Vor zweieinhalb Jahren bloggte ich hier, dass ich nie arbeite. Die Unterscheidung zwischen Arbeiten und Leben überzeugt mich in der Tat nicht mehr. Trotzdem hatte ich irgendwann das Bedürfnis, den ständigen alltäglichen Ablauf des Lebens mit seinen vielen Notwendigkeiten, Dringlichkeiten, Kleinigkeiten, Ablenkungen und so weiter irgendwie zu unterbrechen. Denn eine negative Seite hat das ständige Tätigsein durchaus, nämlich die, dass man immer etwas zu tun hat. Natürlich tue ich nicht ständig was, sondern tue manchmal auch nichts, aber das Nichtstun ist doch ständig mit der Möglichkeit behaftet, etwas tun zu können.
Eine heute beliebte Methode, mit diesem Trott umzugehen, ist, es auf die ständige Verfügbarkeit von Kontakten und Informationen zu schieben, die „das Internet“ mit sich bringt. Daher wohl die ganzen Experimente, „das Internet“ oder „das Handy“ oder „den Computer“ zu bestimmten Zeiten auszuschalten. Aber das finde ich zu kurz gedacht, oder zumindest funktioniert es bei mir nicht. Ich fühle mich nicht wohl, wenn „das Internet“ ausgeschaltet ist. Und ich sehe auch keinen Sinn darin, die inhaltliche Frage nach der Art und Weise, wie wir bestimmte Zeiten unterscheiden, zu einer Frage zu verkürzen, welche Geräte wir benutzen oder nicht.
Bei meinen Überlegungen landete ich dann beim Sabbatgebot oder in seiner christlichen Variante, der Sonntagsruhe. Man muss sich ja vielleicht nicht alles selber ausdenken und kann mal nachprüfen, was andere sich früher zu dem Thema gedacht haben. Wie könnte also das Gebot „Du sollst den Feiertag heiligen“ heute Sinn machen?
Die traditionelle Variante von „Du sollst am Sonntag nicht arbeiten“ kam für mich nicht in Frage, da ich ja eben sowieso nie arbeite. Ich musste also ein anderes Kriterium finden und landete bei dem Wort „heiligen“. Heilig ist das Gegenteil von profan, weltlich also. Wäre es möglich, an einem Tag in der Woche nichts „Weltliches“ zu tun? Und was könnte das bedeuten?
Ich bin dabei auf Folgendes gekommen. Ganz klar als „weltlich“ habe ich alle Tätigkeiten einsortiert, die irgendwie mit „Geld verdienen“ zu tun haben. Also: Alles was meine Erwerbsarbeit betrifft, alles, wofür ich bezahlt werde, auch alle damit zusammen hängenden Orga-Sachen. Die wollte ich an einem Tag in der Woche völlig sein lassen.
Schwieriger war es schon bei den unbezahlten Arbeiten. Da habe ich alles ausgeschlossen, was mit alltäglichen Notwendigkeiten zu tun hat, also Putzen, Einkaufen, Aufräumen, Reparieren, zur Ärztin gehen usw. Ausgeschlossen habe ich auch alles, was mit politischem Engagement zu tun hat: Bloggen (und Kommentare moderieren), Sachbücher lesen, Nachrichten scannen, Veranstaltungen planen oder daran teilnehmen, zu Demos gehen….
Ein bisschen unentschieden war ich bei Dingen wie Kochen zum Beispiel. Aber gerade da hat mir die Unterscheidung von „profan“ versus „heilig“ weiter geholfen: Kochen ist okay, aber nicht bloß, damit es was zu essen gibt – dann lieber ins Restaurant gehen oder Reste von gestern warmmachen. Hingegen sich Zeit nehmen, um ein tolles Abendessen für Freundinnen und Freunde zuzubereiten, das ist ja alles andere als profan. Ähnlich beim Sport: Kein Fitness-Studio, kein Workout, aber gerne eine Wanderung zusammen mit anderen, ein einsamer Spaziergang oder eine gemütliche Runde Radeln. Oder Spaß haben im Schwimmbad (aber keine Bahnen schwimmen!).
Diese Unterscheidung zwischen „profan“ und „heilig“ hat mir sehr eingeleuchtet. Ich nahm mir vor, an einem Tag in der Woche nur noch Dinge zu tun, die „heilig“ sind, also wichtig für das gute Leben, aber nicht effizient. Nicht dringend. Nicht notwendig. Sondern einfach nur schön. Manchmal auch nichts, einfach herumliegen. In Ausstellungen oder Museen gehen. Freund_innen besuchen. Alte Fotos sortieren. Spielen. Filme gucken.
Aus Praktikabilitätsgründen habe ich mir dafür den Sonntag ausgesucht, weil da eh vieles zu hat und man also sowieso manches Alltägliche gar nicht machen kann.
Das Gute an so einem Vorsatz – zumindest für „fromme“ Leute wie mich – ist, dass der Bezug auf ein Sabbatgebot oder die Sonntagsruhe bedeutet, dass ich mich nicht einfach individualistisch für sowas entscheide, sondern in eine Tradition stelle. Damit ist im konkreten Fall der Rechtfertigungsdruck weg: Gott will das ja so, dass ich jetzt diesen dringenden Text nicht mehr fertig schreibe oder mein Zimmer aufräume. Ich darf das ja garnicht, es ist ja Sonntag.
Denn natürlich ist der Sonntag nicht der einzige Tag, an dem ich diese „heiligen“ Dinge tun kann. Ich kann auch an jedem anderen Tag der Woche schön Kochen, einen Roman lesen, mich mit Freundinnen treffen, Nichtstun. Der Punkt ist: Am Sonntag MUSS ich jetzt sowas tun, denn ich DARF gar nichts anderes tun. Während ich Alltags natürlich schon darauf achten muss, dass die alltäglichen Notwendigkeiten auch erledigt werden.
So, das waren meine Überlegungen vor einigen Monaten. Seither habe ich das ausprobiert. Jetzt, weil ich wegmuss, der Cliffhanger: Ihr dürft raten, was dabei rausgekommen ist. Hat es funktioniert? Hat es was gebracht?
(Foto: Roberto Verzo/Flickr.com)

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