„Evangelische Frauen in Deutschland“ für Streichung des § 218

„Der § 218 ist aus dem Strafgesetzbuch zu entfernen“, so lautet nüchtern der erste Satz eines Beschlusses der Evangelischen Frauen in Deutschland (EFiD) zur Abtreibungsgesetzgebung, den die Mitgliederversammlung von 37 evangelischen Frauenverbänden am vergangenen Donnerstag gefasst hat. Ich bin seit vier Jahren im Präsidium der EFiD und freue mich deshalb ganz besonders darüber, mit welch großer Einmütigkeit dieser Beschluss verabschiedet wurde.

Eigentlich hatten wir bei der Planung der Mitgliederversammlung nur vorgehabt, einen Diskussionsauftakt zum 218 zu machen und dann vielleicht im Lauf eines Jahres oder so zu einem Beschluss zu kommen, aber das Meinungsbild war dann so eindeutig, dass wir viele zentrale Thesen gleich beschließen konnten.

Vorher hatten wir drei Stunden über das Thema diskutiert und Expertinnen dazu gehört, insbesondere Catharina Conrad vom Deutschen Juristinnenbund, die ein Policy Paper zum 218 erarbeitet haben, in dem es um die juristischen Aspekte ging. Außerdem war Stevie Schmiedel da, ehemals Pink Stinks, jetzt freie Autorin und Genderforscherin, ich habe mich mit ihr über reproduktive Freiheit und aktuelle gesellschaftliche Diskurse unterhalten.

Klar ist, dass unter evangelischen Frauen nicht in allen Aspekten Einigkeit zu dem Thema herrscht, vor allem nicht über die Frage, ob ein Schwangerschaftsabbruch per se eine ethisch vollkommen unbedenkliche Handlung ist oder eben eine problematische (auf Christianesisch: sündhafte) Tötung ungeborenen Lebens. Aber es stellte sich heraus, dass für eine Positionierung zum § 218 und eine aktuelle frauenpolitischen Einschätzung des Themas diese Frage gar nicht von Belang ist.

Denn Fakt ist, dass eine Regelung im Strafgesetzbuch keine Abtreibungen verhindert. Wenn man dies will, gibt es viel bessere Möglichkeiten, insbesondere muss man dafür sorgen, dass Kinder „in sicherer, angemessener und behüteter Umgebung aufwachsen“ können, wie wir es in der Stellungnahme formulieren.

Einigkeit bestand auch darüber, dass selbst wenn Abbrüche eine ethisch problematische Möglichkeit wären, die Entscheidung darüber niemand anderes als die schwangere Person selbst treffen kann. Deshalb sind wir dafür, einen Rechtsanspruch auf eine Beratung gesetzlich zu verankern. Generell plädieren wir dafür, gegebenenfalls für sinnvoll gehaltene gesetzliche Maßnahmen im Schwangerschaftskonfliktgesetz zu verankern, also außerhalb des Strafgesetzbuchs (so wie es der Juristinnenbund auch vorschlägt).

Ob eine dort gegebenenfalls vorzusehende Fristenregelung bei 12 Wochen nach Einnistung im Uterus oder bei 22 Wochen (in etwa der Beginn der eigenen Lebensfähigkeit des Fötus) liegen sollte, haben wir offen gelassen, da das unterschiedlich gesehen wird.

Vollkommen einig waren wir uns wieder darin, dass ein Schwangerschaftsabbruch in jedem Fall eine Kassenleistung sein soll, dass es kostenfreien Zugang zu Verhütungsmitteln geben muss, und dass gute sexuelle Bildung und Information für alle Menschen verfügbar und zugänglich ist.

Wie geht es nun weiter?

Wir werden diese Beschlüsse sowohl in die Arbeitsgruppe 1 der Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin der Bundesregierung einbringen, wo wir mitberaten, als auch in die Meinungsbildungsprozesse der Diakonie Deutschland sowie in die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im November in Ulm.

Ich denke mal, dass auch die inhaltlichen Debatten noch weitergehen werden, insbesondere darüber, wie eben nicht nur politisch oder feministisch, sondern auch theologisch argumentiert werden kann.

Hier nochmal der Link zum Beschluss im Wortlaut.

Für alle, die sich fragen, was genau EFiD eigentlich ist.

Wobei diese Startseite demnächst erneuert wird, denn wir haben auch ein neues Selbstverständnis beschlossen, aber dazu später mehr. Wir haben auch ein neues Präsidium gewählt, ich habe wieder kandidiert und bin bestätigt worden, mache also nochmal vier Jahre weiter!

2 Antworten

  1. Eine sehr erfreuliche Positionierung! Danke dir und allen, die daran mitgewirkt haben.

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  2. […] mit der Position des Verbandes der Evangelischen Frauen in Deutschland (EFiD), die Antje Schrupp auf ihrem Blog dargestellt […]

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Foto: Heike Rost

Antje Schrupp

Ich bin Journalistin und Politikwissenschaftlerin und lebe in Frankfurt am Main. Mein Thema ist besonders weibliche politische Ideengeschichte. Im Sommer 2025 erschien mein neues Buch „Unter allen Umständen frei“ über revolutionären Feminismus am Ende des 19. Jahrhunderts – Victoria Woodhull, Lucy Parsons und Emma Goldman.

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