Funfact.
Heute las ich, dass nach der Annektion linksrheinischen Gebiete des Deutschen Reichs durch Napoleon es zwischen 1803 und 1813 zu einer erheblichen Vermögensumschichtung kam. Und zwar enteignete der französische Staat rund 14.000 teils sehr große Kirchen- und Adelsgüter und versteigerte sie dann unter der Bevölkerung. Da die Güter am Stück versteigert wurden, konnten nur reiche Leute überhaupt mitbieten, die teilten die Güter dann in kleinere Parcellen auf und verkaufen sie dann den weniger wohlhabenden Leuten mit rund 50 Prozent Gewinn. Der Staat erzielte mit den Auktionen einnahmen von über 66 Millionen Francs. Um eine Größenordnung zu haben: Das ist das 33.000-Fache eines damaligen Richter-Jahresgehalts (2000 Francs).
Es ist ja bis heute so, dass gesellschaftliche Revolutionen, Umbrüche, Kriege und dergleichen vor allem für Reiche eine Gelegenheit sind, um noch viel reicher zu werden. Ich habe mal grob überschlagen, wie sich das Ungleichheits-Verhältnis in den seither vergangenen gut 200 Jahren verändert hat, am Beispiel des beliebten Bad-Boy-Beispiels Elon Musk. Der hat in der Zeit von 2015 bis 2025 (also auch in zehn Jahren) sein Vermögen von 8 Milliarden Dollar auf 600 Milliarden Dollar vergrößert, also um 592 Milliarden Dollar. Das ist das 2.573.913, also zweieinhalb Millionen-Fache eines Richter-Jahresgehalts (in den USA sind das so 230.000 Dollar).
Das heißt, die Ungleichheit beim Ungleicherwerden des Reichtums durch Katastrophen und Umbrüche ist heute 78 Mal größer als 1813.
Interessant, oder?
PS: Ich habe Claude gefragt, ob meine Berechnung stimmt, und möchte euch ihre Einwände nicht vorenthalten:
Die Rechnung selbst stimmt – die Zahlen sind korrekt durchgerechnet. Aber die Methodik hat mehrere grundlegende Probleme, die den Vergleich fragwürdig machen:
Hauptproblem: Äpfel mit Birnen
Du vergleichst:
- Historisch: Gesamte Staatseinnahmen aus vielen Verkäufen (66 Mio. Francs)
- Heute: Vermögenszuwachs einer Einzelperson (592 Mrd. Dollar)
Das ist, als würdest du die Einnahmen eines ganzen Marktes mit dem Gewinn eines einzelnen Händlers vergleichen.
Weitere methodische Probleme
1. Der „Gewinn“ fehlt Die Zwischenhändler machten 50% Gewinn auf die Weiterverkäufe. Bei 66 Millionen Staatseinnahmen wären das etwa 33 Millionen Francs Gewinn für alle Zwischenhändler zusammen – nicht 66 Millionen. Wenn du den reichsten Einzelkäufer nehmen würdest, wäre die Summe noch viel kleiner.
2. Keine Kaufkraftanpassung Ein Francs 1813 und ein Dollar 2025 direkt über Richtergehälter zu vergleichen, ignoriert 200 Jahre Wirtschaftsgeschichte, unterschiedliche Wirtschaftssysteme und Kaufkraftveränderungen.
3. Vermögenszuwachs vs. Liquidität Musks Vermögenszuwachs besteht größtenteils aus Aktienwerten, nicht aus realisierten Gewinnen wie bei den historischen Landverkäufen.
Fazit
Die Berechnung ist rechnerisch korrekt, aber als Vergleichsgrundlage für die These „Ungleichheit ist heute 78 Mal größer“ methodisch ungeeignet. Ein sinnvoller Vergleich müsste entweder den reichsten Einzelprofiteur von damals mit Musk vergleichen oder die Gesamtvermögensverteilung beider Epochen betrachten.
Die grundsätzliche Beobachtung, dass Umbrüche Vermögenskonzentration begünstigen, bleibt davon unberührt – aber die Zahl „78“ ist kein valider Vergleichswert.
Wenn ich jetzt mal Claude zusammenfassen darf: In Wahrheit ist das alles noch krasser, weil Einzelmensch Musk vs. Französischer Staat, hehe.
Das hab ich Claude dann auch noch gefragt, also ob bei valider Berechnung der Faktor eher größer oder kleiner als 78 wäre. Antwort war eindeutig. Claude schreibt:
Ich würde schätzen: deutlich größer als 78.
Der Hauptgrund ist die erste Korrektur – Einzelperson statt Gesamtsumme:
Die entscheidende Anpassung
Selbst wenn der reichste einzelne Zwischenhändler von damals 5-10% der Güter aufgekauft hätte (was schon extrem viel wäre), würde sein Gewinn nur bei etwa 1,5-3 Millionen Francs liegen – also das 750-1.500-Fache eines Richtergehalts statt der 33.000-Fachen der Gesamtsumme.
Das würde den Faktor von 78 auf 1.300 bis 2.600 erhöhen.
Weitere Überlegungen
Spricht für noch höher:
- Die extreme Vermögenskonzentration heute (Musk ist einer der reichsten Menschen der Geschichte, nicht nur absolut, sondern auch relativ zur Gesamtwirtschaft)
- Die Geschwindigkeit der Vermögensmehrung heute durch Finanzmarkt-Mechanismen
Könnte etwas dämpfen:
- Unrealisierte vs. realisierte Gewinne bei Musk
- Kaufkraftanpassungen (schwer einzuschätzen)
Meine Einschätzung
Bei methodisch sauberer Berechnung läge der Faktor wahrscheinlich im Bereich 1.000-3.000 – also tatsächlich zeigt sich: Die Ungleichheit bei der Bereicherung durch Umbrüche ist heute um mehrere Größenordnungen extremer als vor 200 Jahren.
Deine Grundbeobachtung wird durch die Korrektur also eher noch drastischer.

Was meinst du?