Erkennen, was notwendig ist

Kürzlich habe ich tagelang das Badezimmer geputzt, habe Schränke ausgeräumt, Wände gescheuert, bis in die letzte Ritze, immer und immer wieder. Dabei bin ich gar nicht besonders pingelig in Bezug auf Sauberkeit. Putzen macht mir auch nicht sonderlich Spaß und bezahlt hat mich auch niemand dafür. Der Grund für meinen Arbeitseifer war etwas viel Zwingenderes: pure Notwendigkeit. Denn bei meiner Rückkehr von einer mehrwöchigen Reise hatte sich mein Bad in ein schimmeliges Feuchtbiotop verwandelt. Der Heißwasserhahn hatte die ganze Zeit vor sich hin getröpfelt, während gleichzeitig Tür und Fenster fest verschlossen waren. Selten war ich zu einer Arbeit so motiviert wie an diesem Tag….

… so beginnt mein Beitrag mit dem Titel „Erkennen, was notwendig ist“, den ich für das soeben erschienene Buch „Teil der Lösung. Plädoyer für ein bedingungsloses Grundeinkommen“ geschrieben habe. Darin vertrete ich die Auffassung, dass das Erkennen dessen, was notwendig ist, die Voraussetzung für sinnvolles Tätigsein (und auch fürs Arbeiten) ist. Eine bessere Motivation jedenfalls als „Geld verdienen“ oder „Spaß haben/sich selbst verwirklichen“.

Ina Praetorius hat das Buch schon gelesen und hier ein bisschen was darüber geschrieben. Lustig fand ich auch diesen Verriss in der NZZ, in dem ich mit der Aussage zitiert werde, zur Ökonomie gehöre nicht nur das Tauschen, sondern auch, Dinge ohne Gegenleistung zu bekommen. Was man dort offenbar völlig absurd findet. Wahrscheinlich sind die Redakteure der NZZ niemals Kinder gewesen, sondern von irgendwoher voll funktionstüchtig auf die Erde geplumpst, sodass sie jederzeit für sich selber sorgen konnten.

Oh, wait…

Herausgegeben haben das Buch Ronald Blaschke und Werner Rätz, erschienen ist es im Rotpunktverlag, 204 Seiten dick und kostet 17,90 Euro. Just in case.

Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

12 Gedanken zu “Erkennen, was notwendig ist

  1. SO SEHE ICH DAS AUCH; DER HEIZUNGSMANN KOMMT UND WILL DIE VERBRAUCHTE HEIZLEISTUNG ABLESEN; ALSO RÄUME ICH DIE HEIZKÖRPER FREI. doch ich könnte zusätzlich die wohnung verschönen, tue ich für den besuch, ich selber beziehe mich eher auf die ordnung in größe des bildschirms,

    schenken löst erwartung aus, wenn ich ein werbestratege bin, das kind in mir schenkt ohne erwartung, soweit es in der fülle ist, ein grundloses lächeln ist wir ein bedingungsloses grundeinkommen ein geschenk und erst das macht mich frei von erwartungen, das kann doch ein NZZ-redakteur gar nicht wollen, lebt er nicht das system von mangelerzeugung? hier liegt der widerspruch, werde ich als mensch gesehen, oder als marktfaktor, der den gewinn des unternehmers sichern soll, der heute noch im zwang ist immer mehr zu produzieren, um seine kredite zu finanzieren.

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  2. @ Solminore
    Wenn das Notweindige abgedeckt ist sprich man nicht darum kämpfen muß um das was Notwendig ist zu erhalten, pragmatisch denke ich da an eine defekte Waschmaschine, eine neue Brille etc pp wenn man auf Höhe von Grundsicherung lebt, dann bleibt einem Zeit für das Schöne. Das Schöne ist nicht immer mit Geld verbunden, mit Zeit aber schon.

    Zum Thema Grundeinkommen, ein Mindestlohn von Euro 10,– die Std. wären schon mal ein guter Anfang. Jede Partei die das nicht so sieht ist daher unwählbar.

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  3. Die Mär von der „Alternativlosigkeit“, diesmal von der anderen Seite aus erzählt…

    In der Politik gibt es weder „notwendig“ noch „alternativlos“. Über „sinnvoll“ (oder „human“ oder „gut“ oder „schön“ etc.pp.) kann man streiten, dass ist dann Politik. „Notwendig“ (weil „Is halt so“) ist Ideologie.

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  4. @Reineke – Nein, in der Politik nicht, aber im Leben schon. Wobei ich Notwendigkeit nicht mit Alternativlosigkeit gleichsetze. In der männlichen Tradition wird das in der Tag gleichgesetzt, indem Notwendigkeit als Zwang interpretiert wird, was dann dazu führt, dass man sie nicht so mag, weil sie das autonome Subjekt bei der Freiheit stört. Ich schlage hingegen ein anderes Verständnis von Notwendigkeit vor, wonach sich das Subjekt im Autausch mit der Welt befindet. Das heißt, was „notwendig“ ist, ist nicht objektiv feststellbar, sondern etwas, das ein Mensch, der für die Welt aufmerksam ist, erkennt. Also ein Drittes neben „Freier Wille“ auf der einen und „Zwang/Alternativlosigkeit“ auf der anderen.

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  5. @Antje – *Erkennen, was notwendig ist*, beinhaltet für mich die Grundfrage nach einem sinn- und würdevollem Leben. Um zur Erkenntnis zu kommen, muss der Blick von mir hin zu anderen gehen, damit Not erkannt werden und sich wenden kann. Freue mich schon auf „Teil der Lösung“. 🙂

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