Brauchen wir „große Frauen“? zum 100. Geburtstag von Simone de Beauvoir

Am 9. Januar ist der 100. Geburtstag von Simone de Beauvoir. Sicher eine der wichtigsten Vordenkerinnen des Feminismus, aber vor allem war sie Philosophin (Mitbegründerin des Existenzialismus) und Schriftstellerin. Ihr freies Leben – ohne Heirat, ohne Kinder, Wohnen im Hotel, verschiedene Liebhaber – hat eine ganze Frauengeneration begeistert.

Die Frage ist aber, wie eine weibliche Geschichtsschreibung, eine weibliche Erinnerungskultur aussehen könnte. Brauchen wir „große“ Frauen, so wie die männliche Geschichtsschreibung ihre „großen Männer“ feiert? Sind Frauen in der bisherigen Historie einfach nur „vergessen“ oder gar „unsichtbar gemacht“ worden, oder stellt ihre Abwesenheit aus den traditionellen Geschichtsbüchern vielleicht einen Ausgangspunkt für ein ganz neues Verständnis von Geschichte dar?

Über den Sinn und Unsinn historischer Frauenforschung habe ich kürzlich einen Artikel geschrieben: http://www.antjeschrupp.de/grosse_Frauen_artikel.htm

Was beim feministischen Erinnern meiner Meinung nach vor allem wichtig ist, ist dass wir die Frauen früherer Zeiten nicht zu „Repräsentantinnen“ ihres Geschlechtes erklären. Genau dieses Schicksal erfuhr nämlich Simone de Beauvoir: Nachdem sie „Das andere Geschlecht“ geschrieben hatte, war sie plötzlich die „Frauen-Frau“, nicht mehr die eigenständige Philosophin. Man interessierte sich mehr für ihr „unweibliches“ Leben als für ihre Ideen. Wenigstens heute, 60 Jahre später, sollten wir an Beauvoir nicht als „eine von uns“ erinnern, sondern als eine eigenwillige Denkerin, die eine Philosophie prägte, nämlich den Existenzialismus, die für das Denken der sexuellen Differenz einiges beizutragen hat, die aber auch zur Kritik und zum Widerspruch herausfordert. Denn eine lebendige Auseinandersetzung mit Denkerinnen vergangener Zeiten ist viel interessanter als eine platte Heldinnenverehrung.

Vorträge und Veranstaltungen von mir zum 100. Geburtstag von Simone de Beauvoir gibt es:
– am Mittwoch, 9. Januar, in Frankfurt/Main (18 Uhr, Ev. Frauenbegegnungszentrum, Saalgasse 15)
– am Donnerstag, 10. Januar, in Herford (19 Uhr, Kreishaus)
– am Montag, 28. Januar, in Aalen (19 Uhr, VHS)
– am Dienstag, 12. Feburar, in Detmold (19 Uhr, Café Schokolade, Marktplatz, Lange Str. 41)
– am Dienstag, 11. März, in Siegen (19.30 Uhr, Krönchen Center, Markt 25)
– am Montag, 28. April, in Schwäbisch-Gmünd (19.30 Uhr, VHS Gmünd, Münsterplatz 15)

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Foto: Heike Rost

Antje Schrupp

Ich bin Journalistin und Politikwissenschaftlerin und lebe in Frankfurt am Main. Mein Thema ist besonders weibliche politische Ideengeschichte. Im Sommer 2025 erschien mein neues Buch „Unter allen Umständen frei“ über revolutionären Feminismus am Ende des 19. Jahrhunderts – Victoria Woodhull, Lucy Parsons und Emma Goldman.

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