Kleines Update zu meinem Blogpost von letzter Woche: Heute ist in der taz ein Interview mit Bascha Mika drin, in dem sie ihre These von den „feigen Frauen“, die selbst daran schuld sind, dass die Welt noch nicht emanzipierter geworden ist, ausführlicher erläutert. Es ist auf jeden Fall eine empfehlenswerte Lektüre, denn in dem Gespräch kommt auch deutlicher als in dem anderen Bericht raus, was ihr Anliegen ist (auch wenn ich es immer noch für zu plakativ ausgedrückt halte).
Mikas Methode, anhand von Beispielen und Geschichten sich einem gesellschaftlichen Phänomen anzunähern, finde ich gut, man braucht nicht für alles ein empirisches Gutachten. Und das Problem ist ja auch nicht eine Frage von Statistiken und Mehrheiten: Jede Frau, die „kuscht“ und zurücksteckt, ist eine zu viel. Großartig finde ich übrigens auch, wie konsequent sich Mika in diesem Interview vom Vergleich mit den Männern abgrenzt. Ja, genau, man muss Frauen nicht an den Männern messen, sondern an ihren eigenen Ansprüchen.
Nur auf zwei Punkte möchte ich kurz hinweisen, wo mir Mikas Argumentation falsch erscheint oder zumindest zu kurz greift.
Der erste Punkt ist ihre Aufforderung an Frauen, härter mit Männern zu verhandeln (etwa über die Verteilung familiärer Aufgaben). Damit hat sie natürlich recht. Etwas kompliziert wird die Sache allerdings an dem Punkt, wo dabei Menschen involviert sind, die von (meiner) Fürsorge abhängig sind. Es ist meiner Ansicht nach nicht nur die „Harmoniesucht“ der Frauen, die sie daran hindert, klare Grenzen aufzuzeigen, sondern es liegt dem Ganzen ein metapolitisches Problem zugrunde. Die „männliche Kultur“ des harten Verhandelns setzt letztlich voraus, dass es als letzter Ausweg eine Option ist, die Beziehung aufzukündigen. Es gibt aber Konfliktsituationen und Beziehungskonstellationen, in denen das nicht möglich ist.
Beispiel: Wenn ich mich mit meinem Partner nicht über die Frage einigen kann, wer putzt, kann ich ausziehen. Wenn wir uns nicht einigen können, wer dem Baby die Windeln wechselt – dann kann ich natürlich auch ausziehen. Aber es steht dabei eben mehr auf dem Spiel, als bei einem gewöhnlichen Konflikt, nämlich die Beziehung zwischen mir, dem Mann und dem Baby. Hier ist das „Hartbleiben“ im Sinne des Gesamten nicht unbedingt die beste Lösung.
Es hatte eben schon seinen Grund, dass diese „Privatbeziehungsebene“ im Patriarchat von der „öffentlichen Ebene“ strikt getrennt war, und die Frauen für das eine und die Männer für das andere zuständig waren. Und die Frauen sich aufopferten und nachgaben, während die Männer hart blieben. Heute, wo diese Trennung aufgehoben ist und alles durcheinander kommt, müssen wir Lösungen finden, die über diese alten Lösungen hinaus gehen. Und dazu gehört – richtig – dass Frauen nicht dauernd nur „um des lieben Friedens willen“ klein beigeben. Aber dazu gehört eben auch, und zwar untrennbar, dass wir uns insgesamt darüber klar werden (also auch die Männer), dass es für ein gutes Zusammenleben unverzichtbar ist, dass Leute hin und wieder auch mal „klein beigeben“.
Der zweite Punkt, auf den ich kritisch hinweisen möchte, ist Mikas sarkastischer Seitenhieb auf den „Schönen Frauenspruch: Warum willst du dir das antun?“ Ja, es ist richtig, viele Frauen fragen sich (und einander) das vor einem Aufbruch in die ehemals männlichen Sphären sehr genau, und manchmal meinetwegen auch zu genau, und bestimmt auch manchmal nur, um ihre Feigheit oder Bequemlichkeit zu rechtfertigen.
Allerdings: Für sich genommen ist an dieser Frage gar nichts falsch, wie ich finde – vorausgesetzt, sie ist nicht rhetorisch gemeint. Warum tum wir uns das an?
Die Frage selbst transportiert ja schon eine Kritik an bestimmten historisch männlichen Hierarchievorstellungen. Denn offensichtlich gilt ja die nahe liegende Antwort – mehr Geld, mehr Status, dickeres Dienstauto – für Frauen selten. Das ist eben kein ausreichender Motivator für viele Frauen, um sich für den rauen Ton, den Selbstbeweihräucherungsspielchen, der Ellenbogenmentalität und was es sonst noch so in diesen Sphären gibt, zu entschädigen. Nein: Frauen brauchen bessere Gründe, um sich das anzutun.
Mir jedenfalls würden auch zwei, drei einfallen: Die Möglichkeit, Dinge zu verändern, eigene Visionen realisieren, die Welt den eigenen Vorstellungen näher bringen. Und meine These ist: Wenn wir möchten, dass mehr Frauen Konflikte eingehen, nach Positionen streben, einflussreich sein wollen, nicht mehr klein beigeben – und darin, mir das zu wünschen, bin ich mit Bascha Mika ganz und gar einig – dann ist es kontraproduktiv, sie dafür zu kritisieren, dass sie vorher fragen: Warum soll ich mir das antun? Lohnt sich das?
Stattdessen gilt es, auf diese Frage gute und plausible Antworten zu finden, damit sie nicht mehr nur eine rhetorische Frage bleibt, sondern eine wirkliche: Warum tun wir uns das an? In anderen Worten: Was will ich in dieser Welt verändern? Welche Ziele sind mir so wichtig, dass ich mich dafür anstrenge und auch Konflikte austrage, die ans Eingemachte gehen?
Ich behaupte: Wie „feige“ oder mutig eine Frau ist, hängt ganz eng damit zusammen, ob sie sich diese Frage stellt und eine Antwort findet.
Update: HIer ist noch eine interessante aktuelle Studie zum Thema unterschiedliche Berufs- und Karriereambitionen (statistisch): Männer legen mehr Wert auf Macht und Geld, Frauen auf Spaß und Werte.


Was meinst du?