
Ich gehe sehr, sehr selten in Kunstausstellungen, weil mich meistens die Leute und das Ambiente nerven. Dabei mag ich Kunst, aber ich mag keine Museen, keine Vernissagen, keine Kunstbeflissenen. Man darf nix anfassen, man darf nicht lachen – ernsthaft nicht.
(Vor einigen Jahren ging ich mit zwei Bekannten aus Brasilien ins Städel, Kunststudentinnen von einer kleinen Uni im Nordosten. Sie hatten noch nie die Gelegenheit gehabt, die ganzen Berühmtheiten mal im Original zu sehen. Entsprechend fröhlich aus dem Häuschen liefen sie durch die Räume des Städel und waren ganz begeistert und riefen Oooohs und Aaaahs. Solange bis ein Wächter kam und sagte, wir sollten uns doch gefälligst angemessen benehmen. Meiner Meinung nach waren die zwei die einzigen gewesen, die sich angemessen benommen hatten, aber okay.)
Als große Freundin des Kitsches konnte ich jedoch nicht anders, als heute die Jeff Koons-Ausstellung anzuschauen, beide Teile, erst die Skultpuren im Liebieghaus, dann die Bilder in der Schirn, und ich fand beides großartig. Ich mag es laut und bunt und glitzernd. Ich konnte es mir auch nicht verkneifen, einen der Hulks anzufassen, die nämlich aussehen wie aufgeblasene Plastikpuppen, aber aus Stahl sind. Man MUSS das angefasst haben, um es zu glauben. Ebenso wie man die ganzen Bilder und Skulpturen in Echt gesehen haben muss, die Abbildungen in Katalogen und auf Internetseiten sind nicht mal ein Abklatsch, eher eine Irreführung.
Bei all dem haben mich sogar nicht mal die vielen nackten Brüste gestört – über Jeff Koons als Erotomanen und die Ausstellung überhaupt hat übrigens Melusine Barby auf den Gleisbauarbeiten bereits Kluges gebloggt.
Ich finde ja die männliche Faszination für Brüste schon immer eher skurril, und als Jugendliche war mir dieser männliche Blick sehr unangenehm, weil er ja auch auf mich gerichtet war. (Als meine Brüste anfingen zu wachsen, Ende der Siebziger, gab es noch diese Kultur der post-68er-Direktheit, sodass zum Beispiel ein Nachbar, der mich auf der Straße traf, zu mir als Dreizehnjähriger sagen konnte: „Na, dein Busen ist ja schon richtig gut zu sehen“. Und ein älterer Junge an der Schule erlaubte mir den Zutritt zur Clique der Älteren allen Ernstes mit dem Argument, dass meine Brüste ja schon so schön groß seien.)
Sagen wir so, ich habe es überlebt, und im Lauf der Zeit stumpft man da ja auch ab. Allerdings kann ich es mir nicht verkneifen, Männer, die auf Busen starren, für ein bisschen gaga zu halten. Ebenso wie Künstler, die ihre Frauendarstellungen oben oder unten abschneiden, Hauptsache, die Brüste sind mit drauf. Dass es an der Erinnerung an die Nahrung spendende Mutterbrust liegt, kann ich nicht so recht glauben, denn diese Erinnerung habe ich ja nun auch, aber trotzdem gefallen mir an Menschen eher andere Körperteile, Arme oder Oberschenkel zum Beispiel. Wäre ich Künstlerin, würde ich lauter Arme und Beine modellieren.
Von daher werdet Ihr euch jetzt sicher nicht wundern, wenn ich verrate, dass mir in der ganzen Ausstellung Popeye am besten gefallen hat. Nicht nur wegen der Arme, sondern auch wegen dem Glänzen und der Farben.
Und noch etwas hat mich sehr amüsiert. Nämlich diese kunstbeflissene Dame, die direkt hinter uns die Ausstellung verließ und ihrem Unmut Luft machte: „Nie geht jemand ins Liebieghaus, aber bei diesem Käse kommen die in Massen her“. Ja, so sind wir, banausisch und fröhlich! Und wir lieben, wenn etwas SCHÖN ist!
PS: Dass ich hier nur einen Pudel abbilden kann, liegt an der Pressefotoauswahl.
Auch wenn ich genau so wenig eine Erklärung dafür parat habe wie du: Ich teile diese ‚männliche‘ Faszination durchaus. 😉 Allerdings veranlasst mich das nicht dazu, (sekundenlang) zu starren oder ohne Anlass (z.B. wenn frau selbst ihre Brüste thematisiert) Bemerkungen darüber zu machen.
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@endolex – Danke für das Geständnis 🙂 _ Nur, damit keine Missverständnisse aufkommen: Es liegt mir völlig fern, diese Faszination zu verurteilen (solange sie sich nicht respektlos und übergriffig äußert), sondern ich wollte einfach nur eine Differenz und ein Unverständnis meinerseits aussprechen. Vermutlich gibt es auch Frauen, die von Brüsten auf eine ähnliche Weise fasziniert sind, oder Männer, die es nicht sind (wenn auch wohl in deutlich weniger starkem Ausmaß). Klar scheint mir nur zu sein, dass es hier u.U. Konfliktpotenzial gibt…
Mir kam gerade noch die Idee, dass Brüste eventuell ein kulturelles Mem sein könnten.
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Als Frau musst du das auch nicht verstehen, warum Männer Brüste gerne anschauen. Keine Ahnung, was du bei Männern gerne anschaust und ob ich das verstehen will. Kulturelles Mem, man kans natürlich auch verkomplizieren.
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Nee, nee, als Veurteilung hätte ich das nicht aufgefasst, keine Sorge. 🙂
Wie sich die Vorlieben für / Fixierungen auf bestimmte Körperpartien bei Frauen und Männern gegenüber Frauen und Männern unterschiedlich verteilen, fände durchaus mal interessant. Konfliktpotenzial? Hm…das sähe ich halt vor allem in respektlosen und übergriffen Verhalten, ja, was ja aber erst mal nicht unbedingt einer bestimmten Fixierung entspringt sondern einem eher grundsätzlichen Mangel an Respekt, wie ich glaube?
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Ich lasse mich von autoritärem Gehabe schnell einschüchtern, aber ganz ehrlich: da stellt sich die Frage, ob so ein -wie du ihn nennst – Wächter – sich da wirklich angemessen und im Sinne seines Arbeitsgebers verhält.
Aber ist ja auch müßig, darüber nachzudenken. Es ist diese Athmosphäre, die unangenehm ist.
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Der von Dir beschriebene männliche Umgang mit Brüsten (starren, abbilden, anfassen, darüber sprechen, etc.) ist meiner Meinung nach ein Sozialverhalten, dass demonstrieren soll, wozu Mann berechtigt ist / sich berechtigt fühlt / glaubt berechtigt zu sein … gegenüber Frauen – vorzugsweise auch in Anwesenheit männlicher Rivalen – bzw. Zeugen der Macht.
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Das Brustfetisch-Ding ist auf jeden Fall kein Mann-Frau-Ding sondern ein Kultur-Ding. In anderen Kulturn spielen Brüste für den Sex nämlich keine Rolle und werden auch nicht ver- oder enthüllt, und auch Menschen mit Brüsten laufen ganz selbstverständlich oberkörperfrei herum.
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@TochterEgalias – ja sicher, aber Mann-Frau-Dinger gibt es ja immer nur in Form von Kultur!
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Ich zeichne auch am Liebsten Brüste und Beine…das hat einfach mit Vorlieben zu tun denk ich.
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@Antje Schrupp: Dann sind wir uns ja einig 🙂 Klang nur so, als ob’s auch was ’natürlich‘ männliches sein könnte.
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Kommt das – Auf die Brüste starren – nicht daher, dass WIR einmal auf allen Vieren gingen, und der männliche Teil der Spezies auf das Hinterteil der weiblichen Spezies oder auch männlichen schaute! Wenn die Brüste hochgeschnürt sind, ähneln diese den Pobacken!
Leider ist es in unserer Kultur nicht Usus, dass die Männer – vor allem die jungen Männer – einen Penisschaft tragen. Dann hätten wir Frauen auch etwas zu schauen/bewundern, und müssten uns nicht immer als „diskriminiert“ fühlen.
Es fehlt halt unserer Kultur die Selbstverständlichkeit zur sinnlichen Bewunderung an den wohl geformten/gebauten Mitmenschen, wie die selbstverständliche Lebensfreude und den runden, bunten, etc. Dingen um uns herum, nicht nur in Formen der Kunst. Einfach Lebensfreude, trotz Euro-Krise oder gerade wegen.
Danke für die sinnliche Betrachtung einer Ausstellung.
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der pudel war in paris , grand palais.. hervorragend!
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@elf2mani – momentan ist der Pudel in Frankfurt ;))
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Die Skulpturen im Liebig-Haus finde ich noch faszinierender als die Bilder in der Schirn, obwohl die auch schon viel zum Gucken und Hineinsehen und Herauslesen bieten. Der Beitrag von Melusine Barby hat das Spiel mit dem Material prima beschrieben, und ebenso das mit der Erotik.
Was mir am besten gefällt, ist, dass ich als echte Koons-Verächterin nun bekehrt bin. Kunst, die wirkt, was will man mehr? Ach ja, es darf auch mal etwas schön sein, da bin ich völlig deiner Meinung, und man darf auch mal lachen, beim Schweinchen zwischen den Madonnen habe ich auch gelacht.
Ich liebe übrigens Ausstellungen und Vernissagen, und am Koons-Eröffnungsabend hatte Hollein sich nicht lumpen lassen: Wein, Brezel und open house für alle, die ganze Frankfurter Schickeria stolzierte herum. Da habe ich erst mal mehr das Publikum als die Kunst betrachtet. Für die Kunst gehe ich demnächst noch mal ;).
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@Ellen – Ja, das hatte ich noch vergessen zu schreiben: Die Platzierung der Koons-Skulpturen im Liebieghaus zwischen all den alten Stücken ist natürlich auch ganz grandios!
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Sehr schön, vor allem die Schilderung der angestrengten Atmosphäre in Kunstaustellungen. Ich selbst lache da zwar eher selten, aber ich stand jüngst in einer mit viel Pomp aufgeblasenen Austellung in Berlin, die auch preislich derart hoch angesetzt war, dass ich mir einiges erhoffen durfte. Doch ich wurde enttäuscht und so gefiel ich mir in der Rolle desjenigen, der sich vor 4 oder 5 Exponaten halblaut darüber äußerte, dass man „so einen Mist ja wohl selten zu sehen bekommt“ oder auch – ebenfalls halblaut – darüber spekulierte, ob da ein Zusammenhang besteht zwischen horrenden Eintrittspreisen und eben hauptsächlich heißer Kunstluft. Da waren es dann aber andere Besucher, die mich maßregelten. Verständlich – wer 30 Takken bezahlt, ist nicht selten bereit sich zum Glück zu zwingen…;-)
Was die „Brüste“ angeht. Als jemand der eine Generation dahinter ist (Jahrgang 1977) kann ich mir so gar nicht vorstellen, dass sowas echt mal ging, also ein Mann zu einer 13jährigen sowas sagt wie oben beschrieben. Meine Männergeneration ist ja schon derart „verbal traumatisiert“, dass jegliche Selbstverständlichkeit weg ist. Deswegen ist die Kultur der Komplimente ja auch eine untergehende Kultur, weil ich als Mann weiß, dass 90 Prozent meiner ehrlich gemeinten Komplimente aber sowas von Probleme bringen werden, so dass ich lieber gar nix Nettes mehr sage, auch wenn ich vermute, dass es doch eigentlich eine Freude sein müßte für eine Frau genau das zu hören. Und wenn ich dann doch was sage, also mich an einem Kompliment versuche, klar, dann wird das sehr ungelenk und angestrengt und ruft erst Recht das hervor, was ich doch eigentlich vermeiden will…auch eine fiese Form von Selffulfilling Prophecy…
Mir glotzen Frauen im Gespräch übrigens auch dauernd auf die Brust, ich finde das aber normal, weil wenn man im Gespräch permanent in die Augen stiert kann das auch sehr befremdlich sein. Oftmals ist der Blick auf die Brust also einfach ein Blick „nicht in die Augen“. Beide Geschlechter machen das, aber nur ein Geschlecht darf es…;-)
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@David – Aber du kannst dir schon vorstellen, dass mir diese Art der Ansprache nicht unbedingt gefallen hat? Die Dreistigkeit dieser Männer damals ist sicher kein Idealzustand gewesen sondern eine der Ursachen für die heutige Situation.
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Zu den Brüsten – die Faszination daran ist auf jeden Fall kulturell bedingt. Ich teile sie, obwohl oder weil (?) ich kein Mann bin. Vielmehr finde ich es sehr schön und wichtig, die „Liebe zum eigenen Körper“, also die Auto-Erotik, zu kultivieren. Das Sexistische und Übergriffige eines „traditionellen“ männlichen Blickes auf Brüste (und andere Körperteile der Frau) liegt doch darin, dass ER so darauf schaut, als sei dieser Körper f ü r ihn da, zeige und inszeniere sich ausschließlich für i h n.
Sich aus diesem Blick zu befreien und einen eigenen (weiblichen) Blick auf den weiblichen Körper zu inszenieren, finde ich spannender, als sich dem männlichen Voyeurismus ein weiteres Mal zu unterwerfen, nämlich indem frau sich die Lust am eigenen und am Körper anderer Frauen verkneift und ihn deshalb „sittsam“ verhüllt. Es ist doch faszinierend, dass weibliche Künstlerinnen vor allem Interesse am weiblichen (oft auch unmittelbar an ihrem eigenen) Körper haben und sich mit diesem in ihrem Werk beschäftigen.
Umgekehrt finde ich es für Männer traurig, dass sie ihr eigenes Begehren offenbar nur über die Verfügung und Verfügbarkeit der Anderen, über die Herstellung, Inszenierung und Inanspruchnahme von deren Körper darstellen und ausdrücken können und wollen. Was mögen Männer an sich und ihrem Körper? Warum stellen sie ihn nicht liebevoll in seiner Nacktheit dar? (Jeff Koons tut das ja, aber er ist die Ausnahme.) Warum bleiben – im traditionellen Bild der abendländischen Kunst – die Männer verhüllt (zum Beispiel Manets „Frühstück im Grünen“), während die Frauen entblößt werden? Darin steckt einerseits sicher die Repräsentanz der Herrschaft des Mannes über den Körper der Frau (die Herrschaft des schöpferischen Künstlers über das Model), aber doch auch eine Gleichgültigkeit, ja beinahe eine Verachtung der Männer dem eigenen Körper gegenüber, die vielleicht mehr Beachtung verdiente. Darüber hörte ich gerne mal mehr von Männern. Aber wann immer ich das Thema anreiße, auch bei mir im Blog, landen die männlichen Beiträger ruckzuck wieder dabei, sich über ihren Blick auf Frauen auszulassen, darüber, was ihnen an deren Körpern gefällt oder nicht. Den eigenen Körper mit Begehren zu betrachten, ist für viele Männer offenbar ein Tabu.
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Na klar, das habe ich durchaus verstanden, dass das nicht gefallen hat. Hätte es mir auch nicht, ich fand ja schon das simple „Du bist aber groß geworden“ immer ziemlich nervtötend, führte es doch direkt zu Unbehaglichkeit. Als „Idealzustand“ habe ich das ja auch nicht bezeichnet und auch deine Beschreibung nicht so aufgefasst. Ich kann nur schlichtweg nicht glauben, dass sowas mal möglich war bzw. so gehandhabt wurde, so weit erscheint mir ein derartiges Verbalverhalten inzwischen entfernt. Das damalige Verhalten ist genauso suboptimal wie das heutige, was das eine zu viel war, ist das andere vermutlich zu wenig. Die hohe Kunst des Mittelmaßes ist es, die ein guter Zustand wäre. Aber aufgrund subjektiv divergierender Ansichten gibt es dieses „gesunde Mittelmaß“ wohl gar nicht. Was dem Einen gefällt, bringt den Nächsten auf die bekannte Palme.Und was aus dem Mund des Ersten charmant wirkt, kann aus dem Mund eines Zweiten schon wieder unschicklich und unpassend sein. Aber ich schätze damit müssen wir einfach leben, das ist ja nicht direkt ein Problem zwischen den Geschlechtern, sondern zwischen allen Menschen.
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“Den eigenen Körper mit Begehren zu betrachten, ist für viele Männer offenbar ein Tabu“
Naja so würde ich das aber nicht sagen.
Manche Männer lieben ihren Penis mehr als sich selbst!
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@sarah – Das mag sein. Mir ging es aber eher darum, ob sie sich auch in Bildern über ihren Körper repräsentieren (der letzte Satz meines Kommentars ist da etwas missverständlich formuliert: Es geht nicht um das Betrachten daheim beim Masturbieren o.ä., sondern um die öffentliche Betrachtung, um das „Zur-Anschauung-Bringen“; also im Grunde darum, den eigenen Körper als Objekt des Begehrens zu sehen und nicht als Subjekt). Ich kenne nicht sehr viele Darstellungen von männlichen Penissen in der Kunstgeschichte (mindestens ab 1800). Man kann natürlich überall phallische Symbole entdecken. Der eigene Körper wird jedoch nicht „vorgezeigt“, sondern eben der Körper, der begehrt wird, und der als „Besitz“ imaginiert wird – der der Frau.
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Ich glaub, Melusine meinte nicht diesen monothematischen Hyperfokus 😎
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Nein @David – wir müssen nicht damit leben. Wir können (an)erkennen, was wir Männer da tun und nach den kulturellen Gründen forschen (wirkt das Wort „kulturell“ in diesem Zusammenhang nur auf mich verharmlosend?) und ggf. unser Verhalten ändern – ggf. bestimmte Handlungen einfach sein lassen.
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@ David
„Was die “Brüste” angeht. Als jemand der eine Generation dahinter ist (Jahrgang 1977) kann ich mir so gar nicht vorstellen, dass sowas echt mal ging, also ein Mann zu einer 13jährigen sowas sagt wie oben beschrieben. “
Doch, das ging. Leider. Ich bin ein ähnlicher Jahrgang wie du und auch ich habe solche Situationen in meiner Jugend erlebt. Ich möchte das nicht detaillierter ausführen, aber du kannst mir glauben, dass das weit jenseits des „gesunden Mittelmaßes“ war. Ich will nur sagen, es gab und gibt zu jeder Zeit einfach widerliche Menschen, die weder Benehmen, Grenzen oder Regeln kennen.
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Nur weil ich mein Begehren weiblicher Hinterteile und Brüste (Arme und Beine faszinieren mich noch nicht, aber ich lasse mich da gerne überraschen, im Fortgang sich ändernder Voraussetzungen der kulturellen Bedingtheiten meines Begehrens) nicht anzüglich, übergriffig und besitzergreifend artikuliere, heißt das nicht, dass dieses Begehren sich nicht in meinem Kopf gerade als solches manifestiert: Als Lustempfinden, das sich auch in den Kategorien des Übergriffs und des Besitzenwollen inszeniert. Mir ist bewußt, dass dieses Kopftheater sich selten um ein konkretes Objekt der Begierde dreht, sondern um den Hintern an sich und die Brüste als solche, losgelöst vom Träger dieser Augenreize, der konkreten Frau, als augenfälliger Verursacher dieses Begehrens. Das ist vermutlich mit Objektdegradierung gemeint. Dass mein begehrender Blick nicht „sexistisch“ ausfällt, nur weil ich ihn nicht mit anzüglichen Worte und gierigen Augen begleite, ändert ja nichts an der Tatsache, dass er vom anderen Geschlecht affiziert und sexuell konnotiert ist. Auch wenn mein Begehren einer Art Sublimation unterworfen werden könnte, sich sozusagen in ein interesseloses Wohlgefallen verwandeln könnte, in eine Art bedingungslose Bewunderung, wäre es heutzutage fast unmöglich, sie so zu äußern, dass sie als frei von sexistischen Hintergedanken und übergriffigen Absichten entgegen genommen werden könnte. Was macht Frauen different im Begehren? Gibt es diese Differenz? Mich würde interessieren, was ihr sexuelles Begehren ausmacht, wie es sich gestaltet und ob es sich ohne weiteres loslösen lässt vom Mann als Objekt. Kommt es ohne die Vorstellung gedanklicher oder geoffenbarter Inbesitznahme des Mannes aus? Gibt es das differente weibliche sexuelle Begehren?
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„Das Brustfetisch-Ding ist auf jeden Fall kein Mann-Frau-Ding sondern ein Kultur-Ding. In anderen Kulturn spielen Brüste für den Sex nämlich keine Rolle und werden auch nicht ver- oder enthüllt, und auch Menschen mit Brüsten laufen ganz selbstverständlich oberkörperfrei herum.“
Hm – das wundert mich. Wobei die Begründung nicht unbedingt zieht, es gibt auch Kulturen, in denen die primären Geschlechtsorgane unverhüllt getragen werden. Daraus würde aber sicher niemand schliessen, dass Penis und Vagina für den Sex keine Rolle spielen.
Ausserdem ist das „unverhüllt herumlaufen“ auch alles andere als selbstverständlich – in einigen afrikanischen Kulturen ist es z.B. so, dass das Starren den jungen Menschen ziemlich eindrücklich aberzogen wird. Es gibt also viellleicht keine Schranke durch Kleider, aber sehr wohl eine durch Konvention.
Umgekehrt gibt es noch die Biologie – und die sagt uns, genauso wie breite Hüften Fruchtbarkeit anzeigen, tun dies auch große Brüste ( bzw. genauer gesagt, sie simulieren Fruchtbarkeit, Sex sorgt beim Menschen ja über diesen Umweg auch für Bindung ). Weswegen das Interesse von Männern für diese eben einfach ein Selektionsprozess ist.
Ansonsten wundert es mich, dass sich einige Frauen ( inkl. AntjeSchrupp ) über männliches Interesse für Brüste wundern – die meisten Frauen (zumindest aus meiner begrenzten Probe *g*) freuen sich über Interesse, bzw. wünschen es sogar, spätestens beim Sex nämlich.
Mir entgeht übrigens völlig, wieso das Interesse an Brüsten, Hintern, Hüften, Haaren oder was weiss ich auch immer von einigen so kritisch gesehen wird. Sexuelles Interesse allein sagt doch erstmal noch lange nichts über die Verhandlungen von Männern und Frauen aus.
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Ich finde zunächst einmal das Herziehen (so nenen ich das mal verkürzt) über den Lebens-und Kreativitätsbereich „Kunst“ im Artikel nicht sehr glücklich. Ich finde es sehr gut, daß künstlerische Produkte, so sie es sind, mit gewissem Abstand (!) und Ehrfurcht (jawohl) angegangen werden. Ich denke, es braucht Ruhe und Achtsamkeit, um den künstlerischen Ausdruck eines Objekts oder einer Malerei wahrzunehmen. Kunst ist nicht für den flüchtigen Blick gedacht. Man muß auch einiges wissen, um den Wert eines Werkes verstehen zu können.
Über die Thematik Brüste mag ich nicht viel sagen. Eine wohlgeformte Brust ist z.B. was Wunderbares, allein schon aus rein ästhetischen Gründen. Die erotische Wirkung einer Frau bezieht sich für mich zumeist aus ihren Augen, ihrem Gesicht, ihrer Haltung und ihrer Art sich zu bewegen und nicht zuletzt auch aus ihrer Sensibilität und ihrem Intellekt. Eine Frau, die eine reiche, gewandte, geistreiche und farbige Sprache anwendet, gewinnt oft sehr.
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Das ist biologisch veranlagt, andernfalls würde eine Faszination gar nicht zustandekommen – sonst könnten beispielsweise Schwule auch tatsächlich einfach hetero werden, wenn sie nur die richtige „Einsicht“ hätten. Natürlich ist es sozial und kulturell geprägt, aber an sich ist es einfach ein Aspekt der sexuellen Attraktivität, insofern diese überhaupt zum Tragen kommt. Ich finde diese ganze Diskussion ehrlich gesagt unfreiwillig komisch und genradezu ironisch im Kontext.
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Zu dem Thema Kunst und Geschlecht drängten sich mir letzte Woche einige Denkanstöße auf als ich die Helmut Newton Ausstellung besuchte, die derzeit im Museum der Fotografie zu sehen ist. Ich bekam beim Betrachten der Ausstellung unterschwellig sehr schlechte Laune und fragte mich die ganze Zeit, woran das liegen könnte. Ich stellte mir unentwegt die Frage, liegt es an mir, liegt es an einer Unsicherheit, die ich habe, weil ich nicht so aussehe wie die Frauen, die auf diesen Bilder abgelichtet sind? Liegt es daran, dass es nur Frauen sind und keine Männer? Ich entschied mich dafür, dass es mich wirklich zu einem erheblichen Teil verärgert, dass es fast ausschließlich nackte Frauen sind mit denen sich Herr Newton beschäftigt und weiter, dass es so einen großen Anklang findet. Mir ist nämlich spontan kein ebenso bekanntes Kongruent eingefallen, das sich mit nackten Männern befasst. Weiter muss man sich wahrscheinlich mit der Frage nach dem Anspruch von Kunst und politischen oder gesellschaftlichen Inhalten befassen, da dies nicht unbedingt miteinander einhergehen muss. Doch meiner Meinung nach sollte Kunst diesen Anspruch verfolgen, sollte nicht einfach tardierte Muster und Strukturen aufgreifen, sondern gerade neue Wege aufzeigen. Andererseits sollte man sicher auch einbeziehen wie individuell betrachtbar die Bilder sind. Einerseits könnte man durch die Nacktheit der Frauen eine Verletzlichkeit feststellen als auch den Körper als ein Objekt zu missbrauchen, der schön anzuschauen ist und der nur diesen Zweck erfüllen soll. Andererseits können die Bilder auch einschüchternd wirken. Die Frauen auf den Bildern sind Idealtypen der bestehenden Schönheitsvorstellungen und haben dadurch eine gewisse Art von Stärke als auch Härte. Dies gilt nicht nur für die weiblichen, sondern auch männlichen Betrachter.
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Guten Abend, Frau Schrupp
schon länger lese ich -wenn auch unregelmäßig- vereinzelte Beiträge Ihres Blogs, die für mich von besonderem Interesse sind. So auch dieses Thema, das für mein Empfinden in zwei Richtungen führt – ich möchte nur bei der einen bleiben, nämlich Ihren Eindrücken vom Kunstbetrieb.
Aus ähnlichen Gründen fühle ich mich auf Vernissagen unwohl, weshalb ich lieber dann in eine Ausstellung gehe, wenn schon etwas Zeit ins Land gegangen ist. Wobei ich oft das Gefühl habe, dass manche Ausstellungen nur deshalb so beliebt sind, weil viele Besucher glauben, „man müsse sie gesehen haben, weil genau dieser Künstler momentan angesagt und hip ist“. Ob man das als wirkliches Interesse an Kunst bezeichnen kann, lasse ich mal dahingestellt.
Was mich aber bei Ihrer Schilderung zum Nachdenken gebracht hat, war der folgende Satz: „Und noch etwas hat mich sehr amüsiert. Nämlich diese kunstbeflissene Dame, die direkt hinter uns die Ausstellung verließ und ihrem Unmut Luft machte: “Nie geht jemand ins Liebieghaus, aber bei diesem Käse kommen die in Massen her”. — Ja, so sind wir, banausisch und fröhlich! Und wir lieben, wenn etwas SCHÖN ist!“
Zählt jene Besucherin etwa zu der Gruppe von Menschen, die ich mit meinem oben beschriebenen „Hip-Sein“ umschrieben habe? Warum war sie in genau dieser Ausstellung, wenn sie die darin gezeigte Kunst verbal zum Käse degradiert? Wenn sie nichts von ihr hält, warum war sie dann nicht im Liebighaus (um bei diesem Beispiel zu bleiben)?
Es sind solche Erlebnisse, die mir in der Vergangenheit manchen Besuch einer Ausstellung verleidet haben – aber mittlerweile bin ich über dieses Stadium hinweg, und wenn ich von einer interessanten Ausstellung erfahre, dann bemühe ich mich rechtzeitig um Karten; egal, welches Publikum dort ebenfalls anwesend ist.
Liebe Grüße
Ulrike
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Koons ist einfach nur klasse!
den switch den er macht, von den glatten oberflächen seiner werke, in die spirituelle dimension hinein, leider wird das viel zu selten erfasst.
ebenso die dümmliche rezeption einiger seiner werke als pornografie: no!
schade, dass er wieder abgezischt ist, mitsamt seiner werke. ich genoß im letzten jahr drei seiner ausstellungen, die beiden in frankfurt (wo ich nebenbei auch zum erstenmal in dieser interessanten stadt verweilt bin, und dies seither gerne immer mal wieder mache) und eine in riehen/schweiz.
jeff, please come to europe, once again, I am waiting for you!
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und nochwas, zu museen: hier braucht man ja auch nicht einseitig auf das zu schauen, was man nicht darf, sondern auf das, was man darf. das variiert von haus zu haus, klar, aber, allgemein, darf man doch lachen, reden, spaß haben. mit dem photografieren ist es dagegen so eine sache. manche museen gestatten das, andere nicht. wieder andere geben eine photografieerlaubnis, so etwa auch das schöne städel. aktuell, die wundervollen ausstellungen, da lohnt es sich auch wieder, sich so eine genehmigung zu holen.
und auf ne vernissage muß man ja auch nicht gehen, mit seiner privatvisage, oder?
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