So etwas Gentlemaneskes wie das kokette Eingeständnis von Stephen Hawking neulich gab es ja lange nicht mehr in Sachen Geschlechterdifferenz zu lesen: Frauen seien ihm ein komplettes Rätsel, bekannte er im Interview zu seinem 70. Geburtstag. Ich nehme an, dass er bei dieser Gelegenheit noch mehr gesagt hat, aber die meisten Medien haben diese eine Antwort zum Aufmacher gemacht.
Bekanntlich ist aber die männliche Vorstellung, Frauen seien ein komplettes Rätsel, kein ganz taufrisches Klischee. Jahrhundertelang war das Mainstream. Der Neuigkeitswert liegt vielmehr darin, dass jemand das heute noch sagt (oder, wie die Mahner gegen die political correctness vermutlich sagen würden), sich heute noch (oder wieder) traut, so was zu sagen.
Das derzeitige Mantra lautet ja eher, dass Frauen im Prinzip ganz genauso sind wie Männer, bloß mit Lippenstift. Was gibt es da schon zu verstehen. Auch in diesem Blog erscheinen immer mal wieder Kommentare, in denen Männern mir erklären, wie Frauen sind und was sie tun (meistens in Widerspruch zu dem, was ich gebloggt habe, denn ich gehe ja nur von mir persönlich aus und bin, da selbst eine Frau und noch dazu Feministin, nicht in der Lage, das zu beurteilen).
Warum ich diesen kalten Kaffee noch einmal aufrühre, ist eine Idee, die ich beim Lesen des Hawking-„Geständnisses“ hatte. Nämlich die, dass genau hier die Lösung für ein ganz anderes Mysterium liegen könnte: Das Mysterium nämlich, warum auf so vielen Veranstaltungen lauter Männer reden und kaum eine Frau. Das ist ja völlig unerklärlich, weil doch niemand etwas gegen die Beteiligung von Frauen hätte. Und weil Frauen erwiesenermaßen weder blöder noch uninteressierter noch sonstwas sind.
Meine Idee nun ist folgende: Diese beiden scheinbar so diametral entgegengesetzten Vorstellungen, die unter Männern über Frauen kursieren – „sie sind ein unerklärliches Mysterium“ versus „sie sind ganz genauso wie wir“ – sind nur die zwei Seiten derselben Medaille. Sie führen nämlich beide zu dem Schluss, dass es eigentlich keinen Grund gibt, mit Frauen zu reden. Denn welchen Sinn soll es haben, Frauen zuzuhören, wenn man schon von vornherein weiß, dass man sie nicht verstehen wird, weil sie ja so mysteriös sind? Oder welchen Sinn soll es haben, Frauen zuzuhören, wenn sie doch eh nichts anderes sagen werden als Männer auch?
Dabei wäre es doch eigentlich so einfach. Frauen sind nämlich keine Wesen vom anderen Stern. Man kann mit ihnen reden, echt jetzt. Und nicht nur, weil sich das heute nunmal so gehört für den toleranten Mann, sondern weil man dabei tatsächlich zuweilen Sachen erfährt, auf die man selber nicht gekommen wäre.
Aber natürlich nur, wenn’s einen auch interessiert.

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