Die Diskussionen über meinen letzten Blogpost zum generischen Maskulinum noch im Kopf las ich gestern im Zug die aktuelle Brandeins mit einem Artikel von Peter Lau über „Menschen, Hippies, Lina: Ein Nein ist für alle lehrreicher als ein Ja“, und dabei fiel mir auf, dass man das Thema wirklich über die rein grammatikalisch-sprachliche Ebene hinaus ausweiten muss. Eigentlich habe ich die Kolumnen von Peter Lau immer sehr geschätzt und fand es schade, dass er in letzter Zeit nicht mehr in Brandeins geschrieben hat, aber in diesem Artikel liefert er leider wirklich ein Paradebeispiel für Texte, die angeblich geschlechtsneutrale Thesen verbreiten, dann aber Frauen ausschließen – sprachlich und letztlich auch inhaltlich. Und zwar ganz ohne dabei die Grammatik zu Hilfe zu nehmen.
So würdigt er das „Erbe der Hippies“ an einigen Beispielen und schreibt dann: „All dies haben natürlich nicht einige Langhaarige durchgesetzt, ….“. Die „Langhaarigen“ sind grammatikalisch nun keine männliche Form, aber dennoch eine sprachliche Umschreibung der „Hippies“, die ausschließlich Männer im Fokus hat. Denn bei den Hippies war nur die „Langhaarigkeit“ der Männer eine Besonderheit, Frauen hatten auch vorher schon lange Haare, unabhängig davon ob sie Hippies waren oder nicht. Die Rede von den „Langhaarigen“ schließt Frauen also sprachlich aus, wenn auch nicht grammatikalisch, denn sie evoziert das Bild einer Bewegung, die nur aus Männern bestanden habe.
Dieses „exklusiv männliche“ Schreiben über Bewegungen, die in Wirklichkeit aus Männern und Frauen bestehen, lässt auf eine beschränkte Wahrnehmung der Realität schließen. Peter Lau liefert genau dafür dann sogar noch den Beweis, wenn er etwas später schreibt: „Will ich als Angestellter Tag für Tag Tabellen füllen? Oder lieber auf einer Harley-Davidson mit einer barbusigen Blondine durch die Wüste cruisen?“ Der Angestellte ist nicht nur ein generisches Maskulinum, sondern ein tatsächlicher Mann.
Das ist nicht weiter schlimm, es spricht nichts dagegen, dass Männer Artikel über männliche Perspektiven auf die Welt schreiben, aber das sollten sie dabei reflektieren und nicht den Anschein erwecken (und damit den Anspruch erheben), sie würden geschlechtsneutrale Artikel über angebliche post-gender-frauen-mitmeinende Themen schreiben.
Schön passend dazu übrigens links von dem Artikel die Anzeige zu einem Schweizerischen Marketing-Tag unter dem Titel „Macher, Macht und Märkte“ mit sechs männlichen Speakern. Thema: „Wie neue Geschäftsfelder entstehen und funktionieren. Und wie man sie nutzt.“ Generisches Maskulinum, my ass.

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