
Gestern sah ich den Film “Up in the Air”, und er hinterließ mich etwas ratlos. So als Frau meine ich. Mir ist nicht klar, was ich daraus lernen soll.
Ich meine: Das Role-Model, das mir da vorgelebt wurde, war ja eindeutig Alex. Alex (gespielt von Vera Farmiga), eine offensichtlich gut verdienende Karrierefrau, die George Clooney zum Lover hat, jede Menge Flugmeilen auf dem Konto und, wie sich letztlich herausstellt (Achtung, alle die den Plot noch nicht kennen und den Film noch sehen möchten, bitte hier abbrechen) – auch noch glückliche Besitzerin einer Familie mit Kindern und Hausmann ist. Die also neben ihrem aufregenden Leben auch noch eine von diesen Familien hat, die emotionalen Rückhalt geben und um deren Wichtigkeit es letztlich in dem ganzen Film geht.
Also, Alex, die strahlende Siegerin zwischen den zwei gegensätzlichen Polen, die im Film als Loser dargestellt werden: Ryan alias Clooney auf der einen Seite, ein bindungsloser Single, der am Ende traurig und einsam dasteht, und seine Schwester auf der anderen Seite, das bemitleidenswerte Landei mit langweiligem Leben zwischen Heiratskitsch und Verlassenwerden.
Alles wunderbar dargestellt, der Film ein Genuss. Aber, noch einmal: Was soll ich jetzt daraus lernen? Dass Polyandrie die neue angesagte Lebensform für die moderne Frau ist?
Nicht, dass ich damit prinzipiell ein Problem hätte. Es wundert mich bloß, dass frau das heutzutage schon in Form von Hollywoodstreifen präsentiert bekommt.
Natürlich soll der eigentliche Fokus auf dem traurigen Helden Ryan liegen. Dem, dessen Scheitern an der Bindungslosigkeit hier Thema ist, wie die tränendrückenden Schluss-Statements arbeitsloser Familienväter und –mütter klar machen, die schwülstig bekunden, dass Beziehungen doch das Wichtigste im Leben seien. Aber ehrlich gesagt, wirklich mit ihnen tauschen möchte man nicht.
Tauschen möchte man, wenn überhaupt, eben mit Alex. Mit der, die zu ihrem männlichen Geliebten jenen Schlüsselsatz sagt, der die ganze traurige Bilanz der Frauenemanzipation auf den Punkt bringt: „I’m just like you. Only with a vagina.“ Und genau das ist sie: Alex lebt genau jene patriarchale Männerlebensform, die die Feministinnen früher mal abschaffen wollten, und die sie jetzt tragischerweise offenbar selbst verkörpern. Sie sind die Löwinnen im Beruf und in der Öffentlichkeit, und werden emotional gestützt von einer Familie, die im Privaten abgeschottet ist und von einer unsichtbaren Hausarbeitskraft am Leben gehalten wird. Und die ihr, der strahlenden Heldin und ihren Ambitionen, weder Arbeit macht noch sonst wie im Weg steht.
Wie gesagt. Ich bin etwas ratlos. Mal abgesehen davon, wie realistisch es ist, sich so etwas einzurichten: Ist das tatsächlich das neue Rolemodel, das das der Mainstream für mich vorgesehen hat?

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