In der siebten Folge der siebten Staffel der Fernsehserie „Blacklist“ (Hannah Hayes, Nr. 125) gibt es ein interessantes ethisches Dilemma, das mit dem Schwangerwerdenkönnen und der vaterrechtlichen Kontrolle von Mutterschaft zusammenhängt. Ich möchte das hier zur Diskussion stellen. Allerdings muss ich dafür die Episode spoilern, sodass alle von euch, die sie noch nicht gesehen haben, aber noch sehen wollen, hier jetzt bitte nicht weiter lesen.
In der Folge geht es um eine Reihe mysteriöser Entführungen. Wie sich herausstellt, sind die Opfer allesamt einflussreiche konservative Männer, zum Beispiel republikanische Politiker oder evangelikale Pfarrer. Sie werden für einige Monate entführt und bekommen in dieser Zeit eine Gebärmutter transplantiert, in die ein Embryo eingesetzt wird. Die Entführten werden erst wieder freigelassen wenn bei diesem Herztöne zu hören sind. Ziel ist offensichtlich, die Haltung dieser Männer zum Thema Abtreibungsverbote zu problematisieren, indem sie selbst gezwungen werden, die Erfahrung einer ungewollten, durch Vergewaltigung zustande gekommenen Schwangerschaft zu machen. Die Täterin ist eine Gynäkologin, die selbst vergewaltigt wurde, schwanger wurde, nicht abtreiben konnte und gezwungenermaßen ein Kind zur Welt brachte. Ihre Tochter ist jetzt ungefähr zehn Jahre alt, die beiden leben zusammen, und die Frau liebt ihre Tochter sehr, obwohl sie gleichzeitig durch sie immer wieder an die Gewalttat erinnert wird.
Diese Frau, sie heißt Hannah Hayes, ist aber nicht nur diejenige, die hinter den Entführungen der konservativen Männer steht, zu denen das FBI ermittelt. Man sieht auch, dass sie im Keller ihres Hauses einen Mann gefangen hält. Am Ende stellt sich heraus, dass es ihr Vergewaltiger ist. Er war nach einer sehr kurzen Haftstrafe wieder entlassen worden und – jetzt kommt’s – hat gleich nach seiner Entlassung einen Sorgerechtsantrag für die Tochter von Hayes gestellt. Hintergrund dieses Plots sind einige jüngere Gerichtsurteile in den USA, die Vergewaltigern tatsächlich bestimmte Vaterrechte an den bon ihnen mitgezeugten Kindern zugesprochen haben. Bestimmte vaterrechtliche Auffassungen von Elternschaft, wonach genetische Mitzeugerschaft höher zu werten ist als mögliche Gewalttaten, verbreiten sich (nicht nur) in den USA und schlagen sich bereits in ersten Gerichtsurteilen nieder.
In der Blacklist-Folge stürmt das FBI nun den Keller genau in dem Moment, als Hannah Hayes eine Pistole auf ihren Gefangenen richtet. Die Agenten fordern sie auf, sich zu ergeben, aber Hayes überlegt rational und kommt zu dem Schluss, dass sie diesen Mann auf jeden Fall erschießen muss, wenn sie sichergehen will, dass er nicht der Vater ihrer Tochter wird. Sie selbst wird wegen der Entführungen für lange Zeit ins Gefängnis kommen, gilt also offiziell als „krimineller“ als ihr Vergewaltiger, der seine Haftstrafe ja abgesessen hat und nun selbst ein Opfer ist. Hayes hat bereits für ihre Tochter gesorgt und sie in die – kompetente, fürsorgliche und liebevolle – Obhut ihrer eigenen Eltern übergeben. Doch aufgrund der patriarchalen Gesetzeslage in den USA gibt eine reale Möglichkeit, dass das Sorgerecht für ihre Tochter dem genetischen Spermageber, dem Vergewaltiger, zugesprochen wird.
Sehe ich das also richtig, dass Hannah Hayes tatsächlich gezwungen war, zur Mörderin zu werden? Oder was hättet ihr gemacht?
PS: Eine Diskussion dazu gibt es auch auf Facebook

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