Angesichts der Debatten darüber, ob die Tagesschau über den Mord oder Totschlag in Kandel an einer 15-Jährigen hätte berichten müssen, habe ich mich gefragt, wie es überhaupt um unsere Aufmerksamkeit gegenüber dieser Art von Verbrechen steht.
Eigentlich wäre es nämlich aus meiner Sicht angemessen, wenn über jeden einzelnen Fall in der Tagesschau berichtet würde. Wie wollen wir sonst entscheiden, welche Getöteten wichtig und welche unwichtig sind? Welche genommenen Leben der Rede wert und welche nicht?
Heute morgen habe ich nochmal die Zahlen zu Mord und Totschlag genau gecheckt, was gar nicht so leicht ist, weil in der Kategorie „Straftaten gegen das Leben“ alles Mögliche vermengt wird, z.B. auch Abtreibungen oder Tötung auf Verlangen oder auch fahrlässige Tötungen, die zwar auch Mist sind, aber eben doch nochmal was anderes (hier der Link zur Polizeistatistik, Runterscrollen bis „Übersicht Falltabellen“)
„Wirklichen“ Mord und Totschlag, also die gezielte und beabsichtigte Tötung eines anderen Menschen, gab es in Deutschland in 2016 in ca. 650 Fällen. Das sind knapp zwei pro Tag und müsste sich in der Tagesschau eigentlich unterbringen lassen.
Was die Korrelationen zwischen diesen Taten mit bestimmten demografischen Faktoren betrifft: 84 Prozent der Tatverdächtigen waren männlich (253 von 291 bei Mord, 335 von 407 bei Totschlag).
Ich finde es nicht falsch, demografische Korrelationen zu bestimmtem Verhalten zu berücksichtigen und zu analysieren, vor allem, wenn man Verbrechen bekämpfen oder verhindern möchte.
Aber angesichts der aktuellen Diskussionen stellt sich doch die Frage: Warum finden wir es so normal, dass so unglaublich viel mehr Männer als Frauen andere Menschen töten, dass wir das überhaupt nicht als Skandal empfinden?
Ergänzung:
Drüben bei Facebook gab es noch einen bedenkenswerten Kommentar zu dem Thema: Rebecca schreibt: „Mal anders: wenn gelänge, das männerspezifische Problem, das zu übermäßiger Bereitschaft zu Mord und Totschlag bei Männern führt, zu erkennen und zu beseitigen, ließen sich damit ungefähr 7 von 10 Fälle von Mord- oder Totschlag verhindern. In den übrigen ca. 3 von 10 Fällen ließe sich dann darüber diskutieren, welche weiteren, nicht durch Männlichkeit verursachten Risiken es gibt, die unabhängig vom Geschlecht sind. Ich verstehe auch wirklich nicht, warum das immer als mimimimännerfeindlich hingestellt wird, letztendlich ist es für die warum auch immer mordenden Männer glaube ich gar nicht soo toll, Mörder zu sein. Der einzige Grund weshalb man sich als Mann darüber aufregen könnte, dass das Männerproblem des Mordens thematisiert wird, wären Vorteile für den nicht-mordenden Mann, die er aus einer allgemeinen, gesellschaftlichen Akzeptanz von systematischer Gewalt gegenüber Frauen zieht, die er durch die Sichtbarkeit dieses Problems gefährdet sieht.“

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