“ war für Frauen

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Sprache: Es geht nicht um das „Mitgemeintsein“ von Frauen

Ich versuche schon seit einiger Zeit, zu verstehen, wieso diese Kultur sich so vehement gegen eine Veränderung von Sprache, die Frauen sichtbar macht, wehrt. Wieso dieses Thema ihnen so wichtig ist, dass eine Sparkasse lieber einen kleinkarierten Rechtsstreit führt, als einfach ein paar Formulare zu verändern. Warum so vielen Leuten so viel daran liegt, auch amtlich gerichtlich bestätigt zu haben, dass NIEMAND SIE ZWINGEN KANN, WEIBLICHE FORMEN ZU VERWENDEN. Ich bewundere Frauen wie Marlies Krämer, die sich die langen Märsche durch Institutionen antun, um was zu verändern, und sie bewirken damit ja auch wirklich was. Aber ich frage mich inzwischen, ob es wirklich darum geht, ob „Frauen mitgemeint“ sind. So haben feministische Kritikerinnen der „Männersprache“ ja lange und bis heute argumentiert: Das generische Maskulinum (also dass eine männliche Form verwendet wird für Menschen insgesamt, darunter auch Frauen) würde Frauen unsichtbar machen, Frauen fühlten sich eben nicht angesprochen und nicht gemeint. Das ist zweifellos zutreffend und hat historische Gründe, vor allem

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Die Ehe für alle gibt es bislang nur für Männer 

Hört mal auf, die Ehe für alle zu feiern, denn es die Ehe gibt es bisher anscheinend immer noch nur für heterosexuelle Paare und für homosexuelle Männerpaare. Jedenfalls ist das, was ich heute Morgen in meiner Timeline lese. (Falls es nicht stimmen sollte, betrachtet das Ganze hierfür erledigt. Ich bin zur Zeit in den USA und unterwegs und daher nicht in der Lage, es jetzt ausführlich gegen zu checken. Falls es aber stimmen sollte, macht bitte einen großen Skandal daraus!) Wie ich gerade lese,  (Absatz Stiefkindadoption) sind lesbische Paare offenbar auch mit dem neuen Gesetz immer noch nicht rechtlich gleichgestellt. Denn bei Kindern, die in eine Ehe hinein geboren werden, gilt immer noch nicht automatisch die Ehefrau der Mutter als Elternteil, sondern muss das Kind weiterhin aufwändig und mühsam und teuer adoptieren. Bei heterosexuellen Paaren ist das anders, der Ehemann einer Mutter ist automatisch als Vater akzeptiert, auch wenn er aufgrund von längerer Abwesenheit zum Beispiel unmöglich der biologische Vater sein kann. Dies ist

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Elternschaft muss freiwillig sein! Warum es für Väter ein Opt-Out geben sollte

Kürzlich sprach ich bei einem Thementag des Elternreferats des AstAs an der Uni Mainz über das Schwangerwerdenkönnen, und in der anschließenden Diskussion sorgte eine Fragestellung für Kontroversen, die ich so nicht erwartet hätte: Ob es für Väter (beziehungsweise für die Männer, mit deren Sperma eine Frau schwanger geworden ist) die Möglichkeit eines „Opt-Out“ geben sollte. Irgendwo hatte ich das nämlich mal gefordert (weiß jetzt aber grade nicht mehr, in welchem Blogpost oder Text, falls jemand schlauer ist, bitte in die Kommentare, danke!) und bin auch weiterhin der Meinung, dass das richtig wäre. Denn während eine Schwangere nach der Zeugung darüber entscheiden kann, ob sie das Kind austrägt oder nicht, hat der Samenspender diese Möglichkeit nicht, da es nicht sein Körper ist, der schwanger ist. Er kann zwar seine Meinung äußern, aber die Entscheidung selbst kann nur die Schwangere fällen. Es sei denn, wir leben in einer patriarchalen Gesellschaft, die die körperliche Selbstbestimmung von Frauen durch Gesetze und Machtverhältnisse unterbindet. Wenn wir uns jetzt aber einig sind, dass das nicht geht

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Was wirklich an Hartz IV falsch war

Es scheint meiner Timeline zufolge irgendein Hartz IV-Jubiläum zu geben, jedenfalls häufen sich gerade die Texte darüber, warum dessen Einführung falsch war. Bei den vielen Argumenten fehlt mir jedoch eines, und meiner Ansicht nach das wichtigste, weshalb ich das an dieser Stelle mal kurz verblogge. Das Schlimmste an Hartz IV, so meine ich, ist nicht seine absolute (zu geringe) Höhe, sondern die hinter dem Systemwechsel von dem alten Arbeitslosen-/Sozialhilfe-System zu Hartz IV stehende Logik des „Nur wer wirklich Hilfe braucht, soll welche bekommen.“ Ich erinnere mich mit an eine Diskussion, die ich damals mit einer den Grünen nahe stehenden Freundin hatte (nicht die böse CDU hat Hartz IV eingeführt, sondern das waren SPD und Grüne), die darin gerade einen Vorteil sah. Sie argumentierte ungefähr: Das alte System des Wohlfahrtsstaates ist zu teuer, wir müssen sparen, und deshalb soll das Geld, das wir haben, nicht mehr an Leute aus dem Mittelstand gehen, sondern konsequent nur an die Armen. Das klingt auf

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Cis, Trans, Feminismus

Ich habe gerade (weil Teresa Bücker es in ihrem Republica-Vortrag empfohlen hat) das lesenswerte Buch „Excluded. Making Feminist and Queer Movements More Inclusive“ von Julia Serano gelesen. Die Trans-Aktivistin kritisiert darin die Tendenz mancher feministischer Gruppen, andere auszuschließen und plädiert für einen vielfältigen Aktivismus und einen „holistischen“ Feminismus, der verschiedene Strategien (wie zum Beispiel „radikal“ und „reformistisch“) nicht als Gegensätze, sondern als gegenseitige Ergänzung begreift. Besonders kritisiert sie eine bestimmte Art von radikalem Lesben-Feminismus, der Transfrauen ausschließt, zum Beispiel mit der Behauptung, sie wären gar keine „richtigen“ Frauen oder sogar Männer, die sich quasi in Frauenzusammenhänge „einschmuggeln“ oder diese „unterwandern“. Ich kann mich aus meinen eigenen feministischen Frühzeiten (in den 1980ern) daran erinnern, dass es solche Diskussionen gab, und dass ältere Feministinnen solche Ansichten über Transfrauen vertreten haben. In meinem eigenen Umfeld beziehungsweise unter den etwas jüngeren Frauen „meiner“ Generation spielte das jedoch schon keine so große Rolle mehr, allerdings war ich auch nicht in großen Bewegungen aktiv, sondern eher in kleineren,

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