Genderdiskurse sind nicht objektiv. Und das ist gut so.

Bei Diskussionen über Frauen und Männer, den Feminismus und die Welt stört es mich sehr, wenn darüber gesprochen wird wie über das Wachstum der Butterblume oder die Konstruktionspläne eines Automotors – also sachlich, distanziert, „objektiv“. So als seien Frauen, Männer und die Geschlechterdifferenz ein „Thema“, das von irgendwelchen ExpertInnen „wissenschaftlich“ untersucht, analysiert und kategorisiert werden kann.

Besonders schlimm ist das natürlich im biologistischen Umfeld, wo Hirn- oder GenforscherInnen irgendwelche Versuchsreihen veranstalten und am Ende kommt heraus, dass Frauen so und Männer so sind und dass Gene, Hormone, Gehirnströme oder was auch immer dafür verantwortlich wären, aber jedenfalls nicht die Frauen und Männer selber.

Aber auch die meisten sozialwissenschaftlichen Annäherungen sind nicht wesentlich besser. Zwar sehen sie immerhin, dass Frausein und Mannsein gesellschaftliche Konstruktionen sind, allerdings verzetteln sich dann leicht in dem Bemühen, die Art und Weise dieser Konstruktionen zu beschreiben. Am Ende führt das zu dem Ergebnis, dass sich eigentlich überhaupt keine sinnvollen Aussagen zur Geschlechterdifferenz treffen lassen und man die Worte „Frau“ und „Mann“ eigentlich nur noch in Anführungszeichen benutzen kann.

Beide Diskurse geben vor, einander zu kritisieren und scheinen auf entgegen gesetzten Enden des diskursiven Spektrums zu stehen. Aber an diesem Punkt sind sie eben Jacke wie Hose: Sie behandeln das Frausein und Mannsein sowie die darin liegenden Konflikte und Themen als „Untersuchungsgegenstand“ und beanspruchen, ihn von einer distanziert-neutralen Warte aus zu erfassen.

Aber das geht nicht. Denn wir alle – inklusive der Forscherinnen und Forscher selbst – sind ein Teil des Themas. Ich bin eine Frau. Ich kann über Frausein nicht objektiv sprechen, denn dieses „Objekt“ ist Teil meines Subjektseins. Das, worüber dabei verhandelt wird, ist nichts, was mich unbeteiligt und neutral dabei stehen ließe, sondern es betrifft mich unmittelbar persönlich.

Das hört sich auf den ersten Blick an, als würde die Sache dadurch noch komplizierter. Aber in Wirklichkeit wird sie dadurch sehr viel einfacher. Denn ich weiß nicht nur theoretisch etwas über die Geschlechterdifferenz, sondern ich verkörpere sie. Sie „durchquert“ mich, sie begleitet mich im Alltag, sie überrascht mich, sie ärgert mich, sie langweilt mich – aber sie ist niemals objektiv und unabhängig von mir vorhanden. Ich selbst bin das Korrektiv jeder Forschung (und auch jedes Klischees), und zwar aufgrund der simplen Tatsache, dass ich eine Frau bin, woran nichts auf der Welt etwas ändern kann.

Ich muss mein Frausein nicht definieren oder gar durch irgendeine Performance von Weiblichkeit unter Beweis stellen. Es ist einfach so. Und mehr noch: Diese Tatsache stattet mich mit Erkenntnismöglichkeiten aus, die keine Wissenschaft jemals haben könnte. Ich bin die Forscherin und der Untersuchungsgegenstand in ein und derselben Person. Perfekt.

Viele Menschen scheinen dieses unabänderliche persönliche Verwobensein in das Frau-Mann-Thema als Problem zu sehen. So nach dem Motto: Was für ein Skandal, dass wir als kleine wehrlose Babies zur Welt kommen und sofort in dieses Zwangskorsett der „Heteronormativität“ gequetscht, also für weiblich (oder männlich oder uneindeutig) erklärt werden, mit dem ganzen Rattenschwanz der da dranhängt.

Sicher, vieles von dem Rattenschwanz ist tatsächlich Mist, den es beiseite zu räumen gilt, und da sind wir ja auch längst dabei. Aber was das Prinzip betrifft, so bewerte ich es genau andersrum: Dass ich „betroffen“ bin, dass ich also eine Frau bin, egal was ich tue oder was andere tun, ermöglicht es mir, in diesem Diskurs souverän zu bleiben. Denn egal, was irgendjemand über das Frausein erzählt, es muss sich im konkreten Leben, anhand meiner Person also, bewähren, oder es ist bedeutungslos. Wenn mir zum Beispiel einer erzählt, Frauen wären nicht aggressiv, kann ich ihn meine grade Rechte spüren lassen (muss aber nicht). Wenn mir eine erzählt, der Platz der Frau sei an der Seite eines Mannes, kann ich  sie auslachen oder bemitleiden oder zum Feminismus bekehren.

Diese Souveränität, die daraus resultiert, dass mein Frausein eine Tatsache ist, die mir nicht verloren gehen kann, ermöglicht mir letzten Endes dann sogar eine gute Portion Gelassenheit im Bezug auf alle möglichen Forschungsergebnisse. Biologistische Studien können ja in der Tat recht aufschlussreiche Erkenntnisse bringen, und sozialwissenschaftliche Theoreme entwickeln oft Gedankengänge, auf die ich selber noch nicht gekommen bin, bei denen mir aber das ein oder andere Licht aufgeht. Ich muss weder über das eine noch über das andere echauffieren. Für wissenschaftliche Erkenntnisse welcher Art auch immer bin ich dankbar und aufgeschlossen – vorausgesetzt allerdings, sie erheben nicht den Anspruch, besser über mein Frausein Bescheid zu wissen als ich selber.

Denn diesbezüglich habe ich das letzte Wort. Und sonst niemand.

Okay, dann kommt natürlich eine andere und behauptet etwas anderes, und dann diskutieren wir und streiten uns, überzeugen einander oder auch nicht, lernen voneinander oder auch nicht. Mit anderen Worten: Wir machen Politik. Subjektiv, souverän und in aller (weiblicher) Pluralität. Aber genau darum geht es ja.


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Ich bin Journalistin und Politologin, Jahrgang 1964, und lebe in Frankfurt am Main.

34 Gedanken zu “Genderdiskurse sind nicht objektiv. Und das ist gut so.

  1. Wissenschaft möchte objektiv sein. Sie ist es nicht. Aber sie muss sich immer darum bemühen. Auch in ganz anderen Feldern als denen mit Geschlechtern werden sicherlich täglich Ergebnisse durch die Einstellung der Wissenschaftler zu ihrem Thema beeinflusst. Bei all dem denkt das Fritzle (eine der besten schwäbischen Erfindungen) an den Typen im weißen Kittel, und auch wenn ich das so schreibe hier klingt es recht abstrakt und weit weg von den meisten Leuten.

    Dass diese Objektivität nicht möglich ist, das ist sicher ein großes Problem, wenn man Gender Studies als Wissenschaft betreiben möchte. Dazu muss man sich nur mal als Mann in ein Seminar dieser Disziplin begeben, man wird der einzige Mann sein, und wenn man in einer Diskussion was sagt, das der Meinung der Dozentin widerspricht, dann gute Nacht. Schnell kommt das Gefühl auf, dass diese Objektivität auch gar nicht gesucht wird.

    „Ich bin die Forscherin und der Untersuchungsgegenstand in ein und derselben Person. Perfekt.“

    Ja, perfekt. Nur perfekt für was? Eben perfekt, um etwas über Dein Leben (als Frau) herauszufinden. Du wirst oft nicht unterscheiden können zwischen Dingen, die Du erlebst, weil Du eine Frau bist, und Dingen die Du erlebst, weil du eben Du bist. Jeder Mensch ist anders, diese individuellen Unterschiede rechnen sich erst heraus, wenn man mit vielen Leuten arbeitet, z.B. bei einer Umfrage nicht 5 fragt sondern lieber 50 oder 100, oder noch mehr. Und selbst dann können Dinge übrig bleiben, die nichts mit der Frage zu tun haben. Fragt man zum Beispiel Männer und Frauen, wie oft sie in der Woche Auto fahren, dann könnte man zu einem klaren Ergebnis kommen. Waren aber alle Männer zufällig vom Land, wo es schlechten ÖPNV gibt, und alle Frauen aus dem Studentenstädtchen Tübingen, wo 70% des Verkehrs nicht mit dem Auto abgewickelt wird, dann hat man etwas anderes gemessen, als man wollte. (Nur so mal als konstruiertes Beispiel zur Illustration.)

    Bei aller gewünschten Wissenschaftlichkeit ist es als Mensch aber doch auch schön, einfach mal jemanden zu fragen: Wie siehst denn du das? Oder gerne auch mal: Wie erlebst du diese Situation als Frau/als Mann?

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  2. Ich habe von beiden Diskursen seit einer Weile Abstand genommen, vor allem, weil mir zur Zeit andere Themen wichtiger sind, deswegen kann ich nur etwas Persönliches antworten. In den letzten Jahren wächst auch mein Bewusstsein, dass mein Frausein bestehen bleibt, gleichgültig, was ich anziehe und was ich tue. Dass dieses Bewusstsein wächst, hängt vor allem daran, dass es mir immer weniger wichtig ist, eine „richtige“ Frau zu sein (und mich diversen Definitionen von „richtiger Frau“ anzupassen.) Dass mir dies weniger wichtig ist als früher, liegt daran, dass ich einen Weg als „Außenseiterin“ gefunden habe, mit dem ich leben kann, so dass ich insgesamt weniger auf Anerkennung angewiesen bin, und am wenigsten suche ich Anerkennung als Frau.

    Für mich hat auch dazugehört, von verschiedenen feministischen (oder vulgärfeministischen) Definitionen Abstand zu nehmen. Es ist natürlich schon ein Unterschied zwischen einer feministischen Gruppe und Gruppe von Frauen, die den Weltgebetstag vorbereitet – aber auch in feministischen Gruppen ist es mir passiert, dass ich als Physikstudentin auf Ablehnung (iiiih, Atom) oder die üblichen Klischees stieß (ist das nicht schwer unter lauter Männern?)

    Ich glaube, ich habe noch ein paar Bücher zu feministischer Naturwissenschaftskritik bei mir rumstehen. (Carolin Merchant etwa…) Vielleicht sollte ich sie mal aussortieren.

    Aber gerade, da ich mich nicht mehr darum kümmere, eine „richtige Frau“ sein zu wollen, ist mir bewusst geworden, dass ich immer als Frau wahrgenommen werde.

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  3. @DrNI – Ja, Genau. Du schreibst “ Du wirst oft nicht unterscheiden können zwischen Dingen, die Du erlebst, weil Du eine Frau bist, und Dingen die Du erlebst, weil du eben Du bist. “ Und ich bin dahin gekommen, zu sagen, dass es zwischen „Mir als Frau“ und „Mir als ich“ keinerlei unterschied gibt, weil „Ich bin eine Frau“ :))

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  4. Dass wir Subjekte sind, kann ja nicht bezweifelt werden. Dass Subjekte auch nur subjektiv wahrnehmen können, scheint aber für manche schwer verständlich zu sein. Folglich ist oft von Objektivität die Rede.

    Die wäre aber nur möglich, wenn wir ohne uns selbst wahrnehmen könnten. Aber das können wir nicht. Folglich kann es auch keine objektiven Studien etc. geben, weil sie von Subjekten mit deren subjektiver Betrachtung gemacht worden sind.
    Ob uns das passt oder nicht, spielt wirklich keine Rolle.

    my 2 cent

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  5. Wenn Du mal erleben willst, was Hormone tatsächlich ausmachen, dann kannst Du Dir rezeptfrei in der Apotheke ein Fläschchen Wolfstrapp (pflanzlicher Schilddrüsenhemmer) kaufen und damit Deine Aktivität auf Burn-Out-Niveau runterschrauben.

    Ich halte es für einen Fehler der Frauenbewegung, Gesundheitsthemen nur noch soziologisch, psychologisch oder esoterisch zu betrachten.

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  6. „Und ich bin dahin gekommen, zu sagen, dass es zwischen „Mir als Frau“ und „Mir als ich“ keinerlei unterschied gibt, weil „Ich bin eine Frau““

    Das muss aber nicht übereinstimmen, wenn die Person, die die Betrachtung anstellt, in diesem Bereich eben keine typische Frau ist, also eine Frau, die dem Durchschnitt entspricht.
    Wenn das bei dir übereinstimmt, dann muss das auf andere Frauen eben nicht zutreffen. Sein eigenes Verhalten aufgrund seines Phänotyps stets als beispielhaft für das Verhalten seines phänotypischen Geschlechts zu sehen ist meiner Meinung eher ein gedanklicher Irrweg.

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  7. Sehr schön. Und jetzt auf den Müll mit den ganzen Frauenstudiengängen, -lehrstühlen und -professorinnen.

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  8. Frage mich auch gerade ( dabei ist das Wetter heute gar nicht so schlecht ), wie denn eigentlich, wenn Frau über das Frau-sein am besten Bescheid weiss, und natürlich auch Mann über das Mann-sein am besten Bescheid weiss, eine halbwegs sinnige Diskussion über die „sexuelle Differenz“ aussehen soll ? Ja, worin eigentlich der Sex dabei bestehen soll?

    Mir bleibt also mal wieder nichts anderes übrig, als die Aussage selber zu bezweifeln – es gibt Aspekte der eigenen Sexualität, die der/die andere erkennen oder mir wiederspiegeln muss, damit ich selber diese entwickeln kann.

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  9. @Rene – und dasselbe mit den Männerprofessuren, und dann bleibt keine Uni mehr übrig ! aber du hast meinen vorletzten Absatz nicht gelesen. Wenn Wissenschaft an ihrem angemessenen Ort bleibt und nicht beansprucht, an die Stelle der Politik zu treten, hab ich nix dagegen.

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  10. @Andreas Nee, es gibt auch die Möglichkeit eines aneinander interessierten Diskurses, der Differenzen nicht einebnet. Eigentlich ist nur dieser Diskurs überhaupt interessant.

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  11. Letzten Endes läuft es drauf raus, dass Du nur von Dir ausgehst. Kann man machen, das nennt sich Erzählcafe. Du wirst aber als Feministin zu Diskussionen eingeladen, die aus feministischer Sicht für die Frauen spricht. Und das machst Du dann ja auch, irgendwie und irgendwie doch nicht.

    Ich hab Dich mal (bevor es Dein Blog gab) in München erlebt, da hast Du gesagt, dass Frauen ohne Kinder genauso Karriere machen können wie Männer. Unwilliges Geraune im Publikum. Es wäre okay gewesen, wenn Du gesagt hättest, dass es für eine Akademikerin in der evangelischen Kirche (einem quasi sozialistischen Arbeitgeber) so ist.

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  12. @AntjeSchrupp:

    Im Privaten auf jeden Fall. Ich kann mich z.B. mit der Mutter meiner Kinder privat darauf einigen, dass sie die ersten Jahre aussetzt, weil sie es unbedingt will und eventuell bereit sein, das zu finanzieren, statt dass ich meine eigene Auszeit finanziere. Würde allerdings darauf bestehen, dass sie dann bitte auch selber alle beruflichen Folgen ihrer Entscheidung trägt, oder aber mich auch mal ein paar Jahre finanziert.

    Im Politischen hat so was meiner Meinung nach nichts zu suchen – ich finde z.B. so einseitige Regeln wie „Der Staat schützt die Mütter, aber nicht die Väter“ oder Vorschriften a la „Mütter bekommen die ersten drei Jahre Unterhalt vom Vater, aber nie Väter von der Mutter“, „Frauen dürfen abtreiben, aber Männer dürfen nicht eine Vaterschaft in allen, auf finanziellen, Konsequenzen ablehnen“ – also alle solche Regeln, die auf einer Politisierung von Unterschieden im Privaten beruhen, sexistischen Dreck.

    Und das Familienrecht ist nicht der einzige Bereich, der von solchem Dreck mittlerweile starrt.

    Im übrigen basieren solche Regeln wie oben ja auch einfach darauf, dass sich die eine Gruppe der sexuellen Differenz schon politisch organisiert hat, während die andere Seite noch verschlafen dahindämmert.

    Das ist, als ob um zwölf Uhr mittags schon die Eine mit einer gezogenen Pistole erscheint, während der Andere sie noch im Halfter hat – sobald er zieht, wird er niedergeballert. In der Politik sind Frauen einfach schon „als Frauen“ organisiert und ballern jeden Politiker, Journalisten oder sonstigen nieder, der Kritik an Frauenpolitik übt oder auch jeden, der der männlichen Seite zur Organisation verhelfen möchte – das ist das genaue Gegenteil von Diskurs und Gleichberechtigung/-verpflichtung, das ist Herrschaft des Mobs. Und ein Rückschritt in den Naturzustand, den ich im letzten Artikel kurz ansprach.

    Aber Du wirst da anderer Meinung sein – mich würde mal interessieren, wie Du einen politischen Diskurs „organisieren“ würdest, der nicht einseitig wird …

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  13. PS.

    „Würde allerdings darauf bestehen..“

    Das ist übrigens Theorie – in der Praxis habe ich keinen Rechtsanspruch darauf.

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  14. PS.
    Übrigens – wenn ein Diskurs über „sexuelle Differenz“ privat bleibt, ist es völlig egal, dass diese Unterschiede durch die Sexualität getrieben werden. Es kommt dann nur darauf an, dass zwei Leute, die zusammenleben wollen, gemeinsam ihr Leben so organisieren, wie es ihnen beiden gut erscheint.

    Als politischer Diskurs geht es aber eben nicht mehr um indiviuelle Unterschiede – es geht um das Einsortieren von Männern und Frauen in Schubladen.

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  15. @Andreas – Ja, ich bin anderer Meinung, wie du dir denken kannst. Aber ich kann zum Beispiel staunen darüber, wie du – ein Mann – das siehst.

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  16. @Irene – Ja, genau, von sich selbst ausgehen ist das Prinzip, aber es ist gerade nicht nur Erzählcafe, sondern es ist ein Weg, das Frausein und Mannsein in den politischen Diskurs zu holen, ohne dabei Frauen und Männer in die berühmten Schubladen zu stecken, so wie es sich viele (vgl. letzter Kommentar von Andreas) als einziges vorstellen können,

    wenn ich also öffentlich als Frau spreche, dann gerade NICHT als Repräsentantin DER Frauen oder im Namen DER Frauen, denn diese Kategorie ist nicht sinnvoll, weil unweigerlich Schublade oder Klischee. Aber das heisst nicht, dass Frausein daher irrelevant wäre.

    Zum beispiel guck dir die Kommentare von Andreas an. Sicher kann man nicht sagen, er spricht für DIE Männer, denn auch die meisten Männer werden das anders sehen. aber gleichzeitig ist doch offensichtlich, dass sein Mannsein eine grosse Rolle spielt.

    Ebenso bei meinem Beispiel, das du zitierst, dass Frauen ohne Kinder auch Karriere mache können. Das heißt NICHT, dass ALLE Frauen, solange sie nur keine Kinder haben, Karriere mache können. Sondern es heisst, dass es einige gibt, die das machen, und dass das für die Entwicklung des Geschlechgerdiskurses bedeutsam ist.

    Mein Vorschlag ging genau darauf hinaus, das politische Sprechen über die Geschlechterdifferenz so zu verstehen: Von sich selbst ausgehend Beiträge von politischer Relevanz geben, und eben NICHT objektivierend über DIE Frauen oder Männer reden, die es nämlich nicht gibt und über die sich keine sinnvolle Aussage treffen lässt, bzw. nur solche, die Klischees verstärken.

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  17. So kam das damals nicht rüber, sondern so, als ob nur Mütter am Arbeitsplatz Nachteile erleben. Ich dachte dann, dass Du entweder keine Ahnung hast oder Spaß an der Provokation.

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  18. Ich finde es halt falsch im Münchner Sozialministerium zu sagen „Frauen ohne Kinder können genauso wie Männer…“ o.ä., egal wie es gemeint ist. Damit stellst Du Dich nämlich hinter die CSU, für die ja Frauen- und Familienpolitik mehr oder weniger dasselbe ist.

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  19. @AntjeSchrupp:

    Schade, dass Du meine Beiträge nicht beantwortest, ich versuche es gerne nochmal:

    „wenn ich also öffentlich als Frau spreche, dann gerade NICHT als Repräsentantin DER Frauen oder im Namen DER Frauen, denn diese Kategorie ist nicht sinnvoll, weil unweigerlich Schublade oder Klischee.“

    Das ist sicher richtig – tatsächlich zeichnen sich ja auch Forderungen von Frauenpolitikern dadurch aus, dass sie als Forderungen oft völlig unvereinbar nebeneinandern stehen.

    Beispiele gibt es ja bei Bedarf genug zu zitieren.

    Das gemeinsame aller Frauenpolitik ist ja auch nicht die innere Widerspruchsfreiheit oder die Konsistenz der Politik, sondern dass es sich um Forderungen an Männer handelt – die fehlende Notwendigkeit einer konsistenten Politik wird erkauft, indem die Widersprüche externalisiert werden; andere, nämlich Männer, mit der Wunscherfüllung beauftragt werden und zu sehen haben, wie sie das auf die Reihe bekommen.

    Sehr schön z.B. an der Quotendiskussion zu sehen – nicht Frauen müssen sich mehr engagieren, z.B. in Parteien mit zu geringem Frauenanteil, sondern Männer sollen auf Karrieremöglichkeiten verzichten. Usw. usf.

    Im übrigen – wenn Du etwas, was Dir wichtig ist, in die politische Diskussion einbringst, wird es dadurch gewichtiger, dass es Dein Frausein tangiert?

    Wenn ja, wieso – ich kann mir als einzige Erklärung dafür eben nur vorstellen, dass Frausein an sich politisch organisiert ist; also eben nur altbackene Identitätspolitik!

    Wenn nein, kann man die Erwähnung auch sein lassen.

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  20. @Andreas – Hm, ich habe es ja versucht, zu erklären, aber du scheinst es nicht zu verstehen bzw. ich scheine es dir nicht verständlich machen zu können. Belassen wir es halt erstmal dabei.

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  21. @AntjeSchrupp:

    Deswegen fragte ich nach einem Beispiel, bei dem Du meinst, als Frau Dich in die Politik einzubringen, ohne gleichzeitig entweder Frauen ( geschenkt ) oder Männer in eine Schublade zu stecken – das hätte eventuell mehr Überzeugungskraft als eine etwas theoretische Diskussion, die ich mal zum Anlass nehme, die Unmöglichkeit der Existenz derartiger Dinge zu behaupten: selbst etwa eine Forderung nach Bereitstellung von Forschungsgeldern für die Untersuchung der bestmöglichen Prävention vor Gebärmutterhalskrebs kommt ja nicht um eine Diskussion darum herum, welche anderen Forschungsgelder dafür gekürzt werden …

    Aber egal – belassen wir es halt erstmal !

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  22. @Andreas

    sondern dass es sich um Forderungen an Männer handelt – die fehlende Notwendigkeit einer konsistenten Politik wird erkauft, indem die Widersprüche externalisiert werden; andere, nämlich Männer, mit der Wunscherfüllung beauftragt werden und zu sehen haben, wie sie das auf die Reihe bekommen.

    In einer männlich dominierten Gesellschaft – sei es ein Mann oder eine Frau, die wie ein Mann denkt, ist dabei wurscht – gibt es keine anderen Ansprechspartner.

    Du äußerst ja deinen Wunsch nach frischen Börtchen wohl auch nicht im Schuhgeschäft, oder? 😉

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  23. @lucia:

    Wenn Du das so siehst, bitte – ich glaube, damit kann jeder Mann gut leben, wenn es denn so ist!

    Allerdings staune jetzt mal ich ein wenig 😉 !

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  24. @Antje: Tjahmm ist es irgendwie nicht generell so, dass man sich ab einem gewissen Alter nicht mehr um die ganze Welt kümmern möchte, sondern eher auch mal um sich selber, unabhängig vom Thema? (Etwas spitziger formuliert könnte man sagen: Dass man nicht mehr die ganze Welt retten möchte sondern nur noch sich selber. 😉 )

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  25. @zauberin:
    Da Du ja meine verwunderte Frage oben zitierst – das Problem, auf welches ich aufmerksam machen möchte, ist nicht, dass man nicht von der Sichtweise von jemand anderem lernen könnte, sich austauschen könnte etc. In dem Sinne gibt es ja auch viel mehr als nur zwei Perspektiven.

    Sondern dass Frau-sein und Mann-sein keine politische Dimension hat, es sei denn, man gibt sie ihr im Rahmen eben von altbackener Identitäts- und Machtpolitik.

    Nimm z.B. die oben von mir erwähnte Forderung, die sich plausibel anhört, nach Forschungen im Bereich von Krebsarten, die nur Frauen treffen, auf Kosten anderer Bereiche.

    Solch eine Forderung ist in meinen Augen sexistisch und übel – es gibt keinen Grund, der die Krebsarten von Frauen interessanter und wichtiger macht. Es sei denn, man macht willkürlich und machtpolitisch das Wohlergehen von Frauen zu einem wichtigeren Thema als das Wohlergehen anderer.

    Die richtige Möglichkeit ( in meinen Augen ) wäre es, Gelder für die Untersuchung geschlechtspezifischer Krebsarten bereit zu stellen. Sich auf einen objektiven Schlüssel zu einigen, wie diese verteilt werden, etwa nach Mortalität, Auftreten und wissenchaftlichen Chancen, zum neue Heilerfolge zu erzielen. Und dann eben diesen Schlüssel anzuwenden, unabhängig davon, ob das Ergebnis nun sagt, dass für die Erforschung des Krebses bei Männer oder umgekehrt Frauen vorerst zurückzustehen hat.

    Leider Gottes bedeutet heutzutage „Frauenpolitik“ die Wahl der ersteren Möglichkeit.

    Und würde „Frauenpolitik“ die zweite Wahl treffen, wäre sie keine Frauenpolitik mehr 😉 …

    Hoffe, meine Einwände sind damit etwas klarer !

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  26. @zauberin:
    Übrigens sehe ich deswegen auch nicht, dass, wie AntjeSchrupp behauptet, meine Kommentare wiederspiegeln würden, dass ich ein Mann wäre.

    Tun sie nicht – jeder klar denkende Mensch wird zu denselben Ergebnissen kommen 😉 …

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  27. Ich finde hier werden zwei Ebenen vermischt die nichts miteinander zu tun haben. Ich kann nur für die Naturwissenschaften sprechen, da ich mit anderen Wissenschaftsfeldern keine ausreichende Erfahrung habe, aber naturwissenschaftlich kann ich aus meinem eigenen Leben im Grunde gar nichts ableiten da ich als Individuum vollkommen insignifikant und folglich irrelevant bin. Nur weil ich selbst einem Prozess unterworfen bin, weiß ich aus meinem eigenen Verlauf dieses Prozesses noch nichts über den Prozess.

    Da unser Leben letztlich vollständig zufällig verläuft, lassen sich aus meinem Erleben der Welt alleine gar keine weiteren Aussagen ableiten. Erst die Betrachtung sehr vieler Individuen mit statistischen Methoden lässt überhaupt Aussagen zu.

    Das Problem bei gesellschaftlichen Fragestellungen wie der Geschlechterdifferenz ist vor allem, dass man aus offensichtlichen Gründen keine Experimente, also Isolation einzelner Einflussfaktoren in einer kontrollierten Umgebung, machen kann und das was man da untersuchen möchte, die „Gesellschaft“, extrem komplex ist.

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  28. Ich stimme dir in vielen Punkten zu – die Verwobenheit, die Positionalität ist nicht das Problem oder sollte es zumindest nicht sein. Donna Haraway hat schöne Sachen geschrieben über „gods trick“ des unmarkierten Wissenschaftlers, der vorgibt, von außen/oben auf seine Objekte zu blicken.

    Aber es gibt darüber hinaus gute Gründe dafür, warum das „Zwangskorsett der Heteronormativität“ skandalisiert wird: Die Differenz der Zweigeschlechtlichkeit, Mann-Sein und Frau-Sein beruht auf dem Ausschluss derer, die nicht reinpassen und die eben nicht einfach Frau, Mann oder etwas anderes sein können. Für beispielsweise Trans* Personen und intersexuelle Menschen ist das keine Tatsache, die ihnen nicht verloren gehen kann, weil der Staat, die Medizin, die Menschen um sie herum und die Sprache sie mit Gewalt daran hindern. Und dies ist im Übrigen nicht die Einsicht einer akademischen Disziplin Gender Studies, sondern eine (queere) politische Intervention in das Feld der Wissensproduktion von Menschen, die aus einer solchen Position heraus Teil des Themas sind.

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  29. @ihdl – Ich bin ja der Meinung, dass gerade die Akzeptanz der Tatsächlichkeit des Frauseins die Möglichkeiten dafür schaffen würde, auch Wege des Umgangs mit Situationen und Konstellationen zu finden, in denen diese Tatsächlichkeit nicht gegeben ist. Gerade wenn man von Frausein als einer Tatsache ausgeht (und nicht von inhaltlichen „Zutaten“) kommt man ja ganz automatisch über Heteronormativität hinaus, weil die Referenz eben nicht mehr der Vergleich (Abgrenzung, Angleichung) mit dem Männlichen ist. Und dann ist es auch kein Problem zu sehen und zu akzeptieren, dass es auch Personen gibt, die „tatsächlich“ weder männlich noch weiblich sind sondern… Wobei es eine interessante Frage wäre, ob es denn „Trans“ noch geben würde, wenn die Geschlechterdifferenz wirklich frei wäre und nicht mehr (auch) heteronormativ quasi künstlich hergestellt, aber eine solche Situation der „Reinheit“ wird es wohl nie geben, weil die Gesellschaft immer dazu tendiert, Normen herauszubilden. Jedenfalls: Das grundsätzliche Bezweifeln der Sinnhaftigkeit der Kategorie „Geschlecht“ ist meiner Meinung nach kein guter Weg. Ich bin also auch für Überwindung von Heteronormativität, aber ich bin nicht der Meinung, dass eine positive Bezugnahme auf die Geschlechterdifferenz gleichbedeutend mit Heteronormativität ist. Es gibt einen freien Sinn der Geschlechterdifferenz, und das ist mein Hebel für gesellschaftliche Veränderung.

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  30. Hier übrigens eines der Beispiele für Politik, die Frausein als Kategorie zulässt:

    „http://www.welt.de/gesundheit/article13405748/Die-Gesundheit-von-Jungen-wird-vernachlaessigt.html“

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