Die Debatten um den Krieg in der Ukraine fordern nicht nur die traditionelle Friedensbewegung heraus, sondern auch den Feminismus. Es ist kein Zufall, dass gerade Alice Schwarzer und ihre Zeitschrift Emma Appelle für einen schnellen Waffenstillstand und Verhandlungen veröffentlichen und dafür viel Applaus bekommen. Frauenbewegung und Pazifismus gelten gewissermaßen als natürliche Verbündete, Krieg wird als inhärent männlich und patriarchal betrachtet.
Da aber die russische Seite in diesem Krieg nicht nur eindeutig der Aggressor ist, sondern auch mit ungeheuerlicher Brutalität vorgeht und sämtliche internationalen Gepflogenheiten missachtet, sind simple Friedensappelle keine Option. Trotzdem kann eine genauere Analyse der Verwobenheit von Kriegskultur und Männlichkeitskonstruktionen dabei weiterhelfen, das Unbehagen vieler Feminist*innen an der gegenwärtigen Debatte zu verstehen.
Im Mailänder Frauenbuchladen gab es kürzlich eine Veranstaltung „Der Krieg als Teil des Männlichkeitsproblems“, die ich per Livestream mitverfolgt habe (sehr fantastisch, dass sowas inzwischen möglich ist, Corona sei Dank). Ich fand die Debatten interessant, und die daraus folgenden Gedanken habe ich in einen Text über „Krieg und Männlichkeit“ gegossen, der gestern Abend auf Zeit Online erschienen ist. Ich bin gespannt, was Ihr dazu denkt.
Die Kommentare unter dem Artikel auf Zeit-Online selbst sind übrigens auch recht interessant. Sie zeigen, dass inzwischen jegliche Bezugnahme auf „Geschlecht“ als Analysekriterium weitgehend diskreditiert ist, das Ergebnis einer sehr unschönen Allianz aus Antifeminismus und Gleichheitsfeminismus. Das wäre nochmal ein eigenes Thema. Man ist einfach mit den Themen nie fertig, man sagt Pups hier und gleich tun sich drei neue Baustellen auf.
https://www.zeit.de/kultur/2023-02/krieg-maennlichkeit-ukraine-russland-10nach8

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