Die Rosa Luxemburg Stiftung hat gerade unter dem Titel „Luxemburg 2“ eine Zeitschrift – eher ein Buch – veröffentlicht, in dem auch ein Artikel von mir ist, nämlich ein Plädoyer für ein „Ehegattensplitting 2.0“. Er baut eine These aus, die ich schon in einem früheren Blogpost formuliert hatte, nämlich dass das Problem am Ehegattensplitting nicht das „Splitting“, sondern das „Ehegatten“ ist, also nicht die Tatsache, dass es Steuererleichterungen für Lebensgemeinschaften und Kollektive gibt, sondern die Tatsache, dass diese Erleichterungen auf „Ehegatten“ (neuerdings auch homosexuelle) beschränkt sind.
Leider ist der Artikel nicht online verfügbar, aber die ganze Zeitschrift (das Buch) könnte ihr für 10 Euro bestellen, und es enthält auch noch viele andere Texte, die sich schwerpunktmäßig mit dem Thema neue Arbeitsformen, Care und Fürsorge, Feminismus und so weiter beschäftigen.
Zu meinem Artikel gibt es eine Erwiderung von von Katrin Mohr, die ein „Splitting 2.0“ ablehnt, weil es ihrer Ansicht nach die Abhängigkeit dennoch zementiert, halt nicht mehr nur die Abhängigkeit von Ehefrauen von ihren Ehemännern, sondern dann eben die Abhängigkeit von der WG oder eben sonstigen Lebensgemeinschaft.
Das ist lesenswert, und mich interessiert, wie Ihr das seht. Allerdings bemerke ich an mir selbst in letzter Zeit ein paar Ermüdungserscheinungen in Bezug auf einen Teil des „linken“ Diskurses, der, so scheint mir, nicht über die Idee hinauskommt, dass die Lösung für alles immer über Erwerbsarbeit laufen muss. Ich singe dann neuerdings immer ganz laut Bernadette La Hengsts Lied zur Senkung der Arbeitsmoral, und dabei vor allem die Zeile „Denn dies ist kein Arbeiterlied“!
Und ich verweise gerne auf die tolle Rede von Clara Zetkin, die schon 1889 bemerkt hat, dass der Wechsel der Frauen von unbezahlter Hausarbeit zu bezahlter Erwerbsarbeit nicht per se ein Zugewinn an Freiheit ist, sondern dass sie damit letztlich „nur den Herren gewechselt“ haben, nämlich die Abhängigkeit vom Ehemann (oder: im Konzept Splitting 2.0, die Abhängigkeit von anderen Partner_innen oder Kollektiven) gegen die Abhängigkeit vom „Kapitalisten“, bzw. eben vom Arbeitsmarkt eingetauscht.
In unserem ABC des guten Lebens ist „Abhängigkeit“ nicht zufällig der erste Begriff, nicht nur alfabetisch, sondern auch systematisch. Unabhängigkeit gibt es in menschlichen Gesellschaften nicht, wir sind immer auf andere angewiesen. Kein Mensch ist autonom. Und worum es geht, das ist nicht, die Abhängigkeit angeblich abzuschaffen, was eine Illusion ist, sondern die Abhängigkeit so zu gestalten, dass sie möglichst hierarchiefrei ist und möglichst viel Freiheit ermöglicht.
Und dann kommt es eben ganz auf den Kontext beziehungsweise die Ausgestaltung an. Die Abhängigkeit vom Arbeitsmarkt ist nicht per se besser als die Abhängigkeit von Beziehungsnetzen – wobei dasselbe natürlich auch andersrum gilt.

Was meinst du?